Michael Auer, VRP Säntisbahn: «Der Säntis hat eine mythische Anziehungskraft»

Projektarbeiten für die Planung der «Schwebebahn 2026» laufen seit drei Jahren

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Verwaltungsratspräsident Michael Auer sieht die Säntis Schwebebahn als regional verankertes Unternehmen mit Fokus auf die Kundschaft aus der Schweiz. Bild: zVg 

Die Säntis Schwebebahn AG konnte in 2022 mit 21.8 Mio. CHF ein Rekordergebnis erzielen. Und das, obwohl die Frequenzen mit 382’000 Besuchenden unter dem bisher besten Jahr 2018 lagen, als 424’000 Gäste zu verzeichnen waren.

Unter dem Strich weist das Unternehmen für 2022 eine schwarze Null aus. Das liegt auch daran, dass für das Projekt «Schwebebahn 2026» über eine halbe Million CHF zurückgestellt wurden.

Im Interview mit schweizeraktien.net äussert sich Verwaltungsratspräsident Michael Auer über den Wechsel an der operativen Spitze des Unternehmens, erklärt den Stand des Neubauprojekts der Schwebebahn und führt aus, warum die Aktionärinnen und Aktionäre keine Dividende erhalten.

Herr Auer, Sie haben Anfang diesen Jahres einen neuen Geschäftsführer ernannt, der die zukünftigen Geschicke der Säntisbahn lenken soll und seit 1. April 2023 im Amt ist. Warum ist Ihre Wahl mit Jakob Gülünay auf einen Digitalexperten gefallen, der keine Erfahrung im Bergbahnbetrieb mitbringt?

Die Säntisbahn Schwebebahn AG ist eine vielseitige touristische Erlebnisplattform. Wir betreiben verschiedene Geschäftsfelder und sprechen unterschiedliche Kundengruppen an. Mit Jakob Gülünay übernimmt ein Unternehmer, Digital-, Marketing- und Sales-Experte die Gesamtverantwortung. Er wird dabei durch eine starke Geschäftsleitung unterstützt, in der nebst der Gastronomie- und Hotelkompetenz auch das Bahn- und Infrastruktur-Know-how hervorragend abgedeckt ist. Mit einem kaufmännischen Gesamtleiter ist ausserdem sichergestellt, dass auch die operativen Prozesse wie Finanzen, Personal und Informatik in der Gesamtleitung vertreten sind.

Sie schreiben im Vorwort zum Geschäftsbericht, dass die Frequenzen noch nicht den Vor-Corona-Level erreicht hätten. Dennoch liegen der Umsatz mit 21.8 Mio. CHF und der Erfolg auf Stufe EBITDA mit 4.2 Mio. CHF doch klar über den Ergebnissen der Vor-Corona-Jahre 2018 und 2019. Ist das alleine auf das gut ausgelastete Hotel auf der Schwägalp zurückzuführen?

Mit gegen 75% Hotelauslastung sowie einer Steigerung der durchschnittlichen Übernachtungsdauer sowie einem erneut deutlich gesteigerten Seminar- und Kongressgeschäft trägt dieses Geschäftsfeld zum guten Ergebnis des Unternehmens bei.

Sie weisen in der Erfolgsrechnung für 2022 eine schwarze Null aus. Die kommt unter anderem deshalb zustande, weil Sie für das Projekt der neuen Säntisbahn 579’000 CHF an Rückstellungen verbuchen. Auch werden bereits 539’000 CHF als Abschreibungen auf die «Schwebebahn 2026» getätigt. Das klingt, als hätten Sie schon mit den Arbeiten begonnen?

Die Projektarbeiten für die Planung einer neuen Bahn laufen seit drei Jahren. Ein erstes Plangenehmigungsverfahren musste aufgrund von Einsprachen sistiert werden. Zurzeit steht die Umsetzung eines komplexen zweiten Plangenehmigungsverfahrens im Vordergrund.

Sie schreiben, dass Sie das Projekt aus der Stärke Ihres operativen Geschäfts heraus finanzieren können. Von welchem Investitionsvolumen gehen Sie für die neue Säntisbahn aus?

Über das genaue Investitionsvolumen werden wir informieren, sobald das Plangenehmigungsverfahren abgeschlossen ist und damit die letzten Unsicherheiten bezüglich zeitlicher Umsetzung aus dem Wege geräumt sind.

Sie haben mit 67% eine ansehnliche Eigenkapitalquote. In welchem Ausmass werden Sie den Bau der «Schwebebahn 2026» fremdfinanzieren?

Wir planen den Bau der neuen Bahn im Jahre 2026. Die genaue Finanzierungs-Struktur wird sich im Verlaufe der Detailplanung des Projektes abzeichnen.

Lassen Sie uns noch kurz über den Stand des Tourismus sprechen. Mit welchen Schritten versprechen Sie sich, wieder die Frequenzen aus der Vor-Pandemie-Zeit zu erreichen?

Wir sind bereits heute wieder nahe an den Frequenzen der Vor-Corona-Zeit. Der Säntis als Wahrzeichen und Wetterberg der Ostschweiz hat eine mythische Anziehungskraft. Die Ostschweiz hat grosses touristisches Potenzial, und insbesondere das Appenzellerland begeistert die Gäste immer wieder von Neuem. Wir forcieren unsere Business-to-Business-Verkaufsanstrengungen und schaffen neue Kooperation und Zusammenarbeitsformen mit anderen Leistungsanbietern. Damit schaffen wir die Grundlage für den Ausbau der Bekanntheit der Marke «Säntis» und versuchen, neue Kundengruppen in die Ostschweiz zu holen.

Sie sprechen im Vorwort des Geschäftsberichts auch insbesondere vom Fernbleiben der deutschen Touristen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der Wechselkurs-Problematik. Wie wichtig ist für Sie dieses Gäste-Segment? Welchen Anteil nahmen die deutschen Gäste vor der Pandemie am gesamten Besucheraufkommen ein?

Das Gästesegment ist vor allem vor dem Hintergrund des möglichen Ausbaupotenzials wichtig. Detaillierte Zahlen haben wir leider keine, da wir die Herkunft unsere Gäste nicht systematisch erfassen.

Sie wollen in Zukunft neue Kundensegmente erschliessen. An welche Kunden denken Sie? Soll die traditionell eher auf Schweizer Besucher fokussierte Säntis Schwebebahn internationaler werden?

Wir forcieren keine Internationalisierungs-Strategie, sondern bleiben eine regional verankerte und naturnahe Erlebnis-Plattform mit Fokus auf die Kundschaft aus der Schweiz und aus dem grenznahen Raum. Als breit abgestütztes regionales Unternehmen vertrauen wir ausserdem auch auf die Treue unserer 18’000 Aktionärinnen und Aktionäre.

Mit der schwarzen Null, die Sie schreiben, gehen die Aktionärinnen und Aktionäre sozusagen in Vorleistung, was den Neubau der Säntisbahn anbelangt. Wann dürfen Ihre Anteilseigner wieder mit einer Dividende rechnen?

Die nun vor uns stehende grosse Investition in eine Ersatzbahn wird unser Unternehmen noch einmal stark fordern, führt aber zu einer sehr guten Ausgangssituation für die kommenden Jahre. Es ist verfrüht, heute schon eine Aussage bezüglich einer Dividende an die Aktionäre zu machen. Für den Verwaltungsrat steht die nachhaltige finanzielle Entwicklung des Unternehmens im Vordergrund. Die Fähigkeit, betriebsnotwendige Abschreibungen vorzunehmen sowie die notwendigen Investitionen in die Attraktivierung des Unternehmens zu tätigen, werden längerfristig zu einer Wertsteigerung unseres Unternehmens führen.

Wie sind Ihre Aussichten für das Geschäftsjahr 2023?

Wir rechnen mit einem guten Geschäftsjahr und hoffen dabei auch auf das notwendige Wetterglück.

Herr Auer, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Stolze 18’000 Aktionärinnen und Aktionäre zählt die Säntis Schwebebahn AG. Die Aktien werden über OTC-X gehandelt, zuletzt kostete eine Aktie 910 CHF.

Kursverlauf der Säntis-Schwebebahn-Aktie in den letzten drei Jahren. Quelle: otc-x.ch

Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 findet am 26. Oktober in Interlaken statt.

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