Kongresshaus Zürich: Betrieb nimmt nach Corona wieder Fahrt auf

Die Betriebsgesellschaft braucht Zeit und Hilfe, um profitabel zu werden

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Das frisch renovierte Kongresshaus direkt am Zürichsee. Bild: kongresshaus.ch

Besser, aber noch nicht gut genug oder gar profitabel. Das ist die Kurzzusammenfassung des Geschäftsjahrs 2022 für die Kongresshaus Zürich AG. Die Gesellschaft hat 2022 den Umsatz deutlich gesteigert. Unter dem Strich verblieb sie weiterhin in den roten Zahlen, der Verlust reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich.

Normalbetrieb ab 2024

Die Einnahmen der Veranstaltungsgesellschaft haben sich mit 17.1 Mio. CHF mehr als verdoppelt. Der Verlust von 2.5 Mio. CHF fiel etwas kleiner aus als budgetiert. Im Vorjahr betrug das Minus noch 5.3 Mio. CHF. Das erste Halbjahr sei dabei noch stark von den Auswirkungen der Coronapandemie belastet gewesen, heisst es im Geschäftsbericht der Betreibergesellschaft.

Grössere Veranstaltungen hätten erst ab Mai durchgeführt werden können. Im laufenden Geschäftsjahr stehe weiterhin die Umsetzung des Sanierungsplans im Fokus, heisst es weiter. Eine Rückkehr zum Normalbetrieb werde ab 2024 erwartet. «Das Geschäft läuft 2023 wie geplant», ergänzt die Kongresshaussprecherin. Das Unternehmen habe Erfolg mit bestehenden und neuen Kunden im Event- und Gastrobereich. Eine Strategieanpassung sei nicht geplant, aber selbstverständlich würden immer wieder Verbesserungen vorgenommen werden, um das Angebot attraktiver zu machen.

Gastronomie stark unter Erwartungen

Das Einnahmenpotenzial der Gesellschaft hat sich durch die jüngste Abtrennung der Tonhallen-Einnahmen reduziert. Im Vergleich mit dem Kursaal Bern und dem Kursaal Interlaken zog das Veranstaltungsgeschäft im Geschäftsjahr 2022 in Zürich aber am deutlichsten an. Der Ertrag aus Veranstaltungen legte im Vergleich zum Vorjahr um 116% auf 5.8 Mio. CHF zu. In Bern avancierte der vergleichbare Betriebsertrag um 62% auf 13.8 Mio. CHF. Beim Kursaal Interlaken betrug das Plus 25% bei Kongressen (inkl. Restauration) und stieg auf 4.17 Mio. CHF.

Noch stärker konnte das Kongresshaus Zürich den Gastronomieumsatz erhöhen, der von 3.3 auf 10.3 Mio. CHF zulegte. Erstaunlicherweise heisst es aber dazu im Geschäftsbericht: «Das neue Restaurant Lux hat die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen können». Hier gibt es keine vergleichbaren Grössen bei den Konkurrenten in Bern und Interlaken. Interlaken weist die Gastronomieumsätze nicht separat aus; in Bern umfasst das Segment Hotels&Restaurants mit einem Umsatz von 13.7 Mio. CHF (+ 78%) auch das neue Swissôtel. Der Personalaufwand in Zürich zog lediglich um 60,2% auf 10.4 Mio. CHF an. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Gesellschaft über die Pandemie auch einen Teil der Belegschaft weiterbeschäftigte, der nicht eingesetzt werden konnte.

Unerfreuliche Jahre

Die Betriebsgesellschaft ist seit 1984 für die Veranstaltungen im Kongresshaus verantwortlich. Der Gebäudekomplex selbst gehört aber einer öffentlich-rechtlichen Stiftung. Die Aktiengesellschaft besitzt kein Anlagevermögen. Das Kongresshaus Zürich bietet zwanzig Räumlichkeiten mit insgesamt 5’300 Quadratmeter Veranstaltungsfläche für Tagungen, Kongresse oder Messen an, ferner gehören ein Streaming-Studio und ein Restaurant mit Loungebar dazu. Die Gesellschaft blickt auf einige unerfreuliche Jahre zurück. Im Jahr 2017 schloss der Betrieb für eine Komplettsanierung die Türen. Während den Renovationsarbeiten kam es zu zwei je sechsmonatigen Bauverzögerungen, und der Umbau wurde 13 Mio. teurer als die 165 Mio. CHF, die budgetiert waren. Die Eröffnung des sanierten Kongresshauses fiel 2021 mitten in die Corona-Pandemie.

Im März 2021 half die Stadt bereits mit einem Kredit von 1.9 Mio. CHF aus, um den drohenden Konkurs der Betriebsgesellschaft abzuwenden. Das reichte jedoch nicht aus. An einer ausserordentlichen Generalversammlung im November 2022 stimmten die Aktionäre Bilanzmassnahmen zur Sanierung zu. Dabei erfolgte zuerst ein Kapitalschnitt. Die 5’000 Aktien mit einem Nominalwert von 1’000 CHF wurden auf nominal 100 CHF herabgesetzt. Das Aktienkapital reduzierte sich dadurch von 5 Mio. auf 500’000 CHF. In einem zweiten Schritt wurde das Aktienkapital wieder auf 5 Mio. CHF erhöht. Die Stadt Zürich garantierte dabei, alle Aktien zu zeichnen, die keine Käufer finden würden.

Solide finanziert

Deutlich verbessert hat sich durch die Bilanzmassnahmen und den Zufluss von 4.5 Mio. CHF an neuem Kapital die Finanzstabilität der Gesellschaft. Mit Eigenkapital in Höhe von 2.93 Mio. CHF beträgt Ende 2022 der Anteil am Gesamtkapital 45,8%. Im Vorjahr belief sich die Eigenkapitalquote auf 13,8%. Die Sprecherin des Kongresshauses macht klar, dass es vorerst zu keinen weiteren Verwässerungen kommen wird: «Eine Kapitalerhöhung ist nicht vorgesehen, und es gibt auch keinen zusätzlichen Finanzbedarf.»

Wenig attraktiv ist für Privatinvestoren, dass die Stadt Zürich als Mehrheitsaktionär mit einem Aktienanteil von fast 82% das Sagen hat – und nicht immer aufgrund von betriebswirtschaftlichen Faktoren entscheiden wird. Die Stadt gab aber zu verstehen, dass sie kein langfristiges Engagement als «Fast-Besitzerin» des Kongresshauses anstrebt. Das Engagement der Stadt wird jedoch vorerst zur finanziellen Gesundung beitragen. Im Mai des laufenden Jahres ist eine Anpassung des Mietvertrages unterzeichnet worden. Die Anpassung des Mietvertrages beinhaltet eine befristete Mietzinsreduktion von jährlich 1.14 Mio. CHF für die Zeitdauer vom 1. August 2022 bis 31. Mai 2028.

Fazit

Mit der an der Generalversammlung im vergangenen Jahr beschlossenen Reduzierung des Nominalwertes der Aktien um das Zehnfache auf 100 CHF reduzierte sich auch der Aktienkurs deutlich und fiel auf rund 100 CHF zurück – in den vergangenen Monaten ist dieser Wert auf der Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) mehrmals deutlich unterschritten worden.

Chart Kongresshaus Zürich
Aktienkurs der Kongresshaus Zürich AG. Grafik: otc-x.ch

Die Reduktion der Anzahl im Umlauf befindlichen Valoren hat den Besitzern einen herben Verlust beschert. Der Umsatz pro Aktie belief sich im vergangenen Jahr auf 342 CHF. Der Buchwert liegt mit der neuen Anzahl Titel gemäss einem Aktienhändler bei rund 58 CHF. «Damit dürfte der Wert der Aktie auf dem aktuellen Niveau fair bis leicht zu teuer sein.» Aktionäre müssen vorerst auf eine Dividende verzichten. Die Titel sind mittelfristig nur etwas für Liebhaber, die sich aus Interesse an Kultur und Events engagieren.

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