Schweizerische Bankiervereinigung: Grosse Banken haben Vorteile

Fusionspläne von Commerzbank und Deutsche Bank befeuern Konsolidierungsphantasie

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So schnell kann sich die Meinung ändern. Im Zuge der Finanzkrise schienen viele Institute als zu gross – to big to fail (TBTF) -, und verschiedene Massnahmen sollten daher dafür sorgen, dass Banken in Schieflage keine Risiken mehr für den Steuerzahler darstellen sollten. Nun gilt Grösse in der Branche wieder als Vorteil.

Seit der Finanzkrise hätten sich die Bankenplätze unterschiedlich entwickelt, schrieb die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in einem am Montag veröffentlichten Diskussionspapier. Grosse amerikanische und chinesische Banken seien im letzten Jahrzehnt stark gewachsen, die grossen europäischen Banken dagegen deutlich geschrumpft.

Auch die beiden Schweizer Grossbanken seien kleiner als vor zehn Jahren und hätten sich neu ausgerichtet, so der Text weiter. Viele Kommentatoren sähen die Schrumpfung heute als Ausdruck der Schwäche, hiess es weiter. „Gar vom Marignano der Schweizer Banken war jüngst in der Presse zu lesen.“ Es sei wenig tröstlich, dass viele europäische Institute teilweise noch viel stärker von dieser Entwicklung betroffen seien.

Rasche Konsolidierung

In den USA sei es dagegen rasch zu einer Konsolidierung zu immer grösseren Instituten gekommen, die gut gerüstet in die Zukunft schritten. „Kaum jemand stellt in Abrede, dass Europa heute ‚overbanked‘ ist“, hiess es weiter. Nationalstaatliches Sicherheitsdenken habe in Europa die Banken bei der Umsetzung von internationalen Geschäftsmodellen behindert.

Ein fragmentiertes Finanzsystem erschwere lokalen Banken die internationale Diversifikation. Finanzierungsrisiken könnten weniger gut absorbiert werden. Der Verzicht auf gewisse Geschäfte schränkt die Gewinnerwartungen und damit den Kapitalaufbau ein. „Volkswirtschaftlich relevant ist, dass sich damit auch eine Schere bei der Rentabilität und bezüglich Vollständigkeit der im Inland angebotenen Dienstleistungspalette öffnete“, so die SBVg. Ohne inländisches Investment Banking hänge der Zugang von grösseren Firmen zu den internationalen Kapitalmärkten gänzlich vom Ausland ab, was zu schlechteren Konditionen und in Krisenzeiten zu einem Finanzierungsrisiko führen könne.

In der EU sei die Bereinigung der Altlasten ins Stocken geraten. Den jüngsten EZB-Stresstest hätten zwar fast alle Finanzinstitute bestanden. Aber viele befänden sich laut den Angaben weit weg von hoher Profitabilität und dynamischer Entwicklung; ein paar davon seien in zweifelhafter Verfassung.

Dies sei wohl der entscheidende Punkt für den Stillstand bei der Errichtung der EU-Bankenunion. Mit labilen Banken könne die Bankenunion nicht starten. Doch gerade eine Bankenunion ist zentrale Voraussetzung für grosse paneuropäische Banken.

Die Fusionspläne der deutschen Grossbanken Commerzbank und Deutsche Bank, die am Wochenende als „ergebnisoffene Gespräche“ bestätigt wurden, dürften die Spekulationen um eine Konsolidierung der Branche in Europa anfachen und den Prozess beschleunigen, hiess es dazu am Markt.

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pre/rw

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