AG für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur: Teure Aktie für billiges Wohnen, 20% höhere Dividende für 2014

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Die Original-Aktie der Gesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur, März 1873. Bild: schweizeraktien.net.

Die bereits 1872 in einer Vorgängergesellschaft gegründete und in ihrer Gründungszeit v.a. von Grossindustriellen (Heinrich Sulzer-Steiner, [S. 10]) getragene Aktiengesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur gehört zu den traditionsreichsten Gesellschaften auf dem OTC-X-Tableau der Berner Kantonalbank (BEKB). Mit dem jüngsten Kursanstieg auf 59’500 CHF (Kurse vom 27./28. April 2015) ist die Aktie mit dem sperrigen Namen auch in absoluten Beträgen eines der teuersten Papiere der Schweiz – wahrscheinlich sogar weltweit. Der Titel selbst ist dagegen weithin unbekannt. Lediglich die beinahe schon legendäre Namenaktie der Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG sowie die Aktien des Industrieunternehmens Reishauer AG (OTC-X) notieren in der Schweiz mit etwa 61’000 CHF (Lindt&Sprüngli) bzw. um 60’000 CHF (Reishauer) zuletzt preislich noch knapp oberhalb der „Billigen“.

848 Wohnungen in Winterthur und Umgebung

Der Gesellschaft gehören aktuell 800 Wohnungen in Winterthur (774) und Wiesendangen (26), die meisten davon – 697 Wohnungen – im attraktiven 3- bis 4.5-Zimmer-Segment. Bis zum Frühjahr 2016 erhöht sich die Anzahl der von der Gesellschaft vermieteten Wohnungen durch vorgenommene Verdichtungen auf vorhandener Fläche und Neuvermietungen auf 848. An der Wallrütistrasse 117-121 in Winterthur errichtet die Gesellschaft auf einer vorhandenen Parzelle mit aktuell 60 Wohnungen weitere 24 Wohnungen und eine Tiefgarage, so dass ab Mai/Juni 2015 neu 84 Wohnungen in der Vermietung sind. Auch an der Oberseenerstrasse 43-49 wurden die vier 1948 erstellten Gebäude mit insgesamt 16 Wohnungen im September 2014 zurückgebaut. An dieser Stelle entstehen bis Frühjahr 2016 24 neue Wohnungen.

11.5 Mio. CHF Mietzinseinnahmen in 2014

Angesichts der guten Geschäftsentwicklung im Geschäftsjahr 2014 und der von der Gesellschaft „mittelfristig erwarteten hohen Cash-Generierung“ (Geschäftsbericht 2014, S. 4) schlägt der Verwaltungsrat der kommenden Generalversammlung vom 19. Mai 2015 die Erhöhung der Dividende um 20% von 1’000 CHF auf 1’200 CHF vor. In den letzten Jahren hat die Gesellschaft die Dividende regelmässig erhöht. Auf aktueller Kursbasis (59’500 CHF) liegt die Dividendenrendite damit bei 2.0%. 2014 investierte die „Billige“ 9.2 Mio. CHF in Sanierungen und Neubauten. Primär aufgrund zeitlich verschobener Unterhaltsarbeiten erhöhte sich der Aufwand für den Liegenschaftenbetrieb 2014 um hohe 74% auf 3.1 Mio. CHF. Es ist davon auszugehen, dass der korrespondierende Aufwand 2015 im Vergleich wieder geringer ausfallen wird. Die Brutto-Mietzinseinnahmen blieben – bei umbaubedingt reduzierter Wohnungsanzahl – konstant bei etwa 11.5 Mio. CHF. Verschiedene Sanierungsmassnahmen werden sich erst ab 2015 auf den Mietzins auswirken. Das Mietzinsniveau der Gesellschaft liegt deutlich unterhalb des regulären Marktniveaus, was auf die Historie der Gesellschaft zurückzuführen ist. Der Leerstand zum 31. Dezember 2014 lag bei „0“.

Mehr Transparenz ab 2015?

Auf Abschreibungen entfielen zuletzt knapp 3 Mio. CHF. Verschiedene Aussagen im Geschäftsbericht legen nahe, dass die künftigen Abschreibungen nicht zuletzt aufgrund geänderter Rechnungslegungsstandards auch für nicht kotierte Unternehmen ab 2015 geringer ausfallen werden. Der Geschäftsbericht 2015 wird so auch erstmals in neuer Form erscheinen: Neben dem Design sollen auch die Inhalte überarbeitet werden. Ein Hinweis auf mehr Transparenz in den Folgejahren?

Der Gewinn vor Zinsen und Steuern war dank tieferer Zuführungen zum sogenannten „Erneuerungsfonds“, der zu einem guten Teil Eigenkapitalcharakter haben dürfte, trotz der höheren Betriebsaufwendungen nur um knapp 13% auf 4.5 Mio. CHF rückläufig. Der ausgewiesene, aufgrund der grosszügigen Abschreibungspolitik aber nur bedingt aussagekräftige Jahresgewinn zum 31. Dezember 2014 lag bei 2.6 Mio. CHF oder 2’191 CHF/Aktie (Vj. 2’542 CHF/Aktie). Bereinigt um die vorgenommenen Abschreibungen im Umfang von 2.9 Mio. CHF (Vj. 3.7 Mio. CHF) hätte der Gewinn vor Steuern – ohne Abschreibungen – theoretisch auch bei gut 6.2 Mio. CHF (Vj. 7.5 Mio. CHF) liegen können. Abzüglich einer fiktiven Steuerlast von 20% würde sich so bereits ein „fiktiver“, abschreibungsbereinigter Jahresgewinn von ca. 5 Mio. CHF oder 4’148 CHF/Aktie (Vj. 5’025 CHF/Aktie) einstellen.

Das bilanzierte Eigenkapital zum Jahresende 2014 lag bei 26.7 Mio. CHF oder 22’293 CHF/Aktie. Bei einem Brandversicherungswert der Wohnhäuser von knapp 229 Mio. CHF sind die immobilen Sachanlagen einschliesslich der Liegenschaften im Bau (8.7 Mio. CHF) mit lediglich 108  Mio. CHF bilanziert. Die Gesellschaft verfügt über hohe, historisch gewachsene stille Reserven im attraktiven Segment der Wohnliegenschaften im zuletzt boomenden Winterthur. Das Aktienkapital von 600’000 CHF ist in lediglich 1’200 (!) Aktien à 500 CHF nominal eingeteilt. Über die Aktionärsstruktur ist offiziell nichts bekannt. Innerhalb des Streubesitzes ist die nur selten gehandelte Aktie aus ihrer Historie im lokalen Winterthurer Umfeld in sehr festen Händen, nicht selten über Generationen hinweg. Ab dem Jahr 2015 könnte sich jedoch die Abschreibungspolitik verändern, so dass die Gesellschaft künftig möglicherweise auch wieder höhere Gewinne ausweist – und dann auch verstärkt ausschüttet und transparenter wird.

Die fest in Winterthur und im Winterthurer Bürgertum verankerte Gesellschaft verfügt erstaunlicherweise über keine eigene Homepage. Die Verwaltung der Liegenschaften erfolgt über die Auwiesen Immobilien AG, die ihrerseits 2010 aus einer Zusammenlegung der Immobiliensparten der Winterthurer Traditionsbetriebe Rieter und Sulzer entstanden ist. Die jährliche „Billige“-Generalversammlung – in diesem Jahr am 19. Mai 2015 – ist ein gesellschaftliches Ereignis in Winterthur. Aufgrund der strukturellen Illiquidität des Titels verzichten wir an dieser Stelle jedoch auf Einschätzungen zum „Fair Value“ und sonstige Prognosen.

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