Der Flughafen Bern AG hat bewegte Jahre hinter sich: Dazu gehören die COVID-19-Pandemie und wechselnde Fluggesellschaften, was für grosse Schwankungen im Flugverkehr sorgte. Dennoch konnte der Flughafen im Geschäftsjahr 2023 den Umsatz leicht auf knapp 7 Mio. CHF erhöhen und einen Gewinn von rund 143’000 CHF ausweisen, allerdings unterstützt durch Einmaleffekte.
24% mehr Passagiere ab Bern
Die steigenden Passagierzahlen belegen jedoch ein wachsendes Bedürfnis nach Flugreisen ab Bern. Die Anzahl der Passagiere im Segment Linien- und Charterflüge erhöhte sich um 24%, was auf den früheren Saisonbeginn und eine höhere Sitzplatzauslastung zurückzuführen ist. Insgesamt wurden 59’566 Passagiere und 49’706 Flugbewegungen verzeichnet.
Trotz Inflation und hoher Energiepreise blieben die Betriebskosten unter Kontrolle. Die im April 2023 in Betrieb genommenen Photovoltaikanlagen auf dem Terminal und dem Cateringgebäude tragen zur umweltfreundlichen Energieversorgung bei.
Airlines am Flughafen Bern
Der Flughafen Bern wird von mehreren Airlines bedient, die unterschiedliche Destinationen abdecken. Avanti Air ist eine deutsche Charterfluggesellschaft, die zwei Bombardier DHC-8-400 Flugzeuge mit jeweils 78 Sitzplätzen betreibt und ihren Sitz am Flughafen Paderborn/Lippstadt hat. Air Nostrum, eine spanische Regionalfluggesellschaft, die im Auftrag und unter der Marke von Iberia operiert, bedient nationale Strecken in Spanien sowie internationale Ziele in Europa und Nordafrika. Seit Mai 2024 führt sie zudem Charterflüge zwischen Bern-Belp und Palma durch. Helvetic Airways, eine Schweizer Fluggesellschaft, bietet seit 2003 europäische Destinationen im Kurz- und Mittelstreckensegment an. Ihre Flotte umfasst 18 Embraer Flugzeuge, darunter E190-E2 und E195-E2. Sky Alps, eine Boutique Airline aus dem Südtirol, bedient 20 Destinationen mit Flugzeugen, die 76 Sitzplätze bieten. Die Airline setzt auf nachhaltigen Treibstoff und strebt danach, das weltweit effizienteste und leiseste Regionalflugzeug zu entwickeln.
Liquidation von flybair
Ein Rückschlag für den Flughafen ist das Aus der Berner Airline flyBAIR, die bis Ende 2024 liquidiert werden soll. Das 2019 gegründete Start-up kämpfte mit erheblichen Herausforderungen, insbesondere während der Pandemie. Trotz der Nutzung von Synergien und Kernkompetenzen verschiedener Partner konnte die Airline nicht dauerhaft wirtschaftlich operieren. Andrea Wucher, Verwaltungsratspräsidentin und Geschäftsführerin ad interim, erklärte: «Der Hauptgrund für die Liquidation ist das Fehlen von Kontingenten auf Charterflügen von Hotelplan und TUI Suisse. So führte ein unrentabler Charterflug nach Alicante im Sommer 2023 zu einem Verlust von 369’000 Franken, was die finanzielle Situation weiter belastete.» Wucher betonte, dass eine erhebliche Kapitalerhöhung notwendig gewesen wäre, um eigene Charterflüge zu betreiben, was jedoch als unrealistisch angesehen wurde.
Die Liquidation von flybair könnte den Flughafen Bern-Belp ab dem nächsten Jahr vor Herausforderungen stellen. flybair nutzte die Kernkompetenzen verschiedener Partner, um die Fixkosten niedrig zu halten und Synergien zu nutzen, die zur operativen Effizienz der Airline beitrugen. Der Wegfall von flybair bedeutet für den Flughafen Bern den Verlust eines wichtigen Partners und könnte zu einer Reduktion des Flugangebots führen, was sich negativ auf die Passagierzahlen und damit auf die Einnahmen auswirken könnte.
Projekt BelpmoosSolar
Das Projekt BelpmoosSolar ist ein Joint Venture der Flughafen Bern AG mit den Energieunternehmen BKW und ewb, an dem der Flughafen einen Anteil von 39% hält. Ziel ist es, auf einer Fläche von rund 25 Hektar die grösste Freiflächen-Solaranlage der Schweiz zu errichten. Die Anlage soll bis zu 35 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugen, mit einem Winterstromanteil von rund 30%. Christoph Ammann, Regierungsrat des Kantons Bern, betonte die Bedeutung des Projekts: «Wenn wir die Energiewende und die ernsthafte Versorgung unseres Landes mit erneuerbaren Energien wirklich wollen, dann brauchen wir Freiflächen-Anlagen wie BelpmoosSolar dringend.»
Die BelpmoosSolar AG, gegründet im Mai 2023, hat bereits mit der Kartierung der Flora und Fauna westlich der Piste begonnen. Eine Vereinbarung mit der Segelfluggruppe Bern regelt die Auflösung des Mietvertrags bei rechtskräftiger Baubewilligung. Im Herbst 2024 ist die öffentliche Mitwirkung im Rahmen der kantonalen Richtplananpassung geplant. Das Projekt wird nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, sondern auch die umweltfreundliche Energieproduktion am Flughafen Bern erheblich steigern. Im Berichtsjahr 2023 gab es nur 20 Lärmbeschwerden, was auf eine gute Akzeptanz bei den Anwohnern hinweist.
Chancen und Risiken
Eine der Herausforderungen für den Flughafen Bern ist der ständige Wechsel der Fluggesellschaften, die den Flughafen anfliegen. Derzeit bedienen neben Privatmaschinen und dem Lufttransportdienst des Bundes auch Airlines wie Avanti Air, Air Nostrum, Helvetic Airways und Sky Alps den Flughafen. Zusätzlich sieht sich der Flughafen Bern im Geschäftsjahr 2024 mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. Der Wegfall der aus der Mineralölsteuer finanzierten Beiträge an die Sicherheitskosten, eine Entscheidung des UVEK (Bundesamt für Verkehr), erfordert zusätzliche Prozess- und Kostenoptimierungen. Zudem stellt der Verkauf der Hotelplangruppe durch Migros eine Unsicherheit dar, da diese Gruppe der wichtigste Reiseanbieter für Flüge ab Bern war.Trotz dieser Herausforderungen eröffnen sich für den Flughafen Bern auch zahlreiche Chancen. Die geplante Einführung des Südanfluges im März 2025 könnte die Attraktivität des Flughafens erheblich steigern. Ein Ganzjahresbetrieb im Linien- und Chartersegment würde Stabilität und zusätzliche Einnahmen bringen. Mit dem Südanflug könnten die Anflüge besser verteilt und die Belastung der nördlichen und östlichen Gemeinden reduziert werden. Dies könnte neue Fluggesellschaften anziehen und bestehende Fluggesellschaften dazu ermutigen, ihr Angebot zu erweitern.
Das Projekt BelpmoosSolar stellt eine weitere bedeutende Chance dar. Durch die grösste Freiflächen-Solaranlage der Schweiz wird der Flughafen Bern nicht nur seinen ökologischen Fussabdruck verringern, sondern auch ein wichtiger Akteur in der schweizweiten Energiewende werden. Die erzeugte Energie könnte dazu beitragen, den Flughafenbetrieb nachhaltiger zu gestalten und langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen.
Fazit
Der Flughafen Bern AG hat in den letzten Jahren viele Herausforderungen gemeistert und sich stabilisiert. Die Einführung von Nachhaltigkeitsprojekten wie BelpmoosSolar und die geplante Erweiterung des Flugangebots könnten langfristig den Aktienkurs stabilisieren. Die geplante Einführung des Südanfluges im März 2025 wird voraussichtlich ebenfalls positive Auswirkungen haben, indem sie die Anflugoptionen erweitert und damit die Attraktivität des Flughafens erhöht.
Die Präsenz eines Flughafens in Bern ist für die Region von grosser Bedeutung. Sie bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern eine bequeme Alternative zu den weiter entfernten Flughäfen in Zürich oder Genf und trägt zur regionalen Wirtschaft bei. Trotz der bestehenden Herausforderungen zeigt sich der Flughafen Bern gut gerüstet, um auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Schweizer Luftverkehr zu spielen. Die langfristigen Perspektiven hängen stark von der Fähigkeit ab, den Betrieb effizient zu gestalten und neue Einnahmequellen zu erschliessen. Wenn es dem Flughafen gelingt, diese Herausforderungen zu meistern, könnte er seine Position als wichtiger regionaler Verkehrsknotenpunkt weiter festigen und ausbauen. Die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die Flughafen Bern AG allein durch die Erträge aus dem Fluggeschäft sehr hohen Schwankungen ausgesetzt ist. Sollten einmal Erträge aus dem Solarprojekt fliessen, könnten diese zu einem stetigen Ertragsfluss und so zu mehr Stabilität beitragen.
Die Aktien der Flughafen Bern AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden Preise von 46 CHF für eine Aktie bezahlt. Damit liegt der Aktienkurs deutlich unter dem Buchwert von 81 CHF je Aktie.