Donald Trump hat es wieder geschafft! Sah es im Juli noch so aus, als ob sich die USA und China im Handelsstreit endlich einig würden, so schickte der US-Präsident die internationalen Börsen Anfang August erneut in den Keller. Die Drohung des Politikers von noch höheren Zöllen war Gift für Aktien, und so büssten die wichtigen Leitindizes rund um den Globus ganz schnell um 5% und mehr ein. Die Chinesen konterten und stoppen als ersten Schritt die US-Agrarimporte.
Das war wie Öl ins Feuer giessen, und die Unsicherheit am Aktienmarkt ist hoch. Und so hatte sich die Volatilität, als Mass für die Kursschwankungen und damit des Risikos, an den Börsen zwischen Ende Juli und Anfang August enorm erhöht. Im Volatilitätsindex des SMI, dem VSMI, hat sich die Volatilität innerhalb weniger Tage auf mehr als 17% fast verdoppelt und war damit Anfang des Monats so hoch wie seit Januar nicht mehr.
Value und Zykliker sind derzeit nicht gefragt bei Anlegern
Im aktuellen Niedrigzinsumfeld und der politischen Konstellation sind derzeit bei Anlegern „value“ und zyklische Titel wenig gefragt. Denn die globale Konjunktur schwächelt. Erst vor zwei Wochen hatte etwa der Internationale Währungsfonds IWF seine Wachstumsprognose für die Welt für dieses Jahr von 3,3% auf 3,2% gesenkt.
Deshalb steht das Musterdepot von schweizeraktien.net seit einiger Zeit deutlich unter Druck. Denn dort sind eben viele Value-Titel und zyklische Werte drin. Und so rutschte das Depot auf Monatssicht mit -5,9% doppelt so stark nach unten wie der breite Aktienmarkt. Aber es ist ja auch so: Einen Favoritenwechsel zu vollziehen ist nicht so einfach, und es könnte passieren, dass man wechselt, und plötzlich sind Zyklik und „value“ doch wieder „in“.
Rieter – der Umsatz geht deutlich zurück
Mit Ausnahme von Bellevue Group und Schweiter waren alle Depotmitglieder im Minus. Besonders heftig hat es insbesondere Huber+Suhner, Rieter und Feintool erwischt. Die drei Titel zeigen in den letzten vier Wochen zweistellige Kursverluste.
Ein hohes Kursminus von 15% wies dabei Rieter aus. Wegen einer Nachfrage nach Neumaschinen auf niedrigem Niveau verbuchte der Anbieter von Textilmaschinen im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang um 19,3% auf 416.1 Mio. CHF. Wegen der deutlich tieferen Umsatzbasis rutschte das operative Ergebnis steil nach unten. Nach einem Gewinn vor Zinsen und Steuern von 14.1 Mio. CHF im Vorjahreszeitraum stand nun ein Verlust von -1.2 Mio. CHF in den Büchern.
Immerhin gibt es einen hohen positiven Sondereffekt
Der Reingewinn fiel dadurch von 10.9 Mio. auf -3.8 Mio. CHF oder von 2.39 CHF je Aktie auf einen Verlust von -0.85 CHF je Anteil. Der Maschinenbauer aus Winterthur setzt derzeit Massnahmen zur Kapazitätsanpassung und Kostensenkungen um. Dazu zählt beispielsweise der Abbau von rund 5% aller Stellen im Konzern. Da Rieter in diesem Jahr keine „signifikante“ Belebung des Marktes erwartet, sollen Umsatz und Gewinn deutlich fallen.
Einziger Lichtblick im Moment ist der erwartete Vollzug des Verkaufs einer grossen Liegenschaft in Ingolstadt in Deutschland. Daraus erwartet Rieter auf Basis Reingewinn in diesem Jahr einen ausserordentlichen Ergebnisbeitrag von rund 60 Mio. EUR oder umgerechnet 65 Mio. CHF. Ende des Jahres könnte das Unternehmen dadurch doch noch einen Jahresüberschuss von geschätzt etwa 50 Mio. CHF oder mehr als 10 CHF je Aktie ausweisen.
Zudem könnte es sogar zu einem positiven Trump-Effekt kommen
Das ist zwar „nur“ ein Sondereffekt, aber die politische Bühne könnte dem Maschinenbauer in die Karten spielen. Zwar gibt sich US-Präsident Trump derzeit noch als harter Verhandler. Doch die Chinesen könnten am längeren Hebel sitzen. Im nächsten Jahr sind Präsidentschaftswahlen in den Staaten, und wenn Trump den Handelsstreit nicht bald stoppen kann, könnte die US-Wirtschaft im nächsten Jahr arg unter Druck geraten. Man kann fast davon ausgehen, dass der Präsident bis spätestens Jahresschluss noch ein konstruktives Verhandlungsergebnis erzielen will.
Und dann würde genau ein Zykliker wie Rieter enorm profitieren. Legt sich nämlich der Handelsstreit, steigt die Planungssicherheit der Unternehmen, und die Orderlage des Konzerns dürfte sich in 2020 klar verbessern. Bei der Aktie könnte es dann schon vielleicht noch vor dem Jahreswechsel zu einem Trump-Schub kommen. Nachdem Rieter jetzt fast wieder das Zehnjahrestief vom Dezember und die Unterstützung bei 120 CHF erreicht hat, setzen Anleger darauf, dass der Titel sogar schon vorher wieder nach oben dreht. Wie der Kursverlauf in diesem Jahr gezeigt hat, könnten bei der Aktie auch ganz schnell 150 CHF drin sein.
Feintool – die Krise im Autosektor belastet
Unter dem Trump-Aspekt könnte auch Feintool bald wieder steil nach oben gehen. Jetzt stand die Aktie wegen der erneuten Handels-Ängste aber erst einmal stark unter Druck. In den letzte vier Wochen hat der Titel um 15,3% an Wert verloren.
Zwar kamen aus der Firmenzentrale in Lyss im Kanton Bern in den letzten vier Wochen keine fundamental gewichtigen Meldungen, doch mit seinen Lösungen für Feinschneiden, Umformen oder Stanzen von Elektroblech und einem starken Fokus auf die Autoindustrie ist das Unternehmen wegen des schlechten Umfelds im Autosektor jetzt ebenfalls in schwerem Fahrwasser.
Alle Blicke richten sich nach China
So steht der weltgrösste Automarkt China seit Mitte 2018 insbesondere wegen der Handelsstreitereien mit den USA unter Druck, und nach einem Plus im Juni ging der Absatz im Reich der Mitte im Juli schon wieder nach unten.
Und genauso wenig wie die Autohersteller selbst kann da auch der Zulieferer der Branche nicht reüssieren. Das zeigt sich eben am Kursverlauf der Aktie. Feintool ist abgestürzt und hat sich in den letzten zwölf Monaten glatt halbiert.
Da ist ein steiler Rebound wie 2003 und 2009 drin
Auch wenn das jetzt auf den ersten Blick nicht gut aussieht: Schon 2000 bis 2003 und 2007 bis 2009 war die Aktie scharf gefallen, und jetzt hat der Titel immerhin die untere Begrenzungslinie des Aufwärtstrends aus 2003 erreicht.
Möglicherweise kommt es nun wie schon 2003 und 2009 zusammen mit einer Trump-China-Lösung im Handelsstreit schon bald zu einem kräftigen Kursaufschwung. Schon auf Sicht von ein oder zwei Jahren erscheint eine Kursverdopplung möglich.
Huber+Suhner – Anleger setzen auf die Halbjahreszahlen
Dann der nächste Top-Verlierer der letzten vier Wochen: Huber+Suhner. Die Aktie des Spezialisten für Verbindungstechnik hat seit Anfang Juli um 11,4% an Wert verloren. Dabei gab es auch beim Technologiekonzern keine vernichtenden News über den Geschäftsgang. Stattdessen hat der Kabel- und Komponentenhersteller aus Herisau im Kanton St Gallen in den letzten zwei Monaten sogar zwei Geschäftsbereiche des deutschen Antennenbauers Kathrein übernommen.
Zuerst standen die Bahn- und Busantennen auf der Liste, jetzt war es der Bereich der Antennen für sicherheitsrelevante Anwendungen wie etwa für Polizei oder Rettungsdienste. Nachdem die Aktie von Huber+Suhner jetzt auf die untere Begrenzungslinie des Aufwärtstrends aus 2018 zurückgefallen ist, könnte der Titel von dort schon in wenigen Wochen wieder nach oben abprallen. Denn gegen Ende August sind die Halbjahreszahlen zu erwarten. Sollten die Daten keine Bremsspuren im Geschäft aufweisen, ist mit einem Rebound der Aktie zu rechnen. Im nächsten Jahr verspricht dann die beginnende Markteinführung des Telefonfunkstandards 5G ohnehin noch bessere Geschäfte.
Valiant – Kursverluste trotz guter Semester-Zahlen
Nur ein kleines Kursminus von etwa 4% auf Monatssicht lieferte Valiant ab. Aber bei der Bank gab es auch Halbjahreszahlen. Und die waren recht solide. Das Geldhaus konnte trotz des anhaltenden Umfelds mit ganz tiefen Zinsen weiterwachsen. Der bisherige Finanzchef und seit Mai neue CEO der Bank, Ewald Burgener, berichtete dabei über einen Anstieg der Hypothekarforderungen um 2,0% auf 22.9 Mrd. CHF und der Kunden-Einlagen um 1,0% auf 18.3 Mrd. CHF.
Zwar verzeichnete der für Valiant mit einem Ertragsanteil von rund 85% mit grossem Abstand wichtigste Pfeiler im Geschäft – der Zins- und Diskontertrag – wegen der tiefen Zinsen in den sechs Monaten einen leichten Rückgang. Der Ertrag dort fiel um -1,9% auf 173.1 Mio. CHF. Aber da Valiant den Zinsaufwand sogar um -24,0% auf 28.5 Mio. CHF senken konnte, kletterte der Erfolg im Zinsgeschäft per Saldo um 0,8% auf 152 Mio. CHF.
Die Aktie gibt es mit hohem Discount zum Buchwert
Die Zinsmarge blieb damit konstant bei 1,1%. Das ist ein gewaltiger Erfolg im Anblick der historisch tiefen Zinsen. Trotz eines planmässig im Rahmen von mehr Vollzeitstellen erhöhten Personalaufwands von 4,3% schaffte Valiant am Ende eine Steigerung beim Periodenüberschuss. Der Gewinn kletterte zwischen Januar und Juni um 2,9% auf 61.5 Mio. CHF.
Die Prognose bleibt bestehen. Der Konzerngewinn soll in diesem Jahr leicht über Vorjahr liegen. Da ist für 2019 die fünfte Anhebung der Dividende in Folge von 4.40 CHF auf 4.50 CHF je Anteil oder sogar noch höher zu erwarten. Valiant ist mit einer nachhaltigen Dividendenrendite um 4,5% nicht nur attraktiv, sondern mit einem Discount von rund 30% zum Buchwert von etwa 142 CHF je Aktie auch massiv unterbewertet. Klarer Kauf!
Musterdepot SPI “schweizeraktien.net” | |||||||
Valoren | Unternehmen | Kauf | Kurs |
Ziel | Stück | in CHF | +/- |
1478650 | Valiant Holding | 82,55 | 104,60 | 135,0 | 135 | 14.121,00 | 26,7% |
1811647 | u-blox | 82,55 | 78,35 | 149,5 | 134 | 10.498,90 | -5,1% |
3038073 | Bell | 289,50 | 268,00 | 389,5 | 37 | 9.916,00 | -7,4% |
2553602 | Feintool | 106,10 | 59,30 | 140,0 | 125 | 7.412,50 | -44,1% |
367144 | Rieter | 161,50 | 128,80 | 250,0 | 62 | 7.985,60 | -20,2% |
2620586 | Ypsomed | 128,10 | 130,60 | 175,0 | 100 | 13.060,00 | 2,0% |
1226836 | Mobilezone | 12,50 | 9,59 | 16,5 | 1250 | 11.987,50 | -23,3% |
1075492 | Schweiter | 826,50 | 950,00 | 1350 | 10 | 9.500,00 | 14,9% |
3038073 | Huber + Suhner | 67,65 | 73,60 | 85,0 | 200 | 14.720,00 | 8,8% |
2842210 | Bellevue Group | 24,00 | 22,00 | 29,5 | 650 | 14.300,00 | -8,3% |
31186490 | VAT Group | 130,20 | 114,95 | 168,5 | 120 | 13.794,00 | -11,7% |
Cash | 3.787,84 | ||||||
Performance gesamt | 131.083,34 | 31,1% | |||||
SPI Total Return | 8975,70 | 11856,68 | – | 32,1% | |||
Start: 9.1.15, Start fiktiv mit 100’000 CHF; Stand: 9.8.19; der Autor berät Anlageprodukte; Titel des Depots zählen zum Anlage-universum
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Ein Autor über Börsen und Finanzen muss offenbar nicht unbedingt ein Kenner in Geografie sein!
Herisau liegt im Kantol Appenzell AR und nicht im Kanton St. Gallen.