Nach zunächst zwei starken Auftaktmonaten im Jahr 2018 verlief die weitere Entwicklung der globalen Primärmärkte bis Ende des ersten Halbjahres eher verhalten, wenn auch auf hohem Niveau. 325 IPOs brachten 45 Mrd. USD ein. Zu den aktivsten Märkten zählten New York, Tokyo und Zürich.
Damit liegt die Anzahl der Börsengänge um 26% unter dem Vorjahresniveau, und das Emissionsvolumen ist um 19% schwächer ausgefallen. Dennoch ist es laut dem EY IPO-Report zum zweiten Quartal 2018 das beste erste Halbjahr seit 2015. Allerdings haben sich die Gewichte geografisch relativ deutlich verschoben. Entfielen 2016 noch 54% der Emissionserträge auf Asien-Pazifik und 2017 immerhin 39%, so sind es im ersten Halbjahr 2018 nur noch 31%. Der Anteil von Nord- und Südamerika ist demgegenüber von 17% über 27% auf nun 38% angestiegen, derjenige von Europa, Mittlerer Osten und Afrika nahm zunächst von 28% auf 34% zu, fiel aber im ersten Halbjahr 2018 auf 31% zurück. Bei der Anzahl der IPOs nach Regionen ist der Wandel weniger stark ausgeprägt.
Technologie ist aktivster Sektor
Aktivster Sektor war im zweiten Quartal der Technologiebereich, der 72 IPO beisteuerte, also mehr als 20%. Die Erträge beliefen sich auf 16.9 Mrd. USD, das sind sogar 37,5% des IPO-Volumens. Dazu trug nicht zuletzt Foxconn Industrial Internet bei, deren IPO in Shanghai mit 4.2 Mrd. USD Einnahmen das weltweit grösste war.
An erster Stelle steht dennoch die NYSE mit einem Volumen von 7 Mrd. USD vor Shanghai mit 6.7 Mrd. USD und Nasdaq mit 5.9 Mrd. USD. Zweitgrösste Neuemission war AXA Equitable Holdings, die US-Versicherungsaktivitäten von AXA, an der NYSE mit 3.2 Mrd. USD, gefolgt von dem Real Estate Unternehmen Vinhomes JSC mit 1.3 Mrd. USD an der vietnamesischen Ho-Chi-Minh Stock Exchange.
Passend zu den neuen historischen Rekordmarken an der Technologiebörse Nasdaq fanden dort mit 39 Börsengängen auch die meisten IPOs statt. Während in den vergangenen Jahren klar die Healthcare-IPOs dominierten, werden diese nun von Tech-Unternehmen überflügelt. 17 Technologie-IPOs brachten 5.1 Mrd. USD in den USA ein, 15 IPOs von Herstellern von Konsum-Produkten 1.3 Mrd. USD und 11 Healthcare-IPOs nur 0.8 Mrd. USD.
Grenzüberschreitende IPOs nehmen zu
Vier der 17 Tech-IPOs in den USA waren cross-border IPOs von nicht US-Unternehmen. Das ist ein Trend, der an Bedeutung gewinnt. Im ersten Halbjahr gingen insgesamt 24 Unternehmen cross-border in den USA an eine der Börsen. Davon stammen 16 aus China, auf die mit 4.5 Mrd. USD auch der Löwenanteil der Erträge entfällt. Vier stammen aus Europa, zwei aus Argentinien und je eines aus Brasilien und Israel. Angesichts von 101 IPOs in den USA im ersten Halbjahr sind somit 23% cross-border IPOs.
Ebenfalls 23% entfallen auf sogenannte financial sponsor-backed IPOs, also Börsengänge von Unternehmen, an denen Private Equity oder Venture-Capital-Gesellschaften wesentlich beteiligt sind. Die Performance der IPOs am ersten Handelstag lag in den USA im ersten Halbjahr bei durchschnittlich 14,7%. Auch die Aftermarket-Performance spricht mit durchschnittlich 37,4% zum Ende des ersten Halbjahres eine klare Sprache zur Verfassung und Aufnahmebereitschaft der US-Börsen. Es erklärt auch das anhaltend hohe Interesse der Anleger an IPOs.
Vermögensschaffung auf chinesische Art
In der Region Asien-Pazifik fanden im zweiten Quartal 137 IPOs statt, die Einnahmen summierten sich auf 17.6 Mrd. USD. Davon entfielen 19 Börsengänge und Erträge von 6.7 Mrd. USD allein auf Shanghai. In Hongkong gab es 35 IPOs mit 3 Mrd. USD Erträgen. Besonders aktiv waren die Juniormärkte. EY führt die gedämpfte Entwicklung in China auf die Regierungspolitik zurück, den Zulassungsprozess strenger zu kontrollieren. Der Zulassungsprozess könne bis zu zwei Jahre dauern, so EY. Weiterhin seien die IPOs stark überzeichnet: in Hongkong durchschnittlich 420fach und in China sogar 2’800fach! So erklärt sich auch die starke Performance am ersten Handelstag, die in China bei durchschnittlich 44% liegt, dem höchstmöglichen Kursanstieg an einem Handelstag. Per Ende des ersten Halbjahres liegt die Performance der IPOs bei 91,1%. In Hongkong liegen die Vergleichszahlen bei 3,4% und 12,7%. Auch Foxconn stieg um 44% am ersten Handelstag auf eine Market Cap von 62 Mrd. USD. Ein Milliardensegen für neue Aktionäre.
Zwei der angekündigten IPOs aus dem Portfolio der chinesischen Beteiligungsgesellschaft HNA wurden mangels Interesse der Anleger zurückgezogen. Anfang Juli starb der Mitgründer und CEO von HNA bei einem Autounfall in Frankreich.
IPO-Boom in Japan setzt sich fort
In Japan gingen 21 Unternehmen an die Börse und nahmen 1.5 Mrd. USD ein. Es handelt sich überwiegend um High-Tech-Unternehmen, die im Rahmen der Abenomics-Politik der Erneuerung Innovationen hervorbringen. Auch in der Region Asien-Pazifik dominieren Technologie-Unternehmen die IPO-Statistik. 28 IPOs bringen 7.9 Mrd. USD ein. In Japan und Australien sind die Emissionserträge im zweiten Quartal sogar gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres weiter gestiegen.
Indien im IPO-Fieber
Im Rest der Welt inklusive Europa fanden im zweiten Quartal 2018 insgesamt 122 IPOs statt mit Einnahmen von 11.8 Mrd. USD. Im ersten Halbjahr werden 236 IPOs mit Erträgen von 29.5 Mrd. USD gezählt. Davon entfallen allein 94 Börsengänge und Erträge von 4 Mrd. USD auf Indien. Trotz Brexit steht London mit 13 IPOs und Einnahmen von 2.7 Mrd. USD dennoch an der Spitze. Es folgt Nasdaq OMX + First North mit 21 IPOS und Erträgen von 2 Mrd. USD. Das sind die Börsen von Schweden, Finnland, Dänemark, Island und Estland. Mit 27 IPOs und Erträgen von 3.8 Mrd. USD war der Tech-Sektor auch in der EMEIA-Region an erster Stelle. Grösstes IPO war das niederländische Tech-Unternehmen Adyen an der Euronext mit Einnahmen von 1.1 Mrd. USD, gefolgt von Ceva Logistics an der SIX in der Schweiz mit 824 Mio. USD Emissionsertrag. Das gute Börsenklima für Neuemissionen zeigt sich auch in der durchschnittlichen Performance der IPOs in dieser heterogenen Zone: 11% am ersten Handelstag und 16,3% per Ende des ersten Halbjahres. Der Ausblick ist gemischt. Während Indien weiter boomen soll, zeigen sich Emittenten in Europa vielfach abwartend. Eine Belebung erwartet EY in Saudi-Arabien durch die Anhebung des Status auf Emerging Market und das angekündigte Privatisierungsprogramm.
Neuemissionsmarkt in der Schweiz floriert
In Europa verlief das zweite Quartal in wichtigen Märkten wie Deutschland ruhiger als das erste. Die Schweiz bildet nach Anzahl der IPOs eine Ausnahme mit einer Beschleunigung der Primärmarktaktivität, das Volumen war jedoch ebenfalls rückläufig. Eine Bilanz der Schweizer Börsengänge von 2017 und 2018 findet sich hier.
Für das zweite Halbjahr, so die ZKB in ihrem IPO-Newsletter zum 2.Quartal 2018, könnten Impulse von dem angekündigten Börsengang des Automatenbetreibers Selecta ausgehen sowie von der Ankündigung von Novartis, die Augenheilsparte Alcon an die Börse zu bringen.