Kantonalbanken: Zwischen Kreditportfolios und der Herausforderung einer adäquaten Eigenkapitalrendite

Kantonalbank-Aktien auf dem Prüfstand

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Das Geschäft mit Hypothekarkrediten ist das Kerngeschäft der Schweizer Kantonalbanken. Bild: stock.adobe.com

Seit der Schweizer Immobilienkrise Anfang der 1990er Jahre gibt es 24 Kantonalbanken – trotz 26 Kantonen. Die Kantonalbanken von Solothurn und Appenzell Ausserrhoden mussten damals aufgelöst bzw. verkauft werden. Die Berner, Waadtländer, Genfer sowie die Glaner KB wurden gerettet, verloren aber mehrheitlich ihre Staatsgarantien. Von diesen 24 Schweizer Kantonalbanken sind aktuell 13 an der Schweizer Börse kotiert. Einige davon als Folge der Schweizer Immobilienkrise bzw. deren Rettungsaktionen zur breiteren Risiko- und Gewinnteilung sowie Reduktion der Haftungsrisiken der Kantone; ein Thema, das aktuell im Kontext von kantonalen Klumpenrisiken in Bezug auf die Bilanzsummen vs. kantonalen Bruttoinlandprodukten (BIP) immer wieder für Diskussionen sorgt.

Schweizer Kantonalbanken als Investment Case?  

Als Investorin und Investor von Kantonalbanken investiert man indirekt faktisch in ein «Kreditportfolio» beziehungsweise genauer noch in ein «Hypothekarportfolio». Im Median betrugen 2024 Hypothekarforderungen 66% des Bilanzvolumens von Kantonalbanken, wobei das Zinsengeschäft einen Ertragsanteil von 68% zum Gesamterfolg beisteuerte.

Kantonalbanken
Quellen: Jahresberichte, Investor Relations Präsentationen, Offenlegungsberichte, S&P Capital IQ, MarketScreener [Juni 2025]
Mit Blick auf die Risiko- und Ertragscharakteristiken von Kantonalbaken sind die Haupttreiber dieser «Hypothekarportfolios» die zugrunde liegende Kreditqualität, Zinsmarge sowie die Zinssensitivität. Durch die regulatorischen sowie volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. der Immobilienpreisentwicklung weisen die Kantonalbanken aktuell Hypothekarausfallraten aus, die gegen null tendieren. Während in der Vergangenheit Kantonalbanken eine Nettozinsmarge, also die Differenz zwischen Kundenzinssatz vs. Refinanzierungs- und Kreditkosten, von bis zu 1,5% aufweisen konnten, ist diese durch das volatile bzw. reduzierte CHF-Zinsumfeld sowie zunehmende Konkurrenz per Ende 2024 auf durchschnittlich rund 1,20% gesunken. In Kombination mit der Fälligkeitsstruktur der Hypothekarportfolios, welche bei Kantonalbanken mit knapp 50% des Volumens bei über 5 Jahren Kreditlaufzeiten liegen, sind sie zudem einer erhöhten Anfälligkeit der Zinsmarge bei Veränderungen des Zinsniveaus und somit Zinssensitivität ausgesetzt, was sich aktuell ebenfalls zeigt.

Fokus auf dem Hypothekargeschäft

Aufgrund dieser oftmals regional beschränkten und stark auf das Hypothekargeschäft ausgerichteten Haupttätigkeit sowie starren Kosten vs. beschränkten Skalenvorteilen, gerade bei kleineren Kantonalbanken, scheint es kaum möglich, eine adäquate Rendite für den Eigentümer über den Eigenkapitalkosten zu erzielen. Auch bei tiefen Cost of Equity (CoE) Annahmen von 6 bis 8% p.a. erwirtschaften nur eine Handvoll Kantonalbanken einen Return on Equity (RoE), welcher nachhaltig darüber liegt. Ausnahmen sind oft Kantonalbanken, welche ein breiter abgestütztes Geschäftsmodell bzw. Kreditportfolio und/oder ausgeprägteres direktes oder durch Beteiligungen gehaltenes indirektes Kommissionsgeschäft aufweisen, wie z.B. BCV, Genfer, Graubündner oder Zuger KB.

Kantonalbanken
Quellen: Jahresberichte, Investor Relations Präsentationen, Offenlegungsberichte, S&P Capital IQ, MarketScreener [Juni 2025]
Durch zentrale, zukünftige Herausforderungen von Kantonalbanken dürften sich die Rentabilitätserwartungen aus Investorensicht kaum verbessern. Trotz Wachstums des Hypothekarvolumens von 3,1% p.a. über die letzten 20 Jahre ist die Privatpersonen-Wohneigentumsquote, welche für Kantonalbanken als Hypothekar-Hauptzielkunden zentral ist, von knapp 40% auf 35% gesunken. Parallel ist der Anteil an institutionellen Eigentümern auf über 50% gestiegen. Gerade bei der Finanzierung von institutionellen Immobilienportfolios spielen Versicherungen, Pensionskassen oder Grossbanken eine zentralere Rolle bzw. sind der Margendruck und die Wachstumsmöglichkeiten für kleinere und regional orientierte Kantonalbanken zunehmend schwierig.

Durch die hohe Möglichkeit der Standardisierung sowie Automatisierung des Prozesses bzw. Fungibilität der Hypothekarkreditvergabe an Privatpersonen dürften zudem automatische Angebote von Hypothekenvermittlungen und -plattformen eine viel stärkere Rolle einnehmen. Dies würde zusätzlichen Druck auf das «Kerngeschäft» vieler Kantonalbanken ausüben.

Konzentration auf den jeweiligen Kanton

Obwohl Kantonalbanken grundsätzlich über die Kantonsgrenzen hinaus Geschäfte machen können, konzentrieren sich die Portfolios durch die Konkurrenzsituation oft zu 80% auf den jeweiligen Kanton. Dies ist nicht nur eine Risikokonzentration, sondern beschränkt ebenfalls die Skalenvorteile durch potenzielles Wachstum bei einer eher starren Kostenbasis enorm.

Weiter dürfte der eingangs kurz erwähnte politische Druck auf eines der durch die Kantonalbanken oft und gerne vorgebrachtes Verkaufs- und Brandinginstrumente, die «Staatsgarantie», kaum abflachen. Bei vielen Kantonalbanken übersteigt die Kredit- bzw. Bilanzsumme das kantonale BIP mittlerweile stark. Dadurch ergeben sich durch die Staatsgarantien der Kantone zusätzliche Haftungsrisiken. Dies führt zunehmend zu politischen Diskussionen und Vorstössen, diese Garantien einzuschränken oder gar abzuschaffen.

Fazit

Die sehr konzentrierte Kerntätigkeit der meisten Kantonalbanken auf das regionale Hypothekargeschäft in Kombination mit den erwähnten Risiken sowie zukünftigen Herausforderungen schränken das Wachstums- und Renditepotenzial von Kantonalbanken aus einer Investment-Perspektive substanziell ein. Für Anlegerinnen und Anleger mit einem längeren Anlagehorizont und somit meist auch höherer Risikotoleranz sind dies kaum vielversprechende Aussichten.

Dennoch ist im Portfoliokontext von möglicherweise defensiveren Anlegerprofilen die tiefe Marktsensitivität infolge der kantonalen Eigentumsverhältnisses in Kombination mit dem Fokus auf stabilen, zunehmenden Dividendenausschüttungen von einzelnen Kantonalbanken mit einer Dividendenrendite von >4% bzw. Dividenden-Wachstum von >3% p.a. ebenfalls zu erwähnen. Trotzdem sollten auch da die strukturellen Herausforderungen von Kantonalbanken mittel- und langfristig nicht unterschätzt werden.

Zum Autor: Fabian Studach betreibt mit NonBindingOffer über Social Media mit Fokus auf Instagram einen Schweizer Finanzblog mit Informationen & Wissen zum Thema Anlegen, Investieren, Vermögensaufbau sowie Wirtschaft. «Seek to understand the fundamental concepts – This often means follow the cash». 

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