Branchentalk „Industrie“: Die Investmentstorys von Feintool, Rapid und SSE Group

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Feintool-CEO Heinz Loosli am Branchentalk "Industrie". Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner
Feintool-CEO Heinz Loosli am Branchentalk „Industrie“. Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner

Am Branchentalk „Industrie“ vom 29. Oktober 2014 präsentierten drei Unternehmen ihre Investmentstory. An erster Stelle stand das im bernischen Lyss beheimatete Unternehmen Feintool. Vorgestellt wurde das Unternehmen, dessen Aktien seit 1998 an der SIX Swiss Exchange kotiert sind, von CEO Heinz Loosli. Oftmals werde das Unternehmen als reiner Automobilzulieferer oder als Technologiegesellschaft bezeichnet, was aber jeweils nur der halben Wahrheit entspreche. Feintool sei in beiden Branchen tätig und betreibe die Anlagen selbst, verkaufe aber auch die notwendige Technologie zur Herstellung der Komponenten. Während früher die Pressen von Drittherstellern zugekauft wurden, entwickelt und baut Feintool diese mittlerweile selbst und kann dabei auf das Know how der Anwender, die im eigenen Unternehmen tätig sind, zugreifen.

Der Firmengründer Fritz Bösch war vormals in der Werkzeugbranche tätig und erkannte dort den Bedarf an präzise gefertigten feingeschnittenen Teilen. Er ergriff die Gelegenheit beim Schopf und begann im Jahr 1959 mit dem Aufbau einer Produktionsstätte für feingeschnittene Teile. Aus dieser Grundidee entstand rasch ein florierendes Unternehmen, das in einer Nische zum Weltmarktführer aufstieg. Heute ist Feintool führend in der Feinschneidetechnologie und einziger globaler Anbieter des gesamten Feinschneidprozesses vom Teiledesign über Prototyping, Engineering und Werkzeugkonstruktion bis hin zur Serienteilefertigung. Schwerpunkt sind anspruchsvolle Anwendungen für die Automobilindustrie. Aktuell hat das Unternehmen elf Produktionsstätten in den vier wichtigsten Automobilmärkten Japan, China, USA und Europa.

Ein wichtiges Ereignis in der Firmengeschichte war der Börsengang des Unternehmens im Jahr 1998. Für den Firmengründer war dies die Möglichkeit, bei seinem Eintritt ins Rentenalter die Fortführung der Gesellschaft sicherzustellen, ohne diese an einen Dritten verkaufen zu müssen. Aus dem IPO flossen der Gesellschaft hohe Mittel zu, die zur Expansion der Unternehmung in weitere Geschäftsbereiche eingesetzt wurden. Aus diesen neuen Geschäftsfeldern resultierten zahlreiche Probleme, die bis hin zu ernsthaften Schwierigkeiten des Gesamtunternehmens führten. Die Gesellschaft litt zugleich unter dem nach wie vor starken Einfluss des Gründers, der wiederholt zu Streitigkeiten mit dem Firmenchef führte. In der Folge musste Feintool zahlreiche Wechsel an der Firmenspitze innert weniger Jahren in einem allgemein schwierigen Marktumfeld verkraften.

Seit der Amtsübernahme des Chefpostens durch Loosli im Jahr 2009 ist die Gesellschaft in eine neue Firmenphase eingetreten. Wie Loosli einräumte, habe der Eintritt von Michael Pieper (CEO und Eigentümer der Franke-Gruppe) ins Aktionariat der Gruppe im Jahr 2007 „für Stimmung“ gesorgt. Zwischen dem Firmengründer und Pieper waren zahlreiche Unstimmigkeiten, die dazu führten, dass Pieper sukzessive seinen Anteil an Feintool bis auf einen Drittel ausbaute und im Jahr 2011 ein Pflichtangebot zur Übernahme der Aktien machte. Wider Erwarten wurden Pieper sehr viele Aktien angedient, darunter auch diejenigen des Firmengründers. So stieg sein Anteil am Unternehmen auf 81.2% an. Bei einer Kapitalerhöhung im Jahr 2013, an der sich Pieper nicht beteiligte, sank sein Anteil auf rund 50%. Neben diesen Umschichtungen im Aktionariat, die nicht spurlos am operativen Geschäft vorüberzogen, hat die Gesellschaft unter der Führung von Loosli die Rückentwicklung zum ursprünglichen Kerngeschäft durchgeführt. Sämtliche weiteren Aktivitäten einschliesslich ausländischer Beteiligungen wurde sukzessive aufgegeben und endeten mit dem Verkauf der im bayerischen Amberg tätigen Ima im laufenden Jahr.

Um im Markt bestehen zu können, ist für die Produkte von Feintool deren Wirtschaftlichkeit entscheidend. Alle anderen Argumente für die Produkte und Technologien sind Loosli zufolge nicht langfristig erfolgversprechend. Das Unternehmen verfügt über ein sehr hohes Know how und bietet sehr gute Qualität, zwei Faktoren, die bei sicherheitsrelevanten Teilen für die Automobilindustrie notwendig sind. Dank der Produktion vor Ort ist das Unternehmen gegen die Währungsentwicklung nahezu immun. Lediglich auf der Stufe Konzern, wo in Franken rapportiert wird, zeigen sich die Auswirkungen der Währungsentwicklung in den Erträgen, nicht aber in den Margen. Die kürzlich vorgestellten Zahlen der ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2014 attestieren dem Unternehmen eine gute Verfassung. Die Erträge legten um knapp 16% auf 370 Mio. CHF zu. Für das Gesamtjahr wird ein Umsatz von 470 bis 480 Mio. CHF bei einer EBIT-Marge von rund 7% erwartet. (Unternehmenspräsentation: Branchentalk Feintool).

Rolf Schaffner, CEO, präsentiert die Rapid-Gruppe am Branchentalk "Industrie": Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner
Rolf Schaffner, CEO, präsentiert die Rapid-Gruppe am Branchentalk „Industrie“: Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner

Als zweites Unternehmen stellte die vor allem auf die Herstellung und den Vertrieb von Einachsmähern spezialisierte Rapid Holding ihre Geschäftsstrategie vor. Rolf Schaffner, seit dem 1.1.2013 CEO des Konzerns, präsentierte die drei Geschäftsfelder des Unternehmens. Diese bestehen aus Produkten für die Land- und Kommunaltechnik, dem Engineering (Lohnfertigungen für Industriekunden) und der Immobiliensparte. Das frühere Betriebsgelände in Dietikon befand sich in der Nähe zum Ortszentrum und der Limmat als Naherholungsgebiet. Angesichts dieser Lage, die zahlreiche Entwicklungsperspektiven bot, hat sich die Gesellschaft entschieden, diesen Standort aufzugeben und den Platz freizumachen für die Erstellung eines komplett neuen Wohnquartiers mit kleineren Gewerbebetrieben. Vom Gesamtareal im Umfang von 87’000 Quadratmetern besass die Rapid 54’000 Quadratmeter. Die Entwicklung erfolgte in mehreren Etappen. Insgesamt wurden seit 2003 rund 600 Mio. CHF in die Entwicklung des Quartiers investiert. Die Rapid-Gruppe hat den Grossteil der Flächen veräussert und behält lediglich einen Teil für die eigene Entwicklung. Das unter dem Namen Zypressenhof entwickelte Teilareal, das per Jahresanfang 2014 fertiggestellt wurde, beinhaltet 134 Mietwohnungen sowie verschiedene Büro- und Ladenräumlichkeiten auf einer Grundstücksfläche von 7’318 Quadratmetern. Die Erstellungskosten betrugen 61 Mio. CHF, der aktuelle Marktwert liegt bei geschätzten 82,2 Mio. CHF. Die Sollmietzinserträge betragen 4 Mio. CHF. Während die Wohnungen komplett vermietet sind, stehen die gewerblichen Flächen noch teilweise leer, wie Schaffner bestätigte. (siehe auch Blog-Beitrag vom  28.8.14).

Das operative Geschäft besteht vorwiegend aus dem Kerngeschäft Einachsgeräte, die sowohl unter dem Namen Rapid als auch im Lohnauftrag für Fremdfirmen produziert und vertrieben werden. Flankiert wird dieses Geschäftsfeld durch den Vertrieb von Traktoren und Spezialfahrzeugen für die Landwirtschaft und kommunale Technik. Diese Geräte produziert Rapid nicht selbst. Das Unternehmen kann den Kunden dennoch die komplette Produktpalette an Maschinen aus einer Hand anbieten. Mit den Einachsgeräten ist Rapid in einer Marktnische mit einer Jahresstückzahl von rund 3’500 Maschinen tätig. Der Einsatz der Geräte ist weltweit auf die Regionen beschränkt, in denen die Lohnhöhe nicht zu tief ist. Die Einachsgeräte ersetzen die menschliche Arbeitskraft, was nur bei einem entsprechend hohen Lohnniveau von mindestens 5 US-Dollar pro Stunde wirtschaftlich ist. Somit ist das Absatzgebiet weltweit stark beschränkt. Rapid entwickelt, baut und vertreibt neben den Geräten auch die Anbauteile, die von Geräten zur Bodenbearbeitung über Mäher bis hin zu Schneefräsen reichen, selbst. Um die sehr hohe Volatilität bei den Bestellungen eigener Produkte abzufedern, fertigt Rapid auch Geräte im Auftrag für Industriekunden, die diese anschliessend unter ihrem Namen vertreiben. Ein wichtiges Absatzfeld stellt hierbei die Rührreibschweiss-Technologie dar, in der Rapid eine sehr hohe Kompetenz aufgebaut hat und so eine sehr gute Qualität der Produkte gewährleisten kann. So können kundenspezifische Produkte rasch, kostengünstig und in hoher Qualität gefertigt werden. Bis zu 75% der Fertigungskapazitäten können für Drittbestellungen eingesetzt werden.

Für die Zukunft setzt Rapid auf stabile Mieterträge aus dem Zypressenhof in Höhe von 4 Mio. CHF und aus der Betriebsliegenschaft in Killwangen von 1.4 Mio. CHF jährlich. Diese fliessen der Holding zu. Auf der industriellen Ebene wird die Montagetechnik weiter optimiert. Aufgegeben wird die Vormontage der Produkte im Ausland. Stattdessen werden alle Teile zu 100% in der Schweiz (mit Ausnahme der zugekauften hydraulischen Komponenten, die vorwiegend aus dem Ausland stammen) gefertigt. Ferner werden die Schweisstechnologie weiterentwickelt und die Eigenprodukte inklusive einer Standardisierung der Komponenten, die eine Modulbauweise ermöglichen, gestärkt. Mit diesen Veränderungen innerhalb des Unternehmens begegnet Rapid der Zukunft. Ab 2016 soll die EBIT-Marge bei 5% liegen. (Unternehmenspräsentation Rapid: 2014-10-29 Branchentalk Rapid)

Daniel Antille erklärt das Geschäftsmodell der Sté Suisse des Explosifs. Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner
Daniel Antille erklärt das Geschäftsmodell der Sté Suisse des Explosifs. Bild: schweizeraktien.net / Pascal Rohner

Als Dritter im Bunde präsentierte der langjährige Geschäftsführer Daniel Antille der Société Suisse des Explosifs (SSE). Die Gesellschaft ist in den drei komplementären Geschäftsfeldern zivile Sprengstoffe, Spezialprodukte für die Chemie und seit 2013 auch im Bereich der Pyrotechnik tätig. Die Wurzeln der Gesellschaft liegen im Sprengstoffgeschäft. Anlässlich des Baus des Simplontunnels und dem damit einhergehenden Bedarf an Sprengstoffen wurde die Gesellschaft im Jahr 1894 am heutigen Standort in Gamsen, im Wallis, gegründet. Bis ins Jahr 1970 war die Gesellschaft ausschliesslich im Sprengstoffgeschäft aktiv und begann dann mit einer Diversifikation in die Bereiche Chemie und Pharma. Dieses wurde dann im Jahr 1983 mit einem Joint Venture gestärkt. Bei der Etablierung des zweiten Standbeins im Chemiesegment konnte die Gesellschaft auf die mit der Herstellung von Sprengstoffen verbundenen notwendigen Fachkenntnisse zurückgreifen. Weitere 12 Jahre später im 1995 begann mit Beteiligungen an der schwedischen Norab AB und Viking Sprengstoff AS die Auslandsexpansion. Im Jahr 2012 wurde der Bereich Chemie ausgebaut mit Phosgen, einem hochgefährlichen Stoff, der früher in chemischen Kampfstoffen eingesetzt wurde und nunmehr vor allem als Grundstoff in der Herstellung von DVDs und Medikamenten eingesetzt wird. Ein weiterer Expansionsschritt war der Einstieg in den Bereich Feuerwerkskörper im Jahr 2013 mit der Übernahme der im bernischen Oberland domizilierten Hamberger Swiss Pyrotechnics. Diese, wie Antille einräumte, zwar nur kleine Akquisition lasse sich schwieriger absorbieren als vermutet.

Ein Meilenstein in der Geschichte der Gesellschaft stellt die per 1. August 2013 erfolgte Übernahme von vier Filialen des französischen Sprengstoffunternehmens EPC Groupe in Deutschland, Polen, Tschechien und Rumänien dar. Zusätzlich hat die SSE seit 2011 massive Ausbauinvestitionen am Standort in Gamsen getätigt. Insgesamt wurden in den letzten drei Jahren 47 Mio. CHF in die Erweiterung der Geschäftsaktivitäten investiert. Den grössten Posten stellt mit rund 20 Mio. CHF die Auslandsexpansion in Zentraleuropa dar, weitere 15 Mio. CHF wurden am Firmensitz in Gamsen investiert. In Schweden wurde in den Ausbau der Aktivitäten 5 Mio. CHF und für Hamberger wurden rund 4 Mio. CHF inklusive dem Ausbau der Aktivitäten und dem Bezug des neuen Gebäudes in Wimmis ausgegeben.

Zur Finanzierung der Investitionen in Zentraleuropa nahm die Gesellschaft erstmalig seit vielen Jahren ein Darlehen von 20 Mio. CHF auf. Weitere Expansionsschritte bezeichnete Antille als möglich. Um diese zu ermöglichen und der Gesellschaft die infolge des Darlehens reduzierte finanzielle Flexibilität wieder zu gewährleisten, wird eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Das bestehende Aktienkapital wird im Verhältnis eins zu vier, d.h. es wird eine neue Aktie für vier bestehende Papiere ausgegeben. Die genauen Emissionsbedingungen werden in der kommenden Woche publiziert. Wir werden hierzu ein Interview mit dem Firmenchef im Wochenverlauf mit einer Einschätzung für die Aktionäre publizieren.

Für das laufende Jahr erwartet Antille einen Konzernumsatz zwischen 82 und 85 Mio. CHF. Im Gegensatz zu den bisherigen Jahren werden nur noch rund 48% aus der Schweiz stammen. Sehr positiv entwickelt sich das Geschäft in Skandinavien, welches das Unternehmen mit der besten Rentabilität im Konzern sei, berichtete Antille. Er bezeichnete diesen Konzernteil als neue Perle. In Zentraleuropa sind grosse Investitionen notwendig. Durch die Positionierung als Premiumanbieter mit einem sehr hochstehenden Service will er den europäischen Markt erfolgreich bearbeiten.

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