Plaston Holding: Ostschweizer Kunststoffhersteller rutscht tiefer in die Verlustzone

Plaston-Tochter Boneco muss reorganisiert werden

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Spritzgussteile von Plaston finden sich auch in verschiedenen Produkte, beispielsweise auch in Haushaltgeräten. Bild: zvg
Plaston produziert hochwertige Gehäuseteile und technische Bauteile aus Kunststoff. Bild: plaston.com

Die Corona-Pandemie ging an dem Kunststoffverarbeiter Plaston-Gruppe fast spurlos vorüber. Noch im Geschäftsjahr 2021/22 glänzte das Ostschweizer Unternehmen mit Rekordwerten. Doch der Wind hat gedreht, und zwar heftig. Nach einem Verlust von 5.2 Mio. CHF im Geschäftsjahr 2022/23 rutschte die Gruppe in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres noch tiefer in die roten Zahlen. Der konsolidierte Umsatz brach um 25,8% auf 34.4 Mio. CHF ein, der Verlust erreichte 6.0 Mio. CHF.

Umsatztrend bei Boneco zeigt seit Jahren abwärts

Als Gründe für das schwache 1. Semester 2023/24 nennt die Plaston-Gruppe den üblichen Cocktail aus geopolitischen Spannungen, höheren Energiepreisen, verändertem Konsumverhalten nach der Pandemie und der Inflation. Auch der schwache Euro darf als Ursache herhalten. Doch wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre genauer anschaut, dann geht ein Teil der Misere auch auf die Strategie des Unternehmens zurück. Dazu gehört, dass neben dem Geschäft mit Kunststoffverpackungen und -teilen für industrielle Kunden auch auf ein zweites Standbein gesetzt wurde: Boneco, den Hersteller von Luftbehandlungsgeräten. Doch mit Ausnahme der Pandemiejahre, in denen das Thema «saubere Luft» die Umsätze auch bei Boneco nach oben katapultierte, zeigt der Trend in dieser Sparte seit Jahren nach unten.

Während die Plaston AG ihre Umsätze binnen 10 Jahren steigern konnte, entwickelten sich die Verkaufserlöse bei Boneco rückläufig. Abb: schweizeraktien.net

Im Gegenzug entwickelten sich die Umsätze bei der Plaston AG. welche die Sparte mit den Kunststoffteilen und –verpackungen umfasst, positiv. Binnen zehn Jahren hat die Plaston AG den Umsatz von 53.2 Mio. CHF auf zuletzt 67.9 Mio. CHF gesteigert: ein Plus in diesem Zeitraum von fast 28%! Bei Boneco sieht es anders aus: Hier gingen die Umsätze von 42.7 Mio. CHF auf nur noch 19.0 Mio. CHF zurück: minus 55%.

3 Mio. CHF Sonderkosten für Restrukturierung bei Boneco

Der Negativtrend konnte auch im 1. Semester des laufenden Geschäftsjahres 2023/24 (per Ende September 2023) nicht gestoppt werden. Die Verkaufserlöse bei Boneco erodierten weiter und erreichten im generell schwächeren 1. Semester nur noch knapp 7 Mio. CHF (- 31,7%). Die hohe Inflation habe sich negativ auf das Kaufverhalten bei Boneco ausgewirkt, schreibt das Unternehmen in seinem Semesterbericht. In Europa gingen die Umsätze um 25,2% und in Nordamerika um 38,9% zurück. Auf der Kostenseite wirkten sich u.a. Lohnsteigerungen negativ auf die Profitabilität aus. Eine Spartenrechnung für Boneco veröffentlicht die Plaston-Gruppe nicht. Allerdings dürfte das Betriebsergebnis tiefrot ausgefallen sein.

Cashdrain bei Boneco gestoppt

Mittlerweile haben Verwaltungsrat und Geschäftsleitung auf die unbefriedigende Situation reagiert. Erste Massnahmen zur Reduktion der Kostenbasis und zur Stabilisierung der Margensituation seien getroffen worden. Ebenso seien die Lagerbestände reduziert worden, was zur Verbesserung des Cashflows geführt habe, so die Plaston-Gruppe. Gleichzeitig hat das Management Restrukturierungsmassnahmen eingeleitet, für die Sonderkosten von rund 3 Mio. CHF dem Halbjahresergebnis belastet wurden. «Den Cashdrain bei Boneco konnten wir stoppen», erklärt Finanzchef Hansruedi Lanker auf Nachfrage. Die Vergangenheit und der Markt zeige, dass das Geschäft mit den Luftbehandlungsgeräten grundsätzlich attraktiv ist, so Lanker. Durch die Sortimentsstraffung wolle man sich fokussieren und die Grundlagen für das Wachstum schaffen und damit in die Profitabilität zurückkehren.

Lagerbereinigungen belasten Plaston AG

Etwas besser sah die Entwicklung bei den Kunststoffverpackungen und -teilen aus. Der Umsatz ging «nur» um 24,1% auf 27.4 Mio. CHF zurück. In der Schweiz lag der Umsatzrückgang lediglich bei 16,0, in Tschechien war dieser mit 19,5% und in China mit 37,3% wesentlich stärker. Ein Teil des Umsatzrückgangs ist auch auf Währungseffekte zurückzuführen. Die Kunden von Plaston würden nach der Normalisierung der Lieferketten-Situation ihre Lagerbestände konsequent reduzieren, erläutert Hansruedi Lanker den wohl wichtigsten Grund für die rückläufige Umsatzentwicklung. «Während einige Kunden noch immer zumindest moderate Wachstumsraten ausweisen, spüren Zulieferbetriebe wie Plaston teilweise empfindliche Absatzeinbrüche», schreibt das Unternehmen auch in seinem Semesterbericht. Lanker berichtet gegenüber schweizeraktien.net allerdings auch, dass die Lagerbereinigungen nun bald abgeschlossen sein sollten. «Wir haben in den letzten Monaten auch keine Kunden verloren», so Lanker. Das Gegenteil sei sogar der Fall gewesen: Es gebe viele neue Kundenprojekte, welche in den nächsten Monaten umsatzwirksam würden.

Dividende soll ausfallen

Dennoch wirken sich die aktuell schwierige Situation in beiden Sparten sowie die Sonderkosten von CHF 3.0 Mio. negativ auf die Erfolgsrechnung im 1. Semester aus. Auf Stufe EBITDA resultierte ein negativer Wert von 3.5 Mio. CHF, unter dem Strich musste ein Halbjahresverlust von 6 Mio. CHF ausgewiesen werden. In ihrem Semesterbericht schreibt die Plaston-Gruppe von einem «Cash drain von 3.9 Mio. CHF», welcher jedoch vor allem das Resultat eines aktiven Bilanzmanagements war. Dieses half, die Zinskosten unter Kontrolle zu halten. Für das Gesamtjahr machte die Gesellschaft keine Aussagen. Jedoch wurde bereits angekündigt, dass die Dividende für das Geschäftsjahr 2023/24 ausfallen soll.

Fazit

Die Aktionäre der Plaston-Gruppe durchleben ein Wechselbad der Gefühle. Noch während der Pandemie sah es danach aus, dass die Gruppe insbesondere bei Boneco wieder auf den Wachstumspfad eingeschwenkt ist. Auch die Plaston AG konnte in dieser Zeit neue Aufträge gewinnen und stieg in den wachsenden Markt der Elektromobilität ein, wo sie in China Kunststoffteile für die Ladeinfrastruktur produziert. Umso schmerzlicher fällt nun die Rückkehr in die «Nach-Corona-Realität» aus. Der Aktienkurs auf OTC-X hat in diesem Jahr die negative Entwicklung antizipiert und ist seit Jahresbeginn um rund ein Drittel auf 3’400 CHF gefallen.

Wie sich das Unternehmen künftig entwickelt, ist zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer abzuschätzen. Allerdings zeigt der Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre, dass die Kunststoffsparte stetig wachsen konnte. Ebenso ist zu vermuten, dass der hohe konsolidierte Verlust nicht auf die Plaston AG, sondern auf das Boneco-Geschäft zurückzuführen ist. Auch wenn nun harte Restrukturierungsmassnahmen eingeleitet wurden, um den Geldabfluss zu stoppen, muss sich der Verwaltungsrat die Frage stellen, ob sich die Investition in dieses Geschäft lohnt. Schliesslich sind hier viele grosse internationale Marken wie Panasonic, Philips und im gehobenen Segment Dyson tätig. Eine Fokussierung auf den Kunststoffbereich könnte eine prüfenswerte Option sein.

Aktionäre müssen sich bei der Plaston-Gruppe nun vor allem in Geduld üben. Denn auch im Kunststoffbereich dürfte es noch ein bis zwei Jahre dauern, bis sich das konjunkturelle Umfeld aufgehellt hat und die Gesellschaft wieder wachsen kann. Erfreulich ist die Tatsache, dass in den letzten Monaten keine Kunden verloren und eine Vielzahl neuer Projekte gewonnen wurden. Diese Projekte dürften in den nächsten Monaten umsatzwirksam werden.

Trotz des hohen Semesterverlusts weist die Bilanz noch eine solide Eigenkapitalquote von 58,7% aus. Das Eigenkapital pro Aktie betrug per Ende September 3’826 CHF, was etwas über dem aktuellen Aktienkurs liegt. Angesichts der Tatsache, dass für das Geschäftsjahr 2023/24 die Dividende ausfallen wird, ist es für einen Einstieg bei der Plaston Holding AG noch zu früh. Der Jahresabschluss 2023/24, der in der Regel Anfang August publiziert wird, dürfte etwas Orientierung bieten. Bis dahin gilt es abzuwarten.

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