Stadtcasino Baden AG: wechselt Bilanzierung ab 2013 auf IFRS

0
2252
IMG_4351
Bild: Grand Casino Baden

Eigentlich zeigt der Trend in eine andere Richtung: In den letzten sechs Jahren wechselten rund zwei Dutzend börsenkotierte Firmen vom internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS zu Swiss GAAP FER (vgl. untenstehende Tabelle). Daher überraschte die Stadtcasino Baden-Gruppe umso mehr mit ihrer Mitteilung, dass sie künftig nach IFRS rapportieren wird. Bisher erfolgte der Jahresabschluss der Stadtcasino Baden AG nach dem Mindeststandard Obligationenrecht (OR). Lediglich die Tochterunternehmen Spielbank Baden AG (Beteiligung: 100%) und Casino Davos AG (Beteiligung: 90%) mussten aufgrund der Vorschriften der Spielbankenkommission ESBK nach IFRS bilanzieren.

Die 24 börsenkotierten Unternehmen, die von IFRS auf Swiss GAAP FER wechselten, haben in empirischen Studien vielfältige Motive für ihren Entscheid angegeben. Dazu gehören u.a. die Verringerung der Kosten, die Vereinfachung der Abläufe, die hohe und weiter steigende Komplexität der IFRS, eine mögliche Verrechnung des Goodwills mit dem Eigenkapital, der mögliche Wegfall aktuarieller Bewertung der Verbindlichkeiten für Personalvorsorge, die zunehmende Detailregelung durch IFRS. Kurzum: Sie haben keinen Zusatznutzen gesehen, den ihnen die Rechnungslegung im Vergleich zu Swiss GAPP FER gebracht hätte. Eine Übersicht zum Direktvergleich IFRS / Swiss GAAP FER findet sich u.a. hier bei der Beratungsgesellschaft BDO.

Warum also hat sich der Verwaltungsrat der Stadtcasino Baden AG trotz des gegenläufigen Trends für den Wechsel von OR zu IFRS entschieden? In einem Aktionärsbrief und der Medienmitteilung weist die Gesellschaft auf eine „transparentere Kommunikation gegenüber den Aktionären und anderen Interessensgruppen“ sowie die „bessere Messbarkeit der Performance im nationalen wie im internationalen Vergleich“ hin. Für ein OTC-gelistetes Unternehmen der Grösse von der Stadtcasino Baden AG mit einem prozentual hohen Anteil der Einwohnergemeinde Baden (51%) sowie der Gauselmann-Gruppe (10%) bei einem Umsatz von „nur“ gut 55 Mio. CHF (2012) erscheint ein solcher Schritt einer IFRS-Öffnung auf den ersten Blick ungeachtet der genannten Vorteile zumindest ungewöhnlich. Auch hätte ein Wechsel von OR zur Swiss GAAP FER auch zu einer transparenteren Kommunikation beigetragen. Auch die angekündigte Aufnahme in dem OTC-X Premium-Index der Berner Kantonalbank (BEKB) wäre mit Swiss GAAP FER möglich gewesen.

Auf unsere Nachfrage hin erklärte Finanzchef Marcel Tobler: „Mit dem Schritt zu IFRS möchten wir primär sicherstellen, dass auch in den Ländern, in welchen wir uns für eine Konzession bewerben, die Konzernrechnung unserer Gruppe einfach verstanden wird. Dies wäre mit Swiss GAAP FER nicht der Fall. Ebenfalls sind wir aufgrund der Verordnung über Glücksspiele und Spielbanken in der Schweiz verpflichtet, für die Spielbanken in Baden und Davos eine Jahresrechnung nach IFRS zu erstellen. Daher würde ein Konzernabschluss nach Swiss GAAP FER einen erhöhten Aufwand bei der Konsolidierung bedeuten“. Die Stadtcasino Baden AG erhoffe sich von diesem Schritt, dass die Änderungen die wirtschaftliche Lage der Gruppe klarer darstellen würden und ein neues Bilanz-Bild der Gruppe entstehe.

Die Umstellung von IFRS zu Swiss GAAP FER – also das „Downsizing“ im Rechnungslegungsstandard – führte auch nach Kapitalmarktuntersuchungen in der Schweiz zu keinen bedeutenden positiven wie negativen Kapitalmarkteffekten, so dass die These berechtigt sein könnte, dass Veränderungen im Bilanzierungsstandard aus Anlegerperspektive von nur untergeordneter Relevanz sind und andere Aspekte viel entscheidender für die Kursentwicklung sind als Standard A oder B.

Im Kern wollen wir uns dieser These anschliessen, wenngleich wir das „Upsizing“ aus den „OR-Niederungen“ in Richtung internationale Reportings-Standards wie IFRS längerfristig in Abhängigkeit der operativen Entwicklung als ein eher positives Signal für Aktie und Unternehmen einschätzen. Bisher gut versteckte Werte und Ertragspotenziale könnten so künftig freigelegt werden, was dann auch im Interesse der Aktionäre ist. Zudem können mit einem neuen, internationalen Rechnungslegungsstandard im internationalen Umfeld auch neue Investoren an ein Unternehmen herangeführt werden.

Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die gemeldete Umstellung auf die folgenden Jahresabschlüsse auswirkt. Für eine diesbezügliche Aussage ist es mit den öffentlich bekannten Informationen zu früh. Aktionäre sind jedenfalls gut beraten, die konkrete Ausgestaltung des „Systemwechsels“ abzuwarten und in der Überleitungsrechnung eng zu beobachten. Wir erwarten allerdings keine sehr grossen Veränderungen gegenüber den bisherigen Jahresabschlüssen. Lediglich die Verrechnung des Goodwills von 36.9 Mio. CHF aus der Übernahme der 49%-Anteile der Spielbank Baden AG mit dem Eigenkapital dürfte zu einer niedrigeren EK-Quote führen. Andere positive Effekte in der Erfolgsrechnung könnten durch Sonderkosten, wie z.B. das Lizenzgesuch für Wien, wieder egalisiert werden.

Kurzfristig erscheint uns die ebenfalls am 20. Februar 2014 gemeldete und von der Steuerverwaltung abgesegnete Klassifizierung von Reserven über 5.4 Mio. CHF als „Kapitaleinlagereserven“ in Relation zu den eher technischen Reporting-Standards als das „positivere“ Ereignis. Die Kapitaleinlagereserven erlauben zukünftige Ausschüttungen, welche für sämtliche Aktionäre von der eidgenössischen Verrechnungssteuer und für Privatanleger mit Wohnsitz in der Schweiz von der Einkommenssteuer befreit sind. Ausgehend von 100’000 Aktien entspräche dies einem steuerfreien Ausschüttungsvolumen von 54 CHF/Aktie bzw. 9 % bezogen auf die letzten Kurse. Mit einem zuletzt bezahlten Kurs von 600 CHF hat die Stadtcasino Baden AG seit Anfang Jahr bereits um gut 18% zulegen können und gehört damit zu den Top-Performern des OTC-Segments. Ein Argument für die Aktie ist neben der optisch moderaten Bewertung in einer schwierigen Branche die hohe Dividendenrendite um 4%.

SIX-Emittenten: Wechsel von IFRS zu SWISS GAAP FER

IFRS

1 Kommentar

  1. Mit dem Sicherheitstechnologie-Konzern Kaba Holding AG geht ein weiteres bedeutendes, an der SIX kotiertes Schweizer Unternehmen den umgekehrten Weg und wechselt mit Beginn des neuen Geschäftsjahres (ab 1. Juli 2014) den Konzernrechnungslegungsstandard von IFRS zu Swiss GAAP FER

    http://www.kaba.com/media/754104/v2/File/27-2-14-kaba-wechselt-von-ifrs-zu-swiss-gaap-fer.pdf

    Wörtlich heisst es in der heute publizierten Medienmitteilung, dass IFRS „in den letzten Jahren die Anforderungen laufend erhöht“ hat und „vermehrt komplexe und aufwendige Detailregelungen und Offenlegungen“ verlangt, „was zunehmend interne Ressourcen absorbiert“.

Kommentar verfassen