Generalversammlungen: Trendbeobachtungen aus über 120 Versammlungen

Von Dominik Witz, Mitgründer Konsento AG

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Generalversammlungen
Generalversammlungen können heute physisch, hybrid oder rein virtuell durchgeführt werden. Bild: stock.adobe.com

In der Schweiz gibt es rund 125’000 Aktiengesellschaften. Sie alle müssen jedes Jahr innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Geschäftsjahres eine ordentliche Generalversammlung durchführen, die aus den Aktionären besteht und für die wichtigsten und grundlegendsten Entscheidungen der Gesellschaft zuständig ist.

Über die LegalTech Plattform Konsento wurden seit ihrer Lancierung im Herbst 2021 über 120 Generalversammlungen durchgeführt, und bei rund einem Drittel dieser Generalversammlungen wurden Beschlüsse gefällt, die von einem Notar fernbeurkundet wurden. Auf Basis dieser Erfahrungen hat Konsento für schweizeraktien.net Beobachtungen zusammengestellt, die in verschiedenen Bereichen wertvolle Einblicke und Tipps für die Planung und Durchführung von Generalversammlungen bieten.

Die Generalversammlung als Marketingplattform

Eine gut durchgeführte Generalversammlung ist nicht nur eine Pflichtveranstaltung, sondern auch eine hervorragende Gelegenheit für Unternehmen, sich zu präsentieren und das Interesse der Aktionäre aufrechtzuerhalten oder gar zu steigern. Geschickte Verwaltungsräte nutzen die Generalversammlung als Bühne für Image-Marketing und Branding. Dies steigert das Interesse am Produkt und entwickelt den Aktionär zum Markenbotschafter. Andererseits kann dadurch auch das Interesse an weiteren Zukäufen bzw. Zeichnungen von Aktien geweckt werden. Bei börsenkotierten Aktiengesellschaften kann dies einen Einfluss auf die Kurspflege haben, bei Start-ups und Scale-ups auf den Erfolg zukünftiger Finanzierungsrunden.

Hohe Beteiligung als Erfolgsfaktor

Verwaltungsräte mit ansprechender Unternehmenspräsentation bemühen sich auch um eine möglichst hohe Teilnahmequote der Aktionäre, lassen sich regelmässig über eingegangene Anmeldungen und Stimmrechtsinstruktionen informieren und erinnern Aktionäre, die noch nicht auf die Einladung reagiert haben, an ihre noch mögliche Stimmabgabe. Dies erhöht die Stimmbeteiligung und ist aus Sicht der Corporate Governance erwünscht. Bei den Informationen über eingegangene Instruktionen zu Handen des unabhängigen Stimmrechtsvertreters ist selbstverständlich den Schranken des Aktienrechts Rechnung zu tragen und sind die Weisungen der Aktionäre bis zur GV vertraulich zu behandeln.

Angst ist ein schlechter Ratgeber

Verwaltungsräte, die darauf hoffen, dass möglichst wenige Aktionäre an der Generalversammlung teilnehmen, bieten in der Regel nicht gleich attraktive Unternehmenspräsentationen wie jene, die die Veranstaltung als Marketing- und Branding-Plattform nutzen. Dies führt dazu, dass sie das Interesse der teilnehmenden Aktionäre an zukünftigen Generalversammlungen oder Kapitalerhöhungen verspielen. Bei elektronischen Generalversammlungen lässt sich schwindendes Interesse bereits während der Versammlung an der Zahl der auf der Software angemeldeten («eingeloggten») Benutzer erkennen.

Datenanalyse als Schlüsseltrend bei Generalversammlungen

Wachsendes Interesse an Datenanalyse

Datenanalyse und -verarbeitung machen auch vor Generalversammlungen nicht halt. So möchte etwa der Verwaltungsrat bereits vor der Generalversammlung wissen, wie viele Aktionäre bzw. die von ihnen vertretenen Stimmen sich angemeldet oder den Stimmrechtsvertreter instruiert haben. Der Notar möchte für die Beurkundung nicht nur die Beschlüsse und Wahlergebnisse mit genauen Stimmenverhältnissen angezeigt erhalten, sondern auch die Zusammensetzung anhand des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Aktionäre je Traktandum plausibilisieren. Der Verwaltungsrat des börsenkotierten Unternehmens möchte der Börse unmittelbar nach Abschluss der Generalversammlung die Beschlüsse mit den genauen Stimmenverhältnissen übermitteln. Zudem soll das Protokoll möglichst rasch nach der Generalversammlung den Aktionären zugänglich gemacht werden.

All diese Anforderungen können auch manuell erfüllt werden. Werden Generalversammlungen mit elektronischen Mitteln organisiert, kann der Informationsbedarf aber schneller, umfassender, detaillierter und präziser befriedigt werden. Protokolle, Abstimmungsergebnisse, Urkunden und Handelsregisteranmeldungen können schneller und effizienter erstellt werden. Technische Mittel machen den gesamten Ablauf der Generalversammlung somit effizienter und transparenter.

Autonomie und Unterstützung bei Generalversammlungen

Autonomie durch ausgeklügelte Software

Ein bemerkenswerter Trend bei Generalversammlungen ist ein wachsendes Bedürfnis von Verwaltungsräten, Generalversammlungen und VR-Sitzungen, selbständig zu organisieren und durchzuführen. Dies liegt für erfahrene Verwaltungsräte bei Standard-GVs mit wiederkehrenden Verhandlungsgegenständen auf der Hand, gilt aber in zunehmendem Masse auch für komplexe Anträge wie bspw. die Einführung eines Kapitalbands oder die Aufnahme von Statutenbestimmungen zur elektronischen Einberufung und Durchführung von Generalversammlungen. Ferner schätzen es auch weniger erfahrene Verwaltungsräte, eine Generalversammlung ohne die Unterstützung von Fachexperten organisieren zu können. Diese Entwicklung bewegt sich im Einklang mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Bedürfnis nach mehr Autonomie des Individuums, das durch die fortschreitende Digitalisierung immer stärker unterstützt wird.

Diese Entwicklung soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor Gesellschaften gibt, die alleine schon aufgrund ihrer Auslastung und Fokussierung auf das Kerngeschäft zahlreiche Aufgaben in Zusammenhang mit der Generalversammlung delegieren oder auslagern.

Verteilung und Eignung der verschiedenen GV-Typen

Die Verteilung der 2024 bisher über Konsento durchgeführten Generalversammlungen zeigt klare Trends und Präferenzen:

Virtuelle Generalversammlungen

Virtuelle Generalversammlungen machen 50% aller über Konsento durchgeführten Generalversammlungen aus. Diese Zahl mag auf den ersten Blick überraschend hoch und für die Gesamtheit aller in der Schweiz durchgeführten Generalversammlungen nicht repräsentativ sein, hängt aber damit zusammen, dass sich das LegalTech Unternehmen auf die Digitalisierung und Standardisierung von Corporate Actions spezialisiert hat. Denn virtuelle Generalversammlungen sind besonders geeignet für ausserordentliche Generalversammlungen, wie etwa zur Erhöhung des Aktienkapitals oder für andere Statutenänderungen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Notar online teilnehmen kann, wodurch Kosten eingespart werden. Bei diesen Generalversammlungen liegt der Fokus auf der Erfüllung der rechtlichen Vorgaben zur Umsetzung von Unternehmensveränderungen und -entwicklungen, und weniger auf der Unternehmenspräsentation oder der Bindung der Aktionäre.

Ausserdem scheinen mehr und mehr Unternehmen den formalen Pflichtteil der Generalversammlung vom geselligen Aktionärsanlass zu trennen; ein steriler Kongress- oder Konferenzsaal bietet keinen geeigneten Rahmen für einen erlebnisreichen, einprägsamen Event; eine virtuell durchgeführte Generalversammlung ermöglicht es der Gesellschaft aber, den formalen Teil mit verhältnismässig geringem Aufwand und dem Zweck entsprechend abzuspulen und dafür Raum für ein rauschendes Aktionärsfest oder einen abenteuerlichen Aktionärsausflug zu schaffen.

Virtuelle Generalversammlungen sind auch ideal für ein geografisch breit diversifiziertes Aktionariat oder Team, besonders im Verwaltungsrat. Sie ermöglichen es zudem «Working Nomads», an der Generalversammlung teilzunehmen und tragen dazu bei, Reisetätigkeiten zu vermeiden, was zur Umsetzung der ESG-Strategie der Aktiengesellschaft beiträgt. Darüber hinaus helfen sie, Kosten für Raum und Logistik zu sparen.

Hybride Generalversammlungen

Hybride Generalversammlungen machen 36% der Generalversammlungen über Konsento aus. Sie bieten grundsätzlich dieselben Vorteile wie virtuelle Generalversammlungen, schaffen jedoch zusätzlich die Möglichkeit für Aktionäre aus der Region, persönlich teilzunehmen und sich nach der Generalversammlung mit dem Verwaltungsrat auszutauschen. Gleichzeitig beinhalten sie alle Vorteile der physischen Generalversammlung und ermöglichen es geografisch weiter entfernten Aktionären, in Echtzeit aktiv mitzuwirken. Dadurch können auch Aktionäre, die nicht aus der Region stammen, ohne grossen Aufwand teilnehmen.

Darüber hinaus sind hybride Generalversammlungen eine gute Option für Aktiengesellschaften, die ihren Aktionären eine Online-Teilnahme ermöglichen möchten, aber noch nicht über die statutarischen Grundlagen für virtuelle Versammlungen verfügen.

Physische Generalversammlungen

Physische Generalversammlungen machen nur 13% der Generalversammlungen über Konsento aus. Sie eignen sich besonders, wenn der Verwaltungsrat mit einzelnen Aktionären nach der Generalversammlung in persönlichen Kontakt treten möchte oder die Möglichkeit von virtuellen Generalversammlungen noch nicht in die Statuten aufgenommen wurde und der Verwaltungsrat die Herausforderungen der Koordination von Echtzeitkommunikation über analoge und digitale Kanäle scheut.

Demografie der Aktionäre weniger relevant für Wahl der GV-Form

Die Altersstruktur der Aktionäre hat für die Wahl des GV-Typs eher untergeordnete Bedeutung, d.h. es konnte kein eindeutiger Trend festgestellt werden, dass aufgrund des Durchschnittsalters ein GV-Typ besonders geeignet oder ungeeignet wäre.

Ausblick

Die Trends bei Generalversammlungen werden weiterhin von der Digitalisierung und den sich verändernden Bedürfnissen der Aktionäre geprägt sein. Virtuelle und hybride Generalversammlungen dürften weiterhin an Bedeutung gewinnen, insbesondere in einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaft. Virtuelle Generalversammlungen ermöglichen attraktivere Aktionärsanlässe an einem anderen Datum. Unternehmen werden verstärkt auf technologische Lösungen setzen, um Effizienz und Mitwirkung zu steigern, während gleichzeitig der persönliche Kontakt und das Networking in hybriden Formaten ermöglicht werden.

Die Rolle von Datenanalyse und elektronischen Systemen wird weiter zunehmen, um die Planung, Durchführung und Nachbereitung von Generalversammlungen zu optimieren. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach autonomen Lösungen und der Unterstützung durch Experten je nach Unternehmensgrösse und -struktur variieren. Insgesamt wird die Flexibilität in der Wahl der Generalversammlungsformate eine entscheidende Rolle spielen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Unternehmen und ihrer Aktionäre gerecht zu werden.

Konsento ist eine Webapplikation zur umfassenden und modernen Gesellschaftsverwaltung. Dazu gehört insbesondere die Durchführung von physischen, hybriden und virtuellen Generalversammlungen, auf die neben der Gesellschaft selbst deren Verwaltungsrat, Aktionäre, Partizipanten, Stimmrechtsvertreter, Notare und Revisoren Zugang haben. Generalversammlungen können dank geführten Prozessen und Traktandenvorlagen mit wenigen Klicks rechtskonform aufgesetzt und alle internen und externen Teilnehmer dazu eingeladen werden. Direkt und indirekt via Stimmrechtsvertreter abgegebene Stimmen werden automatisch konsolidiert und in Sekundenschnelle ausgezählt. Die innovative Software unterstützt den Verwaltungsrat ausserdem mit automatischen Erinnerungsmails und Protokollentwürfen sowie umfassender, rechtskonformer Datenanalyse. 

 

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