Eigentlich herrscht im November im Veranstaltungsgeschäft Hochkonjunktur. Zahlreiche grosse öffentliche Konferenzen finden in diesem Monat statt, bevor im Dezember Firmenweihnachtsfeiern die Agenden füllen. Später stehen dann feierliche Weihnachtsdinners und rauschende Silvesterpartys auf dem Programm. Doch in diesem Jahr fallen diese aus. Die Kernbotschaft des Bundesrates lautet: Weniger Menschen treffen. Ausserdem sind Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen verboten, in einigen Kantonen Bars und Restaurants geschlossen. Das zwingt eine ganze Branche in die Knie.
Kursaal Interlaken stellt Kongressbetrieb bis Ende März 2021 ein
Besonders hart trifft die Covid-19-Pandemie den bei asiatischen Touristen beliebten Ort Interlaken. Nicht nur die ausbleibenden Touristen aus den Fernmärkten sorgen hier für eine Flaute. Auch die verschärften Corona-Massnahmen der Berner Kantonsregierung führen in der Veranstaltungsbranche und Hotellerie zu einschneidenden Massnahmen. So kündigte das zur börsenkotierten Aevis-Victoria-Gruppe gehörende Luxushotel Victoria Jungfrau die vorübergehende Schliessung des Betriebes an. Dies nach einer besser als erwartet ausgefallenen Sommersaison. Mitarbeiter sollen allerdings nicht entlassen werden. Sie befinden sich in Kurzarbeit.
Nur wenige Schritte vom Grandhotel Victoria Jungfrau kommt es nun zu einer weiteren temporären Schliessung. Die Congress Centre Kursaal Interlaken AG (CKI) meldete, dass sie den Kongressbetrieb sogar gleich bis Ende März 2021 komplett einstellen wird. Das ist besonders bedauerlich, denn 2019 war eines der erfolgreichsten Geschäftsjahre des Kursaals Interlaken. Für 2020 rechnet die Gesellschaft damit, dass es pandemiebedingt eines der schlechtesten werden könnte. Neben dem Kursaalbetrieb ist auch das Casino Interlaken betroffen. Dieses ist aufgrund der Vorgaben des Kantons Bern seit dem 23. Oktober bis auf weiteres geschlossen. Spielen können die Gäste allerdings im Online-Casino Starvegas. Entlassungen soll es auch bei der CKI keine geben. Die Mitarbeiter erhalten in der Zwischenzeit Kurzarbeitsentschädigung.
Kongress+Kursaal Bern AG will Überleben sichern
Geschlossen sind die Türen auch im Grand Casino in Bern. Hier können die Gäste ebenfalls auf die neue Internet Spielbank 7melons.ch ausweichen. Am Mittwoch gab die Muttergesellschaft Kongress+Kursaal Bern AG bekannt, dass der gesamte Betrieb vorerst bis Ende Jahr heruntergefahren wird. Der Veranstaltungsbereich, das Hotel sowie die gastronomischen Betriebe haben jetzt zu. Eigentlich sollte noch im Dezember das Hotel nach der Renovation als Swissôtel eröffnet werden. Die Eröffnung wurde nun ins Frühjahr verschoben. «Neben der Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeitenden und unserer Gäste ist das Überleben der Unternehmung natürlich unser oberstes Ziel», lässt sich Verwaltungsratspräsident Daniel Buser in der Medienmitteilung zitieren. Momentan sei geplant, nach den Winterferien wieder zu eröffnen.
Nicht alle Freizeitbetriebe gleich betroffen
Durch die kantonal unterschiedlichen Regeln zur Bekämpfung der Pandemie sind nicht alle Unternehmen gleich betroffen. Während das Casino in Montreux seit dem 4. November geschlossen ist, haben die Spielbanken in Baden und Luzern nach wie vor geöffnet. Beide betreiben zudem seit mehr als einem Jahr Internet-Casinos, die offenbar sehr erfolgreich laufen. Auch bei den Schwimmbädern handeln die Kantone unterschiedlich. In den Kantonen Wallis, Bern und weiteren mussten die Bäder ihren Betrieb schon vor zwei Wochen einstellen. Die Thermalbäder in Bad Schinznach, Bad Zurzach und die zur Grand Resort Bad Ragaz AG gehörende Tamina Therme haben noch geöffnet, müssen aber Schutzkonzepte vorlegen.
Fazit
Die zweite Welle der Corona-Pandemie trifft die Firmen aus der Tourismus- und Freizeitbranche mit voller Wucht. Die meisten Unternehmen nahmen nach dem ersten, behördlich verordneten totalen Lockdown noch mit viel Elan und Optimismus den Betrieb wieder auf. Jetzt mussten sie jedoch erkennen, dass ein Aufrechterhalten des Betriebs bei nahezu vollständig ausbleibenden Einnahmen nicht mehr möglich sein wird. Der Entscheid, den Betrieb zu schliessen und sich auf die «Nach-Corona-Zeit» vorzubereiten, erscheint sinnvoll und ist daher nachvollziehbar. Ob die Betriebe mit dieser Strategie allerdings überleben können, hängt vor allem von den öffentlichen Unterstützungsmassnahmen ab. Kurzarbeit ist sicherlich ein gutes Instrument, um den Personalaufwand zu reduzieren. Allerdings müssen die Gebäude auch während der Schliessung in Schuss gehalten und Miet- oder Hypothekarzinsen gezahlt werden. Im Vorteil sind Betriebe, die wie die CKI in Interlaken im Besitz der Immobilien und nahezu schuldenfrei sind.
Es ist derzeit angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen nicht auszuschliessen, dass der Bundesrat in den kommenden Wochen einen nationalen Lockdown verhängt. Auch nach dem Ende der behördlich verordneten Massnahmen dürfte es dann noch Monate dauern, bis sich das Veranstaltungsgeschäft wieder auf dem Vor-Krisen-Niveau einpendelt. 2021 könnte daher ein weiteres «verlorenes» Jahr werden. Die Hoffnung ruht auf einem Nachholeffekt, der bei einem guten Pandemieverlauf ab dem Frühjahr zu einer Sonderkonjunktur in der Branche führen könnte.
Ausgewählte Tourismus- und Freizeitaktien auf OTC-X
Titel | Kurs am 6.11.20 (letzbez.) | Performance 2020 (YTD) |
Kursaal-Casino AG Luzern (N) | 330 | 9.4% |
Stadtcasino Baden AG | 650 | -1.5% |
Thermalbad Zurzach AG | 300 | -6.4% |
Congress Centre Kursaal Interlaken AG | 321 | -11.4% |
Grand Resort Bad Ragaz AG | 4100 | -14.9% |
Casino de Montreux SA (nom. 100 CHF) | 2100 | -15.9% |
Bad Schinznach AG | 1925 | -16.7% |
Kongress+Kursaal Bern AG | 369 | -27.3% |
OTC-X Tourismus-Index | 2242.6 | -16.1% |