SPI-Musterdepot: Bell – so günstig wie lange nicht

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Die Wurst- und Fleischprodukte von Bell sind zwar nach wie vor gefragt, doch derzeit drücken Sonderbelastungen auf das Ergebnis. Foto: Bell AG

Der Handelsstreit hat das SPI-Musterdepot von schweizeraktien.net noch voll im Griff. Wir hatten das auch schon thematisiert: Kleinere Werte und darunter insbesondere zyklische Titel, wie sie in unserem Depot zuhauf zu finden sind, leiden unter den Zollreibereien zwischen USA und China ganz besonders. Und so lief der breite Schweizer Aktienmarkt mit dem SPI-Index in den letzten Wochen weit besser als unser SPI-Portfolio.

Die Outperformance des Index lag bei rund fünf Prozentpunkten in einem Monat. Im SPI allerdings sind die Top-Performer und Index-Schwergewichte wie etwa eine Nestlé drin, und die heben den Index mit ihrem starken Lauf kräftig an. Nestlé beispielsweise steuert rund 15% zur gesamten SPI-Marktkapitalisierung bei, und so zog alleine der Nahrungsmittelkonzern wegen seiner dynamischen Performance den Index in den letzten drei Monaten um rund 3% nach oben.

Neue Hoffnung im Handelsstreit

Kommen im Ringen der beiden Superstaaten aber Entspannungssignale, dann zieht es besonders die kleinen Zykliker steil nach oben. Wie in den letzten Tagen erneut. So soll es Anfang Oktober zwischen den beiden Ländern im Rahmen eines regelmässigen Treffens zu direkten Gesprächen zum Zollstreit kommen, und bereits Mitte September sollen bedeutende Fortschritte vorbereitet werden. u-bloxs, VAT Group oder Rieter profitieren von solchen Nachrichten, und alleine auf Sicht von einer Woche kletterten die drei Titel jeweils um rund 10% nach oben.

Kommen erst einmal tatsächliche Erfolge im Handelsstreit, dann ist bei den genannten Werten und bei weiteren Depotmitgliedern eine Kursrallye zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Einigung steigt dabei zusehends. Denn Donald Trump läuft langsam aber sicher die Zeit davon. Will der amtierende US-Präsident im November 2020 erneut gewählt werden, wäre eine Konjunkturflaute in den USA Gift für seine Wiederwahl. Zwischen den Streithähnen könnte es deshalb also noch in diesem Jahr zur Versöhnung kommen.

u-blox – kurzfristige Prognose eingedampft…

Und ein kleiner Titel wie u-blox dürfte dann massiv profitieren. Bevor US-Präsident Trump den Handelsstreit Anfang 2018 vom Zaun gebrochen hatte, notierte die Aktie des Anbieters von Systemen und Produkten für die drahtlose Kommunikation und Positionsbestimmung noch bei bis zu 212 CHF, hat sich seither aber gedrittelt.

Zwar hat u-blox erst vor zwei Wochen den Ausblick für 2019 eingedampft. So soll der Umsatz in diesem Jahr nur noch zwischen 380 und 400 Mio. CHF liegen – zuvor lag die Ziellatte bei 460 bis 490 Mio. CHF. Der operative Gewinn soll dabei mit 15 bis 27 Mio. CHF nur halb so hoch sein wie bisher erwartet.

aber mittel- bis langfristig profitiert das Tech-Unternehmen von Megatrends

Dass 2019 beim Kommunikationsexperten ein Übergangsjahr sein wird, ist schon seit einem Jahr klar. Aber Anleger sollten denken wie ein Unternehmer, und das ist mittel- bis langfristig. u-blox profitiert von Megatrends wie etwa der Industrie 4.0 mit der Vernetzung der Maschinen und dem Internet der Dinge. Und genau dafür werden die Produkte – Module und Plattformen – des Unternehmens benötigt. Diese gewährleisten eine sichere und dauerhaft zuverlässige Verbindung zwischen den einzelnen Maschinen und Geräten oder der Steuerungszentrale.

Jetzt, heute noch, lastet die China-Handels-Schwäche auf der Aktie. Aber schon morgen, nach einer Lösung im Handelsstreit, dürfte sich das ganz schnell ändern. Bei u-blox muss man deshalb besser heute bei schlechter Stimmung und Pessimismus kaufen und nicht, wenn alle „Hurra!“ schreien. Denn dann ist die Aktie gut gelaufen und schon teuer.

VAT Group – das Tief im Marktzyklus könnte jetzt erreicht sein

Steil nach oben ging es in den letzten Tagen auch mit VAT Group. Dort zeigt sich ebenfalls ganz klar eine Spekulation auf ein Ende des Handelsstreits. Immerhin hatte der Spezialist für Vakuumventile schon vor vier Wochen einen Erholungsaufschwung ausgelöst. Zwar fiel der Halbjahresumsatz des Konzerns aus dem Rheintal um -32,0% auf 263,0 Mio. CHF, und das spiegelt den starken zyklischen Marktrückgang wider, der Mitte 2018 anfing.

Doch Umsatz und Auftragseingang im zweiten Quartal lagen um 6% und 5% über dem Volumen zwischen Januar und März und so am oberen Ende der Prognose. Der Tiefpunkt des aktuellen Marktzyklus könnte damit bereits erreicht oder gar durchschritten sein. Nach dem Kursanstieg der letzten Woche hat die Aktie jetzt den starken Widerstand um 127 CHF erreicht. Kommen weitere positive Signale von den Verhandlungen rund um den Handelsstreit, könnte die Aktie ganz schnell durch diese Hürde nach oben gehen. Da sind schnelle Kursgewinne von 10% und mehr bis 140 CHF drin.

mobilezone – Prognose angehoben

Zwar nicht direkt betroffen vom Handelsstreit, sondern nur indirekt über eine möglicherweise eingetrübte Konsumentenstimmung ist mobilezone. Die Aktie des Anbieters von Handys und Telefondienstleistungen ist deshalb auch nicht im Sturzflug, sondern dümpelt seit längerem vor sich hin, allerdings mit fallender Tendenz.

Dabei waren die jetzt vorgelegten Halbjahreszahlen besser als erwartet. So stieg der Umsatz des Telekomanbieters im Semester um 1,4% auf 569 CHF. Bei einer leicht von 4,1% auf 4,2% erhöhten Marge kletterte der Gewinn vor Zinsen und Steuern mit 2,8% doppelt so schnell wie die Erträge, und die im März genannten Ziele beim Ergebnis werden nach oben gesetzt. Der operative Gewinn in diesem Jahr soll nicht mehr bei 56 Mio. CHF liegen, sondern von 50.6 auf 61 Mio. CHF klettern. Mit einem moderaten 9er-KGV und einer nachhaltig hohen Dividende um 6% ist die Aktie ein klarer Kauf!

Bell – hohe Sonderbelastungen in diesem Jahr…

Ganz andere Sorgen als der Handelskrieg treiben derzeit Bell-Aktionäre um. Der Anbieter von Fleischerzeugnissen und Fertiggerichten verbuchte im ersten Halbjahr mit 2.0 Mrd. CHF zwar einen mehr oder weniger stabilen Umsatz, aber es gibt Sonderbelastungen. Die Afrikanische Schweinepest brachte steigende Preise für Schweinefleisch und somit höhere Beschaffungskosten bei Bell. Alleine das drückte den Gewinn im Halbjahr um 12 Mio. CHF nach unten.

Und dann trennt sich der Nahrungsmittel-Konzern aus Basel auch vom Wurstgeschäft in Deutschland. Das ist mit negativen Wertberichtigungen von etwa 25 Mio. CHF verbunden und weiteren zusätzlichen Einmalkosten von nochmals rund 10 Mio. CHF. Die Aktie steht unter Druck.

drücken die Bewertung auf den tiefsten Level seit Jahren

Bell notiert auf dem tiefsten Stand seit fast vier Jahren, und der Kurs liegt nicht mehr weit über dem Buchwert von rund 200 CHF je Aktie. So tief war der Fleischkonzern seit etwa zehn Jahren nicht bewertet. Die meiste Zeit nämlich waren Börsianer bereit, für das Unternehmen in etwa das Zweifache des Eigenkapitals auf den Tisch zu legen. Anleger setzen darauf, dass der Titel das Schlimmste hinter sich hat und jetzt von der psychologischen Chart-Marke bei 250 CHF rasch nach oben dreht. Im Oktober 2015 war das so, und schon vier Monate später stand ein Plus von 40% zu Buche. Bell ist günstig, hat eine starke Marktstellung und der Chart bietet Kursfantasie – klarer Kauf!

Musterdepot SPI “schweizeraktien.net”
Valoren Unternehmen Kauf Kurs aktuell Ziel Stück in CHF +/-
1478650 Valiant Holding 82,55 104,20 135,0 135 14.067,00 26,2%
1811647 u-blox 82,55 70,80 149,5 134 9.487,20 -14,2%
3038073 Bell 289,50 256,50 389,5 37 9.490,50 -11,4%
2553602 Feintool 106,10 57,60 140,0 125 7.200,00 -45,7%
367144 Rieter 161,50 139,00 250,0 62 8.618,00 -13,9%
2620586 Ypsomed 128,10 125,60 175,0 100 12.560,00 -2,0%
1226836 Mobilezone 12,50 9,72 16,5 1250 12.150,00 -22,2%
1075492 Schweiter 826,50 935,00 1350,0 10 9.350,00 13,1%
3038073 Huber + Suhner 67,65 62,70 85,0 200 12.540,00 -7,3%
2842210 Bellevue Group 24,00 21,10 29,5 650 13.715,00 -12,1%
31186490 VAT Group 130,20 126,20 168,5 120 15.144,00 -3,1%
  Cash         3.787,84  
  Performance gesamt         128.109,54 28,1%
  SPI Total Return 8975,70 12266,71     36,7%
  Start: 9.1.15, Start fiktiv mit 100’000 CHF; Stand: 6.9.19            
  Der Autor berät Anlageprodukte. die Titel sind Bestandteil des Anlage-universums          

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