René Grieder, CFO Zehnder Group: „Zehnder will langfristig die Position im Bereich Innenraumklima festigen und ausbauen.“

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René Grieder ist seit August 2015 CFO der Zehnder Group AG. Zuvor war er im Controlling der Gruppe tätig. Grieder hat an der Hochschule Luzern Business Economics studiert und am IFZ einen Master in Corporate Finance erworben. Nach seinem Studium arbeitete er u.a als Controller für Pilatus Flugzeugwerke und Emhart Glass. Bild: zvg

Seit 1986 an der SIX kotiert, ist Zehnder vor allem für Heizkörper und zunehmend für Lüftungstechnologie bekannt. Der Euro-Raum ist der wichtigste Absatzmarkt, die Abschwächung der Nachfrage während der letzten Jahre und Überkapazitäten führten ab 2014 zu einem enttäuschenden Geschäftsverlauf. Die Dividende für 2015 wurde ausgesetzt, der Aktienkurs tendierte zur Schwäche. Inzwischen mehren sich nach dem Übergangsjahr 2016 die Anzeichen für eine Trendwende zum Besseren. Innovative Produkte, Verlagerung einzelner Produkte und Effizienzsteigerungen sollten wieder für bessere Zahlen sorgen. CFO René Grieder erläutert im Interview, welchen Kurs Zehnder ansteuert.

Herr Grieder, Zehnder hat am 27. Februar den Geschäftsbericht für 2016 veröffentlicht. Erläutern Sie doch bitte unseren Lesern kurz die Eckwerte und womit Sie als CFO zufrieden sind – und womit nicht.

Vor den Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von 12 Mio. Euro lag das EBIT bei 15.1 Mio. Euro. Durch den Verkauf der Liegenschaft in Peking kam es zu einem ausserordentlichen Ertrag von 40.3 Mio. Euro. Daraus resultiert ein EBIT von 43.4 Mio. Euro. Unser neues Produkt ComfoAir Q, ein Wärmerückgewinnungsgerät, kommt am Markt gut an. Seit Mai 2016 wurden über 10’000 Stück verkauft. Das Gerät kann entweder über ein Display im Gerät oder per App bedient werden. Zehnder ComfoAir Q wird in den Niederlanden produziert. Ein weiterer positiver Punkt ist die nun europaweit abgeschlossene Umstellung auf die SAP-Betriebssteuerungsplattform. Zehnder hat in den letzten Jahren rund 35 Mio. Euro in den SAP Roll-out investiert.

Im Geschäftsbericht heisst es, dass der Heizkörpermarkt in Europa saturiert ist und Zehnder eine rückläufige Anzahl von Anbietern erwartet. Welche Rolle will Zehnder bei der Konsolidierung spielen?

Wir werden nicht aktiv Kapazitäten aufkaufen oder den Markt konsolidieren. Zehnder konzentriert sich auf die Innovation, und organisches Wachstum steht im Vordergrund. Beispielsweise haben wir mit der Markteinführung des polymerbasierten Heizkörpers eine Innovation kreiert, die u.a. mit signifikant reduziertem CO2-Footprint, Korrosionsfreiheit und einfacher Installation punkten kann.

Obwohl die Lüftungstechnik höhere Wachstumsraten aufweist, macht das Geschäftsfeld Heizkörper immer noch 60% vom Umsatz aus. Welche Anteile erwarten Sie in fünf Jahren?

Zehnder konzentriert sich auf bestimmte Geschäftsfelder wie Badheizkörper, Mehrsäuler oder Heiz- und Kühldecken. In vielen Segmenten sind wir gar nicht aktiv. Wir verfolgen eine Nischenpolitik mit dem Blick auf Wachstum und Ertragsmargen, keine spezifischen Prozentsätze bei der Umsatzverteilung.

Ihre preisgekrönte Innovation, die polymerbasierten Heizkörper, sind in weiteren Ländern eingeführt worden. Wie werden die neuen Produkte angenommen, und welche Erfahrungen machen Sie mit dem exklusiven Vertrieb via App in Frankreich und den Niederlanden?

Die Rückmeldungen der Kunden sind durchwegs positiv. Vor allem wird das leichte Gewicht geschätzt, die schnelle und einfache Installation, und auch das Design kommt gut an. Der Preis und die Kostenstrukturen sind noch im Nischenbereich angesiedelt, werden jedoch mit den Stückzahlen tiefer werden. Der App-Vertrieb startet gerade, die ersten Bestellungen liegen vor.

In der Lüftungstechnik hat Zehnder eine kanadische Gesellschaft übernommen, die in der Membrantechnologie führend ist. Warum ist das für die Wettbewerbsfähigkeit von Zehnder wichtig?

Es geht nicht nur um Energieeffizienz, sondern vor allem um gesunde Luft und komfortable Lebensbedingungen in den Räumen, in denen wir uns aufhalten. Wenn ein Gebäude vollständig luftdicht ist, sinkt zwar der Energieverbrauch, aber wir fühlen uns nicht wohl ohne frische Luft. Ob Wohnung, Büro oder Gewerberäume – damit wir uns wohlfühlen und gesund und leistungsfähig bleiben, braucht es frische Luft, die richtige Temperatur und auch Feuchtigkeit. Genau die kann durch die Membrantechnologie der kanadischen dPoint Technologies Inc. wieder zurückgeführt werden, um trockene Luft im Winter zu verhindern.

Die USA und China zählen zu den wachstumsstärkeren Ländern für Zehnder. Dennoch machen sie gemeinsam nur 13% Umsatzanteil aus. Haben sich Ihre Planungen soweit erfüllt? Was haben Sie sich vorgenommen für die kommenden Jahre?

In China ist die Luftqualität ein sehr grosses Thema. Das Potenzial ist riesig. Das Bewusstsein bei der Bevölkerung wächst weiter. Wir wollen die Opportunitäten nutzen und sind mit dem Erreichten im Bereich Lüftungen durchaus zufrieden. In den USA sind wir in verschiedenen Bereichen als Nischenanbieter tätig. Eine beispielhafte Stärke sind die Luftreinigungslösungen „Zehnder Clean Air Solutions“ für Logistik und Lagerwesen. Dabei geht es vor allem um die Reduktion der Staubbelastung.

Was denken Sie über die protektionistischen Tendenzen unter dem aktuellen US-Präsidenten (und von Seite weiterer internationaler Politiker und Parteien)? Könnte das den Geschäftsgang beeinflussen?

Wir produzieren vorwiegend lokal in den USA für den amerikanischen Markt. Daher sehen wir kein grosses Risiko für uns.

In China gibt es natürlich zahlreiche weitere Anbieter von Heizkörpern und Luftreinigungssystemen. Wo genau liegt der Wettbewerbsvorteil von Zehnder, und welche Marktanteile streben Sie an?

Da gibt es im Prinzip zwei Märkte. Einmal das Projektgeschäft mit den grossen Bauunternehmen. Da geht es z.B. bei einem Projekt um 10’000 Wohneinheiten. Unser Know-how ist gefragt, allerdings herrscht angesichts der grossen Volumina auch ein ausgesprochener Preisdruck. Der zweite Markt ist das Retailsegment, wo die Qualität der Lösungen einen höheren Stellenwert hat und entsprechend weniger preissensitiv ist.

Der Verkauf des Grundstücks in Peking lief prima für Sie und hat auch den Jahresabschluss besser aussehen lassen. Wie zuversichtlich sind Sie für 2017 mit Blick auf Umsatz, Cashflow, Gewinn und Dividende?

Wir geben keine Guidance zu diesem Zeitpunkt heraus für 2017. Was ich sagen kann, ist, dass der Lüftungsbereich seinem Potenzial entsprechend wächst. Konkreter mit Zielen werden wir mit Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Halbjahres werden.

Und wo wollen Sie bis 2020 stehen?

Zehnder will langfristig die Position im Bereich Innenraumklima festigen und ausbauen. Das ist das Ziel unserer Investitionen.

Innovationen sind die Stärke von Zehnder. Was können Sie uns über das „energy-plus“ Haus erzählen?

Die Energieeffizienz ist für uns nur ein Punkt. Es geht um Lösungen für ein gesundes und komfortables Innenraumklima. Da spielen Aspekte wie Temperatur (heizen und kühlen), Luftfeuchtigkeit sowie Frischluftzufuhr eine entscheidende Rolle.

Wie viel Prozente Ihres Umsatzes kommen eigentlich aus Produkten, die in den letzten fünf Jahren lanciert wurden?

Wir sind stolz auf unsere neuen Produkte wie das Zehnder ComfoAir Q und den Zehnder Zmart, doch auch auf Heizkörper wie den Mehrsäuler, der 1930 im Markt eingeführt worden war und immer noch ein sehr wichtiges Produkt in unserem Portfolio ist. Mit der Digitalisierung haben sich aber die Innovationszyklen tendenziell verkürzt, und wir investieren weiterhin viel in die Produktinnovation.

Der Brexit hat Zehnder in Form rückläufiger Umsätze und einer unvorteilhaften Währungsentwicklung belastet. Die EU bleibt auch ohne UK mit Abstand wichtigster Markt von Zehnder. Wie würden Sie mit einem Auseinanderfallen der EU und den wahrscheinlich negativen wirtschaftlichen Folgen umgehen? Wie sieht Ihr „scenario planning“ aus?

Unsicherheiten sind nie gut, denn sie hemmen Investitionsentscheidungen. Wir passen die Kostenstrukturen entsprechend dem veränderten Umfeld an. Wichtig ist, flexibel und agil zu bleiben. In UK ist die Zurückhaltung zu spüren. Wir haben unsere Erwartungen angepasst.

Haben wir etwas für Aktionäre Wichtiges versäumt anzusprechen?

Wichtig ist uns die langfristige Orientierung, der wir kurzfristige Optimierungen unterordnen. Die Zehnder Group besteht seit 1895 und ist trotz zahlreicher Herausforderungen langfristig erfolgreich geblieben. Wir werden das Investitionslevel hoch halten, um Chancen wahrzunehmen und sind zuversichtlich, unsere Profitabilität mittelfristig wieder zu verbessern.

Welchen Zeithorizont sollten interessierte Aktionäre denn realistischerweise für ein Engagement mitbringen? Wann wird der Turnaround vollzogen sein?

Auch aus Investorensicht erscheint uns der langfristige Horizont für den Erfolg als entscheidend.

Besten Dank für die tiefen Einblicke, Herr Grieder.

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