Die Agglomerationsgemeinde Schlieren bietet Künstlern wenige Sujets. Dennoch war die Stadt im Limmattal Objekt einer 15-jährigen fotografischen Langzeitstudie der Hochschule für Künste. Auf der Website verwandeln sich vor den Augen des Lesers grüne Brachen in fixfertige Wohnsiedlungen. Hier entsteht Zersiedelung im Zeitraffer. 73 Prozent der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung leben in den Agglomerationen, welche aus Kern- und Gürtelgemeinden bestehen. Hier löst sich der Unterschied zwischen Stadt und Land auf. Mancherorts wirken die denkmalgeschützten Fachwerkbauten deplatziert inmitten von Schnellstrassen und Neubauten. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die letztes Jahr lancierte Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» zunächst breite Zustimmung in der Bevölkerung gefunden hatte.
Mit bestehendem Raumplanungsgesetz gegen die Zersiedlung
Am 10. Februar ging das Volksbegehren jedoch deutlich bachab. In keinem einzigen Kanton erreichte das Moratorium gegen neue Bauzonen eine Mehrheit. Viele Bürger liessen sich offenbar davon überzeugen, dass die im Jahr 2014 in Kraft getretene Verschärfung des Raumplanungsgesetzes Regeln gegen die Zersiedelung beinhaltet. Dieses Argument trat im Abstimmungskampf stark hervor und bescherte wahrscheinlich den Jungen Grünen die Niederlage an der Urne. Für Tobias Achermann, CEO Zug Estates Holding, genügt die Revision des Raumplanungsgesetzes, um der Zersiedlung einen Riegel zu schieben. «Seit 2013 sind die Bauzonen kaum mehr gewachsen», sagt Achermann. Zurzeit müssten alle Kantone ihre Richtpläne anpassen und vom Bundesrat genehmigen lassen. Im Unterlassungsfall dürften keine neuen Bauzonen mehr geschaffen werden. Doch trifft dies tatsächlich in der Praxis zu?
Es gilt, einen angemessenen Verdichtungsgrad zu finden
Einschlägige Gerichtsurteile zeigen eindeutig: Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung seit 2014 massiv verschärft. In mindestens acht Fällen, so weiss die Neue Zürcher Zeitung zu berichten, haben die höchsten Richter neue Einzonungen untersagt. Wenn jedoch Gemeinden sich nicht mehr verbreitern dürfen und dennoch bevölkerungsmässig wachsen, so bleibt für sie nur die Verdichtung übrig. «Wir stehen dem Thema Verdichtung positiv gegenüber», sagt Tobias Achermann. «In einem laufenden Projekt in Rotkreuz haben wir modellhaft gezeigt, wie dies gelingen kann.» Es gelte, einen angemessenen Verdichtungsgrad zu finden. Im Grundsatz müsse jede Erhöhung des Verdichtungsgrads mit der Erhöhung einer «grünen Dichte» einhergehen. «Bildlich gesprochen heisst das: Wenn wir in die Höhe bauen, schaffen wir rund um die Gebäude Freiräume wie Spielplätze, Begegnungszonen oder parkähnliche Anlagen.»
Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft
Weniger präsent in der Debatte um die «Zersiedelungsinitiative» ist die Frage gewesen, wie sich die konkrete Umsetzung der Initiative auf eine Immobilienwirtschaft ausgewirkt hätte, die sich schon seit einiger Zeit im Risikomodus befindet. «Eine Annahme der Initiative hätte dazu geführt, dass sich das Angebot an Bauzonen nicht mehr flexibel ausweiten lässt, wenn die Nachfrage steigt», sagt Donato Scognamiglio, CEO des Immobilienberatungsunternehmens IAZI AG. Die Folgen wären Preisexplosionen und Blasenbildungen gewesen. Das hätte vor allem Toplagen betroffen, wo die Reserven an Bauland in zwei bis fünf Jahren ausgeschöpft worden wären.
Preiswachstum entwickelt sich positiv
Bisher hat sich das Preiswachstum bei Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und Renditeliegenschaften positiv entwickelt, wenn es sich auch in den letzten Jahren abgeschwächt hat. Obwohl die viel zitierte Immobilienblase bis jetzt nicht geplatzt ist, fragt sich, ob diese Entwicklung so weitergeht. Verglichen mit den USA, der Eurozone und Grossbritannien verharrt die Schweiz weiterhin im Regime der Minuszinsen, was die Frage aufwirft, wie lange die Schweizerische Nationalbank einem Anpassungsdruck widerstehen könnte, die expansive Geldpolitik zurückzufahren. Ein jäher Zinsanstieg würde jedoch eine Schockwelle in den Immobilienmarkt senden, vergleichbar mit der letzten grossen Immobilienkrise der 1990er Jahre.
Vor Kauf von Renditeobjekten ist abzuraten
In diesem Kontext lohnt es sich für Ersteinsteiger in Immobilienanlagen, die Risiken einer Investition genau abzuwägen. Von Direktanlagen, das heisst Kauf von Renditeobjekten, ist gegenwärtig abzuraten. Die Tiefzinsphase hat die Preise von Mehrfamilienhäuser stetig in die Höhe getrieben. Ebenso wächst die Anzahl der Leerwohnungen schweizweit. Insofern besteht das Risiko, eine überteuerte Immobilie zu kaufen, die erst noch zu wenig Mieteinahmen abwirft, um eine anständige Rendite abzusichern. Bei den indirekten Anlagen, das heisst Immobilienfonds oder Immobilienaktien, muss gegenwärtig genauer hingeschaut werden. Im letzten Jahr hat sich der Höhenflug von Immobilienfonds unterbrochen. Während die Ausschüttungsrendite gegenüber dem Vorjahr nur minimal sank, trug die Preisrendite von minus 8% entscheidend zur negativen Performance bei, wie die Grossbank UBS berichtet. Nicht anders präsentiert sich das Bild bei den Schweizer Immobilienaktien. Die respektablen Ausschüttungsrenditen kompensierten die insgesamt flache Gesamtrendite.
Indirekte Immobilienanlagen haben gewichtige Vorteile
Allerdings sind diese Anlageformen generell krisenresistenter. Zum Vergleich: Der SPI büsste 2002 und 2008 um je etwa 30% seines Wertes ein. Die grössten Verluste verzeichneten die Immobilienaktien 2007 und 2008 mit je rund 11%, und bei den Immobilienfonds waren die beiden Abtaucher in den Jahren 2007 und 2013 mit je rund 3% kaum der Rede wert. Längerfristig präsentieren indirekte Immobilienanlagen einen gewichtigen Vorteil. Die mit hoher Zuverlässigkeit wiederkehrenden Erträge bilden die Basis für stattliche wie auch zuverlässige Dividendenzahlungen bzw. Ausschüttungen, was insbesondere von institutionellen Anlegern wie Pensionskassen sehr geschätzt wird. Im Zuge steigender Immobilienpreise sind die Ausschüttungsrenditen in den vergangenen Jahren zwar merklich abgeschmolzen, doch angesichts der seit Längerem oft negativen Renditen von Obligationen hat die Attraktivität dieser Finanztitel eher noch zugenommen.