Sunrise: Kurer & Co. entgehen Aktionärskritik an der GV und sahnen nochmals ab

Generalversammlungen: Covid-19-Verordnung 2 des Bundes ist ein Maulkorb für Kleinaktionäre

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Die Corona-Krise fordert viele Opfer. Nicht nur die Menschen, welche an der Krankheit Covid-19 sterben. Es sind auch die vielen Einschränkungen für die Wirtschaft und Privatpersonen, die das Land hinnehmen muss. Auf der Strecke bleibt zudem das Auskunftsbegehren der Aktionäre. Art. 16a der Covid-19-Verordnung 2 des Bundes regelt, dass die Versammlungen auf Anordnung der Gesellschaft ohne Publikum stattfinden dürfen. Direkte Fragen zu wichtigen Geschäften und eine offene Diskussion über kritische Traktanden, wie diese bei physisch abgehaltenen GVs möglich sind, fallen mit der neuen Verordnung weg. Anders ausgedrückt: Gerade Kleinaktionäre, welche keine anderen Kontaktmöglichkeiten zu VR und Management haben, erhalten so einen Maulkorb.

Sunrise schafft sich lästige Diskussion vom Hals

Mit der neuen Verordnung schaffen sich also Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen die Fragen von kritischen Kleinaktionären vom Hals. In den meisten Aktiengesellschaften ist dies auch unproblematisch. Denn es gibt kaum Anlass zu Kritik. Problematisch ist es allerdings bei Unternehmen, die bei Vergütungen über die Strenge schlagen. Oder noch gravierender: die durch strategische Fehlentscheidungen der Gesellschaft und ihren Aktionären einen grossen Schaden zugefügt haben.

UPC-Übernahme gescheitert. 112 Mio. CHF versenkt, aber das eigene Salär gehalten. Und der Aktionärskritik muss er sich dank Covid-19-Verordnung an der GV nicht stellen: Peter Kurer, scheidender VRP der Sunrise Communications Group. Bild: sunrise.ch

Prominentes Beispiel ist hier sicherlich die Sunrise Communications Group AG. Unter der Leitung des abtretenden Verwaltungsratspräsidenten Peter Kurer versuchten Teile des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung, die 2.8 Mrd. CHF teure Übernahme von UPC Schweiz auch gegen die Interessen des grössten Aktionärs Freenet durchzuboxen. Der Schaden für die Gesellschaft ist enorm: 112 Mio. CHF versenkten die Verantwortlichen durch den fragwürdigen Deal. Brisantes Detail: Die frühere Kanzlei von Anwalt Peter Kurer, Homburger, beriet den Verkäufer Liberty Global bei dieser Transaktion. Die Anwälte werden sich dank der 50 Mio. CHF Strafzahlung, die wegen des Scheiterns des Deals fällig wurde, schadlos halten. Am Ende zahlen die Aktionäre die Zeche. Diese wollten den Deal aber gar nicht.

Keine Demut bei den Vergütungen

Und Kurer & Co.? Sie sind dank der neuen Verordnung fein raus. Sie führen die GV einfach ohne Aktionäre durch. Gestützt auf die Covid-Verordnung habe der Verwaltungsrat entschieden, dass die Aktionärinnen und Aktionäre ihre Rechte an der Generalversammlung vom 8. April ausschliesslich durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter ausüben können, schreibt er in der Einladung an die Aktionäre. Und der Stimmrechtsvertreter wird wohl keine kritischen Fragen stellen.

Auch Kritik an der Vergütungspolitik wird nicht laut werden: Trotz des immensen Schadens, den Kurer und die Mehrheit seiner Kollegen im Verwaltungsrat für die Gesellschaft angerichtet haben, genehmigt sich der Verwaltungsrat für 2019 eine Entschädigung von insgesamt 1.352 Mio. CHF – sogar etwas mehr als in 2018. Kurer selbst verabschiedet sich mit einem Salär von 381’000 CHF in den Ruhestand. Auch dieses bleibt gegenüber 2018 gleich. Demut oder ein freiwilliger Verzicht? Sind nicht angesagt.

Quelle: Geschäftsbericht 2019 Sunrise Communications Group AG

Bei der Geschäftsleitung sieht es nicht besser aus. Der ehemalige CEO Olaf Swantee zieht mit 2.447 Mio. CHF weiter. 2019 hat die Gruppenleitung insgesamt 9.644 Mio. CHF verdient. Das sind rund 1.3 Mio. CHF mehr als im Vorjahr.

Den Schaden des von Grossmannssucht und Arroganz getriebenen, letztendlich gescheiterten, Deals tragen ausschliesslich die Aktionäre. Dank Coronavirus müssen sich die «Entscheidungsträger» noch nicht einmal vor ihnen rechtfertigen.

Quelle: Geschäftsbericht 2019 Sunrise Communications Group AG

Hätte der Bundesrat ein Verschieben der GVs um ein halbes Jahr ermöglicht, so wie dies in Deutschland der Fall ist, wäre eine ordentliche GV zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen. Doch dank der COVID-19-Verordnung ist das Zeitfenster für eine ordnungsgemässe Durchführung der GV mit Publikum knapp geworden. Die Aktionärsversammlungen müssen laut Gesetz bis Ende Juni durchgeführt worden sein. Auch virtuelle GVs sind in Deutschland nun erlaubt. Gerade für ein innovatives Telekommunikationsunternehmen wie Sunrise wäre eine solche Lösung gut gewesen.

Schade für die Aktionärsdemokratie. Sie ist damit auch eines der vielen Opfer der Corona-Pandemie.

Der Autor dieses Beitrages ist Kleinaktionär der Sunrise Communications Group AG.

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