Duri Prader, CEO Lienhardt & Partner: «Die grosse Inflationsangst ist übertrieben»

Kunden können seit Jahresanfang in Bitcoin und Ether investieren

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Für die kleine Zürcher Privatbank Lienhardt & Partner lief es im 1. Halbjahr 2021 rund. In allen drei Geschäftsfeldern Private Banking, Immobilien und Vorsorge konnte die Bank zulegen. Mit einem Plus von 20,6% erreichte der Halbjahresgewinn 4 Mio. CHF. Im Gespräch mit schweizeraktien.net geht CEO Duri Prader auf die Entwicklung in den einzelnen Geschäftsbereichen ein. Ausserdem erklärt er, warum die Bank im Anlagegeschäft so gut durch die Corona-Krise gekommen ist. Und er äussert sich auch zur Zinsentwicklung und den vielfach bemühten Inflationsängsten.

Duri Prader leitet seit 2013 die Lienhardt & Partner Privatbank Zürich. Zuvor war der Jurist zehn Jahre lang Leiter des Private Banking Schweiz bei der Bank Vontobel. Bild: schweizeraktien.net

Herr Prader, seit mehr als einem Jahr beschäftigt die Corona-Pandemie nun Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn man das Semesterergebnis der Lienhardt & Partner Privatbank, aber auch von anderen Banken betrachtet, ist die Welt offenbar mehr als in Ordnung. Welchen Einfluss hat die Pandemie überhaupt auf das Banking?

Die Pandemie hat sehr spezifisch einzelne Segmente von der Wirtschaft betroffen, also Restaurants, Hotels, Tourismus. Und die hat es richtig hart getroffen. Der grosse Teil der Schweizer Wirtschaft war aber nicht stark betroffen. Dazu gehört die gesamte Finanzbranche, also auch die Banken. Die Banken haben sehr viel Rückenwind, weil die Märkte gut laufen. Wer jetzt keine guten Zahlen zeigt, muss schon einen gravierenden Fehler gemacht oder das Marktumfeld falsch eingeschätzt haben. Wer also Risk-off war, hat nicht vom Rückenwind profitiert.

War die Panikmache vor etwas mehr als einem Jahr übertrieben?

Corona hat uns auf dem völlig falschen Fuss erwischt. Unsere Aufgabe war es, sich rasch einen Überblick über die Marktsituation zu machen, und dann wie die Feuerwehr zum Kunden zu gehen, um unsere Beurteilung abzugeben.

Und wie haben Sie die Situation damals beurteilt?

Wir waren überzeugt, dass die Pandemie temporärer Natur sein wird. Fundamental sollte sich nichts ändern. Rückblickend war es richtig, unseren Kunden zu empfehlen, die Positionen zu behalten, Rebalancing zu machen und das ganze durchzuziehen. Unsere Kunden hatten daher im letzten Jahr eine positive Performance, denn sie waren das ganze Jahr übergewichtet in Aktien. Auch in diesem Jahr sind wir bis zum jetzigen Zeitpunkt voll investiert. Denn es hat sich an unserer Einschätzung nicht viel geändert.

Seit einem Jahr erleben wir nun schon eine nicht enden wollende Kursrallye an den Aktienmärkten …

Geändert hat sich nur, dass der grosse Pessimismus, den wir letztes Jahr gesehen haben, Anfang 2021 in ein optimistisches Umfeld gewechselt hat. Es ist jetzt vielleicht der Zeitpunkt, vorsichtiger zu werden. Aber die Hausse stirbt bekanntlich in der Euphorie. Diese Euphorie haben wir vielleicht in einzelnen Nischen, aber noch nicht in der ganzen Breite des Marktes. Es kann aber sein, dass wir bis Ende Jahr in einer Euphorie sind. Zurzeit bleiben wir aber noch übergewichtet in Aktien.

Kommen wir zum Zinsengeschäft, das auch einer der drei Ertragspfeiler Ihrer Bank ist. Dank eines sehr geringen Zinsaufwands war der Brutto-Zinserfolg positiv. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung?

Das Zinsgeschäft konnten wir brutto nicht ausweiten, weil die Marge weiter unter Druck ist und wir Neugeschäft nicht um jeden Preis eingehen. Den Zinserfolg konnten wir vor allem steigern, weil ältere Swaps ausgelaufen sind und der Freibetrag bei der Nationalbank vor ein paar Monaten erhöht wurde. So konnten wir den Aufwand für Negativzinsen reduzieren. Eine Zinsarbitrage auf Kosten der Nationalbank machen wir nicht.

Wie schätzen Sie das Zinsumfeld generell ein?

Die grosse Inflationsangst, die vor ein paar Monaten aufgekommen ist, halte ich für übertrieben. Denn es ist ein Trugschluss, die Wachstumsraten, die wir seit dem Corona-Einbruch hatten, zu extrapolieren. Sobald der Rückschlag wegen Corona aufgeholt ist, sehe ich keinen Grund, warum man zu höheren Wachstumsraten als vor der Krise kommen sollte. Genau ein solches Umfeld erwarte ich aber, nachdem wir den Rückschlag aufgeholt haben. Und diese Situation ruft dann nicht nach höheren Zinsen. Bis Ende Jahr sind wir wohl wieder auf dem Gewinnniveau von Ende 2019 oder darüber.

Das Anlagegeschäft brummte mit einem Plus von 17,6% in der ersten Jahreshälfte. Können Sie genauer beziffern, wie sich der Ertrag auf das Private Banking und das Vorsorgegeschäft aufteilt?

Eine Spartenrechnung publizieren wir nicht und führen auch keine. Beide Bereiche sind stark gewachsen. Das Vorsorgegeschäft läuft sehr gut, und die zehn Jahre Aufbauarbeit machen sich nun bezahlt. Das Vorsorgegeschäft ist ein Massengeschäft, das man skalieren muss. Im Private Banking profitieren wir davon, dass wir den Markt in den letzten Jahren richtig beurteilt haben und eine gute Performance erzielen konnten. So ist das Volumen stetig gewachsen; wir konnten neue Kunden und neue Gelder gewinnen. Wir sollten aber nicht übermütig werden, denn die Unterstützung vom Markt kann sich leicht wieder ändern. In dieser Situation müssen wir rechtzeitig umschalten, um das Vermögen der Kunden wieder zu schützen.

Richtig gut lief es auch im Handelsgeschäft. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie künftig im Handel?

Wir konnten hier vom sehr volatilen Markt mit vielen Käufen und Verkäufen profitieren. Zusätzlich hatten wir sehr gute Devisenerträge. Es war also eine ausserordentliche Situation, die sich nicht unbedingt im zweiten Halbjahr wiederholen muss.

Der Immobilienmarkt läuft wieder heiss. Es ist gerade im Wohneigentumsbereich oft von einer Blase die Rede. Wie spüren Sie diese Entwicklung in Ihrem Geschäft?

Wir sind als Immobilienvermittler nur im Grossraum Zürich tätig. Hier ist der Markt völlig ausgetrocknet, die Nachfrage ist viel grösser als das Angebot. In der Stadt ist die Nachfrage riesig, wenn man nicht gerade etwas im Top-Luxussegment hat. Im Luxussegment ist es etwas schwieriger, weil es hier nicht so viele Käufer gibt. Der Grund für diese Entwicklung ist auch ganz einfach: Jede Anlageklasse steht im Wettbewerb zu Cash. Wenn Cash eine Rendite von Null hat, wird alles andere interessant, auch Wohneigentum.

Das Vorsorgengeschäft ist ein wichtiger Wachstumspfeiler von Lienhardt & Partner und entwickelt sich zu einer Erfolgsgeschichte. Wo sehen Sie weitere Wachstumschancen für Ihre Bank?

Der strategische Fokus für uns in den nächsten fünf Jahren ist es, die Synergien zwischen unseren drei Geschäftsbereichen verstärkt zu nutzen. Vor allem zwischen dem Immobilienbereich und dem Private Banking sowie der Vorsorge und dem Private Banking. Wir möchten den Kunden in Kooperation mit unseren Partnern im Vorsorgebereich ein Angebot fürs Private Banking machen, sobald sie ihre Vorsorgegelder beziehen.

Stichwort Digitalisierung: Wie wird diese das Private Banking verändern? Bisher ist davon jedenfalls noch nicht viel zu spüren, ausser grossen Ankündigungen von FinTechs.

Wir glauben mehr an ein hybrides Modell. Im Private Banking oder Wealth Management benötigt man Beratung, gerade bei klassischen Ereignissen im Lebenszyklus, wie Hauskauf, Scheidung oder Ähnlichem. Und die Beratung lässt sich nicht gut digital abbilden. Im Hintergrund helfen natürlich digitale Tools.

In den Medien wir oft berichtet, dass gerade vermögende Privatanleger immer stärker an Kryptowährungen interessiert sind. Was bieten Sie hier an, und wie ist das Interesse von Ihren Kunden?

Unsere Kunden können seit Anfang Jahr Bitcoin und Ether kaufen. Und zwar als BTC und ETH, direkt im Depot, ohne ein Finanzprodukt. Wir haben in unserem Kundenmagazin „Investor“ auch darauf hingewiesen, dass Kryptowährungen als Beimischung einen interessanten Diversifikationseffekt auf das Depot haben. Wer unserem Rat gefolgt ist, hat davon bis heute sehr profitiert. Auch in unseren Vermögensverwaltungsmandaten mit höherer Risikoneigung haben wir eine kleine Allokation in Bitcoin und Ether.

Wie schätzen Sie persönlich die Entwicklung der Kryptowährungen und der Digital Assets ein?

Wir verfolgen das Thema schon seit 2016. Jetzt können unsere Kunden direkt in Bitcoin und Ether investieren. Man muss das Thema sehr ernst nehmen, aber es wird von vielen Personen noch nicht richtig verstanden, weil es ein sehr komplexes Thema ist. Die Evolution lief bisher in drei Stufen ab. In der ersten Stufe wollte man ein privates Zahlungsmittel auf den Markt bringen. Das war Bitcoin. Die zweite Evolutionsstufe war die Vision eines globalen Notariates, was Ethereum mit seinen Smart Contracts abdeckt. Und die 3. Stufe ist nun das Internet-of-Value, also ein Relaunch des Internet, um ein Zug-um-Zug-Geschäft direkt über das Internet abwickeln zu können, ohne Intermediär. Wenn sich die Blockchain-Technologie, also dezentrale Datenbanken, in diese Richtung entwickelt, wird sie eine grosse Zukunft haben. Es gibt aber bis heute keinen konkreten Anwendungsfall, der über die Wertaufbewahrung hinaus geht und auch kommerziell erfolgreich ist. Es ist ein wahnsinnig spannendes Gebiet, mit sehr vielen Risiken, aber noch grösseren Chancen.

Lienhardt & Partner ist auch im ausserbörslichen Aktienhandel tätig. Wie wird sich dieser Bereich entwickeln?

Wir wollen hier auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen, neben der BEKB. Deshalb haben wir in den Internetauftritt investiert, einen Lienhardt & Partner-Index kreiert und die Aktien nach Sektoren eingeteilt. Ausserdem wurden Immobilienfonds in den Handel aufgenommen. Dies unterstreicht die Bedeutung, die wir diesem Segment beimessen.

Herr Prader, vielen Dank für das Gespräch.

Der Aktienkurs von Lienhardt & Partner bewegt sich auf 3-Jahres-Hoch. Chart: www.otc-x.ch

Die Aktien der Lienhardt&Partner Privatbank werden ausserbörslich bei der Bank selber und auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 3’495 CHF für eine Aktie bezahlt.

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