Weisse Arena: Mitarbeitermangel ist kein temporäres Problem

Rekordzahlen im Geschäftsjahr 2021/22 – Starke Investitionstätigkeit

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Reto Gurtner, VRP, (links), und Markus Wolf, CEO der Weissen Arena Gruppe. Bild: Flims Laax Falera

Eigentlich könnten sich Markus Wolf und Reto Gurtner entspannt zurücklehnen. Denn Markus Wolf legte in seinem zweiten vollen Geschäftsjahr als neuer CEO der Weissen Arena Gruppe ein Rekordjahr hin. Der Umsatz stieg auf 129.5 Mio. CHF, den höchsten Wert der Firmengeschichte. Und auch das Betriebsergebnis auf Stufe EBITDA explodierte förmlich. Reto Gurtner, der frühere CEO und heutige Verwaltungsratspräsident, hat damit seine Nachfolge erfolgreich geregelt. Doch weder der neue CEO noch sein VRP ruhen sich auf dem Erreichten aus. Sie arbeiten bereits an mehreren neuen Projekten gleichzeitig. Ausserdem bereiten sie sich auf die künftigen Herausforderungen vor.

Keine Sorge vor Wiederaufflammen der Pandemie

Und das ist nicht die Gefahr eines Wiederaufflammens der Pandemie im Winter. «Das haben wir im Griff. Alle Instrumente sind on-hold», sagt Markus Wolf im Gespräch mit schweizeraktien.net. Auch die hohen Energiepreise beunruhigt das Duo weniger, denn mit Heizöl für den Winter hat sich die Weisse Arena Gruppe frühzeitig zu niedrigeren Preisen eingedeckt. Auch die Strompreise wurden bis 2024 fixiert. «Die Thematik mit den Energiepreisen können wir gut managen», glaubt auch Gurtner. Doch ein ganz anderes Thema bereitet den beiden grossen Sorgen. Es ist der Mangel an Arbeitskräften. Markus Wolf nennt es Menschenmangel, denn er weist darauf hin, dass es nicht nur Fachkräfte sind, die fehlen. Er zeigt dabei Grafiken mit der demografischen Entwicklung der Bevölkerung in der Schweiz und in den angrenzenden europäischen Ländern, aus denen in den letzten Jahren immer wieder Arbeitskräfte in die Schweiz gekommen sind. Überall das gleiche Bild: Es werden mehr Menschen pensioniert als in den Arbeitsprozess einsteigen. Bis 2040 würden rund 32’000 Arbeitskräfte allein im Kanton Graubünden fehlen, so Wolf.

Neues «Peoples»-Konzept eingeführt

Ohne Arbeitskräfte kann ein Unternehmen wie die Weisse Arena Gruppe, zu der 28 Bahnanlagen, 6 Hotels, 32 Restaurationsbetriebe sowie Skischulen und Sportgeschäfte gehören, seinen Gästen nicht mehr die erwarteten Dienstleistungen anbieten. 1’200 Mitarbeitende zählt das Tourismusunternehmen im Winter; im Sommer sind es rund 400. Deshalb hat Wolf im Februar 2022 ein «Peoples Konzept» entwickelt, das nun ein «Head of People & Culture» umsetzen soll, der auch Einsitz in der Geschäftsleitung genommen hat. Ziel des Konzeptes: «Wir wollen der beste Arbeitgeber in der Region werden», erklärt der CEO. Nur so könne man erreichen, dass die Weisse Arena Gruppe immer ausreichend Mitarbeitende in allen für den Betrieb notwendigen Bereichen finde.

Visualisierung der Bergstation auf Crap Sogn Gion mit der neuen «Galaaxy». Bild: Flims Laax Falera
Neue Wohnungs- und Bahnprojekte

Und die braucht das Unternehmen auch. Denn die Projektpipeline ist voll. In Laax wird derzeit das erfolgreiche rocksresort mit zwei neuen Wohngebäuden mit 47 Ferienwohnungen und einer neuen Freestyle Academy erweitert, die 2024 fertig sein sollen. Parallel dazu soll bis 2026 auf Crap Sogn Gion die Bergstation mit dem Flaggschiff «Galaaxy» für rund 35 Mio. CHF erneuert werden. Und in Falera plant die Weisse Arena gemeinsam mit der Gemeinde und dem Immobilienentwickler Blauhut AG das Projekt «La Mutta», den Bau eines neuen Beherbergunskomplexes analog dem Vorbild rocksresort in Laax.

Ausserdem stehen bis 2024 der Ersatz einer Gondelbahn zum Vorabgletscher sowie der Bau einer neuartigen Gondelbahn Flem Xpress an. Der Flem Xpress ist keine klassische Gondelbahn, sondern eine Art Seilbahntaxi: Der Gast kann eine bestimmte Zielstation auswählen und wird direkt dorthin transportiert. «Das System funktioniert wie ein Aufzug», beschreibt Reto Gurtner das neuartige Transportsystem. Er streicht dabei auch die Vorteile in puncto Nachhaltigkeit heraus. «Wir sparen so bis zu 50% der Energie gegenüber herkömmlichen Systemen», so Gurtner.

Immobilienerlöse finanzieren Teile der Investitionen

Eine wichtige Rolle spielen bei der Finanzierung auch die Immobilienprojekte. Das Projekt «La Mutta» in Falera soll rund 7.5 Mio. CHF zu den Investitionen für die Erneuerung der Bahn auf den Crap Sogn Gion beisteuern. Und auch aus dem Verkauf der Ferienwohnungen der 4. Bauetappe des rocksresorts in Laax, wo der Verkauf noch im Winter 2022/23 starten soll, fliessen Gewinne wieder in die Konzernrechnung der Weissen Arena Gruppe. Reto Gurtner rechnet daher auch in den kommenden Jahren weiterhin mit Erträgen aus dem Immobiliengeschäft. Ein grosser Teil der Finanzierung der Projekte kann daher laut Markus Wolf aus dem Cashflow erfolgen.

Umsatz und Gewinn erreichen Rekordwerte

Wie der Jahresabschluss 2021/22 zeigt, lassen sich in Laax durchaus hohe Cashflow-Margen von über 20% erzielen. Im letzten Geschäftsjahr, das am 31. März 2022 endete, zählten die zur Gruppe gehörenden Bahnen 1’138’607 Ersteintritte (+ 16,1%). Dies entspricht der vierthöchsten Besucherzahl seit Beginn. Der Netto-Umsatz der Weissen Arena Gruppe knackte erstmalig die 100-Mio.-CHF-Grenze und erreichte mit 129.6 Mio. CHF einen Rekordwert. Im EBITDA von 45.1 Mio. CHF sind zwar Immobiliengewinne aus der 3. Bauetappe des rocksresorts in der Höhe von 14.9 Mio. CHF enthalten. Doch auch ohne diesen Effekt hätte der Betriebsgewinn vor Abschreibungen mit 30.2 Mio. CHF ein Rekordniveau erreicht. Mit 19.3 Mio. CHF lagen die Abschreibungen auf der Höhe der Vorjahre. Obwohl auch die Personalkosten mit 43 Mio. CHF einen noch nie dagewesenen Wert erreichten, fiel das EBIT mit 25.8 Mio. CHF ebenso wie der Reingewinn mit 21.7 Mio. CHF rekordhoch aus. Die Aktionäre konnten sich über eine Rückzahlung aus der Kapitalreserve in Höhe von 4 CHF je Aktie freuen. Einen positiven Effekt hatte das Rekordjahr auch auf die Bilanz. Die Eigenkapitalquote stieg auf 39,6%, die Verschuldung konnte um rund 10 Mio. CHF deutlich reduziert werden.

Auch mit dem Start ins laufende Geschäftsjahr sind Reto Gurtner und Markus Wolf zufrieden. Markus Wolf erwähnt, dass die Gruppe im Vorjahr von der liberalen Corona-Politik in der Schweiz, sprich den geöffneten Skigebieten, sowie dem Trend zu Ferien im eigenen Land profitieren konnte. «Wir müssen nun beobachten, welche Effekte nachhaltig zu erzielen sind», so Wolf. Doch mit den laufenden Investitionen in das Angebot soll in Laax die Basis gelegt werden, um als Destination auch weiterhin attraktiv und somit erfolgreich zu bleiben.

Fazit

Wie andere Schweizer Tourismusbetriebe ist auch die Weisse Arena Gruppe nicht nur gut durch das zweite Pandemiejahr gekommen; sie hat es in dieser Zeit auch geschafft, ein Rekordergebnis zu erzielen. Zwar ist dies auch Sonderfaktoren zuzuschreiben. Doch die regelmässigen Investitionen in das Angebot zahlen sich offenbar aus. Denn auch ohne die Gewinne aus dem Immobiliengeschäft hätte die Gruppe ein Rekordergebnis erzielt.

In den kommenden Jahren werden die Investitionen in die Zukunft hoch bleiben. Ein Teil der Investitionen wird weiterhin aus Gewinnen im Immobilienbereich finanziert werden können. Positiv zu erwähnen ist auch der Fokus auf Nachhaltigkeit, den das Unternehmen seit 2010 durch die Lancierung des «Greenstyle»-Projekt frühzeitig gelegt hat. Bei sämtlichen Bauprojekten wird dieser Aspekt von Anfang an berücksichtigt. Dabei ist die Weisse Arena Gruppe aufgeschlossen für Innovationen wie den Flem Xpress und setzt gezielt auf Energieeffizienz sowie erneuerbare Energien. Denn das Schmelzen des Vorabgletschers zeigt den Verantwortlichen jeden Tag, wie wichtig Massnahmen zum Schutz des Klimas sind.

Allerdings werden die grossen Herausforderungen wie Inflation, Konjunkturrisiken, Folgen des Ukraine-Kriegs etc. vor der Weisse Arena AG nicht Halt machen. Im Energiebereich hat sich das Unternehmen mit Sicht auf ein bis zwei Jahre gut abgesichert, sodass anhaltend hohe Energiepreise in den kommenden Jahren durch Preiserhöhungen für die eigenen Angebote kompensiert werden dürften. Bleibt vor allem die Knappheit bei den Mitarbeitenden, für die eine Lösung gefunden werden muss.

Die Aktien der Weisse Arena AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 180 CHF für eine Aktie gezahlt. Das Kurs-/Gewinn-Verhältnis liegt auf Basis des Reingewinns bei niedrigen 5.4. Bereinigt um den Immobiliengewinn würde diese Kennzahl bei 15 liegen. Der Buchwert per Ende März 2022 liegt bei 161 CHF je Aktie, sodass sich ein Kurs/Buchwert-Verhältnis von 1.2 errechnet. Da die Gesellschaft stets hohe Abschreibungen vornimmt, welche auch in den Pandemiejahren nicht zurückgefahren wurden, dürften im Anlagevermögen noch erhebliche stille Reserven liegen. Die Rendite beträgt, eine gleichbleibende Zahlung von 4 CHF je Aktie vorausgesetzt, bei 2,2%. Insgesamt scheint die Aktie auf dem aktuellen Kursniveau fair bewertet zu sein. Entscheidend bleibt jedoch, dass es in diesem und den folgenden Jahren gelingt, weiterhin ein ähnlich gutes Ergebnis wie in 2021/22 zu erzielen. Sofern sich auch die 4. Bauetappe des rocksresorts wieder gut verkaufen lässt, dürfte auch weiterhin mit zusätzlichen Gewinnen aus Immobilienverkäufen zu rechnen sein. Hier könnten lediglich weiter stark steigende Hypothekarzinsen dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung machen.

Kursverlauf der auf OTC-X gehandelten Aktie der Weissen Arena AG seit 2019. Chart: otc-x.ch

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