Bruno Vattioni, CEO Säntis-Schwebebahn: «Wir haben unsere Risiken gut und vorausschauend beurteilt»

Rekordgeschäftsjahr 2018 im Schatten zweier Lawinenniedergänge im Januar 2019

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Das Geschäftsjahr 2018 war mit einem Nettoumsatz von über 19 Mio. CHF und einem EBITDA von über 3.5 Mio. CHF das erfolgreichste in der Geschichte der Säntis-Schwebebahn AG. Auch die grosse Nachfrage nach Aktien der Bergbahn hielt unvermindert an. Der Bestand an Aktionären erhöhte sich um 424 Anteilseigner auf 16’655.

Der Blick auf das erfreuliche Ergebnis und das wachsende Aktionariat aus 2018 wird aber überschattet von den Ereignissen am 10. und 13. Januar 2019, als die Natur zweimal hintereinander zuschlug. Zunächst verschüttete eine Lawine teilweise das Hotel „Säntis“ auf der Schwägalp, das der Säntis-Schwebebahn AG gehört. Glück hatten die anwesenden Gäste und das Personal, es gab nur drei Leichtverletzte. Ein paar Tage später erwischte es dann die Schwebebahn: Eine weitere Lawine beschädigte einen Stützpfeiler so schwer, dass der Betrieb bis auf weiteres eingestellt werden musste.

Blick in das Innere des Hotel „Säntis“ nach dem Lawinenniedergang vom 10. Januar 2019. Bild: srf.ch

Den Schaden, den die beiden Lawinen am Hotel und der Schwebebahn verursacht haben, kann Bruno Vattioni, CEO der Säntis-Schwebebahn AG, noch nicht abschätzen. Auch müssen erst Schadenabklärungen vorgenommen werden, um zu wissen, welche Leistungen die Versicherungen übernehmen. Im Gespräch mit schweizeraktien.net äussert sich Vattioni über die „unerwartet grosse Solidarität“, die dem Unternehmen von allen Seiten entgegengebracht wurde, zum Säntis als Berg der Wetterrekorde sowie zur nächsten Generalversammlung, die wie geplant am 28. Juni stattfinden soll.

Bruno Vattioni, CEO der Säntis-Schwebebahn AG, am Fusse des Hausbergs Säntis. Bild: zVg.

Herr Vattioni, neben den Schäden müssen Sie auch mit Stornierungen rechnen. Wie viele Gäste haben aufgrund des Lawinenabgangs abgesagt, und wie wirken sich diese Stornierungen auf das Geschäft aus?

Unsere Gäste kontaktieren wir laufend und stellen ihnen eine allfällige Stornierung ihrer Reservation frei. Wir dürfen jedoch feststellen, dass von Individualgästen fast keine Absagen erfolgen. Unser Angebot auf der Schwägalp, im «Säntis – das Hotel», im Gasthaus «Passhöhe» und im «Säntis – der NaturErlebnispark» sind ja von den Einschränkungen nicht betroffen. Die Hauptaufgabe unseres Event-Teams ist es zurzeit, mit den vielen Firmen-, Verbands- und Gruppengästen die Anpassung ihrer geplanten Seminar-, Workshop- und Ausflugsprogramme zu besprechen. Aber auch in diesem Segment können wir aufgrund unserer breiten Möglichkeiten gute Alternativen anbieten. Die Kunden sind sehr verständnisvoll und halten uns die Treue.

Der Betrieb der Säntis-Schwebebahn von der Schwägalp auf den Säntis bleibt in den nächsten Monaten eingestellt. Mit welchen Rückgängen rechnen Sie bei den Besuchern, wenn man von einer monatelangen Stilllegung spricht?

Wie lange der Betriebsunterbruch der Schwebebahn und damit auch des Gastronomie- und Eventbetriebes auf dem Säntis dauert, ist zurzeit nicht bekannt. Wie sich das in den nächsten Monaten entwickelt, wird sich zeigen. Höchst erfreulich ist aber, dass uns seit dem schlimmen Ereignis unglaublich viel Goodwill entgegengebracht wird. So sind beispielsweise in den vergangenen Tagen Bestellungen von Gutscheinen für unsere Angebote oder Anfragen zum Erwerb von Aktien der Säntis-Schwebebahn enorm angestiegen. Tief beeindruckt hat uns die unerwartet grosse Solidarität und die vielen guten Wünsche, welche uns von allen Seiten zugesprochen wurden. Dafür sind wir sehr dankbar. Dankbar sind wir aber auch für das grosse Glück, dass wir bei all dem Schlimmen in Anspruch nehmen durften, dass es den drei leichtverletzten Personen bereits wieder gut geht und für die spontane Hilfeleistung während den Bergungs- und Aufräumarbeiten.

Sie haben kurz nach der Bekanntgabe der Einstellung des Betriebs der Säntis-Schwebebahn gesagt, dass Sie keine Kündigungen aussprechen. Wie beschäftigen Sie die betroffenen Mitarbeitenden weiter?

Der Fachkräftemangel in der Schweizer Wirtschaft ist akut. Ganz besonders in der Gastronomiebranche, wo die total misslungene Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative die Situation noch verschärft hat. Wir werden in den kommenden Monaten einerseits Überstunden abbauen und Ferien beziehen. Wir werden aber auch die kommende Zeit, während der uns der Säntis, der wichtigste unserer drei Tourismusbetriebe, nicht zur Verfügung steht, nutzen, um unser neu konzipiertes Gastronomiekonzept umzusetzen, zu trainieren und in den Details zu verfeinern.

Wie werden sich die Naturereignisse im Januar 2019 auf Ihren Jahresabschluss auswirken?

Jetzt Anfang des Jahres 2019 müsste ich mich eigentlich mit den Jahresabschlussarbeiten des letzten, des bisher erfolgreichsten Geschäftsjahres in der 84-jährigen Geschichte der Säntis-Schwebebahn AG, beschäftigen. Die im vergangen Jahr eingeleiteten Strukturanpassungen, verbunden mit der Einführung eines neuen Gastronomiekonzeptes, haben sich auf der Aufwandseite bereits positiv ausgewirkt. Mit der für dieses Jahr vorgesehenen Angebotserweiterung auf dem Säntis sowie dem Umbau des Bergrestaurants, was jetzt halt etwas ins Stocken geraten ist, werden wir künftig auch auf der Ertragsseite positive Effekte verzeichnen können. Nun hat uns die Natur aber wieder einmal ihren Meister gezeigt. Deshalb sind andre Aufgaben ins Zentrum gerückt. Erste Gespräche mit unseren Versicherungspartnern haben gezeigt, dass wir unsere Risiken gut und vorausschauend beurteilt haben. Wir sind auch diesbezüglich zuversichtlich, mit einem blauen Auge davonzukommen. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es hypothetisch, bereits Aussagen über den diesjährigen Geschäftsverlauf zumachen. Wir sehen dem aber positiv entgegen – das Jahr ist noch jung.

Für den Wintersportbetrieb ist Schnee ein Segen. Ist das, was in der ersten Hälfte des Januars runterkam, Segen oder doch eher Fluch für Sie?

Die Säntis-Schwebebahn ist ein Ganzjahres-Tourismusunternehmen und deshalb nicht mit typischen Wintersportunternehmen zu vergleichen. Unsere saisonal stärkste Jahreszeit ist der Sommer und Herbst. In den letzten Jahren gelang es uns, in den Wintermonaten mit attraktiven Wellbeing-Angeboten, zusammen mit dem neuen «Säntis – das Hotel», oder auch dem äusserst beliebten «romantischen Laternliweg», kräftig zuzulegen.

Haben Sie je solche Mengen an Schnee im Januar eines Jahres erlebt?

Die Schneemenge auf Säntis und Schwägalp war schon bedeutend umfangreicher. Im April 1999 betrug die Schneehöhe 8,16 Meter. Aktuell liegen auf dem Säntis 5,1 Meter Schnee und auf der Schwägalp 1,6 Meter. Der Säntis ist schweizweit der Berg der Wetterrekorde. Im Klimamittel 1981 bis 2010 ist hier der nässeste Ort der Schweiz. Die höchste gemessene Regenmenge betrug 4’183 mm und geht auf das Jahr 1922 zurück. Die stärkste Sturmgeschwindigkeit wurde am 26. Dezember 1999 mit 230 km/h gemessen.
Es erstaunt deshalb nicht, dass bereits im Jahr 1882 die erste Wetterwarte Europas auf dem Säntis gebaut wurde. Sie ist heute noch eine der wichtigsten Wetterstationen im Datennetz von MetoSwiss.

Der Gipfel des Säntis mit der Wetterstation. Bild: tripadvisor.ch

Ein Highlight für Ihre Aktionäre ist das Gratisticket auf den Säntis anlässlich der GV, die dieses Jahr am 28. Juni stattfindet. Wie sieht Ihre Planung für die GV 2019 aus?

Die Generalversammlung findet immer in einem grossen Festzelt auf der Schwägalp statt. Somit können wir auch die nächste GV gemäss dem bewährten Konzept durchführen. Bezüglich der Gültigkeit der den Aktionären abgegebenen Freifahrttickets sind wir selbstverständlich kulant, sollte die Schwebebahn bis dahin nicht wieder in Betrieb sein.

Herr Vattioni, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Die Aktie der Säntis-Schwebebahn AG ist auf der Plattform OTC-X der BEKB gelistet und wurde zuletzt bei 850 CHF gehandelt.

 

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