Meyer Burger: Zwischen Turnaround und Totalausfall

Schweizer Solarfirma wagt noch einen letzten Versuch

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Das Meyer Burger-Werk in Colorado/USA. Bild: zvg

Rettung oder Rückzug? Meyer Burger will mit B2B-Geschäften und neuen Produktionsstrategien den Turnaround schaffen. Doch der Weg bleibt steinig. Lohnt sich ein Engagement noch für Anleger?

Meyer Burger steht – einmal mehr – an einem entscheidenden Punkt. Das Solarunternehmen setzt nach dem katastrophalen Crash der Aktie voll auf die Neuausrichtung im B2B-Geschäft und plant, mit Partnerschaften und Produktionsoptimierungen den Turnaround zu schaffen. Zudem wurde das Management ausgewechselt. Besonders DESRI, ein bedeutender Partner aus den USA, spielt eine Schlüsselrolle. Doch nicht alles läuft rund – alte Probleme und neue Risiken überschatten die Erfolgsaussichten.

Wachstum durch Partnerschaften und USA-Fokus

Meyer Burgers neue Strategie basiert auf langfristigen Abnahmeverträgen mit Partnern, vor allem Kraftwerksbetreibern wie Desri. Das Unternehmen ist ein führender Entwickler, Eigentümer und Betreiber im Bereich der erneuerbaren Energien in den Vereinigten Staaten. Der gesamte Markt von Meyer Burger richtet sich jetzt ausschliesslich auf die USA – und nur noch B2B-Geschäfte stehen im Fokus. «Die Zusammenarbeit mit Desri bietet Meyer Burger langfristige Stabilität, indem Abnahmegarantien das Verkaufsrisiko verringern», sagt Eugen Perger, Head of Equity Strategy bei Research Partners. Der Direktvertrieb wird zugunsten von Grossprojekten aufgegeben, und das Unternehmen verabschiedet sich aus dem Endkundengeschäft.

Wichtiges Element der neuen Strategie ist die Optimierung der Produktionsstandorte. Meyer Burger wird in Deutschland und den USA produzieren, aber mit einer klaren Aufgabenteilung: In Deutschland, in Thalheim, werden nur noch Solarzellen hergestellt, während diese in Goodyear, USA, zu kompletten Solarmodulen zusammengebaut werden. «Das erlaubt Effizienzgewinne», so Perger, «aber nur, wenn beide Standorte voll ausgelastet sind.» Der Versand von Einzelteilen in die USA reduziert zwar Logistikkosten. Einzelteile sind oft kompakter verpackbar als ein zusammengebautes Endprodukt, was Platz spart und den benötigten Frachtraum reduziert. Aber die wahre Herausforderung besteht darin, die Kapazitäten der Fabriken in beiden Ländern zu maximieren.

Die früher oft genannten 3 Jahre technologischer Vorsprung von Meyer Burger sind dahingeschrumpft. Asien fabriziert gleichwertige Solarzellen (Bild: zVg).

Technologisch kein Vorsprung mehr gegenüber Asien

Ein weiteres Problem: Technologisch ist Meyer Burger inzwischen nicht mehr unbedingt führend. Heterojunction-Technologie (HJT) und die Smart Wire Connection Technology (SWCT), einst gefeierte Alleinstellungsmerkmale, bieten heute kaum noch einen Vorsprung. «Asiatische Konkurrenten haben stark aufgeholt. HJT und SWCT sind keine einzigartigen Verkaufsargumente mehr – sie heissen in Asien einfach nur anders», so Perger. Dies schmälert Meyer Burgers Wettbewerbsfähigkeit erheblich. Das frühere Argument lautete nämlich immer: «3 Jahre technologischer Vorsprung.» Der globale Wettbewerb in der Solartechnik ist hart, und ohne technisches Alleinstellungsmerkmal wird es schwierig, die Marktposition auszubauen. Immerhin ist die Nachfrage nach Solarmodulen in den USA nach wie vor gut – aber längst nicht mehr so hoch wie im Boom während der Russlandkrieg-Energiekrise.

Finanzielle Risiken und Kapitalbedarf

Auch finanziell steht Meyer Burger vor einer Zerreissprobe. Die erwarteten Verluste in den Jahren 2024 und 2025 sind erheblich. «Wir rechnen mit einem Minus in zweistelliger Millionenhöhe, welches das Unternehmen stark belasten wird», prognostiziert Perger. Besonders die Forderung von Desri nach Arbeitsplatzgarantien für die kommenden Jahre erhöht den Druck auf die Kostenstruktur. Meyer Burger bleibt so wenig Spielraum für Restrukturierungen. Gleichzeitig kosten die in Deutschland notwendigen Sozialpläne für abgebautes Personal zusätzlich Geld, was die finanzielle Situation weiter verschärft.

Hinzu kommt das Problem der Eigenkapitalengpässe. Viele – mehrmals und jahrelang – enttäuschte Aktionäre wollen nicht weiter investieren, weil sie das Vertrauen in die optimistischen Prognosen verloren haben. Fremdkapital und Subventionen, wie eben aus Colorado, werden dringend benötigt. «Ohne erhebliches Fremdkapital, ca. 100 Mio. CHF, bleibt die Umsetzung der neuen Pläne ein heisses Spiel auf Zeit», analysiert Perger. Sogar eine Übernahme durch Partner wie Desri könnte im Raum stehen, falls Meyer Burger den Kapitalbedarf nicht decken kann. Das wäre allerdings ein Szenario, das die Aktionäre nicht erfreuen dürfte. Es könnte sowohl einen potenziell zu niedrigen Übernahmepreis als auch eine Verwässerung ihrer Anteile durch Kapitalerhöhungen bedeuten.

Talfahrt ohne Ende? Im Jahr 2011 erreichte die an der SIX kotierte Meyer-Burger-Aktie ihren Höchststand. Danach begann der nicht enden wollende Abstieg. Bild: zVg

Positiver Ausgang möglich, aber riskant

Trotz dieser Stolpersteine gibt es auch Argumente, die für eine Investition sprechen. Meyer Burger könnte, sofern die Partnerschaften erfolgreich und die Produktionsstätten ausgelastet werden, den Umsatz bis 2026 auf 300 bis 400 Mio. Euro steigern. Das Ziel in diesem Blue Sky Szenario: ein EBITDA von 50 bis 60 Mo. Euro. «Wenn alles optimal läuft, wäre eine schwarze Null bis 2026 möglich», meint Perger. Doch auch er bleibt skeptisch. Denn nach Abschreibungen und Zinsbelastungen bleibt der Rein-Gewinn vorerst auf der Kippe – und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) lässt sich aktuell gar nicht berechnen.

Die technischen und finanziellen Herausforderungen sind also beträchtlich: Solange Meyer Burger keine technologischen Vorteile hat – und sich die Partnerschaften nicht auszahlen – bleibt der Turnaround äusserst ungewiss. Anleger müssen, wie schon früher, einmal mehr einen langen Atem haben. Die Aktie ist für kurzfristige Investoren also schlicht uninteressant, es sei denn, sie spekulieren auf Kursprünge durch neues Sentiment. Also auf Faktoren, die nichts mit den fundamentalen Werten des KMU zu tun haben.

Fazit: Lohnt sich das Investment?

Meyer Burger steht zwischen Turnaround und Totalausfall. Auf der Pro-Seite stehen potenzielle Umsatzsteigerungen durch neue Partnerschaften und die Konsolidierung der Produktion. Zudem gibt es Hoffnung auf ausreichende Subventionen und neues Fremdkapital von «Gläubigen».

Auf der Kontra-Seite lasten hohe Verluste, Kapitalengpässe und technologisches Gleichauf mit Asien schwer auf dem Unternehmen. «Das ist ein Spiel mit dem Feuer», resümiert Perger. Die entscheidenden Fragen für Anleger lauten: Traut man Meyer Burger den Turnaround nach all den vergangenen Enttäuschungen noch zu? Und wie lange müssen Aktionäre auf einen «echten» Gewinn unter dem Strich warten?

Das Investment in Meyer Burger bleibt ergo risikoreich. Quasi ein Blick in die Wolken mit Hoffnung darauf, dass sich die versteckte Sonne zeigt. Die Zahlen für 2024 und 2025 sprechen vorerst dagegen.

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