Marc Ziegler, CEO Auto AG: «Wir starten 2019 mit dem Verkauf von Elektro-Lieferwagen»

Diesel-Skandal hat bisher keine Auswirkungen auf den Nutzfahrzeug-Absatz.

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Zur Person: Marc Ziegler (46) ist seit 1. Mai 2018 CEO der Auto AG Group. Der studierte Betriebsökonom war zuvor 17 Jahre für den Business Software-Anbieter SAGE tätig, zuletzt als Geschäftsführer von SAGE Switzerland. Ziegler wohnt in Büttikon AG, ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Das zentralschweizer Bus- und Nutzfahrzeugunternehmen Auto AG Group ist 2017 durch den Kauf der Ostschweizer Nater AG auf einen Schlag umsatzmässig um mehr als einen Drittel gewachsen. 2018 feierte das Unternehmen sein 100-jähriges Bestehen und setzte mit Marc Ziegler einen neuen CEO ein. Im Gespräch mit schweizeraktien.net nimmt Ziegler Stellung zu den Auswirkungen des Diesel-Skandals auf das Nutzfahrzeuggeschäft und berichtet von den nächsten Schritten in Richtung Digitalisierung und Elektromobilität. Noch in diesem Jahr will das Unternehmen mit dem Verkauf von elektrisch betriebenen Lieferwagen starten. Der Abschluss einer Vertriebspartnerschaft mit einem neuen Anbieter steht offenbar kurz vor der Unterzeichnung.

Herr Ziegler, der Dieselskandal und die drohenden Fahrverbote in deutschen Städten haben dem Ansehen des Dieselmotors geschadet. Wie gross ist der Schaden in der Schweiz und insbesondere für die Auto AG im Nutzfahrzeughandel?

Die Diesel-Diskussion wurde hier in der Schweiz nicht so angeheizt, wie dies in Deutschland der Fall ist. Auch sind Fahrverbote für Dieselfahrzeuge momentan keine Gefahr. Daher wird das Thema in der Schweiz auch viel weniger diskutiert. Im Verkauf der leichten Nutzfahrzeuge spüren wir wenig Zurückhaltung. Bei den schweren Nutzfahrzeugen über 3,5 t überzeugt der Dieselmotor auch weiterhin. Allerdings wurde die Diskussion über Alternativen verstärkt. Auch wir prüfen hier verschiedene Möglichkeiten.

Welche Alternativen bieten Sie heute Ihren Kunden an, die keine «schmutzigen Diesel» mehr möchten?

Im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge ist sicherlich die Elektromobilität eine Alternative, bei den schweren Nutzfahrzeugen ist es Flüssiggas, also LNG. Im europäischen Ausland ist LNG schon heute verbreitet. In der Schweiz fehlt noch die Infrastruktur. Es ist eine klassische Huhn-Ei-Frage. Solange es nicht genügend Tankstellen für LNG in der Schweiz gibt, wird auch die Nachfrage nach LNG-Fahrzeugen nicht steigen.

2018 haben Sie über 1’800 Nutzfahrzeuge verkauft. Wie gross ist der Anteil an alternativ betriebenen Fahrzeugen bereits?

Die verkauften Fahrzeuge waren 2018 praktisch zu 100% Diesel-Fahrzeuge. Nur im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge wurden einige Iveco-Fahrzeuge zu Elektrofahrzeugen umgebaut. Dabei handelt es sich allerdings mehr um Marketing-Aktionen. Für schwere Nutzfahrzeuge ist ein Batterieantrieb heute aufgrund der Nutzlast und Reichweite meist noch keine Alternative zum Verbrennungsmotor.

Wie sieht es im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge aus?

Hier sind wir in Gesprächen mit Anbietern von elektrischen Lieferwagen. Wir starten noch 2019 mit dem Verkauf von Elektro-Lieferwagen. Dabei wird es sich nicht um Fahrzeuge unserer bisherigen Vertragspartner, sondern um ein Modell eines neuen Partners handeln.

Das geht aber sehr rasch. Wie gross schätzen Sie das Umsatzpotenzial für diese Fahrzeuge?

An den elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen ist besonders der kommunale Bereich sehr interessiert. Die Fahrzeuge sind emissionsfrei und leise. Wenn dann auch der Preis noch konkurrenzfähig ist, wäre es durchaus möglich, dass wir noch in diesem Jahr 50 bis 150 Fahrzeuge verkaufen. Wir konzentrieren uns hier aber ausschliesslich auf die leichten Nutzfahrzeuge. Im schweren Bereich sehen wir klar LNG als Alternative, weil die Reichweite hier viel grösser ist. Ein LNG-Truck kann bis zu 1’200 km mit einer Tankfüllung fahren. Es wird noch lange dauern, bis dies mit einer Batterieladung möglich ist.

Ist die Investition in die notwendige Infrastruktur für die Auto AG ein neues Geschäftsfeld?

Bei LNG führen wir schon Gespräche. Wir wären auch hier bereit zu investieren. Allerdings würde sich dies nur rentieren, wenn wir eine entsprechende LNG-Flotte verkaufen könnten. Ähnlich sieht es bei der Elektromobilität aus. Eine andere Option ist hier die Kooperation mit Energieunternehmen.

Welche Auswirkungen wird die Elektromobilität auf Ihr Geschäft haben?

Die Elektromobilität wird in unserem Unternehmen ein Umdenken zur Folge haben. Heute ist das After-Sales-Geschäft sehr wichtig für uns, denn beim Verkauf der Nutzfahrzeuge verdienen Sie nur sehr wenig. Dieses Modell gilt übrigens nicht nur für uns, sondern für alle Garagisten. Elektrofahrzeuge benötigen aber viel weniger Service und haben deutlich weniger Verschleissteile. Daher wird der Umsatz mit Reparaturen deutlich geringer ausfallen. Für uns ist es daher wichtig, dass wir im Verkauf mehr verdienen, um die fehlenden Umsätze im After-Sales-Geschäft zu kompensieren.

Wo sehen Sie weitere Ertragsmöglichkeiten?

Der Trend geht in der Sharing Economy auch dahin, Fahrzeuge nicht mehr zu besitzen, sondern nur noch für die Nutzung zu zahlen. Long-Term-Rentals und Full-Service-Packages sind nur einige Beispiele, über die wir nachdenken. Mit der Nater-Tochter Rentir AG sind wir schon heute in der Vermietung tätig. Dieses Geschäftsfeld werden wir noch erweitern.

2017 konnte die Auto AG dank der Übernahme von Nater den Umsatz kräftig steigern. Wie verlief das Geschäftsjahr 2018?

Nach mehreren Jahren mit rückläufigen Umsätzen sind wir 2017 erstmals auch organisch wieder gewachsen. Obwohl im 2018 die Stimmung in den Medien schon wieder pessimistisch für die Konjunktur und auch die Diskussionen über den Dieselskandal stets präsent war, konnten wir ein organisches Wachstum von mehr als 5% erzielen und damit das Budget sogar übertreffen.

Welche Segmente sind am stärksten gewachsen, wo lief es weniger gut?

Im öffentlichen Verkehr war die Entwicklung stabil, was wenig überraschend ist, weil wir hier langfristige Verträge erfüllen. Mit der Auto AG Bus führen wir jetzt auch Fahrten im privaten Personenverkehr durch, was sich sehr positiv entwickelt hat. Bei den leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 t konnten wir in einem stabilen Marktumfeld die Stückzahlen steigern. Im Teilmarkt der mittleren und schweren Nutzfahrzeuge ist die Anzahl verkaufter Einheiten wie auch der Markt leicht gesunken. Erfreulich war auch die Entwicklung der Sparten Werkstatt und Ersatzteilverkauf. Beide liegen über dem Vorjahr. Die Tochter GESER Fahrzeugbau AG verzeichnete im Bereich Reparaturen und Lackiererei ein Wachstum, während der Neubau von Fahrzeugaufbauten rückläufig war.

Als IT-Experte sind Sie für das Thema Digitalisierung der richtige Mann. Welche Schritte haben Sie bei der Auto AG bereits unternommen, und was ist noch zu erwarten?

Mein Fokus liegt vor allem auf der Optimierung der Prozesse und Abläufe. Hier haben wir noch viel Potenzial. Mittelfristig werden wir auch den gesamten Werkstattprozess digitalisieren. Dies wird soweit gehen, dass sich das Fahrzeug selbst in der Werkstatt anmeldet und dieses alle Daten zur Analyse noch vor dem Eintreffen durchgibt. Allerdings werden wir Digitalisierung nicht um der Digitalisierung Willen vorantreiben, sondern nur dort einsetzen, wo es Kundennutzen oder Effizienzgewinne bringt.

Wie gross werden die Investitionen in die digitale Transformation der Auto AG Group ausfallen?

Die Investitionen werden wir über mehrere Jahre verteilen und auch nicht als Ausrede für eine rückläufige Rentabilität verwenden. Mein Ziel ist es, in den kommenden Jahren die Umsatzrentabilität von 2 auf 4,5% zu steigern. Dies gelingt vor allem über die Effizienzgewinne.

Die Auto AG ist in den letzten Jahren stets durch Akquisitionen gewachsen. Wie sieht aktuell Ihre Akquisitionsstrategie aus, und in welchen Sektoren sind die nächsten Zukäufe zu erwarten?

Wir haben permanent Dossiers auf dem Tisch. Unser Ziel ist aber nicht nur quantitatives Wachstum, sondern auch eine Verbesserung der Rentabilität. Da gibt es derzeit fast keine Objekte, die gute Rentabilitätskennziffern aufweisen. Ausserdem befinden wir uns noch in der Konsolidierungsphase, denn die Nater-Akquisition ist noch nicht ganz verdaut. Erst dann sind wir bereit für die nächste Akquisition. Generell sehe ich die Auto AG in den kommenden Jahren auch als Treiber der Marktkonsolidierung. Es gibt in der Deutschschweiz und in der Westschweiz noch einige weisse Flecken auf der Landkarte, die wir besetzen möchten.

Per Ende 2018 sollte die Firmenstruktur vereinfacht werden. Wie weit sind Sie mit Ihrem Vorhaben, und welche Auswirkungen wird dies auf die Erfolgsrechnung 2018 haben?

Im letzten Jahr haben wir die Immobilien in die Auto AG Immobilien übertragen, die Auto AG Bus und per 1. Januar 2019 die Auto AG Management gegründet. Im April 2019 werden wir die acht Tochtergesellschaften im Nutzfahrzeugbereich in die Auto AG Truck einbringen. Der Name «Nater» wird dann verschwinden, denn wir werden unter dem einheitlichen Branding Auto AG Truck auftreten. Von der Zusammenführung erhoffen wir uns weitere Effizienzgewinne, die ab 2020 voll wirksam werden.

So soll der A2 Gewerbepark aussehen, der auf dem Areal der Auto AG in Rothenburg geplant ist;. links ein Park- und Lagerhaus, rechts das Büro- und Gewerbegebäude. Bild: zvg.

Auch die Immobilien sollten in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert werden. Ein wichtiges Projekt ist seit einigen Jahren der Ausbau des Nutzfahrzeugcenters in Rothenburg. Können Sie dazu weitere Angaben machen?

Wir konnten Mitte Januar die Baueingabe für ein Büro- und Gewerbegebäude mit Parkhaus machen, das auf unserem Firmengelände entlang der Stationsstrasse erstellt werden soll. Mit der Baubewilligung rechnen wir in etwa drei Monaten. Es kann aber auch länger dauern. Sobald wir die Baubewilligung haben, suchen wir einen oder mehrere Ankermieter sowie weitere Mieter. Erst wenn das Gebäude zu mindestens 50% vermietet ist, starten wir mit dem Bau. Allerdings ist die Vermietungssituation nicht mehr ganz so einfach wie zu Beginn der Planungen. Mit Büros, Gewerbe, Lager und einem Parkhaus bieten wir allerdings einen interessanten Mix für potenzielle Mieter.

Herr Ziegler, vielen Dank für das Gespräch.

Fazit

Die Aktien der Auto AG Holding werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 450 CHF für eine Aktie gezahlt. Der Aktienkurs hat binnen Jahresfrist um fast 25% verloren. Sofern in 2018 das Vorjahresergebnis von 3,1 Mio. CHF (oder 37 CHF je Aktie) wieder erreicht wird, liegt das KGV bei moderaten 12. Zudem werden die Aktien mit einem deutlichen Abschlag auf den Buchwert von 649 CHF (per Ende 2017) gehandelt. Bei einer Dividende von regulär 10 CHF (im Vorjahr wurden zusätzlich 2 CHF Jubiläumsdividende gezahlt), rentiert der Titel mit 2,2%. Insgesamt erscheint die Aktie der Auto AG gerade nach dem jüngsten Kursrückgang nicht zu hoch bewertet.

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