Die Hypothekarbank Lenzburg AG (Hypi) konnte den Gesamtertrag im ersten Semester 2016 dank eines Anstiegs der zinsindifferenten Erträge um 6.8% auf 35.4 Mio. CHF ausweiten. Wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung zum Semesterabschluss schreibt, haben die Erträge aus Lizenzen und Serviceleistungen für die von der Hypi entwickelten Bankensoftware Finstar mit zum Wachstum beigetragen. Das Berichtssemester war zudem durch den Ausbau des digitalen Angebots gekennzeichnet. So setzt sich die Regionalbank intensiv mit der digitalen Veränderung auseinander und hat im ersten Semester ein Finanztool, das zudem als Mobile App erhältlich ist, lanciert. Dieses Tool erlaubt es dem Kunden, einen Überblick über alle seine Konti und Transaktionen in Echtzeit zu erhalten und seine Ausgaben zu planen. Zudem bietet die Hypi mit Twint ein digitales Portemonnaie an, welches dem Kunden erlaubt, Einkäufe mit dem Smartphone zu bezahlen. Im Gegensatz zu den Systemen anderer Anbieter ist Twint unabhängig vom Mobilfunknetzbetreiber und funktioniert in jedem Handynetz. Transaktionen sind nur möglich, wenn der Kunde vorher das Twint-Konto mit einem von ihm gewählten Betrag aufgeladen hat. Auch vor dem Firmenkundengeschäft macht die Digitalisierung des Angebots nicht halt. So wurde im März das System hypicash.ch lanciert, welches es Firmenkunden erlaubt, ihre Rechnungen online vorfinanzieren zu lassen. Im laufenden zweiten Semester wird dieses System um ein Planungstool ergänzt werden. Ausserdem wird gemeinsam mit Lebensraum Lenzburg Seetal eine regionale Crowdfunding-Plattform gegründet.
Software Finstar lässt Erträge ansteigen
Im ersten Semester 2016 erhöhte sich der Anteil des zinsindifferenten Geschäfts an den Gesamterträgen von 20% auf 26%. Der Grossteil des Anstiegs basiert auf dem um 1.3 Mio. CHF auf 2.2 Mio. CHF gewachsenen übrigen Geschäftserfolg. In den darin enthaltenen anderen ordentlichen Ertrag, welcher um 0.7 Mio. CHF auf 1.5 Mio. CHF gewachsen ist, fliessen auch die Mehrerträge aus Finstar ein. Ebenfalls positiv wirkte sich der Wegfall von Wertberichtigungen, die 2015 im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Rechnungslegungsvorschriften entstanden sind, aus. So fiel der übrige ordentliche Aufwand um 1 Mio. CHF. Zeitgleich sank jedoch auch der Erfolg aus der Veräusserung von Finanzanlagen um 0.4 Mio. CHF. Im Vorjahr hat die Hypi einen Teil der Finanzanlagen zu guten Konditionen verkauft. Ein deutliches Plus von 0.6 Mio. CHF verzeichnete das Handelsgeschäft. Dies ist auf den Wegfall von Faktoren zurückzuführen, die das Geschäfts im Vorjahr nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses belasteten.
Weiterhin Haupteinnahmequelle bleibt das Zinsdifferenzgeschäft, in welchem die Hypi in einem schwierigen Geschäftsumfeld einen leichten Rückgang des Nettoerfolgs um 0.8% auf 26.2 Mio. CHF verzeichnete. Dass der Erfolg aus dem Zinsengeschäft fast gehalten werden konnte, lässt sich gemäss dem Semesterbericht auf eine Volumenausweitung zurückführen. So stiegen die Ausleihungen um 2.7% auf 3.9 Mrd. CHF an. Der Hauptteil des Anstiegs geht auf die Finanzierung von selbst genutzten Liegenschaften zurück, während die Geschäftskunden nur verhalten Kredite nachfragten, obschon diese gemäss dem Semesterbericht noch über entsprechende Kreditlinien verfügen. Aktuell seien die Kreditlinien wegen der allgemeinen Konjunkturunsicherheit nur unterdurchschnittlich ausgelastet.
Auf der Kostenseite spürte die Hypi den Ausbau der Aktivitäten, die eine Aufstockung des Personalbestands mit sich brachten. So erhöhten sich die Personalausgaben um 0.7 Mio. CHF auf 14.2 Mio. CHF. Dies führte trotz einem leichten Rückgang des Sachaufwands zu einem um 3.4% höheren Gesamtaufwand von 20 Mio. CHF. Nach Wertberichtigungen und Veränderungen von Rückstellungen in der Höhe von 3 Mio. CHF (Vorjahr: 2.85 Mio. CHF) resultierte ein Geschäftserfolg von 12.4 Mio. CHF, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 5.1% entspricht. Positiv auf den Reingewinn wirkten sich die um 0.3 Mio. CHF gesunkenen Steuern aus, während der Wegfall von ausserordentlichen Erträgen in der Höhe von 0.7 Mio. CHF das Ergebnis belastete. Unter dem Strich resultierte so ein Gewinnplus von 2.5% auf 9.9 Mio. CHF.
Anhaltender Konkurrenzdruck im Zinsgeschäft
Im laufenden zweiten Semester rechnet die Hypi mit einem weiterhin anhaltenden Druck auf die Zinsmarge. Der Konkurrenzkampf im Hypothekargeschäft sei nach wie vor beträchtlich. Ein Unsicherheitsfaktor stellt die Entscheidung Grossbritanniens, aus der Europäischen Union auszutreten, dar. Dies hat bereits zu deutlichen Reaktionen an den Finanzmärkten geführt. Die genauen Auswirkungen können momentan jedoch noch nicht abgeschätzt werden. Gemäss dem Semesterbericht ist allerdings mit einer hohen Volatilität an den Finanzmärkten im Allgemeinen und den Zinsen im Besonderen zu rechnen. Das solide Geschäftsmodell der Hypi erlaubt es, diese Herausforderungen zu meistern. Dank der soliden Finanzierung kann laufend in neue Produkte investiert werden. Mit den IT-Dienstleistungen, welche anderen Banken und Finanzdienstleistern angeboten werden, können die Erträge breiter abgestützt und das zinsindifferente Geschäft weiter gestärkt werden.
Die Semesterzahlen der Hypi fallen positiv aus. Wie bereits in der Vergangenheit entwickelte sich das Zinsdifferenzgeschäft wenig spektakulär. Allerdings profitierte die Hypi von der Bankensoftware Finstar, die zusätzliche Erträge generiert. Diesen Mehreinnahmen stehen tiefe zusätzliche Kosten gegenüber. Allerdings wird der Semesterabschluss durch einen deutlichen Anstieg der Personalkosten belastet, welcher auf den Ausbau des Angebots im digitalen Bereich zurückgeht. Ohne diese Investitionen wäre das Ergebnis nochmals besser ausgefallen. Dennoch sind diese Aufwendungen angesichts der stetigen Veränderung des Kundenverhaltens keinesfalls fehl am Platz, wenngleich zumindest kurz- bis mittelfristig wenig zusätzliche Erträge zu erwarten sind.
Die Aktien der Hypi sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Auf Basis des letztbezahlten Kurses von 4’180 CHF weisen die Aktien eine nicht nur im aktuellen Tiefzinsumfeld attraktive Dividendenrendite von 2.6% auf. Zudem notieren die Wertpapiere mit einem rund 30%igen Abschlag gegenüber dem ausgewiesenen Eigenkapital per 30. Juni 2016. Sofern es im zweiten Semester gelingt, ein ähnliches Resultat wie im ersten Halbjahr zu erzielen, werden die Aktien derzeit auf der Basis des Geschäftserfolgs (vormals Zwischengewinn) mit einem KGV von 12 bewertet. Dies ist als nicht zu teuer anzusehen. Angesichts des nach wie vor schwierigen Umfelds für Regionalbanken, das von einer stetigen Zunahme der regulatorischen Anforderungen und einem anhaltenden Zinsmargendruck geprägt ist, sind keine markanten Kursanstiege der Hypi-Aktie zu erwarten. Zudem können die Auswirkungen des Brexit derzeit nicht abgeschätzt werden. Das Papier dürfte sich von diesen Effekten allerdings eher unbeeindruckt zeigen. Ähnlich wie in den vergangenen Jahren sollte sich die Aktie als wertstabil erweisen und eignet sich für Anleger mit einem Faible für Substanzwerte. Zudem bietet die Hypi ihren Anteilseignern eine attraktive Barrendite an, was das Papier als Ersatz für eine Anlage in Obligationen als geeignet erscheinen lässt.