Stephan Weigelt, CEO Acrevis Bank AG: „Wir wollen im Private Banking weiter wachsen“

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Stephan Weigelt, CEO der Acrevis Bank; Quelle: zvg

Obwohl die Acrevis Bank AG schon im Geschäftsjahr 2014 rund 40% ihrer Erträge in Höhe von 66.8 Mio. CHF nicht mehr im Zinsengeschäft erwirtschaftete, will die im Raum St. Gallen und am oberen Zürichsee tätige Regionalbank auch künftig das Private Banking forcieren. CEO Stephan Weigelt sieht das Vermögensverwaltungsgeschäft und das Zinsengeschäft mittelfristig als zwei gleichgrosse Standbeine seiner Bank, wie er im Interview mit schweizeraktien.net erklärte. Mit dem Resultat für 2014 ist er zufrieden. Die Bank konnte den Bruttogewinn um 2.6% auf knapp 27 Mio. CHF steigern. Auch der Reingewinn lag mit 17.9 Mio. CHF um 3.1% über dem Vorjahreswert. Weigelt ist allerdings bewusst, dass es
im aktuellen Umfeld anspruchsvoll sein wird, das Ergebnis zu halten. Daher gibt er auch keine Prognosen zum laufenden Geschäftsjahr ab. Die Aktionäre dürfen sich für 2014 jedoch über die Ausschüttung einer gleichbleibenden Dividende in Höhe von 32 CHF je Aktie freuen.

Herr Weigelt, das Zinsergebnis war in 2014 mit 3.3% leicht rückläufig, obwohl die Ausleihungen kräftig um 5.1% auf 3.4 Mrd. CHF gestiegen sind. Ist der Margendruck bei Ihnen so gross, dass Sie diesen auch durch höhere Ausleihungen nicht mehr kompensieren können?

Der Rückgang täuscht ein wenig, denn im Jahr 2013 ist das Zinsergebnis, auch durch die Übernahme der Sparkasse Wiesendangen, um über 10% gestiegen. Wir sind allerdings für 2014 von einem leichten Anstieg der Zinsen ausgegangen, was so nicht eingetroffen ist. Generell ist unser Zinsergebnis jedoch stabil. Dies ist auch auf das Wachstum im Hypothekargeschäft um 5.9% auf über 3 Mrd. CHF zurückzuführen.

In welchen Marktgebieten sind Sie besonders stark gewachsen?

Unser Wachstum war sehr ausgewogen. Wir konnten keine Ausreisserstandorte verzeichnen. Allerdings verfolgen wir weiterhin eine vorsichtige Risikopolitik. Dazu gehört es auch, dass wir die Entwicklung des Immobilienmarktes an den einzelnen Standorten sehr genau beobachten.

Und welche Entwicklung können Sie an den Immobilienmärkten in Ihrem Marktgebiet feststellen?

Am oberen Zürichsee spüren wir schon die Auswirkungen, die in der Agglomeration von Zürich feststellbar sind. Es ist allerdings eher eine sanfte Korrektur oder ein Abflachen der Nachfrage, aber nicht viel mehr. In St. Gallen, Gossau, Wil und im  Toggenburg gab es nie eine grosse Preisblase. Lediglich die Bautätigkeit ist etwas abgeflacht.

Wie wird sich diese Entwicklung auf das Wachstum im Hypothekargeschäft auswirken? Budgetieren Sie weiterhin eine Zunahme der Ausleihungen?

Wir haben ein leicht tieferes Wachstum als im letzten Jahr budgetiert. Denn wir blicken weiterhin ganz scharf auf die Risiken. Sollten die Zinsen weiterhin tief bleiben, so rechnen wir auch künftig mit einer starken Nachfrage nach Hypothekarkrediten. Denn auch auf der Anlageseite gibt es bei so niedrigen Zinsen kaum Alternativen zu Immobilien und Aktien. Daher erwarten wir übrigens auch, dass die Aktienmärkte weiterhin attraktiv bleiben.

Dennoch werden Sie wegen der sinkenden Zinsmargen Ihre Effizienz weiter steigern müssen. Wird das „Fit“-Programm fortgesetzt?

Wir betrachten das Kostenmanagement als permanenten Prozess. Daher wird es kein eigenes Projekt mehr geben. Allerdings sehen wir auch auf der Ertragsseite Potenzial. Im Firmenkundengeschäft möchten wir uns noch besser positionieren. Im Private Banking haben wir ebenfalls Massnahmen ergriffen, um weiter zu wachsen. Denn es wird in den kommenden Jahren grosse Anstrengungen benötigen, damit wir unser Ergebnis halten können.

Was haben Sie konkret im Private Banking geplant?

Wir entwickeln mit Hilfe von Wissenschaftlern eine Risikoanalyse für unsere Kunden, die eine stufenlose Auswahl von Anlagen ermöglichen wird. Dadurch werden wir den Kunden nicht mehr in Schubladen, wie „hohes“, „mittleres“ oder „tiefes“ Risiko stecken. Zudem wird unser Anlagekomitee nach fundamentalen, technischen und verhaltenstheoretischen Methoden die Anlageempfehlungen erstellen. Beraten werden wir dabei übrigens von Professor Thorsten Hens. Für uns wird auch weiterhin die persönliche Beratung im Vordergrund stehen, obwohl der Beratungsprozess auf einer elektronischen Plattform basiert.

Es überrascht etwas, dass Sie im Private Banking wachsen möchten. Mit einem Anteil von fast einem Drittel oder 19.8 Mio. CHF im letzten Jahr steuern die Kommissions- und Dienstleistungserträge heute schon einen beachtlichen Teil zum Gesamtertrag bei. Insgesamt liegen die Erträge, welche Sie nicht im klassischen Zinsengeschäft erzielen, bei rund 40%. Wie wollen Sie hier noch weiter wachsen?

Es war schon lange unsere Philosophie, dass unsere Bank auf den zwei Standbeinen Zinsengeschäft und Private Banking aufgebaut ist. Ideal wäre unserer Ansicht nach ein Verhältnis von 50 zu 50. Allerdings ist uns bewusst, dass es im Private Banking in der Schweiz einen harten Verdrängungswettbewerb gibt. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass es genügend vermögende Kunden in unserem Marktgebiet gibt, die wir mit unserem Angebot noch erreichen können. Aufgrund der schwierigen Situation im Zinsengeschäft ist es für uns auch wichtig, neue Ertragsquellen zu erschliessen.

Sie haben eine Kapitalerhöhung angekündigt. Wollen Sie mit dem Geld auch im Private Banking zukaufen?

An der Generalversammlung vom 27. März wird der Verwaltungsrat ein genehmigtes Kapital in Höhe von 13 Mio. CHF beantragen. Wir haben gesagt, dass wir damit auch mögliche Akquisitionen finanzieren möchten. Daher wird auch das Bezugsrecht ausgeschlossen. Allerdings müssen wir nicht den gesamten Betrag für Übernahmen verwenden. Wir wollen damit auch unser Eigenkapital weiter stärken können, wenn der Gesetzgeber die Anforderungen nochmals erhöht. Bei möglichen Übernahmeobjekten kann es sich um andere Regionalbanken handeln. Wir wären aber auch nicht abgeneigt, wenn ein Vermögensverwalter sein Portfolio in eine Bank einbringen möchte, uns dieses anzuschauen. Die verschärfte Regulation könnte diesen Trend beschleunigen.

Auffällig an Ihrer Bilanz ist, dass sich in 2014 die Finanzanlagen um 74.8 Mio. CHF reduziert haben. Was hat zu dieser Entwicklung geführt?

Nach der Finanzkrise hatte die damalige Bank CA St. Gallen sehr viel überschüssige Liquidität. Der Deckungsgrad lag teilweise bei 140%. Diese Liquidität haben wir in Zinspapiere investiert, die im letzten Jahr ausgelaufen sind. Daher hat sich auch der übrige ordentliche Erfolg entsprechend reduziert. Durch das Auslaufen der Anlagen können wir allerdings auch unsere Liquidität stärken. Der Deckungsgrad lag Ende 2014 bei 94.4%.

Welchen Einfluss hat der SNB-Entscheid, die Wechselkursuntergrenze aufzuheben und Negativzinsen einzuführen, auf Ihr Geschäft?

Der Kurszerfall des Euro hatte keinen negativen Einfluss auf unser Geschäft. Allenfalls bei den Sorten haben wir geringe Verluste erlitten, die allerdings durch zusätzliche Erträge aus dem Devisenhandel mittlerweile wieder mehr als ausgeglichen wurden. Im Zinsengeschäft hat uns die Einführung der Negativzinsen wie wohl alle Marktteilnehmer
gefordert. Fragen der Konditionenpolitik und der Absicherung von Zinsrisiken sind aktuell nicht einfach zu beantworten.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie im laufenden Geschäftsjahr, und wie wird sich das auf Ihre Dividende auswirken?

Die Zeit ist momentan so kurzlebig. Daher geben wir keine Prognose ab. Es wird allerdings sehr anspruchsvoll, sich in dem aktuellen Umfeld zu behaupten. Unser Ziel ist es weiterhin, die Dividende mindestens zu halten. Langfristig möchten wir sie natürlich auch erhöhen.

Der Jahresabschluss der Acrevis Bank für das Geschäftsjahr 2014 konnte überzeugen. Zwar war das Zinsergebnis leicht rückläufig. Allerdings konnten die Einnahmen aus dem indifferenten Geschäft und auch die Kosteneffizienz diesen Rückgang kompensieren. Mit einer Cost/Income-Ratio von 59.6% gehört die Bank zwar nicht zu den kosteneffizientesten Instituten. Allerdings fällt die Kennzahl im letzten Jahr leicht besser aus als im Vorjahr. Bei einem ausgewiesenen Reingewinn pro Aktie von 57.10 CHF und einem Aktienkurs von 1160 CHF auf OTC-X liegt das Kurs/Gewinn-Verhältnis bei knapp 20. Vor Zuweisung zu den Reserven für allgemeine Bankrisiken dürfte das KGV bei etwa 15 liegen. Mit einer Dividendenrendite von 2.7% ist die Aktie im aktuellen Niedrigzinsumfeld attraktiv, insbesondere, da Aktionäre ab 10 Aktien zusätzlich von Vorzugszinsen und gebührenfreier Kontoführung profitieren. Obwohl das laufende Geschäftsjahr weitere Herausforderungen bringen wird, dürfte die Aktie mit einem aktuellen Kurs im Bereich des  ausgewiesenen Buchwertes nach unten abgesichert sein. Da organisches Wachstum zunehmend schwieriger werden dürfte, sind Zukäufe ein wichtiger Eckpfeiler für weiteres Wachstum. Denn in den kommenden Jahren dürfte sich die Konsolidierung in der Bankenbranche fortsetzen. Für Acrevis dürften sich in diesem Umfeld interessante Opportunitäten ergeben, für die sich das Unternehmen jetzt schon durch die geplante Kapitalerhöhung rüsten möchte.

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