Die Lienhardt & Partner Privatbank AG konnte 2017 von der positiven Stimmung an den Finanzmärkten profitieren. So stiegen die Geschäftserträge um 10.7% auf 29 Mio. CHF an, was eine neue Rekordmarke darstellt. Der Reingewinn wuchs um 14.6% auf 5.8 Mio. CHF. Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums werden die Aktionäre eine einmalige Sonderdividende in der Höhe von 150 CHF erhalten.
Im Gespräch mit schweizeraktien.net nimmt Duri Prader, CEO der Lienhardt Bank, zum Geschäftsverlauf, zur Strategie und zu den Aussichten für 2018 Stellung.
schweizeraktien.net: Die Lienhardt&Partner-Bank begeht dieses Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum. Sie zahlen den Aktionären deshalb eine Jubiläumsdividende von 150 CHF. Es gibt also Grund zum Feiern: Wie werden Sie den Festtag begehen?
Duri Prader: Unsere Jubiläums-Generalversammlung soll nicht nur einen Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr bieten, sondern auch unsere Geschichte beleuchten. Gegenüber den Vorjahren werden wir das Jubiläum deshalb in einem etwas festlicheren Rahmen begehen.
Was können Sie Ihren Aktionären über die Jubiläumsdividende hinaus an Geschenken anbieten?
Am meisten Freude machen wir unseren Aktionären, wenn wir eine Bank haben, die gesund und gut aufgestellt ist, risikobewusst geführt wird, Wachstum hat und operativ Gewinn macht. Das trifft bei uns alles zu.
Aber um Ihre eigentliche Frage zu beantworten: Wir haben einen Bildband gemacht, der die Entwicklung vom ehemaligen Kredit- und Vorschussverein von 1868 zur Privatbank Lienhardt & Partner aufzeigt und diesen Ablauf in den Kontext zur Entwicklung der Stadt Zürich setzt. Die Entwicklung unserer Bank ist ja sehr eng verknüpft mit derjenigen der Stadt Zürich. Unser Firmensitz ist seit 1893 im gleichen Gebäude an der Rämistrasse, die Zürcher kennen das Gebäude. Damals, aber das nur so am Rande, wurden dafür 340‘000 CHF gezahlt, was eine Riesensumme war.
Es ist ein sehr schönes Buch geworden. Es fasst unsere Firmengeschichte wunderbar zusammen und dient uns als einmalige Visitenkarte.
Sie führen keine gewöhnliche Bank: wenig Auslandskunden und totaler Fokus auf den Schweizer Markt. Werden Sie diese Strategie beibehalten?
Ja natürlich, wir wollen eine echte Alternative sein zu den immer grösser und unpersönlicher werdenden Bankinstituten. Unsere Botschaft lautet: im Dienste Ihres Vermögens. Seit 1868. Das Vermögen von Personen in der Schweiz besteht in der Regel aus Wertschriften, Immobilien und Vorsorgekapital. Dies widerspiegelt sich in unseren drei Geschäftsbereichen Private Banking, Immobilien und Vorsorge.
Bei vielen Regional- und Kantonalbanken sind die Kundengelder im vergangenen Jahr wegen dem Anlagenotstand, Thema Negativzinsen, deutlich gestiegen. Auch bei Ihnen sind im letzten Jahr 14% dazugekommen. Erhoffen sich Neukunden bei Ihnen bessere Zinsen als bei anderen Banken?
Unsere Kundengelder sind sowohl durch bestehende als auch durch neue Kunden angewachsen. Wir belasten zwar keine Negativzinsen, aber wir wollen auch keine überschüssige Liquidität bunkern. Das kostet. Wir bezahlen bereits Negativzinsen. Im Gegensatz zu gewissen anderen Banken können wir keine Zinsarbitrage tätigen, also Kundengelder gegen Gebühr entgegennehmen, die tiefer liegt als die entsprechenden Kosten bei der Nationalbank. Wir ziehen keine Negativzinsflüchtlinge an.
Werden Sie das Immobiliengeschäft weiter ausbauen?
Wir haben drei Bereiche: Immobilienbewirtschaftung, Immobilienvermittlung und das eigene Immobilienportfolio. Das alles hat ja nichts mit dem Bankgeschäft im engeren Sinne zu tun. In der Immobilienbewirtschaftung und -vermittlung sind wir sehr interessiert an neuen Geschäftsbeziehungen. Unser eigenes Immobilienportfolio bauen wir hingegen zurzeit nicht aktiv aus. Die Transaktionspreise für Renditewohnliegenschaften im Grossraum Zürich sind sportlich. Wir optimieren daher zurzeit lieber den Bestand, statt Zukäufe zu tätigen.
Wie gehen Sie mit den Risiken auf diesem Markt um, Stichwort Immobilienblase? Wie sichern Sie das Risiko ab?
Wir unterscheiden uns von kotierten Immobilienfirmen, weil wir unsere Immobilien nicht zweimal im Jahr neu bewerten. Wir verbuchen keine Aufwertungsgewinne. In unseren Buchwerten sehen wir daher wenig Risiken. Das ist der wesentliche Unterschied im Vergleich zu kotierten Immobilienfirmen. Unsere Objekte sind zudem vorwiegend in einem Preissegment, welches in Bezug auf Mietpreise und Leerstände ziemlich stabil ist.
Sehen Sie also bei Immobilienfonds und kotierten Immobilienanlagegesellschaften tendenziell Risiken auf der Bewertungsseite?
Die Gretchenfrage ist, wie sich die Zinsen in den kommenden Jahren entwickeln. Wir wissen, wie schnell sich die Zinsen in die eine oder andere Richtung entwickeln können. Natürlich kann man sagen, dass, wenn die Zinsen 30 Jahre runtergegangen sind, die Wahrscheinlichkeit, dass sich das wiederholt, nicht gross ist. Aber das heisst auch nicht, dass es jetzt steil mit den Zinsen hochgeht. Jetzt sehen wir mehr Volatilität am Markt, weil die Inflationsrate im Amerika gegen 2% tendiert. Aber soll das plötzlich schlecht sein? Die Anleger hatten sich jahrelang einen Anstieg der Inflationsrate gewünscht, und jetzt, wenn es soweit ist, macht es ihnen plötzlich Angst?
In unserem letzten Gespräch vor zwei Jahren sagten Sie uns, dass Sie den Vorsorgebereich weiter ausbauen wollen. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung dieses Bereichs in den letzten Jahren?
Ja wir sind zufrieden. Wir konnten grosse Fortschritte machen und die Prozesse weitgehend automatisieren. Wir bieten im Grunde zwei Arten von Dienstleistungen an: Zum einen sind wir ein bevorzugter Partner für Versicherungsgesellschaften, und zum anderen führen wir mit der Unabhängigen Vorsorge Zürich eine Vorsorgeplattform mit einem umfassenden Angebot an Vorsorgeprodukten (PK, FZ, Säule 3a).
Können Sie das Wachstum im Vorsorgebereich mit Zahlen unterlegen?
Wir führen keine Spartenrechnung. Aber im Anhang zu unserer Jahresrechnung ist unser Wachstum für das Jahr 2017 mit 576 Millionen ausgewiesen, was prozentual einem Wachstum von mehr als 15 % entspricht. Zu diesem Resultat haben das Private Banking, aber vor allem auch die Vorsorge beigetragen.
Im gleichen Gespräch vor zwei Jahren sagten Sie uns auch, dass Sie Unternehmenszukäufen gegenüber aufgeschlossen wären, dass Sie durch Übernahmen wachsen wollten. Warum ist dies nicht geschehen?
Wenn Wachstum organisch möglich ist, dann ist das in der Regel der günstigere und risikolosere Weg. Tatsache ist, dass wir in den vergangenen zwei Jahren volumen- und ertragsmässig deutlich zugelegt haben bei praktisch gleichbleibenden Kosten. Von der Konsolidierung in der Branche wollen wir aber auch profitieren, indem wir Anlageberater gerne bei uns aufnehmen, die im Grossraum Zürich verankert sind und uns als Alternative zu den grossen und global aufgestellten Instituten sehen. Auf diese Weise lassen sich neue Beziehungsnetze erschliessen.
Rekorderträge in 2017, zugegebenermassen in einem Umfeld, das es Ihnen leichter als auch schon machte, ein um fast 15% gestiegener Reingewinn: Wäre es jetzt nicht höchste Zeit, um mit Zukäufen zu wachsen?
Unser Geschäftsmodell ist nicht quantitativ, sondern qualitativ ausgerichtet. Es lässt sich nicht beliebig skalieren. Wir hatten nie die Strategie verfolgt, gezielt mit Zukäufen zu wachsen. Der Grund liegt darin, dass es kaum Banken oder Vermögensverwalter gibt, die wirklich zu uns passen. Diese dürften nicht zu gross sein, müssten sich auf den Raum Zürich fokussieren, unsere Firmenkultur schätzen und nicht zuletzt unsere Anlagephilosophie vertreten. Und das alles zu einem vernünftigen Preis. Falls Sie jemanden kennen, können Sie ihn sehr gerne bei uns vorbeischicken. Interesse hätten wir, aber wie gesagt, nicht um jeden Preis. Wir wachsen lieber schrittweise, dafür kontinuierlich. Das entspricht mehr unserer Philosophie.
Im ausserbörslichen Aktienhandel hat sich Lienhardt zu einem wichtigen Player entwickelt. Auch die Handelsumsätze sind 2017 beachtlich gestiegen. Wie beurteilen Sie diesen Markt, und wo sehen Sie Chancen für Ihre Bank?
Wir sind vor wenigen Jahren in diesen Markt eingestiegen und haben uns in der Zwischenzeit eine beachtliche Reputation erarbeitet. Es ist eine Nische, die gut zu uns passt und die wir weiter pflegen wollen. Dieser Markt wird immer eher bescheiden bleiben, aber durch die zunehmenden Anforderungen und Kosten ist auch ein Trend zur Dekotierung zu beobachten, was möglicherweise zu weiteren Neuzugängen führen wird. Für uns als Bank und als KMU bietet der Handel mit nicht kotierten Nebenwerten eine Chance, mit Firmen Kontakt zu pflegen, die von ihren Werten und ihrer Kultur her sehr viele Ähnlichkeiten haben mit unserer eigenen Firma. Diesen Umstand sollten wir in der Tat noch vermehrt als Chance nutzen, um den Kontakt mit diesen Gesellschaften zu intensivieren.
Welche Entwicklung erwarten Sie für die Gesamtbank im laufenden Jahr? Was ist Ihr Wunsch für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in 2018? Wo sehen Sie generell Chancen, und was fürchten Sie?
Für das laufende Jahr werden wir alle Anstrengungen unternehmen, um auch im 2018 auf der Gewinnebene ein Resultat auf Vorjahreshöhe zu erreichen.
Von den Rahmenbedingungen her stimmt das konjunkturelle Umfeld nach wie vor. Natürlich sind die Inflationserwartungen gestiegen, aber das ist letztlich genau das, was man sich seit Jahren erhofft hat. Man hatte ja jahrelang Angst vor einer Deflation. Warum sollte eine leicht anziehende Inflation nun plötzlich schlecht sein?
Politische Unsicherheiten sind immer latent vorhanden. Doch Europa hat sich auf tiefem Niveau gefestigt. Ein Auseinanderbrechen der EU ist zurzeit kein Thema mehr. China wächst weiter stramm, und die amerikanische Politik ist zwar schwer berechenbar, bleibt aber pragmatisch in der Zielsetzung. Daher blicken wir, trotz gestiegener Volatilität an den Märkten, optimistisch auf das erste halbe Jahr.
Wirklich Sorgen würden uns zu forsche Zinserhöhungen machen. Eine solche Entwicklung gab es bereits einmal in den 30er Jahren im letzten Jahrhundert, und es nahm kein gutes Ende, weder aus wirtschafts- noch sozialpolitischer Sicht. Wir sind deshalb darauf angewiesen, dass wir behutsam und umsichtig handelnde Zentralbanker haben.
Das regulatorische Umfeld wird für Banken nicht einfacher. Welchen Einfluss haben die neuen Regelungen wie beispielsweise Fidleg und Finfrag auf Ihr Geschäft?
Fidleg betrifft uns natürlich im Private Banking. Im Gegensatz zu den grossen Banken, haben wir die neuen Anforderungen in der Beratung noch nicht umgesetzt. Wir warten bewusst, bis das Gesetz in der endgültigen Fassung in Kraft tritt. Wir sind aber gut darauf vorbereitet.
Finfrag beeinflusst uns dagegen beim Handel mit Nebenwerten. Unsere OTC-Plattform bildet ein sogenanntes Organisiertes Handelssystem (OHS). Wir mussten auf den 1. Januar 2018 diverse Anpassungen vornehmen. Das ist alles bereits implementiert und läuft bestens. Wir machen das ohne zusätzliches Personal, wir haben aber die Kompetenzen angepasst und neue Weisungen und Reglemente erlassen. Es gibt jetzt beispielsweise eine Protokollierungspflicht. Es lassen sich jetzt alle Abschlüsse auf unserer Webpage nachverfolgen.
Der Aktienkurs der Lienhardt & Partner-Aktie ist seit Jahresbeginn um rund 50% gestiegen. Was sind die Gründe dafür? Gibt es Veränderungen im Aktionariat?
Die Entwicklung des Aktienkurses kann ich nicht kommentieren. Uns interessieren die Substanz und die Ertragskraft, weniger der Aktienpreis. Ich kann Ihnen aber versichern, dass im Aktionariat keine massgeblichen Veränderungen stattgefunden haben. Die Gruppe um die Familie Lienhardt verfügt unverändert über rund 70 % der Stimmen und des Kapitals. Wir haben zudem einen sehr langjährigen, treuen und unabhängigen Aktionär, der über 6 % des Aktienkapitals verfügt. Der restliche Viertel ist bei 500 bis 600 Aktionären breit gestreut, das kommt aus der Historie als Gewerbebank, das sind in der Regel Aktionäre, die schon sehr, sehr lang Anteile an unserer Bank halten.
Herr Prader, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Die Aktien von Lienhardt werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) und bei Lienhardt & Partner selbst gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 2’900 CHF weisen die Titel ein deutliches Agio von fast 30% gegenüber dem ausgewiesenen Buchwert per 31. Dezember 2017 auf. Der Kurs der Titel ist zudem seit Jahresanfang um über 40% geklettert. Auch wenn der Substanzwert der Papiere den Buchwert nicht unerheblich übersteigen dürfte, erscheint das Risiko von Kursrücksetzern auf dem aktuellen Kursniveau als keinesfalls gering. Als sehr hoch angesehen werden muss die Dividendenrendite von 5.2%. Hierbei darf aber nicht übersehen werden, dass im laufenden Jahr eine einmalige Jubiläumsdividende ausgeschüttet wird. Als klar hoch angesehen werden muss das KGV von 17.5 auf der Basis des Geschäftserfolgs für 2017. Neben dem aktuell hohen Kurs der Papiere dürfen die Investoren nicht übersehen, dass der Grossteil der Papiere in den Händen der Familie Lienhardt und ihr nahestehender Personen liegt. Anleger sollten sich mit deren Geschäftsphilosophie, bestehend aus einer soliden Privatbank mit einem nicht unerheblichen Immobiliengeschäft, einverstanden erklären können.