Am 7. November ging das Leben von Peter J. Lehner unerwartet zu Ende. Er war nicht nur der Erfinder des Small- und Mid-Cap Investments in der Schweiz, der für seine Investoren langfristig eine zweistellige Jahresperformance erarbeitete, sondern auch ein unermüdlicher Kämpfer für Aktionärsrechte. Lange bevor mit dem «SaraSelect» Fonds 1996 der erste dezidierte Schweizer Small- und Mid-Cap Fonds aufgelegt wurde, hatte er bereits herausragende Erfolge im Aktien-Investment erzielt und die Anlagepolitik der Schweizer Pensionskassen revolutioniert.
Nach dem Studium der Ökonomie an der Hochschule St. Gallen und Positionen in Industrieunternehmen verschiedener Branchen, darunter auch zwei Jahre in den USA, wechselte Lehner aus der Privatwirtschaft in die öffentliche Verwaltung. Begonnen hat er als Finanzinspektor, doch ab 1985 war er dann als Direktor der Finanzverwaltung Zürich verantwortlich für das Finanz- und Rechnungswesen der Stadt und später auch für die Anlagen in der Pensionskasse. Noch 1985 war es Usus, dass die Pensionskassengelder gegen einen kleinen Zins an die Stadt Zürich verliehen wurden. Die Aktienquote lag bei null. Bis Ende des Jahrzehnts sollte sie 27% ausmachen, denn Lehner wollte die zukünftigen Pensionäre am Produktivkapital der Schweiz beteiligen. Mit den so erzielten Renditen schrieb er Geschichte. Und trotz anfänglicher Widerstände und sogar Häme nach dem Crash von 1987 folgten alle Pensionskassen dem Vordenker Lehner und steigerten die Aktienquoten. Diesen Strukturwandel zum Nutzen aller Versicherten herbeigeführt zu haben, ist zweifellos eine Leistung für das gesamte Land.
Prinzipientreue, Durchsetzungskraft und Erfolg führen natürlich auch dazu, dass Neider auf den Plan treten. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Erfolge trennten sich die Wege deshalb 1990. Der Grund dafür war Lehners Engagement als aktiver Aktionär, eine Rolle, die bisher kein Pensionskassenverwalter in dieser Form wahrgenommen hatte. Für Lehner war es hingegen selbstverständlich, dass er als Vertreter der Versicherten deren Interesse bei den Portfoliogesellschaften anmeldete. Damit brach er in den 80er-Jahren ein Tabu in der Unternehmensschweiz.
«Der Kämpfer steigt noch einmal in den Ring», stand im Januar 1996 in der Sonntagszeitung. Lehner lancierte zusammen mit der Bank Sarasin den «SaraSelect» Fonds für kleine und mittlere Unternehmen. Heute gibt es mehr als zwei Dutzend Small- und Mid-Cap Fonds in der Schweiz, doch der SaraSelect war der erste seiner Art. Die langfristige Performance ist ausser Konkurrenz. Auch nach dem Verkauf seiner VV Vermögensverwaltung, welche den «SaraSelect» Fonds bis heute managt, war er bis kurz vor seinem Tod stets morgens im Büro seiner Vermögensverwaltungsgesellschaft Peter J. Lehner & Partner AG und verfolgte bis zum Handelsschluss die Börsenkurse der Titel, in die er investiert war.
Obwohl sich der Eindruck aufdrängt, dass sich Peter Lehner bis ins hohe Alter ganz und gar der Börse verschrieben hat, täuscht dies über seine weiteren Leidenschaften hinweg. In jungen Jahren liebäugelte er mit einem Architektur-Studium. Obwohl er sich dann für die Wirtschaftswissenschaften entschied, entwickelten sich doch das Interesse an Lebensräumen für Menschen und ein gutes Gespür für Konstruktion, Proportion und Form weiter. Und er war auch ein Genussmensch. Gutes Essen war eine Frage der täglichen Kultur. Er kochte manchmal für Mitarbeiter, und wichtige Kundentermine wurden nie auf Montag gelegt, da die ansprechenden Restaurants da geschlossen waren.
Seine grosse Passion war seit den 1990er-Jahren die Kunst. „Die Beschäftigung mit Kunst und Künstlern ist befriedigend und bereichert das Dasein.“ So brachte es Lehner wenige Wochen vor seinem Ableben auf den Punkt. Er ging unkonventionell und nach seinem Gusto daran, eine Sammlung zusammenzustellen. An Auktionen ging er nicht. Viel lieber entdeckte er bei seinen Fahrten mit dem Auto durch die Schweiz hin und wieder einen neuen Künstler, dessen Werk er kaufte, weil es ihm einfach gefiel.
Mit dem Tod von Peter J. Lehner hat die Schweiz nicht nur einen streitbaren Investor, sondern auch einen feinen Menschen verloren. Einen Menschen, der nach aussen zackig wie eine Briefmarke sein konnte, nach innen aber feinsinnig und voller Lebensfreude.
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