Der SaraSelect der VV Vermögensverwaltung AG ist ein reiner Aktienfonds und gehört zur Flagship-Palette der Bank J. Safra Sarasin AG. Der Anlagefonds wurde im Jahr 1996 aufgelegt und investiert in Schweizer Nebenwerte, mit Fokus auf Qualität und Stabilität, und hat deshalb einen hohen Bezug zum Small-Cap-Segment. Mit rund 1.3 Mrd. CHF per Ende Mai 2025 gehört der Fonds zu den Schwergewichten in diesem Bereich. Im Gegensatz zu vielen anderen Small-&-Mid-Cap-Fonds wird ein von der Benchmark unabhängiger Ansatz verfolgt.
Im Interview mit schweizeraktien.net äussert sich Portfoliomanager Marc Possa zur Übergewichtung des Fonds in Industrietitel, warum er nicht in Finanzwerte investiert und warum die Musik auf den Märkten weiterspielen wird.
Herr Possa, «Sattle kein Pferd, das Du nicht reiten kannst», dieses Zitat von John Wayne stellen Sie über Ihren Monatsbericht Mai 2025. Nun scheint es, dass zur Zeit viele Pferde gesattelt werden, die noch nicht eingeritten wurden, wie die Zoll-Pferde in den USA. Kann man mit Blick auf die politischen Börsen sagen, dass eher die Pferde die Reiter reiten als umgekehrt?
Es sind herausfordernde Zeiten, in welchen sich vieles neu ordnet; damit ergeben sich aber enorme Chancen für die, die Lösungen für die jeweiligen Kunden bieten. All die Megatrends laufen ja weiter und bedürfen technologischer Lösungen.
«in der Regel ist jedes Risiko auch immer eine Opportunität»
Mit Ihrer starken Übergewichtung in Industrietitel sind Sie mit Ihrem Sara Select Fund exponiert, wenn es um mögliche Zollmassnahmen der US-Regierung geht. Wo sehen Sie bei den von Ihnen gehaltenen Industrietiteln die grössten Risiken?
Die Welt ist voller Risiken, in der Regel ist aber jedes Risiko auch immer eine Opportunität. Die agilen, kleinen Schweizer Gesellschaften sind häufig Weltmeister in der raschen Anpassung auf neue Gegebenheiten. Am Ende geht es praktisch nur darum, wer dem Kunden einen Nutzen stiftet, der ja dann auch bezahlt wird.
Unter Ihren vier grössten Positionen sind Dottikon und Bachem insgesamt mit fast 10% in Ihrem Portfolio gewichtet. Dottikon hat seit Anfang April um mehr als 50% zugelegt. Etwas anders läuft es bei Bachem, deren Kurs nur moderat zugelegt hat. Worin sehen Sie die deutliche Diskrepanz der Performance dieser Unternehmen, die ja beide in der Produktion von Peptiden tätig sind?
Beide sind CDMOs, also mit der Entwicklung und der Produktion von Wirkstoffen beauftragte Hersteller. Bachem macht Peptide, Dottikon «Small Molecules». Beide haben aber die gemeinsame Eigenheit, dass man zuerst in Kapazitäten investieren muss, um dann die gewünschten Umsätze mit seinen Kunden erzielen zu können. Wenn aber ein Franken Capex in den Folgejahren zu einem Franken Umsatz führt, ist ein Investment ein «No-brainer», da der Payback bei EBIT Margen von 30% sehr kurz ist.
Wie schon vor einem Jahr, als wir das letzte Mal miteinander gesprochen hatten, ist Also die grösste Position in Ihrem Portfolio. A la longue sehen Sie weiteres Wachstumspotenzial und steigende Kurse. Welche Kurse dürfen wir bei Also erwarten?
Der Markt scheint Also zu wenig zu verstehen. Man schaut auf das reine Box-Moving-Geschäft und ist dann der Meinung, dass dieses margenschwache Geschäft auch nicht gross wächst, da die Leute mit dem Kauf von IT-Gütern noch zuwarten. Dabei ist aber das Service- und Solutionsgeschäft für die Also das viel Wichtigere. Hier werden die Margen gemacht, und die Mixverschiebung hin zu diesen beiden Segmenten führt zu einem Anstieg der Also Marge. Es braucht aber für dieses Ökosystem auch das langweilige Box-Moving-Geschäft.
Was überzeugt Sie an Sika, ebenfalls eine der grössten Positionen in Ihrem Portfolio?
Sika hat eine der besten Kulturen, sie machen ziemlich alles richtig und werden auch wieder zu einem schönen organischen Wachstum finden. 2021 und 2022 wuchsen sie ja über 15% und 13%, um dann 2023 und 2024 praktisch nicht mehr organisch zu wachsen. Also auch hier eine Übertreibung während der Covid-Jahre, die dann zu einer Verlangsamung (Destocking Thematik) in den Jahren danach führte.
Sie reiten im Gegensatz zu vielen anderen Investoren immer noch die «Pferde» Meyer Burger und auch Pierer Mobility, beides Aktien, die den Anlegern in letzter Zeit kaum Freude bereitet haben. Meyer Burger ist zu einem Penny Stock verkommen, auch Pierer Mobility musste grosse Verluste verzeichnen und wurde verkauft. Warum halten Sie an diesen Aktien nach wie vor fest? Sind Sie noch immer von einem Turnaround überzeugt?
«Mehrheitseigentümer Stefan Pierer hat die Situation in den USA falsch eingeschätzt»
Meyer Burger ist bis im Juli vom Handel ausgesetzt, also wird diese Pferd weiter geritten. Bei Pierer Mobility ist die Situation eine ganz andere. Der Mehrheitseigentümer Stefan Pierer hat die Situation in den USA falsch eingeschätzt und demzufolge zu lange weiter produziert und viel zu spät gebremst. Dies ist das Resultat der massivsten Verwerfungen der letzten 5 Jahre, wo Covid zuerst die globalen Lieferketten stresste, das Verhalten der Leute änderte (Stichwort Outdoor Sports aber auch Homeofficing u.a.). Als dann in den USA die Zinsen stiegen, hörten viele US Konsumenten auf, Motorräder zu kaufen. In der Regel hat man in den USA 1’000 USD, nimmt 9’000 USD bei einer Bank auf und kauft damit eine KTM Maschine für 10’000 USD. Wenn dann die Zinsen um fast 5% steigen, nimmt die Bereitschaft zur Verschuldung rapide ab. Dies hat die KTM Händler und dann die Pierer Mobility Group stark getroffen.
Am deutlichsten sind Sie mit Ihrem Fonds gegenüber der Benchmark SPI Small & Mid Cap Index in der Branche Finanzdienstleistungen unterinvestiert. Damit verpassen Sie die deutlichen Kursavancen z.B. von Swissquote, aber auch in etwas geringerem Masse der Cembra Money Bank. Ist es Ihrer Meinung nach zu spät für einen Einstieg z.B. bei Swissquote?
Ich bin bei den Finanzwerten nie investiert, weil man da sehr viel mehr Mühe hat, sich Alleinstellungsmerkmale zu erarbeiten. Wir könnten heute eine Bank gründen und mit den bestehenden in Konkurrenz treten. Partnersgroup, Swissquote und VZ sind aber Ansätze, welche grundsätzlich gut aufgestellt und damit investierbar sind.
Bei welchen Investments wären Sie zurzeit vorsichtig?
Grundsätzlich bei allen Investments, wo es ein mediokres Geschäftsmodell, eine schlechte Strategie oder zu wenig Alleinstellungsmerkmale gibt.
«Holcim oder Geberit gehören in jedes Portfolio»
Welche Titel ausser den bereits besprochenen gehören Ihrer Meinung nach unbedingt in ein Portfolio eines Privatanlegers?
Bluechip Firmen wie Holcim oder Geberit gehören meiner Meinung nach in jedes Portfolio, weil sie über hervorragende Führungen und Kulturen verfügen und überdurchschnittlich vieles richtig machen.
Wie sind Ihre Aussichten für das Jahr 2025?
Die Musik muss weiterspielen, die verpolitisierten Zentralbanken werden alles tun, um die Stimmung und Prosperität nicht total abklingen zu lassen. Vieles ist an sich stabiler als kurzfristig wahrgenommen. Das aktuell grösste Risiko, neben dem Ausarten der diversen Konflikte, ist eine synchrone Herausschiebung anstehender Investitions-Entscheidungen und damit eine starke Verlangsamung der Weltwirtschaft, welche sich dann auf die Börsen übersetzen würde.
Herr Possa, herzlichen Dank für dieses Gespräch.