Daniel Lenz, Schroder Swiss Small & Mid Cap Fund: «Man muss auf alles gefasst sein»

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Das Anlageziel des Schroder (CH) Swiss Small & Mid Cap Fund besteht hauptsächlich darin, einen langfristigen Kapitalzuwachs des investierten Vermögens zu erreichen. Der Anlagefonds mit einem Volumen von etwas über 200 Mio. CHF orientiert sich an der Performance des Schroder (CH) Swiss Small & Mid Cap Fund und strebt an, den SPIEX als Benchmark zu übertreffen. Es wird eine angemessene Diversifikation angestrebt, indem in verschiedene Unternehmen und in verschiedene Sektoren investiert wird.

Daniel Lenz verantwortet zusammen mit Philipp Bruderer seit 2017 den Schroder Swiss Small & Mid Cap Fund. Bild: schweizeraktien.net

Im Interview mit schweizeraktien.net äussert sich Portfoliomanager Daniel Lenz über den Wert defensiver Investments in turbulenten Zeiten, zur Untergewichtung seines Fonds in Healthcare-Aktien und was Swissquote von anderen Finanztiteln unterscheidet.

Herr Lenz, im Kalenderjahr 2022 hatten Sie eine Performance von -25%, wenn man den Fonds allerdings von Januar 2022 bis Januar 2023 anschaut, liegt die Performance nur noch bei -12,5%. Das sieht natürlich wesentlich besser aus. Kommen wir zunächst aufs Positive. Welche Titel haben Sie im vergangenen Jahr überzeugt?

Das Jahr 2022 war in der Tat turbulent. Der Ukraine-Krieg, eine drohende Energiekrise, eine stark steigende Inflation und nach wie vor schlecht funktionierende globale Lieferketten – um nur die wichtigsten Faktoren zu nennen – haben an den Aktienmärkten zu deutlichen Kursverlusten geführt. Wie es in einer solchen Marktphase typisch ist, haben vor allem defensive Werte unseres Fonds positiv abgeschnitten. Dazu zählen beispielsweise die Finanztitel Baloise, Helvetia  und die St. Galler Kantonalbank, aber auch der in der Schweiz führende Apothekenverbund und Medikamenten-Logistiker Galenica oder das Energieproduktions- und Versorgungsinfrastruktur-Unternehmen BKW.

Jährliche Wertentwicklung des Schroder Swiss Small & Mid Cap Fund. Quelle: schroders.com

Welche Aktien haben Ihren Fonds runtergezogen?

Technologie- und Industriefirmen hatten letztes Jahr einen schwierigen Stand. Sie haben unter steigenden Rohstoffpreisen und immer noch nicht gut funktionierenden Lieferketten gelitten. Die zwei Bereiche machen gut 40% des Fonds aus, darunter Firmen wie Schindler, Zehnder, Bystronic, Daetwlyer, Forbo, Belimo, SFS, Interroll, Also oder Comet, die alle überdurchschnittlich verloren haben. Betrachtet man die erwähnten Unternehmen genauer, stellt man fest, dass es sich bei diesen Unternehmen um langfristig sehr gut positionierte Marktführer in ihren Nischenmärkten handelt. Zudem verfügen sie alle über eine gesunde Bilanz mit wenig oder keinen Schulden. Es erstaunt daher nicht, dass sich diese Firmen im vierten Quartal 2022 und in den ersten Wochen des neuen Jahres bereits wieder gut erholt haben.

Sie sind im Bereich Healthcare gegenüber der Benchmark stark untergewichtet. Warum?

Wir investieren in die aus unserer Sicht attraktivsten Firmen, beurteilen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsaspekte und schenken der Bewertung einzelner Firmen eine grosse Beachtung. Wir finden im Gesundheitssektor viele Firmen mit guter Qualität, andererseits sind diese auch meist teuer bewertet. Wir haben knapp 10% des Fonds in Gesundheitsaktien investiert; die grösste Position ist Tecan, gefolgt von Straumann. Zusätzlich halten wir kleine Positionen in Idorsia, Medacta und Polypeptide.

Sie haben sich 2021 beim IPO mit Polypeptide eingedeckt. Halten Sie diese Position nach wie vor? Was ist schiefgelaufen, dass sich der Kurs um ca. 80% reduziert hat?

Eingedeckt ist die falsche Bezeichnung. Wir haben am IPO eine kleine Position von deutlich unter 0,5% des Gesamtfonds gekauft. Klein deshalb, weil schon damals klar war, dass die firmenspezifischen Risiken trotz langfristig sehr positiven Aussichten für den Peptidmarkt nicht unterschätzt werden dürfen. Dies hat sich leider bewahrheitet. Die langfristigen Aussichten sind intakt, die Firma musste aber in den ersten knapp zwei Jahren an der Börse deutlich Federn lassen. Die Gewinne haben sich nicht wie erwartet entwickelt, insbesondere aufgrund von Produktionsproblemen und der Tatsache, dass die gestiegenen Kosten für Rohmaterialien erst verzögert an den Kunden weitergegeben werden konnten. Wir sind heute immer noch mit einem sehr überschaubaren Gewicht investiert und werden die Position erst aufstocken, wenn die Firma zeigt, dass die Probleme effektiv gelöst sind

Das deutlichste Übergewicht haben Sie im Sektor Technologie. Setzen Sie in dieser Phase verstärkt auf Wachstumsaktien?

Der Technologiesektor ist im Benchmark mit lediglich 4% sehr tief gewichtet. Es ist aber auch eine Frage der Definition. Nehmen Sie beispielsweise die Halbleiterzulieferer: Comet ist im Technologiesektor klassifiziert, VAT Group und Inficon jedoch im Industriesektor. Ich will damit sagen, dass unser Gewicht von ungefähr 8% in Technologiewerten verglichen mit dem Benchmark-Gewicht von 4% nicht viel mit einer Vorliebe für diesen Sektor zu tun hat, sondern dass wir je nach Sektor-Klassifizierung einzelner Aktien über- oder untergewichtet sein könnten.

„Investiert sind wir u.a. im Halbleiterzulieferer Comet.“

Daniel Lenz, Schroders

Investiert sind wir u.a. im Halbleiterzulieferer Comet. Hier gehen wir die nächsten Jahre effektiv von überdurchschnittlichem Gewinnwachstum aus, was im heutigen Aktienkurs noch nicht vollständig abgebildet ist. Daneben halten wir auch Positionen in den IT-Dienstleistern Also und SoftwareOne sowie kleine Positionen in Temenos und ams-Osram.

Versicherungs- und Bankaktien wie Baloise, Helvetia und Julius Bär sind unter Ihren grössten Positionen zu finden. Gehen Sie aufgrund der Entwicklung der Zinslandschaft davon aus, dass diese Investments weiter steigen werden?

Wir halten zur Zeit ca. 20% des Fonds in Finanzwerten. Neben den erwähnten Versicherungen Baloise und Helvetia sowie Julius Bär halten wir auch Positionen in den Retailbanken St. Galler Kantonalbank und Valiant, in der VZ Holding sowie in Swissquote. Diese Aktien profitieren in unterschiedlichem Umfang effektiv von höheren Zinsen. Die Visibilität für ein positives Gewinnwachstum im Jahr 2023 ist dementsprechend gut. In Julius Bär haben wir aber in den letzten Wochen Gewinne realisiert, da die Aktie seit Mitte Oktober um fast 50% gestiegen ist.

Bei unserem letzten Gespräch im Oktober 2021 strichen Sie auch die Position Swissquote heraus. Wie sind Sie im turbulenten letzten Jahr mit diesem Investment umgegangen, nachdem die Aktie zunächst auf rund 100 CHF fiel, sich aber seit Mitte des vergangenen Jahrs deutlich auf über 170 CHF erholt hat?

Finanzwerte bringen insgesamt eine gute Stabilität in unser Portfolio. Die Ausnahme ist aber ganz klar Swissquote. Die äusserst hohen Schwankungen sind ein Risiko, aber auch eine grosse Chance, wenn eine konsequente Strategie verfolgt wird. So gehört Swissquote bei uns zu den Aktien, deren Gewicht wir am häufigsten anpassen. Wir haben im November 2021 bei über 200 CHF Gewinne realisiert, gegen Ende 2021 wieder gekauft und die Position zu Beginn des Ukrainekrieges bei 150 CHF aus Risikoüberlegungen nochmals reduziert. Im Juni letzten Jahres haben wir bei Kursen um 100 CHF wieder aufgestockt und nachfolgend während der Erholung – letztmals Anfang Februar bei  175 CHF – erneut Gewinne realisiert.

Eine grosse Position halten Sie im Versorger BKW. Bei dieser Aktie ist seit Ausbruch der Pandemie im Februar 2021 ein Aufwärtstrend zu beobachten. Werden Sie die Position ausbauen oder eher Gewinne mitnehmen?

BKW profitiert von steigenden Elektrizitätspreisen. Da die Firma stets einen Teil ihrer Stromproduktion im Voraus verkauft, sieht man in den Unternehmensgewinnen den ganzen Effekte erst verzögert. Dies bedeutet jedoch auch, dass man bei BKW über das Jahr 2023 hinaus mit guten Geschäftszahlen rechnen kann. BKW bleibt daher eine Kernposition unseres Fonds.

Lassen Sie uns zum Schluss noch kurz auf die aktuelle politische Lage zu sprechen kommen. Wie antizipieren Sie mit Ihrem Fonds den Krieg in der Ukraine?

Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe und hatte 2022 auch einen stark negativen Einfluss auf die Entwicklung der Aktienmärkte, insbesondere in Europa. Aus heutiger Sicht kann man aber immerhin sagen, dass die grosse Energiekrise mit Produktionsausfällen in Mitteleuropa ausgeblieben ist. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von einem milden Winter, gut gefüllten Gasspeichern in Deutschland Ende Sommer bis hin zu Sparmassnahmen. Aus Industriequellen wissen wir auch, dass russisches Gas bis heute seinen Weg nach Mitteleuropa findet, auch wenn dies natürlich nicht an die grosse Glocke gehängt wird. Das Risiko einer Eskalation des Krieges besteht selbstverständlich immer noch, im Szenario eines Status quo oder einer möglichen Lösung des Konfliktes erwarten wir jedoch keine weiteren negativen Effekte auf die Finanzmärkte.

Ihr Motto für das Jahr 2023?

Die letzten drei Jahre haben es gezeigt: Man muss auf alles gefasst sein. Dementsprechend ist es beim Anlegen wichtig, die Risiken gut zu verteilen. Eine gute Diversifikation ist das A und O und hat sich über viele Jahrzehnte bewährt. Dies gilt für private wie für institutionelle Anleger. Wir halten in unserem Fonds zwischen 40 und 50 Titel und setzen dabei auf Marktführer, die Preismacht haben und über eine gute Bilanz verfügen. Diese Firmen entwickeln sich langfristig überdurchschnittlich, unabhängig vom wirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld.

Die Märkte sind gut ins neue Jahr gestartet. Die Hauptgründe dafür sehen wir erstens in einem Rückgang der Inflationserwartungen, zweitens in einem Ausbleiben der Energiekrise in Europa und drittens in der Beendigung der Covid-Restriktionen in China. Die Themen Inflation, Energie und geopolitische Krisen werden uns aber die nächsten Jahre weiterhin begleiten, und daher werden sich die Aktienmärkte nicht geradlinig nach oben bewegen. Aus den gleichen Gründen können wir auch für 2023 einen weiteren Rückschlag nicht ausschliessen.

Herr Lenz, herzlichen Dank für dieses Gespräch

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