Neue Zürcher Zeitung: Stabile Publizistik, labile Beteiligungen

Dividende soll 200 CHF betragen

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Die NZZ will am Qualitätsjournalismus festhalten und ihn weiter ausbauen. Bild: NZZ

Das Unternehmen NZZ steigert den Umsatz 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 2% auf 250.9 Mio. CHF. Die Anzahl der zahlenden Abonnentinnen und Abonnenten erhöht sich um 1% auf 211’100, was primär am Wachstum bei Digital-Abonnenten liege und einem Höchstwert entspreche, so der Geschäftsbericht. Das die guten Nachrichten aus der Falkenstrasse. Die weniger guten betreffen in erster Linie die Beteiligungen an der Architekturplattform DAAily und dem Zürcher Filmfestival (ZFF) sowie und in ganz besonderem Masse an CH Media.

Im Kerngeschäft Publizistik kann das Unternehmen aus der Falkenstrasse ein operatives Ergebnis auf Stufe EBIT von 16.8 Mio. CHF ausweisen und liegt damit auf Vorjahresniveau. Insgesamt weist die NZZ ein EBIT von 14.9 nach 30.2 Mio. CHF im Jahr 2022 aus, was darauf zurückzuführen ist, dass der Ergebnisanteil von CH Media neu nicht mehr im EBIT, sondern im Finanzergebnis ausgewiesen wird. Der Grund dafür ist, dass die NZZ im März 2023 ihre Beteiligung an CH Media von 50% auf 35% reduziert hat.

CH Media mit negativem Einfluss auf Ergebnis

Der Rückgang beim Unternehmensergebnis gegenüber dem Vorjahr (vor Goodwill-Rückführung) um 6.2 Mio. CHF auf 19.8 Mio. CHF sei hauptsächlich auf den Ergebniseinbruch bei CH Media zurückzuführen, schreibt die NZZ. Das Resultat von CH Media habe das Ergebnis der NZZ im Vergleich zum Vorjahr mit 11.8 Mio. CHF negativ beeinflusst, was durch den positiven Wertschriftenertrag nur teilweise wettgemacht werden konnte. Ein aussagekräftiger Vergleich der Profitabilität des Unternehmens NZZ mit dem Vorjahr müsse daher auf Stufe Unternehmensergebnis erfolgen. Um den Ergebnisbeitrag von CH Media bereinigt, liege das Unternehmensergebnis um 5.5 Mio. CHF höher als im Vorjahr.

Weitere Investitionen in Wachstumsfelder

«Wir freuen uns, auf ein weiteres erfolgreiches Jahr zurückblicken zu können», wird NZZ-CEO Felix Graf im Geschäftsbericht zitiert. «In Zeiten von Krisen und der Verbreitung neuer Technologien wächst die Gefahr von Desinformation und Manipulation. In diesem Kontext gewinnen hochwertige und verlässliche Inhalte, wie sie unsere Mitarbeitenden mit enormem persönlichem Engagement und grosser Sorgfalt täglich bereitstellen, noch mehr an Bedeutung.» Das solide Ergebnis in einem sehr anspruchsvollen Umfeld, die Stabilität im Kerngeschäft Publizistik und die Fortschritte bei der Transformation unterstrichen die gute Entwicklung des Unternehmens. Die Herausforderungen blieben aber gross. Man werde deshalb auch weiterhin in Wachstumsfelder investieren, um die führende Position der NZZ im Qualitätsjournalismus zu festigen, betont Graf.

Das wird auch nötig sein, um die Verluste, die nicht erst seit diesem Jahr beim ZFF und bei DAAily anfallen, zu kompensieren. So steht das ZFF, das unter grosser Fluktuation auf der Macherebene leidet, im besonderen Fokus. Dass jetzt die Medienmanager von der Falkenstrasse auch noch ein eigenes ZFF-Kino mitfinanzieren müssen, macht die Sache noch etwas herausfordernder.

NZZ jetzt auch Kinobetreiber

Seit Mitte Oktober 2023 wird das Frame als ganzjähriges Kino mit einem Programmmix aus gehobenem Mainstream und Arthouse von der NZZ betrieben. Das ZFF habe mit dem Frame ein eigenes Zuhause und eine ganzjährige Präsenz erhalten, womit das Festival auch für Sponsoren attraktiv bleibe, freut sich die NZZ. Anfang 2024 hat das NZZ-Urgestein Felix E. Müller, lange Zeit Chefredaktor der NZZ am Sonntag, sein Mandat als Verwaltungsratspräsident des ZFF an den ehemaligen Disney-Manager Roger Crotti übergeben. Die Personalrochaden machen auch vor dem obersten Gremium beim ZFF nicht halt.

Neues Ökosystem im Bereich Kunst

Der Aufbau themenspezifischer Ökosysteme sei ein wesentlicher Bestandteil der Wachstumsstrategie des Unternehmens NZZ. Bereits erfolgreich etablierte Ökosysteme seien Unternehmertum rund um das Swiss Economic Forum, Immobilien mit den Real Estate Days sowie Nachhaltigkeit mit Sustainable Switzerland, der führenden Nachhaltigkeitsinitiative der Schweiz. Angesichts dieser erfolgreich etablierten Ökosysteme habe sich die NZZ entschieden, in den Aufbau eines weiteren Ökosystems im Bereich Kunst zu investieren, das in den kommenden Monaten auf- und ausgebaut werde.

Die NZZ will ein neues Ökosystem «Kunst» etablieren. Bild: NZZ Geschäftsbericht

Das Unternehmen NZZ halte an seiner Strategie mit Fokus auf Qualitätsjournalismus fest. Investitionen in das publizistische Kerngeschäft und weitere Wachstumsfelder sollen die führende Position der NZZ im Qualitätsjournalismus liberaler Prägung weiter stärken und zusätzliche Wachstumschancen eröffnen, schreibt das Unternehmen.

Fazit

Medienschaffende haben ein grosses Mitteilungsbedürfnis, das ist sozusagen systemimmanent. Es ist der Grund dafür, dass auch der Geschäftsbericht 2023 mit 132 Seiten äusserst umfangreich ausfällt. Im zweiten Teil werden auf an die 40 Seiten sämtliche Aktivitäten des Hauses in aller Breite ausgeleuchtet, das geht hin bis zu den Abmagerungsbemühungen eines NZZ Wissenschaftsredaktors, die mit reichlich Worten und Bildern minutiös aufgezeichnet sind. Der Zeitgeist fordert hier den vollen Tribut des Lesers, in Zeiten von Ozempic & Co. will die NZZ den Aktionärinnen und Aktionären auch dieses Thema schmackhaft machen. Aber gehört das in einen Geschäftsbericht? Weniger wäre mehr, aber wie schon im letzten Jahr können sich die Verantwortlichen dem grossen Mitteilungsdrang aus allen Ecken des Hauses nicht verschliessen.

Unternehmerisch bleiben die Ausflüge in medienfremde Tätigkeiten wie insbesondere das Betreiben eines Filmfestivals und eines Kinos fragwürdig. Ganz anders verhält es sich mit der Voll-Integration von «The Market» in die NZZ im 2023, an der die NZZ schon zuvor beteiligt war. Es bedeutet nichts anderes als den weiteren Ausbau und die Vertiefung der Kompetenz der Wirtschafts- und Börsenberichterstattung, die sowieso schon eine herausragende Stellung im Hause NZZ einnimmt.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Schritt und weitere Investitionen ins publizistische Kerngeschäft zu einer Beschleunigung des Wachstums führen wird. Denn nach Jahren imposanter Zuwächse im Lesermarkt – vor allem in Deutschland und getrieben von Pandemie und Ukraine-Krieg –  hat sich die Zunahme an Abonnentinnen und Abonnenten deutlich abgeschwächt und beträgt nurmehr 1%.

Für die Investorinnen und Investoren gibt es gute Nachrichten: Auch in 2023 wird ein Teil des Gewinnes ausgeschüttet werden. 200 CHF soll die Dividende betragen, das sind zwar 400 CHF weniger als im Vorjahr, aber da wurde auch eine Sonderdividende wegen des Teilverkaufs der Anteile an CH Media in ebendieser Höhe ausbezahlt. Die Dividendenrendite beträgt bei den aktuellen Kursen etwas über 3%. Das Kurs-/Gewinnverhältnis beträgt moderate 11.8, und der ausgewiesene Buchwert (per Ende 2023) liegt mit 7’186 CHF je Aktie deutlich über den zuletzt bezahlten Preisen.

Daher dürften die Anteilseigner nicht ganz so glücklich mit dem Kursverlauf der NZZ-Aktie sein. Der Kurs der auf OTC-X gehandelten Aktie hat sich zwar von seinem Jahrestief von 4’900 CHF wieder etwas erholt, liegt aber mit 5’850 CHF doch noch deutlich unter dem Höchstkurs von 7’500 CHF, der vor einem Jahr bezahlt wurde.

Chart NZZ
Kursentwicklung der NZZ Aktie über die letzten drei Jahre. Quelle: otc-x.ch

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