Regionalbanken: Weiter auf Wachstumskurs, aber die Kosten steigen ebenfalls

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Regiobank Solothurn Hauptsitz
Der Umbau am Hauptsitz der Regiobank Solothurn wurde 2022 abgeschlossen. Bild: zvg

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation und Rezessionsangst: Seit nunmehr drei Jahren ist das konjunkturelle Umfeld alles andere als stabil. Doch schon vor Beginn der Pandemie dominierten mit Blick auf die Schweizer Retailbanken die Negativschlagzeilen. Die Digitalisierung des klassischen Bankgeschäfts, die zunehmende Regulierung und der Druck auf die Zinsmargen bereiteten den Banken Sorgen. Ein Blick auf die ersten Jahresabschlüsse der Schweizer Regionalbanken zeigt allerdings, dass der Sektor auch wieder sehr gut durch das Jahr 2022 gekommen ist. Bei den regional tätigen Finanzinstituten legten die Bilanzsummen weiter zu. Die zwischen Winterthur und Wil tätige Zürcher Landbank knackte sogar erstmals die 1 Mrd.-CHF-Grenze. Bei der im Solothurnischen angesiedelten Spar+Leihkasse Bucheggberg wurde die Marke von 800 Mio. CHF erstmals übertroffen. In allen bisher bekannten Jahresabschlüssen legten die Ausleihungen und die Kundengelder zu, wobei den Banken mehr Kundengelder zuflossen als neue Ausleihungen getätigt wurden.

Treiber bei den Ausleihungen war nach wie vor das wichtige Hypothekargeschäft. Trotz der Zinswende wurden 2022 zwischen 3 und 4% mehr Kredite für Immobilien vergeben als im Vorjahr. Die anziehenden Zinsen und das höhere Ausleihungsvolumen hatten auch einen Anstieg des Zinserfolgs zur Folge, der die schwachen und teils rückläufigen Erträge aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft mehr als kompensieren konnte. Auffallend ist allerdings auch, dass die Kosten bei sämtlichen Instituten höher als im Vorjahr ausfielen. Hier dürften auch die Marketingausgaben eine Rolle gespielt haben, die nach dem Ende der Covid-Massnahmen im März 2022 wieder hochgefahren wurden. Von den stabilen bzw. leicht höheren Jahresgewinnen dürfen bei zwei Banken auch die Aktionäre profitieren: die Regiobank Solothurn und die Bank SLM schlagen an ihrer Generalversammlung eine höhere Ausschüttung vor. Auffallend ist auch, dass bei Ersatzwahlen für die Verwaltungsräte mehrerer Banken mehrheitlich Frauen vorgeschlagen werden.

Höhere Zinsen für Sparer bei der Clientis Bank im Thal

Als eine der kleinsten Regionalbanken mit einer Bilanzsumme von 387.7 Mio. CHF hat die Clientis Bank im Thal im Geschäftsjahr 2022 auf allen Stufen zulegen können. Ausleihungen und Kundengelder stiegen beide um rund 3% gegenüber dem Vorjahr. Auch der Geschäftserfolg fiel mit 1.796 Mio. CHF höher als im Vorjahr aus. Bankleiter Roger Hochuli betont in einer Medienmitteilung die lokale Verbundenheit seines Finanzinstituts. Die Dividende soll mit 8 CHF je Aktie gleich bleiben, was bei Aktienkursen von um die 580 CHF einer Rendite von 1.4% entspricht. An der Generalversammlung vom 21. April tritt der langjährige Verwaltungsratspräsident Peter Büttler ab. Mit Barbara Schär und Gianluca Iaccarino werden zwei neue Mitglieder zur Wahl vorgeschlagen. Wie die Bank im Thal betont, sollen im März zum zweiten Mal die Zinsen für Sparguthaben erhöht werden.

SL Bucheggberg wählt weitere Frau in den VR

Erneuerungen im Verwaltungsrat stehen auch bei der Spar- und Leihkasse Bucheggberg (SLB) an. An der Generalversammlung vom 18. März sollen Stefanie Gubser und Christoph Klossner neu in den VR gewählt werden. Stefanie Gubser wäre die zweite Frau in dem sechsköpfigen Verwaltungsrat. Im Geschäftsjahr 2022 sind die Kundengelder mit 4,8% deutlich stärker gewachsen als die Ausleihungen (+3,9%). Dies bringt die in der Regio Solothurn tätige Regionalbank in die komfortable Lage, 98,7% der Ausleihungen mit Kundengeldern refinanzieren zu können. Nur 90.5 Mio. CHF werden durch Darlehen der Pfandbriefbank und der Emission und Finanz AG gedeckt. Wie die Bank in ihrer Medienmitteilung weiter erklärte, sei die Refinanzierung von Covid-19-Krediten bei der SNB im Jahr 2022 vollständig zurückgeführt worden.

Dank der höheren Ausleihungen und der Normalisierung der Zinsen fiel der Brutto-Erfolg aus dem Zinsengeschäft um 6,8% höher als im Vorjahr aus. Im Gegensatz zu anderen Instituten gelang es, trotz des widrigen Börsenumfelds den Ertrag aus dem Wertschriften- und Anlagegeschäft um 11,4% zu steigern. Bei einem höheren Geschäftsaufwand, der auf mehr Personal, Aus- und Weiterbildung und die «Normalisierung der Marketingausgaben» zurückzuführen ist, wie es heisst, fielen der Geschäftserfolg mit 4,0 Mio. CHF und auch der Reingewinn höher als im Vorjahr aus. Die Dividende bleibt unverändert bei 90 CHF je Namenaktie. Bei einem Kurs von 6'600 CHF je Aktie liegt die Rendite bei 1,4%. Das ausgewiesene Eigenkapital beträgt 12'400 CHF pro Aktie, fast doppelt so viel wie der letztbezahlte Kurs auf OTC-X.

Zinsmarge der Bank SLM klettert auf 1,11%

Mit 1'675 CHF deutlich unter dem Buchwert, dem ausgewiesenen Eigenkapital pro Aktie von 2'504 CHF je Aktie, liegen auch die letzten Kurse für die SLM-Aktie. Die Bank SLM verzeichnete 2022 ebenfalls in allen Bereichen ein solides Wachstum. Mit 4,6% wuchsen die Ausleihungen sogar stärker als die Kundengelder (+ 3,7%). Treiber war auch hier mit einem Plus von 3,8% das Hypothekargeschäft. 88% der Ausleihungen sind durch Kundengelder gedeckt. Als weitere wichtige Refinanzierungsquelle dienen Pfandbriefdarlehen in Höhe von 303 Mio. CHF (+ 5,2%). Auch bei der Bank SLM wirkten sich Volumenwachstum und die steigenden Zinsen positiv auf den Zinserfolg aus. Die Zinsmarge kletterte nach Angaben der Bank auf 1,11%. Auch im indifferenten Geschäft gelang es, ein kleines Plus zu erzielen. Obwohl der Bank im Geschäftsjahr 2022 im Anlagegeschäft 26.4 Mio. CHF weitere Mittel zugeflossen sind, reduzierten sich die Depotvermögen aufgrund der schwachen Lage an den Kapitalmärkten um 34.1 Mio. auf 438.9 Mio. CHF.

Bei einen Geschäftsertrag von insgesamt 25.5 Mio. CHF und einem höheren Geschäftsaufwand gelang es, den Geschäftserfolg um 4,4% auf 10.7 Mio. CHF zu steigern. Die Cost/Income-Ratio liegt bei niedrigen 46,3%. Die Aktionäre erhalten eine um 2 auf 30 CHF je Aktie erhöhte Dividende. Ausserdem soll an der Generalversammlung vom 29. April mit Nadine Reverdin-Studer die dritte Frau als Nachfolgerin für Peter Jörg in den siebenköpfigen Verwaltungsrat gewählt werden.

Regiobank Solothurn setzt verstärkt auf Nachhaltigkeit

Bereits zwei Frauen sind im Verwaltungsrat der Regiobank Solothurn vertreten. Auch hier gibt es noch «Luft nach oben». Dies insbesondere, da die Regiobank sich verstärkt mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Bei der Modernisierung der Geschäftsstellen würde die Energieeffizienz berücksichtigt, um den Anteil an erneuerbarer Energie stetig zu erhöhen, schreibt das Finanzinstitut in einer Medienmitteilung. Dies werde durch den Wechsel der Stromprodukte erreicht, ebenso wie durch die Installation einer Photovoltaikanlage im Rahmen des Umbaus der Geschäftsstelle in Biberist. Nach dem Umbau des Hauptsitzes in Solothurn, dem Neubau in Zuchwil und der Erneuerung der Geschäftsstelle in Egerkingen im letzten Jahr ist dies die letzte Baumassnahme.

Doch nicht nur bei den eigenen Bauprojekten, auch im Angebotsbereich baut die Regiobank ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen aus. Im Anlage- und Finanzierungsbereich würden vermehrt Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. So beurteilte die Bank das bestehende Hypothekarportfolio von Wohnimmobilien bezüglich Energieeffizienz. Dies mit dem Ziel, die Kundinnen und Kunden im Hinblick auf Möglichkeiten der Energieeffizienz besser beraten zu können. «Banken sind ein Motor für den nachhaltigen Wandel», lässt sich CEO Markus Boss in einer Medienmitteilung zitieren.

Im Geschäftsjahr 2022 verzeichnete die am Jurasüdfuss tätige Regionalbank ebenfalls ein starkes Wachstum, wobei die Kundengelder mit 7,2% deutlich stärker wuchsen als die Ausleihungen (+ 4,2%). Mittlerweile werden 91,8% der Kredite durch Kundengelder finanziert. Während beim Zinsengeschäft der Erfolg nochmals um 3,9% anstieg, fielen die Einnahmen aus dem Kommissions- und Handelsgeschäft um 1,9% tiefer aus. Deutlich angestiegen ist mit 6,8% hingegen der Geschäftsaufwand, was die Bank auf «teilweise bedeutende Kostensteigerungen» zurückführt. Diese hatten einen um 4,0% tieferen Geschäftserfolg zur Folge, während der Jahresgewinn um 2,6% auf 8.3 Mio. CHF zulegte. Die Regiobank Solothurn wird ihren Aktionären an der Generalversammlung vom 8. Mai 2023 die Erhöhung der Dividende auf 17.50 CHF vorschlagen. Bei Kursen von 916 CHF rentiert die Aktie mit 1,9%.

Fazit

Wie zu erwarten war, können die meisten Schweizer Regionalbanken auf ein erfreuliches Geschäftsjahr 2022 zurückblicken. Die Zinswende hat den Finanzinstituten jedenfalls bisher nicht geschadet. Im Gegenteil: Sie führt zumindest kurzfristig zu einer Verbesserung des Zinsertrages und nimmt den Druck von der Zinsmarge. Im Vorteil sind hier die Banken mit einem hohen Deckungsgrad der Ausleihungen durch Kundengelder. Ob und wie sich die steigenden Zinsen auf den Immobilienmarkt und damit auf die künftige Nachfrage nach neuen Hypotheken auswirken wird, ist derzeit noch nicht ganz klar. Erste Anzeichen für einen gedämpften Preisanstieg sind jedenfalls erkennbar. Einen Preiseinbruch erwarten Experten hingegen nicht; dies auch wegen des vorherrschenden Wohnungsmangels.

Erfreulich ist festzustellen, dass vermehrt Frauen in den Verwaltungsräten der vor allem im ländlichen Raum tätigen Banken Einzug halten. Sie knacken hier eine Männerdomäne. Jedoch finden sich nach wie vor wenig Frauen in den Geschäftsleitungen dieser Finanzinstitute, die sich teilweise fast ausschliesslich aus Männern zusammensetzen. Auch in puncto Nachhaltigkeit gibt es Verbesserungspotenzial. Hier hat die Regiobank Solothurn die Initiative ergriffen. Nicht zuletzt dürfte die Selbstregulierung der Bankiervereinigung dazu beitragen, dass die Banken mehr Verantwortung übernehmen.

Regionalbanken Aktien
Die Aktien von Schweizer Regionalbanken haben sich in den letzten drei Jahren, gemessen am OTC-X Index Banken,  positiv entwickelt. Chart: otc-x.ch

Interessant bleibt weiterhin auch die grosse Diskrepanz bei den Bewertungen der auf OTC-X gelisteten Aktien. Gerade Valoren von kleineren Instituten, wie die SL Bucheggberg oder die Spar+Leihkasse Gürbetal, werden mit einem hohen Abschlag auf den inneren Wert (das ausgewiesene Eigenkapital) gehandelt, während grössere Häuser, wie die Regiobank Solothurn, einen nur geringen Abschlag aufweisen. Daraus zu schliessen, dass bei den Banken mit einem hohen Abschlag auf den inneren Wert Kurspotenzial besteht, wäre voreilig. Jedoch dürfte zumindest das Rückschlagrisiko begrenzt sein. Im 2022 gehörten Regionalbank-Aktie gemessen am OTC-Index Banken mit einem Plus von 4,6% zu den Gewinnern. Auch in dieses Jahr ist der Index mit plus 0,3% gestartet. Regionalbank-Aktie haben sich somit als solide Anlage in einem turbulenten Umfeld erwiesen.

Hinweis in eigener Sache: am 20. Juni 2023 findet in Zürich zum 10. Mal der Branchentalk Banken statt.

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