Hof Weissbad: Mit Bauprojekten auf der Zielgeraden

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Nicht jedes renommierte Hotelunternehmen blickt auf eine viele Generationen lange Geschichte zurück. Manch populärer Wellness- und Genusstempel darf einen guten Ruf und eine Strahlkraft für sich reklamieren, als wäre er schon immer da gewesen. Das Hotel Hof Weissbad bei Appenzell gibt es erst seit 1994, und doch kann man sich die Region am Fusse des Alpsteins kaum ohne vorstellen.

Fantastisch hohe Auslastung spricht für Qualität

Neben den klassischen Dienstleistungen eines Hotels nebst Spabereich, hochwertigem Restaurant und Seminarräumen hat das Unternehmen Hof Weissbad als Besonderheit eine Gesundheitsabteilung zu bieten, die für ein Drittel der Gäste des «4-Sterne-Plus»-Hauses verantwortlich ist. Der Zusatznutzen in Form von Reha- und Kurmöglichkeiten mag zur besonderen Anziehungskraft beitragen. Von einer Auslastung von 94,3% (Vorjahr: 96,9%) können Hoteliers häufig nur träumen, ebenso von Gästebewertungen, die im Durchschnitt nur knapp unter den möglichen Bestnoten liegen. Obwohl die Gegend zwischen Hohem Kasten, Säntis und Appenzell auch schon vor dem jüngsten Hype um den Selfie-Hotspot Gasthaus Aescher-Wildkirchli touristisch gut erschlossen war, kommt die Gästeschaft zu 95% aus dem Inland.

Wirtschaftliche Herausforderungen (wieder einmal) bewältigt

Nachdem man auch in Weissbad die Covid-Pandemie wirtschaftlich abgearbeitet, für 2021 Rekordzahlen ausgewiesen und gar eine Dividende von 11.85 CHF auf jede der 16’750 Aktien auszahlen konnte, nahm das Management seine Um- und Ausbaupläne wieder auf. Schon in 2018 war der Betrieb für rund sieben Wochen eingestellt worden, damit Hotelumbau und Neubau der Weissbad Lodge ohne grössere Störungen für die Gäste umgesetzt werden konnten. Im Frühjahr 2020 sorgte Covid für eine erneute Zwangspause von sechs Wochen und einen entsprechenden Einnahmenausfall. Im Jahr 2022 schloss das Haus für sechs Wochen im August und September seine Pforten, um ein neues Badehaus/Spa und den Seminarpark zu errichten – bzw. um in dieser Zeit zumindest die lärmträchtigen Arbeiten zu erledigen. Ebenso wurden das Mitarbeiterrestaurant modernisiert, die Hotelfassaden farblich überarbeitet, Balkongeländer ausgetauscht und der Parkplatz neu gestaltet.

Das Hotel Hof Weissbad erweiterte seine Kapazitäten im Seminar- und Spa-Bereich. Bild: www.hofweissbad.ch

Insgesamt stemmte das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr Investitionen von 7.2 Mio. CHF und musste auf der Einnahmenseite aufgrund der zeitweisen Schliessung 2.6 Mio. CHF entgangene Umsatzerlöse bzw. eine Belastung des EBITDA von 1.7 Mio. CHF verkraften. Der ausgewiesene Jahresumsatz von 20.2 Mio. CHF ist folglich nicht mit dem Vorjahreswert von 22.9 Mio. CHF vergleichbar. Adjustiert um die fehlenden Wochen erreichte Hof Weissbad seine Vorjahresumsätze in vollem Umfang. Ebenso entzieht sich der Jahresgewinn von 27’000 CHF jedem sinnvollen Vergleich mit dem Vorjahreswert von 301’000 CHF, da die Sonderbelastungen durch Rückstellungsauflösungen weitgehend aufgefangen wurden. Es verwundert nicht, dass der GV am 20. April 2023 keine Dividendenausschüttung beantragt wird. Die für die Branche wichtige Kennzahl des Umsatzes pro Logiernacht verbesserte sich um beachtliche 4.3% auf 546 CHF.

Bilanzielle Reserven werden umsichtig eingesetzt

Die grossangelegten Bauarbeiten hinterlassen in der Bilanz zwar Spuren, aber weniger dramatisch, als man es annehmen würde: Trotz der von 16.2 Mio. CHF auf 22.9 Mio. CHF erhöhten Nettoverschuldung stellt sich die Eigenkapitalquote auf solide 34.2% (Vorjahr: 37.8%). Für das Finale des grossen Bauprogramms im laufenden Jahr 2023 sind weitere 9.0 Mio. CHF eingeplant. Neben dem gut dotierten Kassenbestand von über 7.0 Mio. CHF dürfte die Verschuldung noch ein wenig weiter wachsen. Besser gesagt: Die bisherigen Reserven in der Bilanz werden heuer eingesetzt, die Grundpfandpotenziale sind weitgehend ausgenutzt. Dem Kanton Appenzell Innerrhoden ist die Unterstützung eines der grössten lokalen Arbeitgeber mit seinen 243 Mitarbeitenden ein zinsloses, über zehn Jahre zu tilgendes Darlehen von 1.0 Mio. CHF wert. Glücklicherweise hat die Unternehmensführung bereits Anfang 2022 ca. 80% der Bankdarlehen auf fixe Verzinsung umgestellt und kann angesichts eines durchschnittlichen Zinses per Ende 2022 von 1.09% dem sprunghaften Anstieg der Marktpreise für Hypothekenkredite entspannt zuschauen.

Beste Aussichten für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte

Das neue Jahr zeigt sowohl für das Hotel als auch das Seminarzentrum für die Monate Januar und Februar eine steigende Auslastung. Die Eröffnung des neuen Seminarparks ab Mai und des Badehauses ab August eröffnen weiteres Potenzial für gute Geschäftszahlen. Das erklärte Ziel des Unternehmens, seinen Aktionären wieder ähnlich wie in fünf der vergangenen sieben Jahren operative Cashflows von 3.0 Mio. CHF, eine operative Performance von 1.0 Mio. CHF und Jahresüberschüsse von ca. 400’000-600’000 CHF vorzulegen, erscheint für die nahe Zukunft machbar – wenn vielleicht auch nicht gleich für 2023. Im Bereich der nicht betriebswirtschaftlichen, aber für die Gastronomie wissenswerten Kennzahlen weisen 16 Gault Millau Punkte für die Küche, ein Platz unter den zehn besten Hotels der Schweiz beim HolidayCheck Award sowie diverse weitere Auszeichnungen und Medaillen für das Personal darauf hin, dass das Kerngeschäft in bester Verfassung ist.

Fazit
Nach einem Zwischenhoch im Jahr 2021 ist die Hof-Weissbad-Aktie wieder etwas zurückgekommen. Chart: www.otc-x.ch

Die Hof-Weissbad-Aktie wird bei der Appenzeller KB sowie auf OTC-X gehandelt, wenn auch jeweils nur in überschaubaren Stückzahlen. Im Jahr 2022 schwankte der Preis zwischen 1’300 CHF und 1’645 CHF, über das Gesamtjahr ging er um 330 CHF auf 1’300 CHF zurück. Angesichts eines Handelsvolumens von 1,6% des Aktienkapitals im gesamten Jahr 2022 auf OTC-X und – selbst bei Rückkehr zur Vorjahresdividende – einer Dividendenrendite von unter einem Prozent eignet sich die Aktie weder als relevanter Depotbestandteil noch als Renditeobjekt. Man möchte mit dieser Aktie bewusst ein kleines Stück einer Appenzeller Institution kaufen. Der besondere Zusatznutzen ist schnell erklärt: Wo sonst findet man «Abendessen, Unterhaltungsprogramm und Barbetrieb» explizit als TOP 8 auf der Agenda der GV?

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