SGV Holding: Inlandmarkt bleibt auf dem Vierwaldstättersee auch 2022 die wichtigste Stütze

Schifffahrt und Gastronomie immer noch weit unter Vor-Pandemie-Umsätzen

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Titelbild des Geschäftsberichts 2021 der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee. Bild: lakelucerne.ch

Wie schon im Geschäftsbericht für das Jahr 2020 mit einem Bild des stürmischen Sees versinnbildlicht auch das Titelbild des aktuellen Rückblicks auf das letzte Jahr die Gefühlslage bei der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV). Strömender Regen über dem Vierwaldstättersee – und weit und breit kein Schiff in Sicht.

«Ein unerfreuliches Jahr, aber es geht wieder aufwärts», wird denn auch Hans-Rudolf Schurter, VR-Präsident der SGV, im Interview im Geschäftsbericht zitiert. Die andauernde Krise habe bei der SGV Gruppe zu einem Liquiditätsengpass im Frühling 2021 geführt, so Schurter. Dieser konnte mit einem Bankkredit abgewehrt werden, der Kredit sei zwischenzeitlich zurückgezahlt worden. Aber es verstehe sich von selbst, dass infolge der ungenügenden Erträge die Investitionskraft der SGV Gruppe in den nächsten Jahren eingeschränkt sein werde.

Halbierung der Verluste

Dennoch, und da sind sich der VR-Präsident und CEO Stefan Schulthess einig, 2021 sei kein «annus horribilis» gewesen. Man habe die Verluste der SGV AG und der Gastronomie-Tochter Tavolago AG gegenüber 2020 halbieren können, sagt Schulthess. Auf Stufe EBITDA sei sogar wieder ein positives Ergebnis erzielt worden. Der Betriebsverlust (EBIT) von 5.5 Mio. CHF sei zwar unbefriedigend, aber er mache noch kein schreckliches Jahr, so Schulthess.

Rekordergebnis bei der Werfttochter Shiptec

Im Gegensatz zu den pandemiebedingten Ertragseinbrüchen in der Schifffahrt und der Gastronomie bietet das Ergebnis der hauseigenen Werfttochter Shiptec AG Grund zur Hoffnung. Denn die jüngste Tochter der SGV Gruppe verzeichnete das beste Jahresergebnis seit ihrer Gründung. So konnte der Umsatz von 8.4 Mio. CHF auf 20.8 Mio. CHF gesteigert werden. Aber auch Schifffahrt und Gastronomie wuchsen wieder, wenn auch von sehr tiefer Ausgangslage ausgehend. Auf Gruppenebene resultierte somit ein Wachstum von 36% auf einen Umsatz von 66.5 Mio. CHF (Vorjahr: 49 Mio. CHF).

Er sei froh, dass der Verwaltungsrat vor über zehn Jahren entschieden habe, strategisch nicht nur auf den Tourismus zu setzen, sagt Schulthess. Dies komme der SGV mit dem gut laufenden industriellen Schiffbau jetzt zugute.

Schifffahrt und Gastronomie immer noch weit unter Vor-Pandemie-Umsätzen

Hauptertragsquelle bleibt die Schifffahrt. Die habe sich positiv entwickelt, wenn auch auf viel zu tiefem Niveau, wie Schulthess schreibt. Insgesamt stiegen die Passagierzahlen gegenüber 2020 um 35% auf knapp 1,8 Mio. Passagiere. Dies sind aber immer noch rund 40% weniger als in den Jahren 2018 und 2019 mit jeweils rund 3 Mio. Passagieren.

Noch massiver unter den Umsatzzahlen verglichen mit der Vor-Corona-Zeit bewegt sich die Gastronomietochter Tavolago AG. Der Betriebsertrag liegt mit 16.6 Mio. CHF um 53% unter dem Jahr 2019. Nur dank einer Härtefallentschädigung in Höhe von 2.6 Mio. CHF konnte der Verlust mit 21’000 CHF in Grenzen gehalten werden.

Insgesamt verbuchte die Gesellschaft für die Jahre 2020 und 2021 7.7 Mio. CHF an Härtefallgeldern, die insgesamt in die Erfolgsrechnung 2021 flossen. Damit konnte der Verlust einigermassen in Grenzen gehalten werden, unter dem Strich steht ein Minus von 1.3 Mio. CHF nach 5.5. Mio. CHF in 2020.

Ausblick

Inwieweit das Unternehmen in Zukunft den Fokus vermehrt auf ausländische Nah- statt Fernmärkte setzt, könne er heute noch nicht sagen, schreibt Schulthess im Geschäftsbericht. Wichtig erscheine ihm, dass die SGV Gruppe weiterhin mit diversifizierten Produkten auf unterschiedlichen Märkten tätig sei, um künftige Wachstumschancen rasch zu ergreifen und das Risiko zu verteilen. Zusätzlich achte man auch weiterhin darauf, langfristig und solid finanziert zu bleiben, mit möglichst wenig Fremdkapital.

2022 werde für die SGV AG und die Tavolago AG ein anspruchsvolles Übergangsjahr. Marktbeobachtungen und die KOF-Prognosen signalisierten, dass bis im Jahr 2023 rund 80% der internationalen Gäste zurückkehren werden, hofft Schulthess.

Die Shiptec AG will das Tempo des Wachstums weiter nutzen. Nur ist dafür die Schweiz zu klein. Die Projekte, an denen die Shiptec arbeite, ob es es neue Schiffe oder grosse Sanierungen seien, würden immer in ganz Europa ausgeschrieben, gibt Shiptec Geschäftsführer Rudolf K. Stadelmann zu bedenken. Auch mit einem Schiff, das die Schweiz nie verlasse, trete man also im europäischen Wettbewerb an. Die Shiptec könne in der Schweiz nur erfolgreich sein, wenn sie bei den Preis- und Qualitätsstandards mitziehe – oder sie übertreffe.

Die SGV investiert weiter in ein neues Hotel der Tavolago AG in Luzern und den Bau der beiden Schiffe in Lausanne durch die Shiptec AG. «Wir sind uns als SGV Holding AG bei den erwähnten Projekten der Risiken bewusst. Darum investieren die Tavolago AG und die Shiptec AG noch mehr als sonst ins Risikomanagement», beschwichtigt Schulthess mögliche Risiken.

Fazit

Dank Härtefallgeldern und einer etwas entspannteren Lage als Im Vorjahr kann die SGV die Verluste in Grenzen halten. Allerdings ist das Fremdkapital in 2021 nochmals stark angestiegen, insbesondere die Position «Anzahlung von Kunden» schlägt mit 31.1 Mio. CHF zu Buche. Das führt dazu, dass der Fremdkapital-Anteil in der Bilanz auf 75,6% der Bilanzsumme anschwillt, währenddessen sich das Eigenkapital auf eine Quote von 24,4% verringert.

Mit der Anzahlung von Kunden wird der Bau der beiden Schiffe für Lausanne finanziert. Welche Auswirkungen das auf Erfolgsrechnungen der Shiptec in den kommenden Jahren haben wird, wird sich weisen.

Fest steht, dass eine Eigenkapitalquote von gerade mal einem Viertel der Bilanzsumme als sehr tief angesehen werden muss.

Nur ein Geschäftsgang, der wieder ins normale Fahrwasser kommt, wird dem Unternehmen substantiell helfen. Die meisten Anzeichen sprechen dafür, dass Touristen aus den ausländischen Nahmärkten bald wieder auf dem Vierwaldstättersee unterwegs sind. Eine Erholung im Überseetourismus dürfte noch etwas länger dauern. Also bleibt der Inlandmarkt sicher auch in 2022 die wichtigste Stütze im Geschäft der SGV.

Die Aktie der SGV Holding wird über OTC-X gehandelt und kostete zuletzt 249 CHF.

Seit dem Einbruch des Aktienkurses zu Beginn der Corona-Pandemie hat sich dieser bis heute nicht mehr erholt. Chart: otc-x.ch

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