Lenzerheide Bergbahnen: Reingewinn trotz frühzeitigem Saisonende

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Die Restaurants litten besonders unter dem Lockdown, wie die leere Mottahütte zeigt. Quelle: zvg

Die Lenzerheide Bergbahnen AG (LBAG) haben im Geschäftsjahr 2019/20 trotz verkürzter Wintersaison einen Gewinn von knapp 245’000 Franken erzielt. Einem sehr guten Saisonstart mit einer Fortführung des vorjährigen Rekordkurses, welcher der LBAG bis zum Ende des wichtigen Weihnachtsgeschäfts einen deutlichen Einnahmenzuwachs von 16% bescherte, folgte der Lockdown am 13. März 2020. Wie VR-Präsident Cristoph Suenderhauf im neuesten Geschäftsbericht schreibt, «wäre es fahrlässig, sich nun zurückzulehnen und auf dem Erreichten auszuruhen». Er erkennt denn auch deutliches zusätzliches Ertragspotenzial. So sei die LBAG zu stark auf das Transportgeschäft ausgerichtet. Das Unternehmen habe zwar beim Skitest zum wiederholten Mal die Auszeichnung als 5*-Gebiet erhalten und sei in der Schweiz sogar die Nummer eins. Aber gleichzeitig spielt die LBAG im wichtigen Tourismusgeschäft nicht in der Topliga mit, räumt Suendenhauf offen ein. Mit dem Aufbau einer eigenen Vertriebsabteilung setzt die LBAG auf die Stärkung der Zusatzerträge. So konnten im Berichtsjahr bereits zusätzliche Umsätze von 1 Mio. CHF erzielt werden.

Lockdown lässt Umsätze zu Saisonende einbrechen

Wo Licht ist, ist auch Schatten, trifft auf das am 30. April 2020 beendete Geschäftsjahr 2019/20 der LBAG eindeutig zu. Ein erfolgreiches Weiterführen der engen Kooperation mit den Arosa Bergbahnen bei der Marktbearbeitung erlaubte es, allein aus dem Verkauf von Bergbahntickets an Individualgäste Umsätze von über 0.7 Mio. CHF zu erzielen. Aus dem Gruppengeschäft wurden weitere knapp 0.3 Mio. CHF eingenommen. Zusätzliche 0.3 Mio. CHF gingen der Gesellschaft wegen dem Lockdown verloren, lässt sich Ariane Ehrat, Projektleiterin Marketing und Vertrieb, zitieren. In der aktuellen Krise zeigt sich der Vorteil der sorgfältigen Auswahl der Kooperationspartner: So erfolgten die Rückerstattungen der Reiseveranstalter in der Form einer Verschiebung der Buchung in das laufende Geschäftsjahr 2020/21.

Hohe Witterungsabhängigkeit belastet Sommergeschäft

Die lange anhaltende Kälteperiode mit viel Schnee bis in den Mai hinein verzögerte den Start in die Sommersaison um zwei Wochen. Auch danach zeigte sich das Wetter oftmals sehr launisch mit wenigen Sonnentagen. So musste die LBAG denn auch im Sommergeschäft bei den Verkehrserträgen ein Minus um 7% auf 2 Mio. CHF verbuchen. Noch stärker traf es die Gastrosparte mit minus 13% auf 0.2 Mio. CHF. Nach einem «äusserst erfolgreichen» Beginn des Wintergeschäfts führte der Lockdown zu einem Umsatzminus von 4% auf 24.2 Mio. CHF bei den Verkehrserträgen. Auch hier traf es die Gastronomiesparte mit minus 9% auf 0.4 Mio. CHF stärker. Nur für das Gesamtjahr ausgewiesen werden die Pachterträge sowie die Nebeneinnahmen, die massgeblich aus der Parkplatzbewirtschaftung und Miet- sowie Werbeeinnahmen stammen.

Gewinn sinkt deutlich

Insgesamt fielen die Umsätze im Berichtsjahr mit 30.3 Mio. CHF um 6,4% tiefer aus als im Vorjahr. Haupteinnahmequelle waren mit 26.3 Mio. CHF die Verkehrserträge, die im Jahresvergleich um 4,5% sanken. Weitaus stärker fielen die Einbussen im Bereich der Pachterträge mit minus 17,8% auf 1.2 Mio. CHF aus und in der Gastronomie mit minus 10,3% auf 0.6 Mio. CHF. Massiv tiefer notierten auch die anderen betrieblichen Erträge mit 2.15 Mio. CHF nach 2.5 Mio. CHF im Vorjahr. Auf der Kostenseite zeigt sich der hohe Fixkostenanteil im Bergbahnbetrieb: So ging der Sachaufwand nur um 1.6% auf 11.1 Mio. CHF zurück. Hierin enthalten sind auch die Stromkosten, die wegen des hohen Aufwands für die maschinelle Beschneiung um 0.1 Mio. CHF höher ausfielen als im Vorjahr. Beim um 7% auf 9 Mio. CHF gesunkenen Personalaufwand sind Kurzarbeitsentschädigungen infolge der frühzeitigen Betriebsschliessung enthalten.

Per saldo sank der Betriebsgewinn vor Abschreibungen EBITDA gegenüber dem Vorjahr um 10,1% auf 10 Mio. CHF. Trotz der um 0.7 Mio. CHF tieferen Sachabschreibungen von 8.7 Mio. CHF fiel das EBIT um 21,6% auf 1.35 Mio. CHF. Auf den Reingewinn positiv wirkten sich die um 0.1 Mio. CHF tieferen Steuerbelastungen aus. Dennoch ging der Gewinn um fast 50% auf 245’000 CHF zurück. Die Aktionäre erhalten weiterhin keine Dividende.

Fazit

Die Geschäftszahlen der LBAG fallen angesichts des erzwungenen frühzeitigen Saisonendes sehr gut aus. Insgesamt ist die Gesellschaft hier mit einem hellblauen Auge davongekommen. Dennoch besteht kein Anlass zur Freude für die Investoren. Zwar gelang es der LBAG im Berichtsjahr, die langfristigen Finanzverbindlichkeiten um 3 Mio. CHF zu reduzieren. Dennoch ist der Eigenfinanzierungsgrad mit 37,2% weiterhin unterdurchschnittlich. So hat die Gesellschaft wenig Spielraum, grössere Investitionen zu tätigen. Als klar unzureichend angesehen werden muss der im Berichtsjahr erzielte Cashflow von 4.3 Mio. CHF. Der Einbruch gegenüber dem Vorjahr, wo die erarbeiteten Mittel noch 9.4 Mio. CHF betrugen, ist vor allem den Auswirkungen des Lockdowns geschuldet. Allerdings war bereits der Vorjahreswert ungenügend, um den langfristigen Investitionsbedarf der Gesellschaft zu decken.

Die Aktien der LBAG werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 13.55 CHF werden die Titel mit einem deutlichen Abschlag von 35% zum Buchwert per 30. April 2020 bewertet. Dieser Abschlag reflektiert die unterdurchschnittliche Eigenmittelausstattung und die Unsicherheiten über die Zukunft des Tourismus. Mindestens der Winter 2020/21 wird noch von der Coronakrise geprägt sein. Die Auswirkungen auf die Geschäftszahlen der LBAG sind derzeit nicht abschätzbar. Ein Abrutschen in die Verlustzone kann keinesfalls ausgeschlossen werden. Mit Dividendenausschüttungen ist zumindest in den nächsten Jahren nicht zu rechnen. Für Interessenten an den Titeln bleibt somit lediglich die Naturaldividende. Allerdings entfällt zumindest im laufenden Jahr der gute Apéro an der GV. Die Versammlung wird in schriftlicher Form ohne Präsenz der Aktionäre durchgeführt. Um in den Genuss einer Vergünstigung für Tickets zu kommen, müssen die Anleger mindestens 50 Aktien besitzen. Für Aktionäre mit 50 bis 99 Aktien wird ein Gutschein für den Bezug einer Tageskarte mit 50% Rabatt ausgegeben, Aktionäre mit mindestens 100 Aktien erhalten zwei Gutscheine zum Bezug von Tageskarten mit einem Rabatt von 50%.

Hinweis in eigener Sache: Am 20. Oktober 2020 findet im Berghaus auf dem Niesen der  Branchentalk Tourismus statt. Im Fokus stehen „Innovationen im Tourismus und die Folgen von Covid-19“. Zu den Gästen und Referenten gehören u.a. Antoine Hubert, CEO der AEVIS Victoria-Gruppe, Christoph Egger, CEO der Schilthornbahn AG, Egon Gsponer, stv. CEO BVZ Gruppe, und Gastgeber Urs Wohler, CEO der Niesenbahn AG.

 

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