Alles nicht so schlimm? Der Oktober hat jedenfalls mit seiner Trendwende einmal mehr bewiesen, dass die Börse stets die Mehrheit der Marktteilnehmer zu überraschen vermag. Die Jahresverluste haben sich an den relevanten Börsen schnell um 25% bis 30% vermindert. War der Markt nach den hohen Verlusten zuvor einfach nur überverkauft oder ist das jetzt das Signal der Trendwende?
Es sieht eher nach einer Bullenfalle aus, auch wenn Bankstrategen, Fondsmanager und andere Kapitalmarkt-Professionals zahlreiche Gründe dafür anführen können, warum die Kurse jetzt wieder steigen werden. Die Inflation mildere sich ab – tatsächlich ist im Nachbarland Deutschland gerade erstmals seit den 1950er-Jahren die 10%-Hürde genommen worden. Im gesamten EU-Raum beträgt die Teuerungsrate inzwischen 10,7%. Die Anleihezinsen hätten ihr Hoch gesehen – in Wahrheit hat nur die Volatilität zugenommen. Die wirkliche Frage ist: Welcher Anleger kann mit 2% oder 4% Verzinsung bei «risikolosen» Staatsanleihen zufrieden sein, wenn der Realzins bei negativen 6% oder 8% liegt?
Mässige Erholung bei Small- und Mid-Caps
Dennoch bieten sich am Aktienmarkt selektive Chancen für Investoren, die mit zeitweiligen Unsicherheiten und Überreaktionen des Marktes leben können. Bisher konzentriert sich der Aufschwung an den Börsen jedoch auf hochkapitalisierte Werte. Der Dow-Jones-Index hat sogar mit 11% Indexanstieg den besten Monat seit 1976 verzeichnet! Doch der S&P 500 liegt immer noch 18% unter dem Stand vom Jahresanfang, vor einem Monat waren es noch 24%. Der Nasdaq Composite hat zwar im Oktober um 2% zugelegt, bewegt sich aber immer noch 29% unter dem Stand Anfang Jahr. Auch der SPIEXX hat sich nur geringfügig verbessert. Die Jahresperformance beträgt noch -28%, gegenüber -31% vor einem Monat.
Mega-Tech-Aktien im Sinkflug
Weit schlimmer hat es allerdings die meisten Tech-Aktien getroffen. Meta Platforms, ehemals Facebook, hat sich seit September 2021 geviertelt. Der Kurs liegt unter 100 USD und damit auf einem Niveau wie 2015. Die Market Cap beträgt noch 266 Mrd. USD. Microsoft verlor nur 30%, Amazon fast 50%. Die Werbeeinnnahmen und andere konjunkturabhängige Erlösströme bleiben von Inflation und Rezession nicht unberührt. Damit hat sich auch das jahrelang gehörte Argument, dass die Mega-Tech-Unternehmen in jedem Umfeld wachsen können als blosses Wunschdenken entpuppt.
Komax erhöht Umsatzprognose
Worauf es ankommt, ist ein fortgesetzt positiver Geschäftsgang der Unternehmen sowie belastbare Perspektiven im gegebenen Umfeld. Ein solches Unternehmen an der Schweizer Börse ist der schweizeraktien.net-Favorit Komax. Die Anfang Jahr angekündigte Fusion mit der Metall-Zug-Tochter Schleuniger ist mittlerweile vollzogen. Das Unternehmen hebt die Umsatzprognose für 2022 vor dem Hintergrund eines weiterhin regen Bestelleingangs von bisher 560 Mio. CHF bis 580 Mio. CHF auf nun runde 600 Mio. CHF an. Die EBIT-Marge wird unverändert mit 11% prognostiziert.
Forsches Wachstumstempo bei Bossard
Ein weiteres Unternehmen, das die Kriterien erfüllt ist Bossard. Auch im dritten Quartal blieb das hohe Wachstumstempo des ersten Halbjahres mit einem Umsatzzuwachs von 16,9% erhalten. Ohne Währungseffekte sind es sogar 20%. In den ersten neun Monaten des Jahres lag das Umsatzwachstum bei 18%.
Game-Changer für SSE
Eine Chance lässt sich bei der auf OTC-X gehandelten SSE Holding ausmachen. Die Aktie hat dieses Jahr um 5,2% zugelegt, der OTC-X Liquidity Index aber um 7% verloren. Der Umsatz ist 2021 um 10% gewachsen, der Reingewinn hat um 36% zugelegt. Für 2022 zeichnet sich ein noch stärkeres Wachstum ab, da die Feinchemie-Tochter Valsynthèse seit Ende 2021 den ersten Grossauftrag als Contract Development & Manufacturing Organisation (CDMO) erfüllt. Valsynthèse erhielt von Royal DSM den Auftrag, die Produktion ihres auf 3-NOP basierenden Futtermittelzusatzes Bovaer für die globale Markteinführung zu übernehmen.
Globaler Effekt
Der Futtermittelzusatz reduziert durch die Blockade eines Enzyms die Produktion der Methangase von Rindern beim Wiederkäuen um 35%. Bei einer Weltpopulation von über 1.1 Mrd. Rindern, hauptsächlich für die Fleisch- und Milchproduktion, wird somit ein grosser Schritt zur Reduzierung der Treibhausgase gemacht. Auf die Vieh- und Landwirtschaft entfallen 25% bis 40% der globalen Emissionen, je nach Erfassungsmethodik. Es handelt sich somit sowohl für die Erreichung der Klimaneutralität wie auch für SSE um einen veritablen «Game-Changer» von globaler Bedeutung.
Umsatz- und Gewinnanstieg zu erwarten
Weitere Projekte für multinationale Konzerne aus den Industrien Chemie, Pharma und Agro-Chemie sind laut Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in der Pipeline. Der Umsatzanteil von Valsynthèse lag jahrelang im Bereich 10% und dürfte nun über die nächsten Jahre auf 25% anwachsen. Die Spezialisierung auf hochenergetische und damit potenziell gefährliche chemische Prozesse wie Phosgenierung und Nitrierung stellt eine hohe Markteintrittsbarriere dar und spricht somit für starke Gewinnmargen. Auf längere Sicht schliesst der Verwaltungsratsdelegierte Antille auch ein IPO an der SIX nicht aus. Die Aktienumsätze der SSE Holding auf OTC-X liegen nach 10 Monaten bereits 50% über dem Niveau des Vorjahres.
Performance
Trotz der kräftigen Erholung der Indizes mit hochkapitalisierten Aktien wie SPI, DAX und S&P 500, der Bärenmarkt scheint noch nicht beendet zu sein. Dass sich Small- und Mid-Caps weit weniger dynamisch erholt haben und sich die langjährigen Leader des Aktien-Booms, die Mega-Tech-Titel wie Meta und Amazon, in einer beschleunigten Abwärtsspirale befinden, sollte weiterhin zur Vorsicht mahnen.
Nichtsdestotrotz scheinen gleichzeitig herausragende Unternehmen wie Bossard oder Ypsomed auf Wachstumskurs zu bleiben. Insgesamt weisen alle Aktien auf der aktuellen Favoritenliste eine erhöhte Krisenresistenz auf. Die Performance liegt deutlich besser als die der Referenzindizes oder relevanter Anlagevehikel. Die drei auf OTC-X gehandelten Aktien weisen eine durchschnittliche Performance von negativen 1,5% auf, die fünf kotierten Aktien von negativen 13,9%. Das ergibt in einem gleichgewichteten Portfolio eine durchschnittliche Wertentwicklung im laufenden Jahr von -9,3% – und das ohne Gebühren.