Nach einem anspruchsvollen Geschäftsjahr 2019/20 mit einer zweimonatigen Schliessung des Bergrestaurants Ristis für Umbauzwecke im Sommer, schneearmem Winter und verfrühtem Saisonende durch Covid-19 muss die Brunni-Bahnen Engelberg AG erstmals seit 2014 wieder einen Verlust ausweisen. Verwaltungsratspräsident Albert Infanger sieht diese kumulativ wirkenden negativen Einflussfaktoren aber auch als Bestätigung für den eingeschlagenen Weg mit Fokus auf alternative Angeboten zum reinen Ski-Tourismus und der Stärkung der Sommerangebote für Familien und Geniesser.
Umsatzrückgang übers ganze Jahr
Der Gesamtumsatz der Brunni-Bahnen sank im Berichtsjahr um rund 25% auf 5.8 Mio. CHF. Die Gästezahlen im Sommer 2019 lagen genau auf dem 5-Jahres Schnitt, obschon das Bergrestaurant Ristis im Mai und Juni wegen des Umbaus geschlossen war. Im Vergleich zum Rekordwert aus dem Vorjahr entspricht dies jedoch gleichwohl einem Rückgang um 27%. Der Verkehrsertrag reduzierte sich hingegen nur um rund 13% auf 2.0 Mio. CHF.
Damit war der Verkehrsertrag im Sommer zum zweiten Mal in Folge höher als im Winter, wo er um knapp 40% auf 1.4 Mio. CHF fiel. Der Rückgang im Wintergeschäft entstand zum einen durch das verfrühte Saisonende aufgrund der Covid-19-Pandemie und zum anderen durch Schneemangel zu Saisonbeginn. Der vergangene Winter war der zweitwärmste und in tieferen Lagen der schneeärmste seit Messbeginn im Jahr 1864. So konnte die Skipiste auf dem Brunni erst Mitte Januar eröffnet werden, genauso wie die Schneesportangebote auf der Klostermatte. Übers ganze Jahr besuchten rund 180’000 Gäste das Brunni und die Sonnenseite des Engelberger Tals.
Jahresverlust tut Investitionen keinen Abbruch
Das operative Ergebnis auf Stufe EBITDA von 0.9 Mio. CHF wird im Geschäftsbericht in Anbetracht der misslichen Bedingungen als in dieser Höhe unerwartet positiv beschrieben. Nach den betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen von 1.2 Mio. CHF resultiert unter dem Strich ein Jahresverlust von 0.4 Mio. Dies ist zwar das erste negative Ergebnis seit langem, das nach wie vor positive EBITDA lässt jedoch bei normalen Verhältnissen eine Rückkehr in die Gewinnzone vermuten.
So werden auch Investitionsprojekte munter vorangetrieben. Das Zentralschweizer Unternehmen investierte im Berichtsjahr insgesamt 3.1 Mio. CHF, nebst dem Umbau des Bergrestaurants Ristis beispielsweise auch in den Bau der Beschneiungsanlage für die Schlittelpiste. Und für die nächsten Jahre sind bereits weitere Investitionen am Berg für mehr als 8 Mio. CHF geplant. Gemäss Albert Infanger sollten diese Aktivitäten aus den selbst erarbeiteten Mitteln finanziert werden können und die Konkurrenzfähigkeit der Brunni-Bahnen weiter stärken.
Weiterer Ausbau der hauseigenen Solarkraft
Im Vergleich zur Konkurrenz erwirtschaften die Brunni-Bahnen einen grossen Teil des Umsatzes während der Sommersaison. In Zeiten der Klimaerwärmung ist diese geringere Abhängigkeit vom Wintergeschäft auch notwendig, wie der Schneemangel im vergangenen Winter gnadenlos aufgezeigt hat. Die Brunni-Bahnen versuchen jedoch nicht nur den Konsequenzen des Klimawandels auszuweichen, sondern leisten auch ihren Beitrag, um ihm entgegenzutreten. In Form des Wechsels von Öl- auf Pellets-Heizung und der Verwendung von Solarziegeln stellt der Umbau des Bergrestaurants Ristis das neuste Kapitel der Nachhaltigkeitsbemühungen der Brunni-Bahnen dar. Bereits 2018 hatte die schweizerische Klimaschutzstiftung Myclimate den Engelberger Betrieb als klimaneutrales Unternehmen ausgezeichnet, notabene als erstes Schweizer Bergbahnunternehmen überhaupt. Mittlerweile produzieren die Brunni-Bahnen rund 15% des eigenen Strombedarfs selbst. Vorbildlich, dass sich der Leader in Sachen Nachhaltigkeit dabei nicht auf den eigenen Lorbeeren ausruht, sondern sich weiter verbessert.
Notkredit aufgenommen und bereits vollständig zurückbezahlt
Obschon die Eigenkapitalquote per Stichtag 30. April mit 59% nach wie vor komfortabel ist, nahmen die Brunni-Bahnen Ende März vorsichtshalber einen unverzinslichen Covid-19-Notkredit über 0.5 Mio. CHF auf. Nach der positiven Entwicklung nach dem Lock-up – der Umsatz in der laufenden Sommersaison liegt trotz des fehlenden Mai-Umsatzes nur um 10% unter dem Vorjahreswert und 5-Jahres-Schnitt – konnte dieser Kredit jedoch bereits vollständig zurückbezahlt werden. Seit Ende Juni befinden sich die Mitarbeitenden der Brunni-Bahnen zudem nicht mehr in Kurzarbeit, es geht Schritt für Schritt zurück Richtung Normalität. Dies gilt noch nicht für die Generalversammlung am 27. Oktober, welche aus Sicherheitsüberlegungen auf schriftlichem Weg stattfinden wird. Zudem beantragt der Verwaltungsrat der Generalversammlung, auf die Ausschüttung einer Dividende für das vergangene Geschäftsjahr zu verzichten. In den Vorjahren erhielten Aktionäre jeweils 25 CHF je Aktie.
Fazit
Nach den sehr erfolgreichen vergangenen Jahren sollte der Verlust 2019/20 ein Ausreisser nach unten sein. Eine Bewertung der Aktie der Brunni-Bahnen auf Basis der Kennzahlen des vergangenen Geschäftsjahres ist aufgrund des schwierigen Umfelds wenig sinnvoll. Der auf OTC-X der BEKB gehandelte Titel weist seit Jahren einen sehr konstanten Kursverlauf im Bereich von 1’800 bis 2’100 CHF auf. Einzig in der Zeit, wo eine Fusion mit dem grossen Nachbarn Titlis-Bahnen im Raum stand, gab es einen markanten Ausreisser nach oben. Der letztbezahlte Kurs von 1’810 CHF liegt nur leicht unter dem ausgewiesenen Buchwert von 1’956 CHF. Das Unternehmen ist mit einer Eigenkapitalquote von 59% solide finanziert und scheint für die Herausforderungen der Covid-19-Krise gerüstet zu sein. Die Bekräftigung der Unternehmensführung, die anstehenden Investitionen aus eigenen Mitteln finanzieren zu wollen, ist ein weiterer Beleg dafür. Zudem stimmen die bis anhin ansprechenden Umsätze der Sommersaison vorsichtig optimistisch.
Mit einem Anteil von um die 50% am Verkehrsertrag in normalen Jahren ist das Sommergeschäft bei den Brunni-Bahnen schon heute wichtiger als bei vielen anderen Bergbahnunternehmen. Mit der Klimaerwärmung ist dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil für das Bergbahnunternehmen, ist die Schneesicherheit in vielen Schweizer Gebieten doch heute schon nicht mehr vorhanden. Die Corona-Krise hat dem Tourismus die Gefahren einer zu grossen Abhängigkeit vom internationalen Massentourismus gnadenlos aufgezeigt. Dank dem Fokus auf Familienangebote sollten die Brunni-Bahnen glimpflicher durch die Krise kommen als die internationaler ausgerichteten Tourismusunternehmen. Zu guter Letzt werden Kunden und Investoren künftig immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen, wovon am Brunni dank der Positionierung als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sicherlich profitiert werden kann.
Die Brunni-Bahnen Engelberg AG kann mit gutem Gewissen optimistisch in die Zukunft blicken. Sie ist finanziell solide aufgestellt, hat ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Winter- und Sommergeschäft, setzt konsequent auf Nachhaltigkeit und dürfte eher früher als später wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Grosse Kurssprünge dürfen Anleger aufgrund der unsicheren Lage kurzfristig trotzdem nicht erwarten, wahrscheinlicher scheint ein Verbleib in der Nähe des Buchwerts. Auch die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung von 25 CHF würde mit einer Rendite von 1,4% nicht wirklich zur Attraktivität des Titels beitragen. Vielmehr ist er interessant für Anleger mit regionalem Bezug oder Fokus auf Nachhaltigkeit.
Hinweis in eigener Sache: Am 20. Oktober 2020 findet im Berghaus auf dem Niesen der Branchentalk Tourismus statt. Im Fokus stehen „Innovationen im Tourismus und die Folgen von Covid-19“. Zu den Gästen und Referenten gehören u.a. Antoine Hubert, CEO der AEVIS Victoria-Gruppe, Christoph Egger, CEO der Schilthornbahn AG, Mario Tacchella, Leiter Marketing und Vertrieb MG Bahn AG, und Gastgeber Urs Wohler, CEO der Niesenbahn AG.