Bergbahnen: Branche sucht trotz Zwischenhoch weiter nach Zukunftslösungen

Alternative Preissysteme als Hoffnungsträger

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Die jüngst von OTC-X Research im Auftrag der BEKB publizierte Branchenanalyse über die Schweizer Bergbahnen beschreibt deren aktuelle Situation, die von der Suche nach nachhaltigen Zukunftslösungen geprägt ist. Seit einigen Jahren leiden die Bergbahnen unter rückläufigen Einnahmen im Wintergeschäft. Im vergangenen Winter 2017/18 konnten die Unternehmen dank der hervorragenden Naturschneeverhältnisse etwas aufatmen. So stiegen landesweit die Skierdays (Ersteintritte ins Skigebiet) um 7.4% an. Für den Autor der Studie, Philipp Lütolf, ist klar: Wegen des oftmals gerade an den Wochenenden schlechten Wetters ist der Anstieg nicht noch höher ausgefallen. Diese Entwicklung reflektiert die schwierige Branchensituation im Wintersportgeschäft.

Neue Preismodelle als Hoffnungsträger

Seit nunmehr zwei Jahren werden die alten Preissysteme der Bergbahnen zusehends neu gestaltet. Mit Offensiven wie etwa dem Hammerdeal der Saastal Bergbahnen, dem Top4 Skipass im Berner Oberland und dem Magic Pass in der Westschweiz wurden deutlich günstigere Saisonkarten lanciert, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Die günstigeren Preise werden jeweils nur bis zu einem bestimmten Tag gewährt, um so die Interessenten zu einem früheren Kauf zu animieren. Analog werden in einigen Gebieten auch Tages- oder Mehrtageskarten mit Vorverkaufsrabatten angeboten. Alle diese Offerten haben eine Ertragssicherung und -steigerung zum Ziel. Gleichzeitig senken so die Bahnunternehmen das Risiko witterungsbedingter Mindereinnahmen, sofern das Modell von den Gästen entsprechend angenommen wird. Diese Vorgehensweise ist aber nicht risikofrei für die Unternehmen.

Wetterrisiko wird auf die Gäste verlagert

Dies illustriert am besten eine Modellrechnung: Bei einem angenommenen Saisonpreis von 800 CHF und einer durchschnittlichen Anzahl verkaufter Saisonkarten von 5’000 resultieren Einnahmen von 4 Mio. CHF. In einem schlechten Winter werden indessen nur noch zwei Drittel der im Vorjahr verkauften Karten abgesetzt. Hieraus resultiert ein Einnahmenverlust von 1.3 Mio. CHF. Mit einem Vorverkaufsrabatt von 25% würden bei einem Verkauf von 5’000 Karten Einnahmen von 3 Mio. CHF resultieren. Hieraus lässt sich ein kalkulatorischer Einnahmenverlust von 1 Mio. CHF für ein gutes Jahr und ein Einnahmenplus von 0.3 Mio. CHF für ein schlechtes Jahr ermitteln. Bei den bereits frühzeitig verkauften Karten können die Bahnen das Risiko schlechter Witterungsbedingungen auf den Kunden abwälzen, müssen dafür aber auch entsprechend ansprechende Rabatte gewähren. Ob sich diese Aktionen zukünftig nachhaltig positiv auf die Zahlen auswirken, kann derzeit noch nicht abschliessend beurteilt werden.

Gute Witterung und neue Preismodelle lassen Einnahmen wachsen

Bis zur Erstellung der Studie lagen 26 Geschäftsberichte für das Jahr 2017/18 vor. Der Gesamtertrag von 470 Mio. CHF mit darin inkludierten Verkehrseinnahmen von 300 Mio. CHF entsprechen etwa 30% der Brancheneinnahmen. Mit einer Ausnahme konnten im Berichtsjahr alle Bahnen eine Steigerung der Verkehrserträge verbuchen. Zumindest ein Teil des Anstiegs geht auf das Konto der guten Schneeverhältnisse während des letzten Winters. Die am Magic Pass teilnehmenden Bahnen konnten etwa alle ein Umsatzplus verbuchen. Allerdings hätten diese Unternehmen auch ohne den Magic Pass ein deutliches Einnahmenplus verzeichnet. Die guten Schneeverhältnisse seien daher mindestens so wichtig wie die Einführung des Passes, ist das Fazit der Studie. Ebenfalls kein einheitliches Bild liefert die Analyse der Kennzahlen. Auch wenn sich das Umsatzplus grossmehrheitlich in einer verbesserten Ertragsmarge niederschlug, mussten einzelne Unternehmen einen Rückgang der Marge beim Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) verbuchen. Es gelang indessen allen Gesellschaften, ein positives EBITDA zu erwirtschaften.

Leichte Entspannung der Finanzsituation

Im Berichtsjahr gelang es auch nahezu allen untersuchten Gesellschaften, die am Verhältnis des Cashflows zu den Anschaffungswerten der Sachanlagen gemessene Kapitalrentabilität zu verbessern. Allerdings ist es dennoch nur sieben der Bahngesellschaften gelungen, eine genügende Rentabilität zu erreichen. Als genügend angesehen wird eine Mindestmarge von 3,5% der Anlagenkosten. Der Durchschnitt der analysierten Bahnen liegt mit 2,7% nach 2,1% im Vorjahr immer noch zu tief. So werden trotz der Verbesserung der Kennzahlen viele Unternehmen Probleme haben, die zukünftigen Investitionen zu finanzieren. Ebenfalls leicht besser stellt sich die Verschuldungssituation für das Gros der Unternehmen dar. So führte das höhere EBITDA zu einem tieferen Verschuldungsgrad. Ob diese Entwicklung nachhaltig ist, wird sich indessen erst in den nächsten Jahren zeigen.

Schneesituation an Weihnachten entscheidend

Die Entwicklungen der beiden letzten Wintersaisons zeigen die hohe Abhängigkeit der Bahnen von der Schneesituation auf. Diese sei, so der Studienautor, für die Einschätzung der Zukunftsaussichten absolut entscheidend. Das nachfolgende Schaubild zeigt die erwarteten Auswirkungen des Wetters und der Schneebedingungen auf die Entwicklung der Skierdays auf.

Quelle: IFZ, OTC-X Research

Für die Zukunft ist aber auch die Verteilung der Skierdays auf die einzelnen Regionen und Unternehmen massgeblich. So werden insbesondere diejenigen Bahnen, denen es bei schlechten Schneebedingungen nicht gelingt, ein für die Winterssportler akzeptables Pistenangebot zu bieten, zu den Verlierern gehören. Ein sehr wichtiger Faktor ist auch das Angebot an guten Übernachtungsmöglichkeiten und eine leichte Erreichbarkeit der Destination. Keinesfalls vernachlässigt werden darf auch die Kundenbindung. Hier könnte die Digitalisierung der Angebote eine wichtige Rolle spielen.

Um für die Gäste weiterhin attraktiv zu bleiben, müssen die Bahnen in den Ausbau der Anlagen investieren. Der erhöhte Komfortanspruch der Wintersportler lässt die Kosten für den Bau neuer Bahnen zusätzlich ansteigen. So sind zahlreiche Bahnen mangels eigener Finanzkraft auf die Unterstützung der öffentlichen Hand oder regionaler Partner angewiesen. Dies setzt die Zustimmung der Stimmbürger im Fall von Unterstützungen durch die öffentliche Hand voraus. Verweigern diese ihre Zustimmung, wie etwa jüngst im Fall von Charmey im Kanton Freiburg, sieht die Zukunft der Gesellschaft düster aus. Neben der Investitionsfinanzierung etwa durch Finanzinfrastrukturgesellschaften sind auch laufende Beiträge an den Betrieb als Teil des Service Public eine wichtige Komponente.

Ausflugsbahnen auf der Erfolgswelle

Diejenigen Bahnen, die eine starke Position im Ausflugsgeschäftsverkehr haben, schwimmen auf der Erfolgswelle. Vor allem der anhaltende Zustrom an asiatischen Gästen führt zu einem deutlichen Plus, was insbesondere bei den Bahnen, die auch ein Wintersportgeschäft betreiben, deutlich wird. Hierzu zählen die Jungfraubahnen, die Schilthornbahn und die Titlisbahnen, bei welchen klar das Geschäft mit den Nichtsportlern der Hauptwachstumstreiber ist. Ebenfalls zum Plus tragen die guten Wetterverhältnisse im Sommer bei, die zu einem deutlichen Anstieg der Ausflugsgäste führten. Dank der Mehreinnahmen konnten die Bahnen auch die Rentabilität deutlich steigern. Um auch weiterhin attraktiv zu bleiben, planen die Gesellschaften grosse Investitionsprojekte, die einen hohen Kapitalbedarf aufweisen. Diese werden sich nach Ansicht des Autors der Studie vorübergehend negativ auf die Kapitalrendite auswirken. Dank der ausgezeichneten Rentabilität der Unternehmen sei dies jedoch kein Problem. Wichtig sei es, den Gästen auch zukünftig ein werthaltiges Ausflugserlebnis bieten zu können, das zu einem guten Preis verkauft werden kann. Nur so können die Unternehmen vom zukünftigen Marktwachstum profitieren. Für die Aktionäre entscheidend ist es nicht, die Kapitalrendite zu maximieren, sondern den Mindestwert zu erreichen. Dieser wird von den Unternehmen definiert. So sind etwa bei einer erwarteten Kapitalrendite von 5%, die zur Finanzierung der Investitionen, der Rückzahlung der Schulden und einer Dividende notwendig ist, alle Investitionen, die mehr als 5% erwirtschaften, wertsteigernd.

Wintersportbahnen leiden unter Fixkosten

Bei den Wintersportbahnen drücken die hohen Betriebskosten für den Unterhalt der Anlagen und der Pisten auf deren Rentabilität. Denn die Anlagen können über das Gesamtjahr nur ungenügend ausgelastet werden. Als hilfreich angesehen wird ein erfolgreiches Sommergeschäft, wie dies etwa die Zermatt Bergbahnen betreiben. So lautet das Fazit der Studie: Erfolgsfaktoren einer Bahn sind ein gesundes Verhältnis von Infrastruktur und Ertrag bei einer möglichst hohen ganzjährigen Auslastung und einem hohen Durchschnittspreis pro Gast. Nur so kann der auch weiterhin hohe Investitionsbedarf finanziert werden. Allerdings zeigt dies auch auf, dass grundsätzlich nicht mit höheren Dividendenausschüttungen gerechnet werden kann.

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