Die Semesterzahlen bei den Schweizer Regionalbanken fallen überwiegend positiv aus. So auch bei der Bank Linth, die im 1. Semester 2017 ihren Geschäftsertrag um satte 9.5% steigern konnte. «Das erfreuliche an unserem Semesterabschluss ist, dass wir in allen Geschäftsbereichen gewachsen sind», sagte CEO David Sarasin anlässlich eines Mediengespräches. Sogar das unter Druck stehende Zinsengeschäft weist einen Zuwachs des Nettoerfolgs um 9.0% auf 33.1 Mio. CHF auf. Im zinsindifferenten Geschäft, das die Einnahmen aus der Vermögensverwaltung sowie weitere Dienstleistungserträge umfasst, erwirtschaftete die Bank sogar ein Plus um 10.6% auf 9.7 Mio. CHF. Auch im Handelsgeschäft, zu dem vor allem Devisentransaktionen gehören, steigerte die Bank den Ertrag um 9.8% auf 3.2 Mio. CHF. Allerdings fielen auch die Kosten höher aus. Mit 30.6 Mio. CHF lag der Geschäftsaufwand um 5.3% über dem Vorjahreswert. Insbesondere die Sachaufwendungen seien höher als im Vorjahr ausgefallen, erklärte Sarasin und begründete dies mit den Ausgaben für die Modernisierung des Hauptsitzes in Uznach sowie Investitionen in digitale Kanäle. Der höhere Aufwand liege im Rahmen des Budgets, so der Bankenchef. Unter dem Strich verblieb dennoch ein um 6.9% höherer Geschäftserfolg von 12.9 Mio. CHF. Auch der Halbjahresgewinn übertraf mit 10.8 Mio. CHF den Vorjahreswert deutlich.
Vorwärtsstrategie zahlt sich aus
Statt angesichts des schwierigen Umfelds in der Retailbanken-Branche einfach die Kostenschere anzusetzen, hat die Bank Linth bereits vor zwei Jahren auf eine Vorwärtsstrategie gesetzt, dies sich nun auszuzahlen beginnt. Im Bereich der Vermögensverwaltung berichtet Sarasin von ersten Erfolgen der Anlagelösung Bank Linth Invest. Diese setzt auf eine kombinierte computerbasierte und persönliche Beratung – oder «hybride Vermögensverwaltung». Allerdings sei die Zunahme der Erträge aus dem Anlagegeschäft auch auf die bessere Börsenstimmung zurückzuführen. Im Zinsengeschäft konnte die Bank Linth das Wachstum der Zinserträge vor allem durch eine Steigerung des Hypothekarvolumens um 2.5% erreichen. Die Zinsmarge sei mit 0.97% nahezu gleichgeblieben. Es bleibe weiterhin eine Herausforderung, ein Sinken des Zinsertrages zu verhindern, so Sarasin. Die Bank Linth betont, dass das Hypothekarwachstum, obwohl es über dem Marktdurchschnitt liegt, nicht durch Zugeständnisse in Bezug auf Bonität oder Tragbarkeit erkauft wurde. Allerdings berichtet Urs Isenrich, der in der Geschäftsleitung für das Kreditgeschäft verantwortlich ist, auch von Überproduktionen «an gewissen Orten» im Marktgebiet. Insbesondere bei Gewerbeimmobilien in der Nähe von Zürich sei der Markt schwieriger geworden. Zudem gebe es bei Neubauten keinen «Verkauf ab Plan» mehr, wie dies noch vor zwei oder drei Jahren üblich gewesen sei. «Wir sehen allerdings keine Immobilienblase, aber Überhitzungen in Teilmärkten», gab Isenrich Entwarnung.
Investitionsphase geht weiter
Die Investitionen sind laut David Sarasin noch lange nicht abgeschlossen. In den nächsten zwei bis drei Jahren sollen die übrigen 17 Geschäftsstellen modernisiert werden. Ausserdem stehen die Weiterentwicklung der hybriden Anlagelösungen und der Vertriebsorganisation im Vordergrund. «Wir müssen noch agiler werden», sagt der CEO der Bank Linth in Bezug auf die Vertriebskompetenz. Damit meine er nicht, dass die Mitarbeiter zu einer Verkaufstruppe werden sollen, sondern dass sie schneller und kompetenter auf die sich laufend verändernden Anforderungen reagieren können. Schulungsangebote wie die Butler-Schulung für Mitarbeiter gehören weiterhin zum Programm. Der dritte Schwerpunkt in der mittelfristigen Strategie der Bank Linth bleibe das «Innovation Lab». Aktuell arbeite die Gruppe an zwei konkreten Projekten für die «Bank der Zukunft». Details dazu wollte Sarasin aber noch nicht verraten.
Die Bank Linth zeigt als grosse Regionalbank mit einer Bilanzsumme von 6.6 Mrd. CHF, dass sie die strukturellen Veränderungen im Retail-Banking offensiv angeht und auch Investitionen nicht scheut. Dies schlägt sich allerdings auch in der Cost/Income-Ratio negativ nieder, die mit 66.8 weit über dem Durchschnitt von Regionalbanken liegt. Zwar zeigt das aktuelle Semesterergebnis eine positive Tendenz, die darauf hinweist, dass sich die getätigten Investitionen auszuzahlen beginnen. Doch es dürfte noch einige Jahre dauern, bis sich herausstellt, ob alle ergriffenen Massnahmen nachhaltig erfolgreich waren. Allein die Modernisierung der Geschäftsstellen wird die Erfolgsrechnung in den kommenden Jahren weiter belasten. Wahrscheinlich müssen sich Retail-Banken aber grundsätzlich darauf einstellen, dass Investitionen in eine ungewisse Zukunft notwendig sind, um auch künftig am Markt bestehen zu können. Denn Kosten sparen alleine ist in dem laufenden Strukturwandel, den die Bankenbranche durchläuft, kein Erfolgsrezept.
Entscheidend für die Bank Linth ist es, dass der Mehrheitsaktionär, die Liechtensteiner LLB-Gruppe, die aktuelle Strategie weiterhin mitträgt. Die Minderheitsaktionäre der an der SIX kotierten Gesellschaft halten die Aktien nicht nur aus Renditegründen, sondern auch aus Verbundenheit mit dem Unternehmen. Eine gleichbleibende Dividende von 8 CHF je Aktie vorausgesetzt, rentiert der Titel bei Kursen von 501 CHF mit 1.6%. Dies ist im Vergleich mit anderen börsenkotierten Regional- und Kantonalbanken nicht üppig, bleibt aber dennoch gerade im derzeitigen Tiefzinsumfeld ein willkommener Zustupf. Die Bank Linth-Aktie ist daher – wie viele andere Regionalbank-Aktien auch – ein Papier für Anleger mit einem Bezug zum Unternehmen und der Region.