Die Schweizer Casinobranche steht vor vielfältigen Herausforderungen. Dies zeigt die neueste Studie von OTC-X Research über die ausserbörslich gehandelten Kursaal- und Casinoaktien auf. Der Markt wächst nicht mehr, die Konkurrenz im In- und Ausland ist gross. Zudem sind Investitionen ins Online Gaming erforderlich. Dies spiegelt sich auch in der Bewertung der Kursaal- und Casino-Aktien wider. Einige Titel notieren klar unter Buchwert. Wir veröffentlichen nachfolgend die Zusammenfassung der Studie. Die gesamte Studie ist auf www.otc-x.ch als pdf zum Download verfügbar.
Talsohle erreicht oder nur ein Strohfeuer?
Nachdem sich auch im Jahr 2015 der seit 2007 bestehende Trend rückläufiger Bruttospielerträge (BSE) bei den Schweizer Casinogesellschaften fortgesetzt hatte, gab es nach der Veröffentlichung der Zahlen zu 2016 zuletzt ein Aufatmen in der Branche. Ging 2015 der BSE noch auf 681.2 Mio. CHF zurück, kam es 2016 laut Schweizer Casino Verband erstmals nach acht Jahren wieder zu einem Anstieg um 1.1% auf 689.7 Mio. CHF. Zwar hat sich damit die Schrumpfung der Industrie nicht weiter verstärkt, doch von einer Trendwende kann noch nicht die Rede sein. Gegenüber dem Spitzenjahr 2007 mit BSE in Höhe von 1’020 Mio. CHF liegen sie heute um einen Drittel tiefer. Und dies, obwohl 2012 mit Neuenburg und Zürich zwei neue Spielbanken konzessioniert worden sind und ihren Spielbetrieb aufgenommen haben. Somit ist auch der Beitrag zum Gemeinwohl in Form der Spielbankenabgabe (SBA) um 1% vom Tiefstwert des Vorjahres, 319.5 Mio. CHF, auf 323.3 Mio. CHF angestiegen. Im Jahr 2007 hatte die SBA noch 539 Mio. CHF ausgemacht. Insgesamt haben die Casinogesellschaften somit seit 2003 rund 5.7 Mrd. CHF an Abgaben geleistet. Die aktuell 21 Spielbanken in der Schweiz beschäftigen unverändert zum Vorjahr 2’000 Mitarbeiter und verzeichnen rund 5 Mio. Eintritte pro Jahr. Auf die ca. 4’500 Geldspielautomaten entfallen 556.6 Mio. CHF, entsprechend 80.7%, auf Tischspiele 133.1 Mio. CHF, entsprechend 19.3% des BSE. Der ist in der Schweiz als die Summe definiert, die nach Auszahlung der Gewinne beim Casino verbleibt. Bemerkenswert ist, dass Tischspiele 2016 mit 5.4% Wachstum erstmals wieder ein wenig an Boden gegenüber den Automaten gutmachen konnten, deren BSE lediglich um 0.1% zulegten.
Stabile EK-Situation – weniger Dividenden
Mit einer Eigenkapitalquote von 59% nach 58% im Vorjahr und einer deutlich gesteigerten Eigenkapitalrendite von nun 21.2% nach 16.7% und 16.8% in den Vorjahren sind die Betreibergesellschaften unverändert solide finanziert und auch ausreichend profitabel, um den Anforderungen der Aufsichtsbehörde Genüge zu tun. Die Dividendenausschüttungen beliefen sich 2016 auf nur noch 66 Mio. CHF. Noch 2015 waren es 82 Mio. CHF – und 86 Mio. CHF im Jahr davor. Der Verband führt die schwache langfristige Geschäftsentwicklung nur zu einem geringen Teil auf das Rauchverbot in den Spielbanken und die unvorteilhafte Währungsentwicklung zurück. Letzteres hat zu neuen Casinobetrieben im Grenzgebiet zur Schweiz, vor allem in Süddeutschland, geführt, was eine Abwanderung Schweizer Spieler nach sich zieht und Spielbanken-Touristen von der Schweiz fernhält. Der dadurch verlorene BSE wird auf 100 Mio. CHF beziffert. Die weiteren Ursachen für den Umsatzschwund sind Online-Glücksspiele, die aus dem Ausland betrieben werden, sowie zunehmend durch kriminelle Organisationen betriebene illegale Spielstätten. Jeweils 100 Mio. CHF BSE sollen den konzessionierten Spielbanken dadurch p.a. entgehen. Die Problematik ist auch der Eidgenössischen Spielbankkommission (ESBK) bekannt und ebenso auf Ebene des Nationalrates.
Online-Gaming im neuen Geldspielgesetzt erlaubt
Dieser reformiert mit dem zu verabschiedenden Geldspielgesetz den bisherig gültigen gesetzlichen Rahmen bei Lotterie und Glücksspiel. Dabei, so viel ist schon klar, sollen auch Konzessionen für Online-Glücksspiele vergeben werden, für die sich nur die etablierten Casinogesellschaften qualifizieren können. Zudem sind Blockierungen der Server illegaler Anbieter von Online-Glücksspielen jenseits der Grenzen vorgesehen, was bislang mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist. Schliesslich sollen auch die Freiheitsstrafen für Betreiber illegaler Glücksspielstätten empfindlich erhöht sowie verdeckte Ermittlungen gegen Bandenkriminalität ermöglicht werden. Allerdings, das neue Geldspielgesetz wird nicht vor Anfang 2019 in Kraft treten, eher sogar 2020. Der Verband fordert, dass nicht weitere Jahre der Untätigkeit vergehen und die Branche nicht noch mehr geschwächt wird. Entsprechende Motionen wurden im Parlament jedoch verworfen, da vorgezogene einzelne Massnahmen auch erfordern, die damit verbundenen Gesetze zu ändern, was absehbar länger dauern würde als die Umsetzung des jetzt beratenen Geldspielgesetzes.
Die Unternehmen sind den unterschiedlichen Einflussfaktoren nicht gleichmässig unterworfen. Naturgemäss sind die Spielbanken in Grenznähe sehr viel stärker von den grenzüberschreitenden Faktoren betroffen. Doch, wie sich in der Betrachtung der einzelnen Gesellschaften augenscheinlich zeigt, kommt es auch stark darauf an, wie die Akteure mit den Herausforderungen und Gegebenheiten umgehen. Dabei sind unterschiedliche Strategien und Positionierungen zu erkennen, manche erfolgreich, manche (noch) nicht. Strenge Kostendisziplin ist jedoch bei allen Gesellschaften gleichermassen zu beobachten.
Trotz der erfreulichen Tendenz in 2016 kann noch kein genereller Bruch des Negativtrends festgestellt werden. Im ersten Halbjahr 2017 musste eine Mehrzahl der Spielstätten wieder rückläufige BSE hinnehmen. Detaillierte Zahlen werden allerdings nicht kommuniziert.
Casino-Aktien: Bern, Luzern und Interlaken mit positiver Kursentwicklung
Angesichts des seit Jahren schwierigen Umfeldes sind auch die Aktien der Casinogesellschaften, die im OTC-X Segment der BEKB ausserbörslich gehandelt werden, tendenziell unter Druck geblieben. Das Bild ist allerdings heterogen. 2016 konnten die Spielbanken in Neuenburg, Zürich, Bern, Bad Ragaz und Montreux im zweiten Jahr in Folge dem schwachen Trend trotzen und beim BSE weiter zulegen. Eine erfreuliche Trendwende zum Besseren erfolgte erst 2016 bei Interlaken und Davos. Die Aktien von Kongress- und Kursaal Bern, Kursaal-Casino Luzern sowie insbesondere Congress Centre Kursaal Interlaken zeigten seit 2016 sogar eine ausgesprochen positive Entwicklung. Eine bemerkenswerte Entwicklung gab es 2016 bei der Kursaal-Casino AG, Luzern. Seit Mai gab es mehrere Transaktionen mit ungewöhnlich hohen Aktienumsätzen. Der Kurs war schon von 250 CHF am Jahresanfang bis auf 320 CHF geklettert, als eine Investorengruppe 4,8% des Aktienkapitals erworben hatte. Bis Anfang Oktober ist der Kurs weiter auf 360 CHF gestiegen. 2016 wurden 7’000 Aktien gehandelt, deutlich mehr als in den Vorjahren. Konkrete Absichten wurden zwar nicht geäussert, doch die Transaktion fügt sich nahtlos ein in den Reigen von grösseren Investitionen in Aktien, die auf OTC-X gehandelt werden, durch institutionelle oder private Grossanleger seit 2016.
Angesichts der im Vergleich zu kotierten Aktien oft sehr günstig bewerteten OTC-X-Titel dürfte sich der Trend eher noch verstärken, was in der Konsequenz auch zu einer Wiederentdeckung der für Tourismus und Freizeit wichtigen Branche führen kann. Dies umso mehr, wenn die Gesetzgebung schnell dafür sorgt, dass die Schweizer Casinogesellschaften wieder mit gleich langen Spiessen im internationalen Wettbewerb des digitalen Zeitalters antreten können. Mentale Hindernisse wie die Anfang 2017 erfolgte Ablehnung der Eintragung eines von einem chinesischen Investor erworbenen 5%-Anteils an der Kursaal-Casino AG Luzern in das Aktionärsbuch durch den Verwaltungsrat senden allerdings die falschen Signale mit Blick auf die Steigerung der Attraktivität der Schweizer Casino-Industrie im intensiven internationalen Wettbewerb der Standorte.
Name | Kurs in CHF (16.08.17) | MarketCap
in Mio. CHF |
BSE 2016 | Veränd. VJ | Dividende | EPS | Buchwert pro Aktie | EBITDA in
Mio. CHF |
EBITDA- Marge | EBIT in
Mio. CHF |
EBIT-
Marge |
Kurs/
Gewinn- Verhältnis |
Kurs/
Buchwert- Verhältnis |
Dividenden-
rendite |
Stadtcasino Baden AG | 460.0 | 46.0 | 59.6 | -3.6% | 20.0 | 24.4 | 473.1 | 7.6 | 18.5% | 2.7 | 6.5% | 18.9. | 1.0 | 4.4% |
Kursaal-Casino AG Luzern | 350.0 | 23.8 | 36.0 | 0.0% | 12.0 | 17.6 | 370.0 | 4.4 | 9.3% | 1.7 | 3.5% | 19.9 | 1.0 | 3.4% |
Kongress- + Kursaal Bern AG | 525.0 | 42.8 | 50.0 | +1.0% | 0.0 | 31.6 | 782.2 | 19.0 | 22.4% | 8.5 | 10.0% | 16.6 | 0.7 | 0.0% |
Congress Centre Kursaal Interlaken AG | 380.5 | 9.9 | 11.5 | +5.3% | 0.0 | 48.1 | 1’161.7 | 3.2 | 22.4% | 1.3 | 8.9% | 7.9 | 0.3 | 0.0% |
Casino de Montreux SA | 2’475.0 | 193.1 | 74.1 | +2.0% | 166.0 | 169.5 | 356.3 | 18.7 | 22.2% | 16.7 | 19.8% | 14.6 | 7.0 | 6.7% |
Quelle: www.otc-x.ch, Geschäftsberichte 2016, Schweizer Casino Verband
Hinweis: die Kurse in der o.g. Tabelle sind vom 4.8.17. In den Kurzprofilen werden die Preise vom jeweiligen Erscheinungstermin der Kurzstudie genannt. Dies kann zu Abweichungen gegenüber der Tabelle führen. |