Norbert Patt, Titlis Bergbahnen: «Wir möchten die Herzen unserer Gäste berühren»

Planungsarbeiten des Projekts TITLIS 3020 bleiben grösstenteils sistiert

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Zum zweiten Mal in Folge mussten die Titlis Bergbahnen im Geschäftsjahr 2020/2021 einen Besucherrückgang verzeichnen und einen Verlust schreiben, wie das Unternehmen letzte Woche mitteilte.

Die Anzahl der Gäste auf dem Titlis ging demnach gegenüber dem Vorjahr um 15% auf 505‘000 Besucher zurück. Der Verkehrsertrag reduzierte sich durch die behördliche Schliessung der Anlagen in der Weihnachtszeit und die pandemiebedingt fehlenden internationalen Gäste um 26,4% auf 17.3 Mio. CHF.

Dass das Engelberger Unternehmen den Verlust trotzdem markant von 19.6 Mio. CHF auf 5 Mio. CHF senken konnte, ist neben einem um über 10% verringerten Betriebsaufwand und der Kurzarbeitsentschädigung massgeblich auf die staatliche à fonds perdu Corona-Härtefallentschädigung von 10 Mio. CHF zurückzuführen.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net äussert sich CEO Norbert Patt zum schwierigen letzten Geschäftsjahr, wie er den Schweizer Gästen den Titlis noch schmackhafter machen will und wie es um die Planung des Projekts „Titlis 3020“ steht.

Norbert Patt, CEO der Titlis Bergbahnen. Foto: zVg.

Herr Patt, gegenüber Vor-Corona-Zeiten, also Ihrem Rekord-Geschäftsjahr 2018/2019, hat sich die Besucherzahl der Titlis Bergbahnen im vergangenen Jahr mehr als halbiert. Jetzt steht das dritte Corona-Jahr an. Lassen Sie uns an Ihrer Gefühlswelt teilhaben?

Die Krise dauert schon sehr lange! Und auch ich habe mir die Dimension oder auch die Dauer nicht vorstellen können. Mit Verlauf der Pandemie-Entwicklung war klar, dass das Berichtsjahr 2020/21 das Jahr mit den grössten Rückgängen sein würde, d.h. aus heutiger Sicht stellen wir fest, dass wir die Talsohle durchschritten haben. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich eine geteilte Gefühlswelt: Obwohl der interkontinentale Tourismus noch nicht zurückgekehrt ist, gibt es vereinzelt Gäste aus dem asiatischen Raum, und das freut uns sehr. Zudem ist das Bedürfnis der Schneesportgäste für die Berge viel grösser als vor einem Jahr.

Durch eine Corona-Härtefallentschädigung von 10 Mio. CHF konnten Sie den Verlust mit 5 Mio. CHF im vergangenen Jahr in Grenzen halten. Wie sieht das in diesem Geschäftsjahr aus, da ja die Pandemie weiterhin wütet? Werden Sie erneut staatliche Unterstützung beantragen?

Die Rahmenbedingungen sind anders als vor einem Jahr. Wir können sämtliche Outlets, auch Gastronomie und Hotels, betreiben und dem Gast ein qualitativ fantastisches Erlebnis bieten – das war vor einem Jahr anders. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass sich die Angebotsseite stabilisiert und sich dies auch in der Nachfrage widerspiegeln wird. Insofern gehen wir zum heutigen Zeitpunkt davon aus, dass keine staatliche Unterstützung mehr notwendig sein wird.

Ausländische Reisegruppen, die für Sie einen hohen Umsatz-Stellenwert haben, werden beim Titlis-Besuch wohl auch 2022 noch die Ausnahme bleiben. Welche Signale erhalten Sie von den Märkten in Fernost, im arabischen Raum und aus den USA?

Interkontinentale Reisen und damit die Rückkehr zu einem vollständig globalisierten Tourismus werden uns noch lange beschäftigen. Während die Nachfrage aus Indien und den Golfstaaten im 2022 rasch wieder ansteigen wird, wird die Nachfrage aus USA leicht verzögert einsetzen.

Die Rückkehr der chinesischen Gäste wird voraussichtlich noch länger auf sich warten lassen und hängt nicht zuletzt von der politischen Entwicklung in der Volksrepublik ab.

Sie müssen also auch 2022 zum Hauptteil mit Schweizer Gästen Ihren Umsatz erzielen. Wie machen Sie der einheimischen Bevölkerung den Titlis schmackhaft?

Im Sommer setzen wir bei den Schweizer Gästen voll auf Kinder und Familien. In der internationalen Gebietsbewertung «Best Summer Resort» liegen wir gesamthaft unter den Top 10, im Bereich „Kinder-/Familienangebot am Berg“ sogar unter den Top 3!

Vor allem der Bereich Trübsee entwickelte sich bei den Schweizern sehr erfreulich. Der attraktive Kinderspielplatz mit dem Motto «Schmuggler&Säumer» wurde weiter ausgebaut und ist ein echtes Highlight und wirkungsvoller Magnet für unsere jüngsten Besucher. Mit unserem Maskottchen Schmuggli konnten wir die Herzen der Kinder berühren, so auch jene der krebskranken Kinder, welchen wir einen unvergesslichen Bergausflug auf dem Trübsee ermöglichten.

Im Bereich Schneesport, ein traditionell schweizlastiges Segment, haben wir in den letzten Jahren enorm in die Bereiche Schneesicherheit und Qualität am Berg investiert. Die in den vergangenen Jahren erfolgte Entwicklung wird sich durch die Attraktivitätssteigerung der Angebote am Berg weiter verstärken.

Streben Sie in Nach-Corona-Zeiten wieder die alte Umsatz-Verteilung zwischen internationalen Reisegruppen und einheimischen Touristen an?

Vor Corona betrug der Umsatzanteil von interkontinental reisenden Gästen rund 65%. Gerade die Krise hat gezeigt, dass der Titlis ein Ausflugsberg ist und der Titlis auch internationale Gäste braucht, damit er funktioniert. Schlussfolgernd daraus ist für uns gegeben, dass auch zukünftig ein Anteil von über 50% der Gäste internationale Gäste sein müssen.

Inwieweit werden Sie Ihre Strategie ändern, um in Zukunft krisenfester zu sein?

Vor der Krise hatten wir die Strategie, dass die drei Segmente Schneesport, Individualreisende und Gruppenreisende ausgeglichen sein sollen. Zudem wollten wir die Quellmärkt möglichst breit diversifizieren, um auch in dieser Dimension das Risiko zu minimieren. Dass der gesamte internationale Reiseverkehr, die Grundlage des Tourismus, zusammenbrechen würde, haben wir in dieser Dimension nicht gesehen.

Reiseströme können ab- und angestellt werden, deshalb ist es unsere Strategie, den Fokus vermehrt auf die internationalen Nahmärkte zu legen.

Das Projekt „Titlis 3020“ wurde in Ihrer Pressemitteilung zum vergangenen Geschäftsjahr mit keinem Wort erwähnt. Es fällt auf, dass die Abschreibungen im vergangen Geschäftsjahr um 10.5 Mio. CHF unter denen des Vorjahrs lagen. Heisst das, Sie haben die Investitionen in dieses Projekt weiterhin sistiert?

Wir gehen davon aus, dass die Bewilligungen für die Teilprojekte im ersten Quartal 2022 eintreffen werden. Mit den einspracheberechtigten Organisationen konnten die Einsprachen auf allen Ebenen gütlich geregelt werden.

Die Planungsarbeiten des Projekts Titlis 3020 sind weit fortgeschritten und wurden in Absprache mit allen Involvierten im letzten Jahr grösstenteils sistiert. Wir planen jedoch, erste Arbeiten, insbesondere Erschliessungen und Sicherungen, im Jahre 2022 zu starten.

Letztes Jahr sagten Sie an dieser Stelle, dass Sie mit einer Eröffnung des Leuchtturm-Projekts in 2023 bis 2024 rechnen. Wie sehen Sie das heute?

Selbstverständlich hängt der effektive Start des Projektes Titlis 3020 vom weiteren Verlauf der Pandemie ab, dennoch gehen wir davon aus, dass gewisse Teilarbeiten freigegeben werden können, sodass von einer Eröffnung des Turms Ende 2024 ausgegangen werden kann.

Die Fertigstellung von „Titlis 3020“ wäre sicher dazu angetan, neue Besuchergruppen auf den Titlis zu locken. Mit welchen Umsatz-Zuwächsen rechnen Sie durch „Titlis 3020“? Immer angenommen, wir bewegen uns wieder auf „normale“ Touristenströme zu.

In unseren Überlegungen gehen wir nicht primär von zusätzlichen Besucherströmen aus, sondern wir wollen einen wertschöpfungsstärkeren und qualitativeren Tourismus. Mit dem Projekt Titlis 3020 sind wir definitiv in der Champions League, und es ist für uns klar, dass wir uns dort positionieren werden. Gerade auch das neu eröffnete Kempinski Palace Engelberg hilft, den Titlis und Engelberg in diesem Segment zu positionieren.

Ihr Motto für das Jahr 2022?

Gestärkt aus der Krise zu kommen, ist unsere Pflichtaufgabe. Zudem arbeiten wir an den Kürelementen, um heute und morgen die Herzen unserer Gäste zu berühren!

Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Patt.

Die Aktien der an der SIX gehandelten Titlis Bergbahnen notieren derzeit bei 46.10 CHF.

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