Duri Prader, CEO Lienhardt & Partner: «Im Vergleich zu anderen Banken sind wir weniger abhängig von den Entwicklungen an den Finanzmärkten»

Wachstum verdankt die Privatbank hauptsächlich dem Standbein Vorsorge

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Die asiatische Glückszahl «8»: Duri Prader (51), CEO und Managing Partner bei Lienhardt & Partner, hat im Gespräch mit schweizeraktien.net die Grafik «Lucky Number» des Zürcher Künstlers Mayo Bucher als Hintergrund gewählt. Bild: schweizeraktien.net

Lienhardt & Partner hat 2018 wiederum ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr hingelegt. So stieg bei gleichbleibendem Aufwand der Geschäftserfolg um 10,1% auf 9.27 Mio. CHF. Auch die Bilanzsumme (+5,4% auf 946 Mio. CHF) und die verwalteten Vermögen (+8,2% auf 741 Mio. CHF) nahmen zu.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net erläutert CEO Duri Prader die Gründe des Geschäftserfolgs und führt aus, warum die Bank ihr Geschäftsmodell mit den zwei Standbeinen Banking und Immobilien um den Bereich Vorsorge ausgebaut hat.

Herr Prader, das 150. Jubiläumsjahr 2018 ist gefeiert. Verkatert?

In keiner Weise. Der Rückblick in die Vergangenheit hat uns Freude bereitet und zugleich neue Energie vermittelt, um wieder mit Elan nach vorne zu blicken und uns weiterzuentwickeln.

Sie konnten trotz widriger Umstände am Ende des Börsenjahres 2018 den Geschäftserfolg um über 10% steigern. Worauf führen Sie die überdurchschnittliche Performance zurück?

Das in seiner Art einzigartige Geschäftsmodell unserer Bank verfügt mit den Bereichen Private Banking, Immobilien und Vorsorge über gut diversifizierte Ertragsquellen. Etwa 40% der Erträge kommen vom Anlagegeschäft, 30% von den Immobilien, 20% von den Zinsen und 10% vom Handel. Demzufolge sind wir im Vergleich zu anderen Banken weniger abhängig von den Entwicklungen an den Finanzmärkten.

Im ersten Halbjahr gingen Ihre Einnahmen aus dem Handelsgeschäft um 14% zurück. Wie hat sich das Handelsgeschäft über das ganze Jahr entwickelt?

Über das ganze Jahr gesehen haben wir ein Resultat erreicht, das knapp unter dem Vorjahr liegt. Da wir keinen nennenswerten Eigenhandel betreiben, sind wir im Handelsgeschäft überdurchschnittlich von den Entwicklungen an den Finanzmärkten und den daraus resultierenden Umsätzen aus Private Banking und Vorsorge abhängig. Es war kein einfaches Jahr für den Handel, aber wir sind damit zufrieden.

Alle Welt spricht derzeit vom Robo Advisory als Alternative zum klassischen Private Banking. Auf welche Lösungen setzt Lienhardt & Partner?

Wir verschliessen uns dem Segen der digitalen Technologien nicht, aber für uns steht die unabhängige Beratung von Mensch zu Mensch weiterhin im Zentrum. Bei uns reden Kunden mit Beratern, nicht mit Verkäufern. Doch Automatisierung und Digitalisierung machen möglich, was bis anhin undenkbar war. Algorithmen erahnen zunehmend, wie sich Menschen verhalten. Künstliche Intelligenz macht dem menschlichen Gehirn Konkurrenz. Daher setzen wir für die Vermögensverwaltung im Private Banking vermehrt auch auf regelbasierte Ansätze. Der Kunde merkt davon wenig. In der Vorsorge hingegen wird der Einsatz der neuen Technologien für den Kunden direkt sichtbar, weil wir die Prozesse weitestgehend digitalisiert haben. Schauen Sie sich beispielsweise unsere «Grand Prix Anlagen» unter www.grandprix.ch an; dieses Angebot ist komplett digitalisiert. Darüber hinaus werden wir im laufenden Jahr mit einem Robo-Angebot in der privaten Vorsorge 3a starten.

Ein weiteres Thema sind Cypto-Währungen. Spüren Sie im Anlagegeschäft hier eine Nachfrage?

Nein, von einer Nachfrage spüren wir nichts. Aber es gibt hierzu spezialisierte Anbieter. Die Finma unterscheidet zwischen Zahlungs-, Utility- und Anlagetoken. Wir verfolgen in diesem Bereich lediglich die Entwicklung der Anlagetoken, die Wertrechte verbriefen. Das finden wir spannend. Beispielsweise wurde erst kürzlich die erste Immobilientransaktion über die Blockchain gemeldet. Wir werden in der nächsten Ausgabe unseres Kundenmagazins «Investor» mehr darüber berichten.

Generell zum Anlagegeschäft: Wie sind Ihre Prognosen für das Börsenjahr 2019?

Im Zyklus einer langen Hausse nähern wir uns einem Ende, aber das sagt nichts darüber aus, ob die nächste Bewegung nach unten oder nach oben gehen wird, sondern nur etwas über die Wahrscheinlichkeiten. Nach dem stürmischen vierten Quartal im letzten Jahr gehe ich von einem guten Aktienjahr aus, auch wenn viele Marktbeobachter nicht daran glauben. Dank den Zentralbanken bleiben die Stimuli für die Märkte intakt. Kurzfristig sind wir sicherlich in einer „überkauften“ Situation nach diesem fulminanten Start an den Börsen Anfang Jahr.

2014 sind Sie in das Vorsorgegeschäft eingestiegen. Mittlerweile haben Sie neben der Unabhängigen Vorsorge Zürich (UVZH) weitere Angebote gestartet. Was genau bieten Sie in diesem Bereich an?

Wir führen je eine unabhängige Freizügigkeitsstiftung im Kanton Zürich und im Kanton Schwyz sowie eine unabhängige Vorsorgestiftung 3a. Darüber hinaus haben wir diverse Produkte für die freie Vorsorge im Angebot und bieten insbesondere Versicherungsgesellschaften eine komplette Dienstleistungspalette an. Das alles ist unter www.uvzh.ch zu finden.

Warum haben Sie den Schwenk in Richtung Vorsorge gewagt, und wie sind nach den fünf Jahren Ihre Erfahrungen?

Den Schwenk in Richtung Vorsorge haben wir gewagt, weil sich seit einigen Jahren die Vermögen der Privatkunden mehrheitlich in die Kategorien Private Banking, Immobilien und Vorsorge aufteilen lassen. Vor Einführung der beruflichen Vorsorge war das natürlich anders. Deshalb mussten wir unser Geschäftsmodell anpassen und den beiden bestehenden Bereichen Private Banking und Immobilien die Vorsorge hinzufügen. Nur so können wir unseren Leitsatz „Im Dienste Ihres Vermögens. Seit 1868.“ heute auch wirklich umsetzen. Die Erfahrungen, die wir mit dieser Anpassung gemacht haben, sind für uns äusserst erfreulich. Wir konnten neue Technologien anwenden, organisch wachsen und unserem Geschäftsmodell neue Dynamik verleihen.

Die Erträge aus dem Kommissions- & Dienstleistungsgeschäft haben 2018 trotz einer schwachen Börse zugelegt. Wie gross ist der Anteil des Vorsorgegeschäfts an diesem Erfolg?

Es ist klar, dass der Mehrertrag dem Wachstum der verwalteten Vermögen zu verdanken ist. Wir konnten sowohl im Private Banking als auch in der Vorsorge wachsen; der überwiegende Anteil stammt aber aus der Vorsorge.

Wie wird sich dieser Geschäftszweig künftig weiter entwickeln? Welche Ziele haben Sie?

Wir wollen neue Kunden gewinnen und weiterwachsen. Zwei Wege verfolgen wir zu diesem Zweck. Zum einen sind wir an der Prüfung einer 1e-Plattform. Sie würde das bestehende Angebot ergänzen und komplementieren. Auch wenn 1e-Lösungen in der Pensionskassenwelt heute noch eine vergleichsweise bescheidene Rolle spielen, sehen wir ein grosses Potenzial. Zum anderen wollen wir unseren technologischen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern im Vorsorgebereich halten und weiter ausbauen. Wir haben uns deshalb entschlossen, unsere IT umfassend zu modernisieren. Zusammen mit unserem IT-Provider werden wir im laufenden Jahr eine neue Softwarelösung einführen, welche unsere Leistungsfähigkeit in jeder Beziehung massgeblich steigern wird.

Die Dividende soll in diesem Jahr wieder auf die Höhe von 2017 zurückgefahren werden, als Sie 40 CHF zahlten. Zwischenzeitlich gab es ja die Jubiläumsdividende von 150 CHF. Warum erhöhen Sie trotz des guten Geschäftsverlaufs die Dividende nicht?

Stetig wachsendes Eigenkapital der Bank Lienhardt. 2018 blieb das EK auf Vorjahresniveau aufgrund der ausbezahlten Sonderdividende. Quelle: Geschäftsbericht Lienhardt & Partner Privatbank

Es ist in der Kompetenz des Verwaltungsrates, die Höhe der Dividende der Generalversammlung vorzuschlagen. Ich will und kann dazu keine Stellungnahme abgeben. Sagen kann ich aber, dass wir über die letzten Jahre immer den Eigenmittelausweis erhöhen konnten. Im letzten Jahr war dies aber nicht möglich, weil wir eine grosszügige Jubiläumsdividende ausgeschüttet hatten. Es macht daher durchaus Sinn, wieder zur bisherigen Ausschüttungspolitik zurückzukehren.

Hat es in Ihrem Immobilienportfolio, das Sie bekanntermassen sehr konservativ bewirtschaften, Bewegung gegeben?

Nein, wir haben weder Käufe noch Verkäufe getätigt. Wir konzentrieren uns im Augenblick darauf, unseren Bestand zu optimieren, gerade bei den jetzigen Preisen.

Kommen wir zum Schluss noch zu einer Personalie: Als neues Verwaltungsratsmitglied soll der ehemalige Raiffeisen-Mann Michael Auer zu Lienhardt stossen. Können Sie der Kritik über den schnellen Wechsel des möglicherweise belasteten ehemaligen engen Mitarbeiters von Pierin Vincenz etwas abgewinnen?

Es ist Aufgabe des Verwaltungsrates, neue Mitglieder der Generalversammlung zur Wahl vorzuschlagen. Sie können davon ausgehen, dass dieses Gremium, den Grundsätzen der Vorsicht und der Unabhängigkeit folgend, alle notwendigen Abklärungen vorgenommen hat.

Herr Prader, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 

Die Aktien von Lienhardt werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) und bei Lienhardt & Partner selbst gehandelt. Der letztbezahlte Kurs lag bei 2’500 CHF.

Hinweis in eigener Sache: Am 4. Juni findet der Branchentalk Banken statt. Im Fokus stehen das Vorsorge- und Vermögensverwaltungsgeschäft. Weitere Informationen, das Programm und die Online-Anmeldung finden Sie hier.

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