Outdoor Switzerland konnte in 2021 wieder einen Gewinn einfahren. Unter dem Strich blieb dank Härtefallgeldern ein Plus von 0.74 Mio. CHF, in 2020 musste noch ein Verlust ausgewiesen werden. Die anziehende Reisetätigkeit insbesondere der internationalen Gäste macht sich beim Umsatz bemerkbar, der von 7.3 Mio. CHF auf 8.2 Mio. CHF anstieg.
Die im letzten Jahr erfolgte Umbenennung der Firmengruppe in Outdoor Switzerland (vormals Jungfrau Sports Holding) und das damit verbundene neue Branding soll Zeichen setzen. Einerseits die stärkere Betonung auf Outdooraktivitäten, andererseits die Absicht, das Tätigkeitsgebiet mittelfristig auf die ganze Schweiz auszudehnen.
Johann Kaufmann, CEO Outdoor Switzerland, erläutert im Interview mit schweizeraktien.net, warum 2021 der perfekte Zeitpunkt für das Rebranding war, wie sich der Einbruch bei den inländischen Touristen in diesem Jahr auf den Geschäftsgang auswirkt und was er und seine Mitarbeitenden aus der Pandemie gelernt haben.
Herr Kaufmann, wie ist das Jahr 2022 für Sie angelaufen? Sind wir auf dem Weg zurück in die Normalität?
Wir hatten im Wintersport eine hervorragende Saison und konnten den Vor-Pandemie-Umsatz in der Schneesportschule deutlich übertreffen. Nach wie vor fehlte aber der internationale Markt im Raum Interlaken. Ich denke, dass der gute Winter auch ein Effekt der liberalen Covid-Politik der Schweiz war: Skifahren war möglich ohne allzu grosse Einschränkungen.
2021 konnten Sie dank Härtefallgeldern einen Gewinn ausweisen. Dennoch sind Sie mit der Entwicklung des EBITDA nicht zufrieden. Welche Grössenordnung peilen Sie in diesem Jahr beim EBITDA an?
Das EBITDA 2021 ist nur bedingt aussagekräftig. Unsere Tochter in Interlaken hat zwei sehr schwierige Jahre hinter sich und war sehr froh um die Härtefallgelder, welche im Finanzabschluss ausserordentlich gebucht werden. Dieser Einfluss hat sich spürbar auf das konsolidierte EBITDA ausgewirkt. Es geht schrittweise aufwärts, unser EBITDA Ziel für 2022 liegt in der Grössenordnung, welche wir vor der Pandemie verbuchen durften.
In Ihrer Erfolgsrechnung 2021 fällt auf, dass der Personalaufwand um 25% auf 5 Mio. CHF angestiegen ist. Was sind die Gründe für diesen beachtlichen Anstieg?
Dies beinhaltet verschiedene Faktoren. Einerseits haben wir interne Ressourcen für das Rebrandingprojekt genutzt und hatten weniger Personal in Kurzarbeit. Weiter sind trotz Pandemie die Jet Boat AG sowie die Eventfirma Eiger Vision zur Outdoor Switzerland AG gestossen. Einen spürbaren Anteil sind auch variable Personalkosten, welche vor allem wegen der grossen Nachfrage im Bergsport angefallen sind.
Durch das Rebranding in Outdoor Switzerland ist auch der übrige Betriebsaufwand um über 15% gegenüber 2020 gestiegen. War das letzte Jahr angesichts mauer Umsätze und einem unbefriedigenden operativen Erfolg der richtige Zeitpunkt, um ein solches Rebranding durchzuführen? Was hat Sie das Rebranding insgesamt gekostet?
Es war der perfekte Zeitpunkt. Handeln ist das Gegenmittel zur Verzweiflung. Erstens konnten wir aufgrund der Krise interne Ressourcen für das Rebrandingprojekt nutzen. Zweitens braucht eine so grosse Umstellung Zeit, um sich mit dem neuen Marktplatz zu identifizieren, sowohl für Gäste als auch für Mitarbeitende. Bei der Rückkehr des Normalbetriebs sind wir somit parat. Wir haben rund eine Viertelmillion in das Projekt investiert.
Mit dem Rebranding zeigen Sie Ihre Strategie an, auch ausserhalb des Berner Oberlandes zu wachsen. Dies wird vorwiegend durch Akquisitionen möglich sein. Können Sie uns schon verraten, an welchen Standorten und mit welchen Angeboten die Kundschaft von Outdoor Switzerland rechnen kann?
Wir hatten ein Projekt, welches aufgrund von einem Bauprojekt verzögert wird. Wir sind aber nicht in einer Branche, welche unzählige Akquisitionsmöglichkeiten hat. Da muss man realistisch bleiben. Teile des Wachstums können auch organisch erfolgen. So sind wir z.B. im Bergsport schon heute alpenweit unterwegs.
Im letzten Jahr dürften Ihnen besonders auch die einheimischen Touristen umsatzmässig geholfen haben. Diese könnten in diesem Jahr vermehrt wieder im Ausland Ferien machen. Gleichzeitig sind insbesondere die Touristenströme aus Asien und den USA noch nicht zurück. Wie gehen Sie auf die Veränderung der einzelnen Touristengruppen z.B. mit Marketingmassnahmen ein?
Wir werden 2022 im Binnenmarkt einen Einbruch haben, das spüren wir bereits. Dies war aber absehbar. Wir sind trotz allem dankbar, dass die Schweizer in der Pandemie die Schweiz wieder-entdeckt haben. Dies wird sich nachhaltig auswirken, auch wenn jetzt das Reisefieber wieder ins Ausland zieht. Auf der anderen Seite haben wir nun markant mehr Buchungen aus dem Ausland, die internationalen Gäste kommen wieder vermehrt. Wir sind zuversichtlich, dass wir einen guten Sommer verzeichnen werden. Wir passen uns vor allem digital den Buchungsströmen an.
Welche weiteren Outdoor-Aktivitäten wollen Sie in Zukunft anbieten?
Mit rund 300 verschiedenen Outdoorangeboten bieten wir bereits ein umfassendes Portfolio an. Im 2022 wollen wir dies auch im Firmeneventbereich weiter ausbauen. Die eine oder andere Aktivität, welche wir nicht selbst anbieten, wird früher oder später dazu kommen.
Als wir im November 2021 das letzte Mal miteinander sprachen, sagten Sie, man solle nicht das Problem in der Chance, sondern die Chance im Problem sehen. Wenn wir vom Problem «Pandemie» sprechen, welche Chancen sehen Sie da?
Aus der Pandemiezeit nehme ich primär zwei Erkenntnisse mit. Erstens: Wir müssen wieder lernen, den Schweizer Markt zu bearbeiten. Dieser unterscheidet sich grundsätzlich vom internationalen Markt. Zweitens: In einer Krisensituation zeigt sich intern, wo Prozesse und Strukturen Verbesserungs-Potenzial aufzeigen. Hier muss man selbstkritisch den Mut aufbringen, Optimierungen einzubringen.
Welche Hoffnungen und Befürchtungen haben Sie für das Jahr 2022?
Ich habe nur Hoffnungen. Einerseits, dass die internationale Reisefreiheit weiter gelockert wird. Anderseits hoffe ich, dass die Inflationsspirale nicht weiterdreht. Sinnlose Kriege verstärken den Effekt, nach dem die Industrie postpandemisch Produktion und Leistung wieder hochfahren muss.
Herr Kaufmann, herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Die Aktie von Outdoor Switzerland wird über OTC-X der BEKB gehandelt. Zuletzt kostete sie 1300 CHF.