Brauerei Falken: Wachstum im Handel kann rückläufige Gastronomie nicht kompensieren

Verzicht auf Dividende und rote Zahlen

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«Ein Schluck Heimat.“ Produkte der Brauerei Falken AG, Schaffhausen, am Rheinfall. Bild: Brauerei Falken AG

Die Aktien der Schaffhauser Traditionsbrauerei Falken waren bis in den Februar auf der ausserbörslichen Aktienplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistet. Seit dem 21. Februar 2020 ist der Handel eingestellt. Hintergrund für diesen in der Konsequenz für die Aktionäre leider nicht sehr aktionärsfreundlich ausgestalteten Schritt war die Einführung einer Einheitsnamenaktie im Sog der verschärften GAFI-Vorschriften (schweizeraktien.net vom 25. November 2019). Die neuen Namenaktien sind weder physisch als Aktienzertifikate noch als Bucheffekten ausgestaltet, sondern werden bei der Gesellschaft im Aktienregister geführt. Die Gesellschaft selbst will künftig zwischen Käufern und Verkäufern vermitteln, was in der Praxis verschiedene Fragen aufwirft – nicht nur regulatorischer Natur. Aus einer Aktionärsperspektive wäre es deshalb wünschenswert, wenn die Gesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt doch nochmals prüft, ob eine Ausgestaltung der Aktien als Bucheffekten eine gangbare Alternative zum Status quo im Interesse der Aktionäre sein könnte.

Geschäftsjahr 2019/2020 von Covid-19 überschattet

Mit der sich schnell in Europa ausbreitenden Covid-19-Pandemie zogen spätestens ab Ende Februar 2020 immer dunklere Wolken auch über der Schweizer Gastronomielandschaft auf, der wichtigsten Absatzbranche der Brauerei. Am 16. März 2020 – praktisch in der Mitte des Geschäftsjahrs und am Anfang der Frühlingssaison – erklärte der Bundesrat die „ausserordentliche Lage“ für die Schweiz und ordnete mit sofortiger Wirkung die Schliessung u.a. von Restaurants und Bars an.

So mag es nicht überraschen, dass Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ihr Vorwort zum Geschäftsbericht 2019/2020 damit beginnen, dass das abgelaufene Geschäftsjahr die Gesellschaft «vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt» und Covid-19 das Handeln der Verantwortlichkeiten dominiert hat. Praktisch von einem auf den anderen Tag war der wichtigste Absatzkanal weggebrochen – und es war im März bekanntlich lange nicht absehbar, wann und in welcher Form dieser Absatzkanal überhaupt wieder geöffnet wird.

Die Einschränkungen dauern, nach Lockerungen im Sommer, faktisch bis heute an, und es dürfte angesichts der äusseren Umstände auch kaum erstaunen, wenn die Einschränkungen für Restaurants und Bars ungeachtet vorliegender Schutzkonzepte noch eine ganze Weile bestehen bleiben.

Schliessung der Restaurants und Bars führen zu Ertragsrückgang

In diesem herausfordernden Marktumfeld hat sich die Brauerei Falken AG wacker geschlagen, obwohl das Unternehmen aufgrund eines kräftigen Ertragsrückgangs – massgeblich getragen vom Rückgang in der Gastronomie im «Lockdown» und der auch im Anschluss anhaltenden Verunsicherung der Gäste – in dem am 30. September 2020 beendeten Geschäftsjahr 2019/2020 in die roten Zahlen gerutscht ist und einen Verlust ausweist.

Der Nettoertrag aus Lieferungen und Leistungen ermässigte sich im Vorjahresvergleich um 13.3% oder knapp 2.7 Mio. CHF von 20.1 Mio. CHF auf 17.4 Mio. CHF.

Der übrige Betriebsertrag, der hauptsächlich Erträge aus der Vermietung von Liegenschaften enthält und gleichzeitig Hinweise auf eine hohe, historisch gewachsene Substanz der Gesellschaft liefert, reduzierte sich «nur» um 6.7% auf rund 2 Mio. CHF. Bilanziert sind die Liegenschaften der Brauerei Falken AG mit lediglich 7.2 Mio. CHF.

Finanzertrag verbessert sich im GJ 2019/20 leicht

Leicht zulegen konnte, von tiefer Basis aus, der Finanzertrag: Dieser verbesserte sich um 9.3% auf knapp 0.4 Mio. CHF, ist aber in Gesamtrelationen insgesamt von nur untergeordneter Bedeutung und nicht in der Lage, «exogene Schocks» wie die Situation im Gastronomiegewerbe in der 2. Hälfte des abgeschlossenen Geschäftsjahres 2019/2020 abzufedern. Bilanziert sind die Wertschriftenpositionen allerdings mit lediglich 1.6 Mio. CHF im Umlaufvermögen, weitere 2.9 Mio. CHF entfallen – nach «Wertberichtigungen» von 1.1 Mio. CHF in unklarer Zusammensetzung – auf Darlehen gegenüber Dritten und Wertschriften, die im Anlagevermögen als Finanzanlagen bilanziert sind.

Die Gesellschaft selbst beschreibt die Wertpapiere des Umlaufvermögens dahingehend, dass es sich um «marktgängige leicht realisierbare Geld- und Kapitalanlagen handelt», die «höchstens zu Anschaffungskosten abzüglich allfälliger Wertberichtigungen» bewertet sind». Bei den Finanzanlagen des Anlagevermögens handelt es sich hingegen aussagegemäss um «langfristig gehaltene Wertschriften ohne Börsenkurs oder beobachtbaren Marktpreis sowie Darlehen», die ebenfalls «höchstens zum Anschaffungswert abzüglich notwendiger Wertberichtigungen» bilanziert werden. Und weiter: «Auf dem Restbestand werden zudem pauschale Wertberichtigungen gebildet» – was Raum für bilanzielle Interpretationen lässt… Der angesichts der volatilen Marktlage stabile Finanzertrag von 0.4 Mio. CHF deutet in der vorliegenden Konstellation auf vorhandene «stille Reserven» in den Finanzanlagen – Umlauf- wie Anlagevermögen – hin.

Der Gesamtertrag ging um 2.6 Mio. CHF oder 11.7% auf rund 20 Mio. CHF zurück.

Abschreibungen fallen deutlich geringer aus

Auf der Aufwandseite ist es der Brauerei Falken AG trotz verschiedener Initiativen im Sog des Covid-19-Lockdown vom Frühjahr nicht gelungen, die Kosten kurzfristig im gleichen Umfang zu reduzieren, wie die Erträge eingebrochen sind. Dies gilt insbesondere auch für den Materialaufwand einschliesslich Vorleistungen Dritter, der mit 10.1 Mio. CHF nur knapp 4.8% unterhalb des Vorjahres lag. Am Ende waren die gesamten Aufwandspositionen um rund 1.8 Mio. CHF oder 8% im Vorjahresvergleich auf 20.5 Mio. CHF rückläufig.

Dabei fällt einmal mehr die Rolle der Abschreibungen als Instrument der «Gewinnsteuerung» bzw. «Gewinnglättung» auf: Nach 1.1 Mio. CHF im Vorjahr wurden diesmal «nur» 0.5 Mio. CHF auf Sachanlagen abgeschrieben. Weitere knapp 0.4 Mio. CHF entfielen diesmal, nach 0.2 Mio. CHF im Vorjahr, auf die Position «Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen», die – siehe oben – die langfristig gehaltenen Wertschriften ohne Börsenkurs oder Marktpreis sowie Darlehen umfasst und auch «pauschale Wertberichtigungen» beinhaltet.

Aktionäre müssen auf Dividende verzichten

Das Jahresergebnis der Brauerei Falken AG im Geschäftsjahr 2019/2020 wird mit minus 555’042 CHF nach plus 325’248 CHF im Vorjahr ausgewiesen. Unter Einrechnung eines Bilanzgewinnvortrags von plus 419’399 CHF aus dem Vorjahr liegt der zum Vortrag auf neue Rechnung vorgeschlagene Bilanzverlust des Geschäftsjahres 2019/2020 bei -135’643 CHF.

Gestrichen wird vor dem Hintergrund des Bilanzverlusts die mit 50 CHF pro Aktie schon zuvor recht sparsame Dividende.

Vor dem Hintergrund der historisch schwierigen Marktsituation erscheint das ausgewiesene Ergebnis – obwohl im roten Bereich – unter dem Strich valabel. Die Tatsache, dass der direkte Steueraufwand mit über 0.2 Mio. CHF ausgewiesen wird, deutet zudem auch an, dass das tatsächliche wirtschaftliche Ergebnis vor allen Abschreibungen, Rückstellungen oder Wertberichtigungen möglicherweise auch hätte besser ausfallen können, wenn die einer konservativen Bilanzierungspraxis nicht gänzlich abgeneigte Verwaltung dies gewollt hätte.

Das ausgewiesene Eigenkapital der Brauerei Falken AG beträgt knapp 5.2 Mio. CHF oder 1’720 CHF je Aktie bei insgesamt 3’000 ausstehenden Namenaktien nach Einführung der Einheitsaktie. Angesichts der historischen, stets (sehr) grosszügigen Abschreibungspraxis und «stillen Reserven» in mit den vorliegenden Informationen kaum seriös bestimmbarer Höhe erscheint diese Kennzahl jedoch praktisch ohne Bedeutung. Tatsächlich dürfte der ökonomische Wert der Brauerei Falken AG aufgrund der gewachsenen Substanz bedeutend höher liegen als das anteilige Eigenkapital.

Expansionsstrategie wird vom Markt angenommen

Erwähnenswert aus operativer Sicht ist noch, dass es der Brauerei Falken AG im abgelaufenen Geschäftsjahr – trotz Schwäche in der Gastronomie – gelungen ist, die Marktanteile im Handel und in der Gastronomie über den Kanton Schaffhausen hinaus deutlich auszuweiten und «ausserkantonal» zu wachsen. Im Geschäftsbericht 2019/2020 verweist die Brauerei Falken AG explizit darauf, dass es gelungen sei, «mit gutem Erfolg den Wachstumsmarkt Zürich – vorzugsweise ausgerichtet auf bekannte Gastronomiebetriebe» zu bearbeiten. Die Gesellschaft sieht ihre Expansionsstrategie auch in anderen Landesteilen auf gutem Kurs. Das Handelssegment zeigte sich zuletzt wachstumsstark, konnte jedoch das schwache Gastronomiesegment (noch) nicht kompensieren.

Präsenz-Generalversammlung 2020 fällt aus

Die Generalversammlung der Brauerei Falken AG ist in Schaffhausen in normalen Jahren stets ein gesellschaftlicher Höhepunkt im Veranstaltungskalender. Vielleicht sogar das gesellschaftliche Ereignis im Kanton schlechthin: «Ganz Schaffhausen» trifft sich, wenn die Brauerei Falken AG stets im Dezember zur GV ruft – bis Covid-19 kam und solche Veranstaltungen faktisch verunmöglichte…

Die kommende GV vom 11. Dezember 2020 findet aufgrund der aus der diesjährigen GV-Saison hinlänglich bekannten Covid-19-Verordnung ohne Publikum auf dem schriftlichen Wege statt. Für viele Aktionäre der Brauerei Falken AG dürfte der Ausfall der geselligen GV vermutlich deutlich schwerer wiegen als der Dividendenausfall.

Aus einer Aktionärsperspektive bleibt zu hoffen, dass Veranstaltungen wie jene der Brauerei Falken-GV in Bewahrung «alter Traditionen» auch künftig wieder auf dem Präsenzwege durchgeführt werden, sobald dies aus «epidemiologischer Sicht» möglich ist.

Wie wäre es mit «Aktionärsgutscheinen» als «Corona-Hilfsprogramm» für Gastro-Kunden?

Besondere Zeiten erfordern besondere Massnahmen. Wie skizziert, wird die schon bisher in Relation zum Aktienkurs nicht gerade üppige Dividende von 50 CHF nach dem Bilanzverlust des Geschäftsjahres 2019/2020 komplett gestrichen. Statt Ochsenmaulsalat, Bier und Schützenliesel an der GV und einer Dividende auf dem Konto werden die Aktionäre der Brauerei Falken AG in diesem Jahr wegen Covid-19 auf eine totale «Nulldiät» gesetzt.

Dies mag gut sein für die Figur, und auch rein wirtschaftlich dürften viele Brauerei Falken-Aktionäre angesichts letzter OTC-Kurse knapp unter 15’000 CHF vor Handelseinstellung einen Dividendenausfall gerade so verschmerzen können. Schwerer wiegt hingegen vielerorts die emotionale Komponente, in diesem Jahr auf einen geselligen und «exklusiven» Falken-Anlass verzichten zu müssen.

Gleichzeitig ist die Situation in der Gastronomiebranche, Schlüsselkunden der Brauerei Falken AG, äusserst angespannt.

Wäre es in dieser Situation nicht eine unkonventionelle Idee, den eingetragenen Aktionären der Brauerei Falken AG – statt GV-Event und auch als Marketing-Idee – einen vorweihnachtlichen Konsumationsgutschein für ein Gastronomiepartner-Objekt nach Wahl der Brauerei Falken AG zukommen zu lassen, wie dies verschiedene andere Unternehmen unterschiedlichster Branchen – börsenkotiert und ausserbörslich – in dieser Covid-19-GV-Saison an einigen Stellen zur Unterstützung der lokalen Gastronomiekultur gemacht haben? Beispiele sind u.a. die Luzerner Kantonalbank AG oder die Zug Estates AG. Immerhin sparen die Unternehmen durch den Verzicht auf eine Präsenz-Generalversammlung auch einiges ein.

Der Nutzen wäre bei den von der Covid-19-Krise besonders hart getroffenen Gastronomen sehr viel grösser als bei den Aktionären selbst, da es dort angesichts des GV- und Dividendenausfalls eher um die Geste und eine Form der Symbolik geht. Die meisten Aktionäre, die einen solchen «Konsumationsgutschein» als «Bhaltis» erhalten, werden einen deutlich höheren Betrag bzw. meist ein Vielfaches des nominalen Gutscheinwertes in der Gastronomie ihrer Wahl «investieren» und auf diese Weise die lokale Gastronomie vor Ort unterstützen. So könnte auch seitens der Brauerei Falken AG ein weiterer Beitrag geleistet werden, die lokale Gastronomie zu stabilisieren – und die Aktionäre als die treuesten «Markenbotschafter» würden sich ebenfalls freuen.

Die Brauerei Falken AG sollte, wenn schon die traditionelle Generalversammlung in diesem Jahr aufgrund der besonderen Umstände nur schriftlich durchgeführt werden kann und die Aktionäre auf eine Bardividende verzichten müssen, zumindest über solche unkonventionellen «Hilfsprogramme» zugunsten ihrer Gastronomiepartner nachdenken, sofern nicht bereits erfolgt.

Transparenzhinweis: Der Verfasser ist Aktionär der Brauerei Falken AG.

1 Kommentar

  1. Am 11. Dezember 2020 hätte «eigentlich» die diesjährige GV der Brauerei Falken AG im gewohnten Rahmen stattfinden sollen: mit Ochsenmaulsalat, Falken-Bier und der traditionellen «Schützenliesel». Es hat in diesem Jahr aus den bekannten Gründen nicht sollen sein.

    Und dennoch: der Brauerei Falken AG ist es auf äusserst innovative und zugleich sympathische Art und Weise gelungen, ihren Aktionären mit einem Augenzwinkern «die GV nach Hause» zu bringen und so eine unkonventionelle Überraschung in der Vorweihnachtszeit zu präsentieren.

    Was ist passiert?

    Pünktlich zum Tag der GV erhielten die Aktionäre ein «GV-Set» der Brauerei Falken AG, versehen mit einem Begleitschreiben des Verwaltungsratspräsidenten.

    Beim Öffnen des Postpakets ertönt laut und unüberhörbar die «Schützenliesel». Für die Textsicherheit beim Empfänger sorgt der beigefügte Liedtext. Und damit in diesen ansonsten eher tristen Zeiten wenigstens eine Spur von GV-Atmosphäre aufkommt, enthält das «GV-Set» auch – unter Einhaltung aller Covid-19-Schutzkonzepte – ein Falken-Festbier, einen lokalen Ochsenmaulsalat sowie eine Guetzli-Mischung aus dem Randenstübli Schaffhausen (www.randenstuebli.ch).

    Mit dem in jeder Hinsicht unkonventionellen «GV-Set» zur ausgefallenen Falken-GV 2020 ist der Schaffhauser Traditionsbrauerei eine schöne Überraschung gelungen.

    Das «GV-Set» kann zwar eine (ausgefallene) Präsenz-GV im Park Casino Schaffhausen nicht ersetzen, wohl aber in bewegten Zeiten wie diesen zumindest teilweise kompensieren und beim Empfänger – Stichwort «Mental Health» – ein Lächeln ins Gesicht zaubern…

    Zu hoffen ist, dass die GV 2021 wieder im gewohnten Rahmen stattfinden kann.

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