Serge Aerne, VRP Admicasa: «Die Management Fee hat ausgedient»

Interview mit Serge Aerne und Felix Hegetschweiler, Verwaltungsräte Admicasa Gruppe

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Der Immobiliendienstleister Admicasa hat an seiner jüngsten Generalversammlung einen Wechsel im Verwaltungsrat vollzogen. Mit Serge Aerne und Felix Hegetschweiler setzen zwei erfahrene Immobilien- und Finanzprofis auf eine Wachstumsstrategie. 2022 erzielte das an der BX Swiss kotierte Unternehmen einen Betriebsertrag von 9.8 Mio. CHF und erwirtschaftete einen Gewinn von 1.1 Mio. CHF.

Die Unsicherheiten an den Immobilienmärkten sieht die Gesellschaft als Chance, mit kreativen Ideen in Zukunft wachsen zu können. Aerne und Hegetschweiler erklären im Gespräch mit schweizeraktien.net, warum sie künftig auf eine Management Fee verzichten und wie sie mit weiteren unkonventionellen Ideen den Markt aufmischen wollen.

Herr Aerne, Herr Hegetschweiler: Investoren stecken Unternehmen gerne in eine Schublade. Die Aktivitäten der Admicasa-Gruppe im Immobiliengeschäft sind allerdings sehr breit. Wie würden Sie Ihr Unternehmen beschreiben?

Serge Aerne: Der Immobilienmarkt wird künftig anspruchsvoller werden. Admicasa setzt ganz gezielt auf die Bereiche Bau, Management und Transaktionen. Wir kaufen und halten keine Immobilien, sind also keine Immobilienanlagegesellschaft. Die Bestandshalter sind vielmehr unsere Kunden. Unser Ziel ist es, in allen drei Bereichen entsprechende Mehrwerte für die Kunden durch Dienstleistungen zu schaffen. Daher generieren wir unsere Erlöse auch nicht durch Mietzinseinnahmen, sondern die Dienstleistungserträge. Ganz neu ist unsere Idee, für das Portfoliomanagement von Vorsorgegeldern ganz auf eine Management Fee zu verzichten.

Und wie sieht Ihr Vergütungsmodell dann aus?

«Es ist Zeit, im Portfoliomanagement ein faires Vergütungsmodell einzuführen», Serge Aerne, VRP Admicasa

Wir sind der Meinung, dass das Modell der Management Fee ausgedient hat. Es ist Zeit, im Portfoliomanagement ein faires Vergütungsmodell einzuführen. Bei uns setzt sich dies zusammen aus einem fixen Geschäftsführungshonorar, dessen Höhe unabhängig von der Portfoliogrösse ist. Sind wir erfolgreich und erarbeiten Mehrwerte für unsere Kunden, erhalten wir zusätzlich eine Performance Fee.

Felix Hegetschweiler: Damit haben wir die gleichen Anreize wie unsere Kunden. Da unser ganzes Team sehr leistungsorientiert arbeitet, schaffen wir es auch, eine gute Performance zu erzielen. Dies unterscheidet uns von anderen Portfoliomanagern, die eher einen passiven Ansatz verfolgen.

Im vergangenen Jahr lagen die Nettoerlöse bei rund 10 Mio. CHF. Wie teilten sich diese auf die vier Tochterfirmen auf?

Serge Aerne: Generell lässt sich sagen, dass wir bis 10% der Erträge aus Transaktionen, 20 bis 25% der Erträge aus Managementleistungen und rund 50% aus Baudienstleistungen erzielen. Und wir wollen in allen drei Bereichen wachsen.

2021 erzielten Sie noch Nettoerlöse in Höhe von 16.4 Mio. CHF, vor allem durch das Promotionsprojekt Waltenschwil. Wie abhängig ist der Betriebsertrag von einzelnen Projekten?

Unser Dienstleistungsportfolio ist künftig breit diversifiziert. Insofern besteht keine Abhängigkeit von einzelnen Projekten. Wir haben weiterhin grosse Projekte in der Pipeline. Allein im Bereich der Totalunternehmung Von Gunten Baumanagement sind es 50 Mio. CHF. Die Erträge aus diesen Projekten verteilen sich über mehrere Jahre.

Haben Sie weitere solche Projekte in der Pipeline, und wenn ja, können Sie schon einen Einblick geben?

Ein wichtiger Kunde von uns ist die Anlagestiftung Terra Helvetica, die auch von uns gegründet wurde. Allein Terra Helvetica weist per Ende 2022 ein Vermögen von 127.9 Mio. CHF aus, und wir sehen ein Potenzial von über 200 Mio. CHF. Unsere Verträge mit Terra Helvetica sind übrigens auch sehr fair ausgestaltet. Der Stiftungsrat kann jährlich kündigen, was in unserer Branche nicht üblich ist. Dies spornt uns an, Bestleistungen zu erbringen. Denn so stellt sich die Frage für den Stiftungsrat nach einem Wechsel des Managements erst gar nicht.

2022 ist es Ihnen gelungen, trotz des viel niedrigeren Betriebsertrags das Ergebnis zu halten. Worauf ist dieser Effekt zurückzuführen, und lohnt sich der enorme Aufwand und das Risiko einer Vermarktung angesichts der geringen Margen?

Die Promotion ist in der Tat kein margenstarkes Geschäft. Wir sind bestrebt, die Kosten und den Aufwand so niedrig wie möglich zu halten. Dies bei einer hohen Qualität unserer Leistungen. Wir gehen auch keine hohen Risiken ein.

Wo liegen die künftigen Schwerpunkte für die Geschäftsentwicklung der Admicasa Gruppe?

«Die Vergangenheit zeigt, dass sich gerade in den herausfordernden Zeiten wie heute am meisten Geld verdienen lässt», Felix Hegetschweiler, VR Admicasa

Felix Hegetschweiler: Wir werden extrem gefordert und müssen sehr clever sein, um unsere Ziele zu erreichen. Aber die Vergangenheit zeigt, dass sich gerade in den herausfordernden Zeiten wie heute am meisten Geld verdienen lässt. Denn es wird sich die bekannte Spreu vom Weizen trennen. Admicasa ist bereit, von den Veränderungen in der Branche zu profitieren.

Also sehen Sie Admicasa auch als Plattform für Zukäufe in den drei Bereichen?

Im Fokus steht erst einmal das operative Wachstum, das wir durch exzellente Leistungen und mit unserem neuen Vergütungsmodell erreichen wollen. Wir sind jedoch auch jederzeit bereit, Akquisitionen zu tätigen. Entscheidend ist, dass ein M&A-Deal auch stimmt. Zukäufe nur um des Wachstums willen sind nicht sinnvoll und wird es bei uns auch nicht geben.

In Ihrem Geschäftsbericht haben Sie auch den Antrag für eine FINMA-Lizenz für die Immobilienfondsleitung erwähnt. Wie weit sind Sie in diesem Prozess, und welches Potenzial ergibt sich daraus?

Serge Aerne: Wir erwarten noch im 1. Halbjahres dieses Jahres den Entscheid der FINMA. Sobald wir die Lizenz erhalten haben, können wir als externer Portfoliomanager für unterschiedliche Immobilienbesitzer aktiv werden.

Das heisst, Sie werden keine eigenen Immobilienfonds auflegen?

Nein. Wir sehen uns als Dienstleister für Kommunen mit einem grossen Immobilienportfolio, Stiftungen oder Family Offices. Gerade im Bereich des bezahlbaren Wohnraums in Städten, aber auch im Gesundheitssektor orten wir grosses Potenzial. Durch unser neues Vergütungsmodell sind wir insbesondere für die öffentliche Hand ein sehr interessanter Partner. Auch vermögende Privatanleger, die Ultra High Networth Individuals, sind eine interessante Zielgruppe.

Eines der Ziele im vergangenen Jahr war auch die Stärkung der Eigenkapitaldecke, was Sie mittels einer Kapitalerhöhung und der Thesaurierung der Dividende geschafft haben. Welche Zielmarken visieren Sie bei der Kapitalausstattung künftig an?

Aufgrund der sehr niedrigen Zinsen in den letzten zehn Jahren haben wir bisher mit einem hohen Fremdkapitalanteil gearbeitet. Die Veränderungen im Zinsmarkt letztes Jahr waren der Grund, dass wir die Eigenkapitaldecke gestärkt haben. Mit einer Eigenkapitalquote von um die 50% ist Admicasa gesund und bleibt auch künftig agil.

Die Aktionäre mussten für 2022 auf eine Dividende verzichten. Wie sieht Ihre Ausschüttungspolitik in den kommenden Jahren aus?

Die Pay-out-ratio lag in der Vergangenheit bei 25 bis 50%. Wir sehen derzeit grosses Wachstumspotenzial in unseren Geschäftsbereichen und wollen weiterhin ein starkes Eigenkapital ausweisen. Daher müssen wir nun erst den Beweis antreten, dass wir unsere Strategie sauber umsetzen und wachsen können. Dann wird es auch wieder Ausschüttungen geben. Bis dahin profitieren die Aktionäre von einer Stärkung der Substanz.

2022 hat Markus von Gunten, Anker-Aktionär der Gruppe, die Geschäftsleitung der Tochterfirma abgegeben. Wie ist aktuell das Aktionariat zusammengesetzt, und welchen Einfluss hat diese Nachfolgeregelung auf das Aktionariat?

Felix Hegetschweiler: Serge Aerne und Markus von Gunten sind mit rund 64% die grössten Aktionäre der Admicasa Holding. Das wird auch so bleiben. Allerdings verfügen wir über ein genehmigtes Kapital. Sollten wir eine Kapitalerhöhung durchführen, ist es möglich, dass sich der Anteil der Hauptaktionäre verringert, jedoch weiterhin Hauptaktionäre bleiben.

Serge Aerne: Markus von Gunten und ich sind extrem überzeugt von unserer Strategie und unserem neuen Verwaltungsrat mit Felix Hegetschweiler. Deshalb ist klar, dass wir langfristig planen.

Inflation, höhere Preise, steigende Zinsen: Das Marktumfeld in der Bau- und Immobilienbranche ist derzeit nicht einfach…

Felix Hegetschweiler: Es stimmt, dass die Zeiten nicht mehr ganz so einfach sind. Jedoch sind die Baupreise zwar gestiegen, beginnen aber bereits wieder leicht zu fallen. In solchen Zeiten muss man kreativ sein. Wir sind kreativ, wie dies beispielweise der Abschied von der Management Fee zeigt. Und wir haben die besten Mitarbeitenden. Das ist für uns sehr entscheidend, um hervorragende Dienstleistungen erbringen zu können. Zu uns kommen daher auch Mitarbeitende, die ein kreatives und dynamisches Umfeld suchen, was sie in Grossunternehmen nicht finden. Es ist für uns deshalb auch kein Problem, neue Mitarbeitende zu finden.

Im Gegensatz zu europäischen Nachbarländern wie Deutschland, Österreich oder weiter nördlich Schweden halten sich die Preise am Schweizer Immobilienmarkt stabil. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den kommenden Jahren?

Wenn die Zinsen in der Schweiz einen richtigen Sprung machen würden, dann würden auch bei uns die Preise für Wohneigentum fallen. Doch selbst dann würde die Nachfrage weiterhin intakt bleiben, denn der Standort Schweiz ist und bleibt attraktiv. Bei den Renditeliegenschaften sieht es etwas anders aus. 20% von allen Renditeliegenschaften gehören unseren Pensionskassen. Wenn hier die Nachfrage zurückgeht und ein oder zwei grosse Immobilienbesitzer als Käufer ausfallen, würde man das am Markt schon spüren. Aber ein solches Negativszenario ist noch nicht zu erkennen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Aktien der Admicasa Holding AG sind an der BX Swiss kotiert. Zuletzt wurden 16 CHF für eine Aktie bezahlt. Chart: bxswiss.com

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