AG Suvretta House: Krise? Welche Krise?

Das Engadiner Luxushotel überzeugte an der GV mit hervorragenden Zahlen

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2025
Das Suvretta House gehört zu den Flaggschiffen unter den Hotels in St. Moritz. Bild: www.suvrettahouse.ch

Am 9. September 2022 fand in St. Moritz die 109. Generalversammlung der AG Suvretta House in selbigem Nobelhotel statt. Nicht etwa wegen ausbleibender Gäste aus Russland oder explodierenden Energiekosten, sondern «nur» wegen des vorjährigen Bezugs von Corona-Hilfen müssen die Aktionäre auf eine Ausschüttung verzichten und ihre Rendite auf die legendäre Naturaldividende beschränken.

Wo Gault-Millau-Punkte zu den Geschäftszahlen gehören

Andere Aktiengesellschaften mögen für ihre Generalversammlung eine «Eventlocation» anmieten, das Suvretta House Hotel ist eine solche. Von all dessen Annehmlichkeiten abgesehen erschien den rund 70 Anwesenden auch das Oberengadin im Spätsommer eine Reise wert zu sein, sie sorgten für eine Präsenz von insgesamt 62,4% der 5’000 stimmberechtigten Aktien. In gediegenem Ambiente und bei ansprechenden Geschäftszahlen entzündet sich selten Opposition im Aktionariat, welches sämtliche Traktanden ohne Gegenstimmen genehmigte. Für Fragen und Erläuterungen standen wie gewohnt die Direktion in Person von Esther und Peter Egli sowie die Mitglieder des Verwaltungsrats unter dem Vorsitz von Reto Candrian beim anschliessenden Apéro sowie dem (ebenso gewohnt) hochklassigen Mittagsmenu zur Verfügung.

Die Rückkehr zum pandemiefreien Normalbetrieb macht Vergleiche der Erfolgszahlen mit dem Vorjahr sinnlos, sodass ein Vergleich mit der jeweils letzten Prä-Covid-Saison mehr Aussagekraft entfaltet. Verglichen mit den restlichen St. Moritzer Fünf-Sterne-Hotels und einer Abnahme der Logiernächte von 13,5% gegenüber der Sommersaison 2019 konnte das Suvretta House um 19,9% zulegen, wobei die Verlängerung der Saison um 17 auf 90 Tage sicherlich hilfreich war. Beim Vergleich der Wintersaison hat sich das Suvretta House mit einem Zuwachs der Logiernächte um 7,8% ebenfalls positiv gegenüber lokalen Wettbewerbern derselben Kategorie mit -2,2% absetzen können. In der Gesamtjahresbetrachtung erzielte das Hotelunternehmen einen um 14% gesteigerten Gesamtumsatz.

Keine Dividende trotz kerngesunder Bilanz

Im direkten Vorjahresvergleich stieg der Betriebsertrag des Hotels einschliesslich der Restaurants Chasellas, Suvretta Stube, Grand Restaurant (14, 13 und 16 Gault-Millau-Punkte) und dem Bergrestaurant Trutz um 62,2% auf einen neuen Rekordwert von CHF 32,2 Mio. und das Jahresergebnis auf CHF 3,0 Mio. (Vorjahr: CHF -1,06 Mio.). Der Vorjahresverlust wurde als Covid-19-Härtefallbeitrag bezogen und sorgt für eine dreijährige Ausschüttungsbeschränkung. Neben den operativen Erfolgen führt auch der Aufschub geplanter Investitionen für bessere Bilanzdaten: Selbst nach Rückführung der Grundpfanddarlehen um 55,5% auf nur noch CHF 10,76 Mio. war der Kassenbestand mit komfortablen 5,77 Mio. um 165% über dem Vorjahreswert, die Eigenkapitalquote verbesserte sich markant von 45,7% auf 53,5%.

Lediglich der Neubau der Sesselbahn Suvretta-Randolins schlug im Berichtsjahr mit einem Anteil von CHF 1,2 Mio. zu Buche. Der Immobilienbestand, zu dem neben dem eigentlichen Hotel und seinen Nebengebäuden auch seit 2021 eine Renditeliegenschaft in St. Moritz gehört, weist einen Brandversicherungswert von CHF 191,6 Mio. auf, während der Bilanzbuchwert bei CHF 38,6 Mio. liegt. Während ausbleibende Gäste aus Russland bei anderen Spitzenhotels deren Umsatzprognosen für das laufende Jahr spürbar beeinträchtigen, entfällt dieser Effekt beim Suvretta House dank des bislang stetig geringen Anteils russischer Gäste.

Mit Blick auf die rasant steigenden Energiekosten gelangen dem Management gleich zwei kleine Coups – sei es dank guter Prognosequalität oder glücklichem Timing: Kurz vor Beginn der Pandemie konnte 2020 ein Jahreskontingent an Heizöl günstig gesichert werden. Nach dessen Verbrauch wird jedoch in kleinen Tranchen eingekauft, um zumindest einen marktgerechten Durchschnittspreis zu bezahlen. Während dieser Lucky Buy bereits in 2020 die Aufwandsseite entlastete, wirkt ein mehrjähriger Strom-Deal länger nach, denn rechtzeitig vor der Rallye an den Strommärkten wurden die Strombezugskosten für 2022-24 auf günstigem Niveau vertraglich fixiert.

Fazit

Es mag erstaunen, dass trotz mancher Krisenfaktoren Premiumhotels wie das Suvretta House Rekordzahlen vorlegen. Value-Investoren mögen versucht sein, aus dem bilanziellen Eigenkapital plus stillen Reserven im Immobilienbestand einen theoretischen Nettowert jenseits von CHF 35’000 pro Aktie errechnen. Angesichts des spärlichen Handels und geringen Streubesitzes ist die Suvretta-House-Aktie für Spekulanten wohl ebenso ungeeignet wie für Renditejäger – die letztjährige Ausschüttung von CHF 85 aus den Kapitaleinlagereserven ergäbe auf Basis des letzten Handelspreises auf OTC-X von CHF 16’000 eine Rendite von schmalen 0,5%. Sagen wir es doch so: Die Aktie dieses prominenten Tophotel-Solitärs liefert ihren Besitzern jedes Jahr einen willkommenen Vorwand für eine Reise nach St. Moritz. Was will man mehr?

Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.

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