SGV Holding: Kursschiffe sollen mit weniger fossilen Treibstoffen fahren

Luzerner Tourismusunternehmen schliesst 2022 mit Rekordwerten ab

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Das 2018 in Betrieb genommene MS Bürgenstock verfügt über ein hybrides Energie- und Antriebssystem. Im Luzerner Seebecken fährt das Schiff nur im Elektromodus, die Dieselmotoren bleiben abgeschaltet. Bild: lakelucerne.ch

Die schnelle Rückkehr zur Normalität überraschte auch die Unternehmensleitung der SGV-Gruppe. Rund 2.7 Mio. Gäste waren 2022 mit den Schiffen der SGV auf dem Vierwaldstättersee unterwegs. Der Umsatz stieg auf 94.7 Mio. CHF, und der Gewinn erreichte knapp 4 Mio. CHF. Zum Erfolg haben alle Gruppengesellschaften ihren Beitrag geleistet. Doch die Herausforderungen bleiben gross. Auch in puncto Nachhaltigkeit will das Unternehmen vorwärts machen und den Anteil von fossilen Treibstoffen auf den Kursschiffen bis 2026 weiter senken.

Mit Volldampf weg aus der Pandemie

Das sonnige Sommerwetter, die Erholung im Städtetourismus und Eventgeschäft sowie die Rückkehr der internationalen Gäste haben der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV AG) im letzten Jahr geholfen, mit Volldampf aus den zwei Pandemiejahren herauszufahren. Doch der Erfolg der SGV AG mit einem Betriebsertrag von 35.9 Mio. CHF (+ 45,3%) leistet nur einen Teil zum Gesamterfolg der Gruppe. Denn in den letzten 20 Jahren hat sich das reine Schifffahrtsunternehmen zu einer Unternehmensgruppe gewandelt, die mit der Tavolago AG Gastronomiedienstleistungen auf dem Wasser und an Land erbringt, mit der Shiptec AG die eigene Flotte in Schuss hält sowie neue Schiffe entwickelt und baut. Die vierte Tochtergesellschaft SGV Express betreibt die Schiffslinie von Luzern nach Kehrsiten, von wo aus die Gäste direkt auf den Bürgenstock gelangen. Mittlerweile tragen SGV mit 35.9 Mio. CHF, Tavolago mit 29.6 Mio. CHF (+ 78,9%) und die Shiptec AG mit 34.4 Mio. CHF (+ 9,6%) alle ungefähr einen gleich grossen Anteil zum Gesamtumsatz der Gruppe bei. Lediglich die jüngste Tochter der Gruppe SGV Express kann mit 2.4 Mio. CHF (+ 51,9%) hier nicht mithalten. Insgesamt kommt die Gruppe beim Betriebsertrag fast an die Grenze von 100 Mio. CHF heran – vor zwanzig Jahren lag der Umsatz laut Geschäftsbericht mit rund 25 Mio. CHF lediglich bei knapp einem Viertel dieser Summe. Der Umsatz lag mit 94.7 Mio. CHF deutlich über den Rekordwerten von 2019. Die Pandemie ist damit Geschichte.

Alle Gruppengesellschaften sind profitabel gewachsen

Viel wichtiger als die reine Betrachtung des Betriebsertrages ist allerdings die Tatsache, dass die SGV-Gruppe profitabel gewachsen ist. Erste Prognosen, die bereits im Dezember 2022 gemacht wurden, konnte die Gesellschaft mit ihrem Jahresabschluss sogar übertreffen. Der Betriebserfolg auf Stufe EBITDA erreichte rekordhohe 12.6 Mio. CHF und stellt damit den besten Wert seit 10 Jahren dar. Auch hier ist es positiv zu sehen, dass alle Tochtergesellschaften einen positiven Ergebnisbeitrag leisten konnten. Den grössten Anteil hat die SGV AG mit einem EBITDA von 8.9 Mio. CHF. Bei Tavolago lag dieser Wert bei 1.0 Mio. CHF. Shiptec erzielte ein EBITDA von 0.6 Mio. CHF und die SGV Express AG erfreulich hohe 1.1 Mio. CHF.

Auf Stufe EBITDA erzielte die SGV Holding 2022 Rekordwerte. Abb.: sgvgruppe.ch

«Die ausserordentlich erfreulichen Geschäftszahlen 2022 sind das Resultat einer optimierten Ressourcenplanung sowie effizienter Kostenstrukturen, die auch nach Abklingen der Pandemie beibehalten wurden», begründet die Gesellschaft die guten Ergebnisse. Gleichzeitig fielen die Abschreibungen aufgrund einer geringeren Investitionstätigkeit niedriger aus. Der Free Cashflow erreichte so hohe 11.6 Mio. CHF, der konsolidierte Gewinn knapp 4 Mio. CHF. Erfreulich ist auch, dass im Jahr 2022 keine öffentlichen Gelder mehr in Anspruch genommen wurden, also das positive Ergebnis rein operativ erwirtschaftet werden konnte.

Offen ist im Zusammenhang mit der für den Zeitraum vom 1.Januar 2020 bis 30.Juni 2021 zugesprochenen Härtefallentschädigung für die Tavolago AG in Höhe von 7.7 Mio. CHF noch, ob der Restbetrag von 5.1 Mio. CHF in Anspruch genommen werden kann. Daher wurde in der Höhe dieses Betrages bereits 2021 eine Abgrenzung vorgenommen, die auch 2022 bestehen blieb. Aufgestockt wurde im Jahr 2022 die bereits 2021 gebildete Rückstellung für klimaneutrale Antriebstechnologien um 0.5 Mio. CHF auf 3.5 Mio. CHF. Der Weg hin zu klimaneutralen Antriebstechnologien in der Schifffahrt sei lang und herausfordernd, so das Unternehmen. Bereits zum Winterhalbjahr 2023/24 soll das MS Rütli auf einen Elektroantrieb umgerüstet werden.

Fokus auf Nachhaltigkeit und Transparenz

Diese Massnahmen zeigen, dass die SGV-Gruppe dem Thema Nachhaltigkeit grosse Bedeutung beimisst. Gerade im Zusammenhang mit klimaneutralen Antriebstechnologien stellt dies aber auch eine grosse Chance für die Shiptec AG dar, denn das so erworbene Know-how kann auch in künftige Drittprojekte fliessen. Für die eigene Flotte hat sich die SGV AG das Ziel gesetzt, bis 2026 den Anteil von fossilen Treibstoffen gegenüber 2019 um 20% zu senken. Doch nicht nur bei den Schiffsantrieben spielt die Nachhaltigkeit eine grosse Rolle. Auch in anderen Bereich werden zahlreiche Massnahmen umgesetzt bzw. sind geplant. Dazu gehören auch die Installation von Photovoltaikanlagen auf dem Dach des Werftgebäudes in Luzern, Klimaschutzprojekte von myclimate und die Auszeichnung mit dem Label Swissstainable Level II von Schweiz Tourismus. Für eine nicht börsenkotierte Gesellschaft fällt auch der Corporate-Governance-Teil im Geschäftsbericht sehr ausführlich aus. So wird nicht nur über die Konzernstruktur und das Aktionariat Auskunft gegeben, sondern auch die Vergütungen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung werden offengelegt.

Für das laufende Geschäftsjahr gibt sich die SGV-Gruppe zwar optimistisch. Allerdings rechnet sie bisher nicht damit, die sehr guten 2022er Zahlen wieder erreichen oder sogar übertreffen zu können. Realistisch sei es jedoch, an die bereits sehr guten Jahre 2018 und 2019 anzuknüpfen.

Fazit

Mittlerweile gehören Rekordzahlen für Schweizer Tourismusunternehmen ein Jahr nach dem Ende der Pandemie-Massnahmen fast schon zur «Normalität». Ob Bergbahnen, Hotels und nun auch die SGV-Gruppe – sie allen haben schneller als erwartet die Folgen der Corona-Pandemie hinter sich gelassen. Es zeigt sich auch bei der SGV-Gruppe, dass die rasch und konsequent getätigten Unterstützungen der öffentlichen Hand in den Jahren 2020 und 2021 ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Denn den Betrieben ist es so gelungen, zügig wieder zum Normalbetrieb zurückzukehren. Positiv ist allerdings auch zu sehen, dass die Verbesserungen auf Stufe Betriebsergebnis Effizienzsteigerungsmassnahmen zu verdanken sind und sich die Unternehmen nicht auf Dauer auf die Unterstützung öffentlicher Gelder verlassen. Mit dem Hochfahren des Vollbetriebs in diesem Jahr werden daher Rekordergebnisse wegen der steigenden Kosten wohl nicht mehr möglich sein, auch wenn die Nachfrage aufgrund einer weiter zunehmenden Reiseaktivität zunehmen dürfte. Auf die steigenden Preise und die Inflation reagiert die SGV mit einer Erhöhung der Tarife per Ende 2023. So kann sicherlich ein Teil der Kostensteigerungen abgefangen werden.

Der Aktienkurs der SGV bewegt sich langsam wieder nach oben und lässt das «Pandemie-Tal» hinter sich. Chart: www.otc-x.ch

Gemessen an der 2022er Gewinnzahlen (24.50 CHF/Aktie) liegt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis bei Kursen um die 267 CHF bei niedrigen 11. Eine Dividendenzahlung ist bisher nicht vorgesehen. Dies auch wegen der hohen Investitionsbeiträge der öffentlichen Hand sowie der bezogenen Härtefallgelder. Ob es in späteren Jahren einmal eine Dividende geben könnte, ist offen. Profitieren können die Aktionäre hingegen von diversen Vergünstigungen, wie beispielweise einer Tageskarte 1. Klasse, welche in der Woche der Generalversammlung (7. Juni 2023) gültig ist, sowie weiteren Vergünstigungen.

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