Der Albin Kistler Aktien Small & Mid Cap Schweiz verfolgt das Ziel, den SPI Extra Index (SPIEX) über einen ganzen Börsenzyklus hinweg zu übertreffen. Der Fonds wurde 2016 aufgelegt, investiert aktiv und mit langem Anlagehorizont. Im Unterschied zu vielen Anlagefonds werden die Investitionsentscheide im Team gefällt. Das 6-köpfige SMC-Anlagegremium wird dabei von insgesamt 20 Analysten unterstützt. Das Fondsvolumen liegt derzeit bei etwa 47 Mio. CHF.
Herr Buner, Herr Frauenfelder, es gibt unter den Fondsmanagern einige «Schönwetter»-Exponenten, die gerne mit Journalisten reden, wenn es, wie in den vergangenen Jahren geschehen, gut läuft mit ihren Fonds. Sobald es schwierig wird, möchten sie dann aber nichts mehr sagen. Ganz anders Sie, auch wenn Ihr Fonds Albin Kistler Aktien Small & Mid Cap Schweiz mit 20% seit Anfang Jahr stärker als der Markt korrigiert hat. Wie kommt es?
Raffael Frauenfelder: Transparenz, Treue und Fairness gehören seit der Gründung von Albin Kistler zu unserer Firmenkultur. Und gerade in anspruchsvollen Marktphasen wird die offene und klare Kommunikation unserer Anlagephilosophie und -tätigkeit von unserer Kundschaft besonders geschätzt.
Wir liegen im laufenden Jahr hinter unserem Vergleichsindex, das ist wahr. Betrachtet man die Entwicklung des Fonds aber über eine längere Frist wie drei oder sogar fünf Jahre, so liegen wir vorne. Unser Anspruch, da sind wir auch realistisch, ist nicht, den SPI Extra in jeder Marktphase, sondern langfristig und über den Zyklus zu übertreffen.
Können Sie der Strategie etwas abgewinnen, die Value gegenüber Growth höher gewichtet? Oder sind die Verluste an den Aktienmärkten und insbesondere der Wachstumstitel nur eine periodische Erscheinung?
Bei Albin Kistler definieren wir nicht, wie viel des Fonds in Value- und wie viel in Growthtitel investiert werden soll, um im Anschluss die entsprechenden Firmen zu suchen. Das Portfolio des Albin Kistler Aktien Small & Mid Cap Schweiz ist das Resultat unserer Bottom-up-Analyse, welche in beiden Segmenten qualitativ erstklassige Firmen identifiziert. Wir sind überzeugt, dass dieses Vorgehen langfristig besser abschneidet, als kurzfristig das Portfolio von einem Extrem ins andere zu verschieben.
Die aktuelle Schwäche der Wachstumstitel ist in erster Linie der gegenwärtigen Zinsentwicklung und den rekordhohen Bewertungen von Ende 2021 geschuldet. Bleibt das Umfeld unverändert, kann diese Schwäche auch noch weiter anhalten.
Sie haben Ihr Portfolio gegenüber von vor einem Jahr, als wir das letzte Mal gesprochen haben, nicht wesentlich verändert. Der einzige Titel, der aus Ihren Top Ten rausgefallen ist, ist Logitech. Aber das hat damit zu tun, dass Logitech in den SMI aufgenommen wurde. Lässt das auf die Strategie schliessen, Augen zu und durch?
Andreas Buner: Unsere Augen sind offen, und wir beobachten die Situation genau. Aber mit ein Grund dafür, dass sich die Top Ten nur wenig verändert haben, ist der relative Ansatz. Wir steuern nicht die absolute Positionsgrösse, sondern viel mehr das relative Über- oder Untergewicht. Wenn beispielsweise Sonova im SPI Extra bereits mit 5.8% gewichtet ist und wir der Firma gegenüber positiv eingestellt sind, wird sie automatisch zu einer der grössten Positionen im Fonds.
Der tendenziell niedrige Portfolio-Umsatz ist mit unserem langfristigen Ansatz zu begründen. Nichtsdestotrotz haben wir im laufenden Jahr die Kursschwächen bei Bachem und Tecan genutzt, um neue Positionen aufzubauen. Auch haben wir den Indexneuzugang Roche Inhaber aufgebaut. Auf der Gegenseite haben wir uns von Bell getrennt und das Übergewicht in diversen Titeln etwas reduziert.
Mit Ihren zwei grössten Positionen Sonova -11% ytd und Lindt & Sprüngli -18% ytd schaffen Sie Ihr selbst vorgegebenes Ziel, den SPI EXTRA als Benchmark outzuperformen. Werden diese beiden Titel weiterhin die Pfeiler Ihres Portfolios bilden?
Raffael Frauenfelder: Unsere Überzeugung in diese Firmen ist ungebrochen. Wir schätzen sie aufgrund ihrer hervorragenden Marktpositionen, dem vorausschauenden Management, den soliden Bilanzen und defensiven Eigenschaften der Geschäftsmodelle. Beide profitieren zudem von langfristigen Wachstumstreibern wie der Überalterung der Gesellschaft und der wachsenden Mittelschicht in vielen Teilen der Welt. Wie dies jedoch zuvor im Falle von Logitech korrekt bemerkt wurde, könnte eine Aufnahme von Sonova in den SMI zu einem Verkauf der Bestände führen.
Welche anderen Titel in Ihrem Portfolio machen Ihnen aufgrund ihrer Performance oder auch ihrer Resilienz zurzeit Freude?
Andreas Buner: Im derzeitigen Umfeld haben sich Versicherungsaktien, die mittelfristig von steigenden Zinsen profitieren werden, vergleichsweise erfreulich entwickelt. So auch unsere Position in Baloise. Ebenfalls resilient gezeigt haben sich die Jungfraubahn sowie einige Immobilienaktien, wie z.B. PSP.
Wie gesagt, man sieht wenig Änderungen in Ihrem Portfolio. Dass Sie über 2022 gesehen schlechter performen als die Benchmark hat u.a. mit den nächstfolgenden Schwergewichten in Ihrem Portfolio zu tun. Straumann -47% und Schindler -26%. Juckt es Sie angesichts dieser Verluste nicht manchmal in den Fingern, diese Titel zu reduzieren?
Bei Straumann haben wir im vergangenen Jahr das zeitweise sehr hohe Bewertungsniveau für Gewinnmitnahmen genutzt. Auf dem jetzigen Niveau sind wir allerdings wieder klar auf der Käuferseite. Straumann ist unbestritten ein erstklassiges Unternehmen mit hervorragenden Wachstumsaussichten, einer hohen Kapitalrendite und solider Finanzierung. In einem solchen Unternehmen sind wir gerne langfristig engagiert.
Schindler hat derzeit an mehreren Fronten zu kämpfen. Lieferkettenprobleme, Kosteninflation sowie die Lockdowns und der Marktrückgang in China belasten das Unternehmen operativ. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass Schindler diese Herausforderungen meistern wird. Längerfristig ist der Urbanisierungstrend ungebrochen, wovon Schindler dank seiner starken Marktposition zweifelsohne profitieren wird.
Welche Titel haben Sie in diesem Jahr reduziert?
Raffael Frauenfelder: Im April haben wir aufgrund der relativen Outperformance unser Immobilienexposure, namentlich Allreal und PSP, reduziert. Ebenfalls haben wir bei Temenos im Mai die Kursgewinne in Folge der Übernahmegerüchte für eine Reduktion genutzt.
Inflationsängste, Ukrainekrieg, eine immer noch nicht überstandene Pandemie: Ein ziemlich ungeniessbarer Cocktail, würde ich sagen. Mit welchem Argument wollen Sie Anleger trotzdem überzeugen, in Ihren Fonds zu investieren?
Andreas Buner: Viele Anleger sind im SMC-Segment untergewichtet, da sowohl im SMI als auch im SPI eine hohe Konzentration in wenigen grossen Titeln vorherrscht. Aus diesem Grund macht es aus unserer Sicht Sinn, dieses Marktsegment in einem Portfolio beizumischen. Zumal es viele gut geführte Unternehmen, die in attraktiven Nischen tätig sind, enthält.
Wir sind überzeugt, dass qualitativ erstklassige Unternehmen langfristig die ansprechendste Performance erzielen. Die Selektion dieser ist unsere Stärke. Hat der Anleger einen genügend langen Anlagehorizont, muss er sich um kurzfristige Schwankungen keine Sorgen machen. Betrachten wir die längere Vergangenheit, waren Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, keine schlechten Gelegenheiten, um gestaffelt in dieses hochinteressante Marktsegment einzusteigen.
Geben Sie uns noch eine Prognose ab, wie Ihr Fonds in 2022 performen wird!
Raffael Frauenfelder: Wir haben leider keine Kristallkugel. Eine Prognose in einem derart volatilen und durch externe Einflüsse geprägten Umfeld abzugeben, wäre unseriös.
Herr Buner, Herr Frauenfelder, herzlichen Dank für dieses Gespräch.