An der Zürcher Falkenstrasse weht ein neuer Wind. Unter der Führung von Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod und dem neuen CEO Veit Dengler soll das traditionsreiche Medienunternehmen wieder auf Wachstumskurs gebracht werden. Allerdings kostet das Geld. Wie die NZZ Mediengruppe bereits Anfang des Jahres ankündigte, sollen in den kommenden zwei Jahren rund 10 Mio. CHF in den Ausbau des Kerngeschäfts investiert werden. „Wir wollen nicht zusehen, wie der starke Rückgang im traditionellen Geschäft unsere Reserven nach und nach aufzehrt“, schreibt VR-Präsident Jornod am 14. März 2014 in einem Brief an die Aktionäre. Die Gelder sollen in den Ausbau der immer wieder beschworenen Qualitätspublizistik fliessen. Man sei davon überzeugt, dass es einen Bezahlmarkt für Qualitätspublizistik gebe. Zudem will der Zürcher Medienkonzern unter publizistischer Federführung der NZZ in Österreich ein journalistisches Produkt auf den Markt bringen. Zur Speerspitze des Teams im Heimatland von CEO Veit Dengler gehören der ehemalige „Presse“-Chefredakteur Michael Fleischhacker und die Agentur Mindworker. Dies bestätigte Dengler in einem Interview mit dem österreichischen „Standard“ am letzten Freitag. Zu einer Strategie für die Regionalzeitungen (Freie Presse Holding mit St. Galler Tagblatt und LZ Medien) fanden sich in dem Aktionärsbrief allerdings keine Angaben. Hingegen wurde den Aktionären in dem Schreiben klargemacht, dass sie den Expansionskurs mitzutragen haben. Sie müssen bereits für 2013 auf die Hälfte der bisher bezahlten Dividende von 200 CHF verzichten, wenn sie dem Antrag des Verwaltungsrates auf Halbierung der Ausschüttung an der Generalversammlung vom 26. April zustimmen.
Als Begründung für die massive Dividendenreduktion muss, neben der geplanten Investitionsphase, auch das schwache Geschäftsergebnis für 2013 herhalten. Insgesamt fiel der Umsatz um 7% auf 482.4 Mio. CHF. Allerdings ist der Umsatzrückgang auch auf Sondereffekte, wie den Verkauf der Tochtergesellschaften Calendaria und Prisma Medienservice, zurückzuführen. Ohne diese Sondereffekte wäre der Umsatz nur um 3.7% gefallen. Auch die anderen Geschäftszahlen sehen auf den ersten Blick wenig erfreulich aus. So ging das Betriebsergebnis (EBIT) um 19.4% auf 30.6 Mio. CHF zurück, und der Gruppengewinn erreichte nur noch 24.9 Mio. CHF (Vorjahr: 30.9 Mio. CHF). Nach Abzug der Minderheiten waren es 18 Mio. CHF. Interessanterweise zeigen die bisher veröffentlichen Zahlen allerdings nicht nur negative Entwicklungen. Die Erträge aus dem Lesermarkt (Print- und Digital) konnten sogar um 1% auf 153.8 Mio. CHF gesteigert werden. Auch der Cashflow lag mit 51.1 Mio. CHF nur ganz leicht unter dem Vorjahreswert von 52 Mio. CHF. Das konsolidierte Eigenkapital legte sogar auf 422.1 Mio. CHF oder 74.2% der Bilanzsumme zu. Auch wenn die Folgen des Wandels in der Medienwelt bei der NZZ auch in 2013 wieder zu spüren waren, so ist die Lage bei einem ersten Blick auf die rudimentären Zahlen nicht ganz so dramatisch, wie sie vom VR und dem Management dargestellt wird. Mehr Aufschluss über die genaue finanzielle Situation dürfte allerdings erst die Analyse des Jahresabschlusses geben.
Es erstaunt ein wenig, dass die schwächer als im Vorjahr ausgefallenen Geschäftszahlen sowie die geplanten Investitionen von 10 Mio. CHF als Feigenblatt für die Dividendenkürzung herhalten müssen. Angesichts eines Reingewinns (nach Minderheiten) von 18 Mio. CHF und des hohen Bestandes an liquiden Mitteln und Wertschriften – per 30. Juni 2013 waren es noch 205 Mio. CHF – wäre auch die Ausschüttung einer gleichbleibenden Dividende vertretbar gewesen. Dies hätte insbesondere ein Signal an die langjährigen Aktionäre sein können, die in den letzten drei Jahren Kursverluste von etwa 30% hinnehmen mussten. Denn die Aktionäre müssen sich nun auf eine weitere Durststrecke von mindestens zwei bis drei Jahren einstellen. Bis die aktuelle Investitionsphase erste Erfolge zeigt und damit auch wieder steigende Dividenden und höhere Kurse mit sich bringt, dürfte es noch etwas dauern. Nicht zu unterschätzen ist das Risiko, dass die vielfältigen Initiativen und Projekte bei der NZZ Mediengruppe scheitern und einen Teil der vorhandenen Substanz verbrennen. Nach dem Kursanstieg der NZZ-Aktie seit Mitte November auf OTC-X auf derzeit 6’150 CHF notiert der Titel zwar immer noch deutlich unter dem Buchwert von weit über 8’000 CHF. Das aktuelle Kurs/Gewinn-Verhältnis von knapp 10 ist angesichts eines angekündigten und zu erwartenden weiteren Gewinnrückgangs in den nächsten zwei Jahren nicht mehr moderat. Hinzu kommt die Dividendenrendite von mageren 1.6%. Zum Vergleich: Auch die börsenkotierte Tamedia AG hat die Dividende leicht um 10% auf 4 CHF reduziert. Dennoch erreicht die Dividendenrendite bei Kursen um die 112 CHF noch 3.6%. Angesichts der unsicheren Aussichten und der niedrigen Dividendenrendite ist die NZZ-Aktie auf dem Kursniveau von 6’150 CHF nicht mehr sonderlich attraktiv. Wie wir bereits in unserem Blog-Beitrag vom 6. Januar 2014 geschrieben haben, sind die Zukunftsperspektiven zwar interessant, und eine enorme Substanz ist weiterhin vorhanden. Kurz- bis mittelfristig dürften sich diese allerdings wenig positiv auf den Aktienkurs niederschlagen. Angesichts der vorgeschlagenen Dividende mutiert die NZZ-Aktie vorerst zu einem Liebhaberpapier.
Transparenzhinweis: der Autor ist Aktionär der AG für die NZZ.
Zeitgleich zur NZZ Mediengruppe hat auch das Tochterunternehmen LZ Medien Holding (Beteiligung: 90%) seine Geschäftszahlen für 2013 bekannt gegeben. Die Herausgeberin der Neuen Luzerner Zeitung musste einen Umsatzrückgang auf 140.6 Mio. CHF hinnehmen, der allerdings stark vom Verkauf der Calendaria AG geprägt ist. Das Betriebsergebnis (EBIT) erreichte 10.6 Mio. CHF und der Reingewinn 9.3 Mio. CHF. Im Gegensatz zur Muttergesellschaft kürzt die LZ Medien Holding ihre Dividende nur um 11% auf 80 (VJ: 90) CHF. Damit rentiert die Aktie der LZ Medien Holding AG bei Kursen um die 2’550 CHF mit 3.1% deutlich besser, als die NZZ-Aktie.
http://www.lzmedien.ch/2014/03/14/lz-medien-holding-ag-spuert-raues-wirtschaftsumfeld/#more-491
für die nzz wird es schwerer sein die zukunft zu gstalten als sich wie bisher auf der vergangenheit auszuruhen. sicher gibt es einen bezahlmarkt für qualitaätspublizistik, aber erstens wird dieser klein sein und zweitens ist fragwürdig, ob er im bereich der tagesaktuellen news liegt. erstens wird sich der bezahlmarkt so verhalten wie die leserzahlen der gratispresse zu denen der bezahlten tagespresse. zweitens sind gerade bei diesen allgemeinen news die ja letztlich den nachrichtenmix einer tageszeitung ausmachen viele unternehmen und auch staatliche stellen mit groossen pr budgets utnerwegs. die produzieren genug content,um 1000 gratisblätter mit nachrichten zhu füllen. wenn man im gleichen bereich etwas schreiben möchte, wofür ein leser was zaheln soll, muss man sich echt was einfallen lassen. und wirklichicher investigativjournalismus macht sowieso keiner, weil das wieder die anzeigenkunden vergrault. generell sieht man, dass die fachpresse und special interest titel gut laufen und gezahlt werden. probleme haben nur die tageeszeitungen, die von gratisblöälttern bedrängt. werden. und die nzz hat da die grössten probleme, weil sie meinen ohne sie komme keiner aus. aber leider meinen sie das mitlerweile nur noch selbst, und deshalb sind die zahlen auch so schlecht geworden.
Auch die „Freunde der NZZ“ kritisieren die Dividendenpolitik der AG für die NZZ. Sie loben zwar das „über ihren Erwartungen liegende“ Geschäftsergebnis für 2013 und sprechen Redaktion und Management dafür ihren Dank aus. Allerdings werten sie die Halbierung der Dividende als „falsches Signal“. Sie weisen auch darauf hin, dass sogar eine höhere Dividende möglich gewesen wäre. Zudem bemängeln sie die Unsicherheiten bzgl. der Strategie und dem Einsatz der liquiden Mittel. Ferner äussern sich die „Freunde der NZZ“ auch zur geplanten Konsultativabstimmung und den VR-Wahlen. Da Carolina Müller-Möhl, die als Vertreterin der Aktionärsgruppe in den VR gewählt wurde, die verbleibenden Anliegen der Gruppe nicht mehr vertreten wolle, lehnen die „Freunde der NZZ“ die Wiederwahl von Müller-Möhl ab.
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