Die Jahre 2020 und 2021 sind für Bergbahnbetreiber eine grosse Herausforderung. Die internationalen Gäste fehlen, Gruppenreisen finden gar keine mehr statt, nur die einheimischen Touristen bringen Umsatz, aber damit können die Verluste nicht kompensiert werden.
So geht es auch der Schilthornbahn, die im Geschäftsjahr 2020 ein negatives Ergebnis von 3.98 Mio. CHF verzeichnen musste.
Im Gespräch mit schweizeraktien.net erklärt CEO Christoph Egger, warum er keinen Grund zu einem Strategiewechsel sieht, welche Massnahmen das Unternehmen ergreift, um wieder an die Glanzzeiten vor Corona anzuknüpfen und warum er die Aktionärinnen und Aktionäre konsultativ zur Beantragung einer Covid-19-Härtefallunterstützung in „signifikanter Höhe“ befragen will.
Herr Egger, das Geschäftsjahr 2020 war für Sie wie für die meisten Bergbahnbetreiber und Tourismusanbieter eine mittlere Katastrophe. Welche Schlüsse ziehen Sie aus diesem Jahr?
2020 war sehr schwierig, 2021 wird aber ähnlich herausfordernd. Die internationalen Reisemärkte sind nach wie vor still.
Sie haben für das vergangene Geschäftsjahr die Abschreibungen von 8.7 Mio. CHF auf 4.9 Mio. CHF praktisch halbiert. Was ist der Grund dafür? Steckt da mehr dahinter als Ergebniskosmetik?
Nein, die Abschreibungen 2020 entsprechen den betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen, während wir in den Vorjahren mit der Rechnungslegung nach OR über die Abschreibungen den Gewinn und die Steuerbelastungen optimiert haben.
Bergbahnen wie die Säntisbahn, die weniger auf eine internationale Klientel angewiesen sind, haben deutlich weniger Ertragsrückgänge zu verzeichnen als z.B. die Jungfraubahnen, die Titlisbahn oder die Schilthornbahn. Werden Sie den Gästemix überdenken oder gehen Sie davon aus, dass die Gäste aus Übersee bald wieder zurückkommen?
Weshalb hätten wir in den letzten 25 Jahren auf die vielen internationalen Gäste verzichten sollen? Nur aus Angst auf einen möglichen Einbruch wie 2020 bedingt durch COVID-19? Der sehr breit diversifizierte Gästemix hat uns in den letzten 25 Jahren erfolgreich durch zahlreiche Krisen geführt, ohne Spuren in den Zahlen zu hinterlassen. Golfkrieg, SARS, Vogelgrippe, Vulkanausbrüche usw. konnten immer durch verstärkte Markt-Erarbeitung in anderen, weniger krisenbetroffenen Märkten kompensiert werden. Diese Diversifizierungsstrategie dürfen und werden wir auf keinen Fall aufgeben.
Von welcher Entwicklung gehen Sie im Jahr 2021 aus? Werden Sie weiter Verluste schreiben müssen?
Der internationale Reiseverkehr, insbesondere aus den Fernmärkten, wird erst im letzten Quartal 2021 langsam wieder aufstarten. Im Winter 2022 werden erste internationale Gruppenreisen folgen. Wir dürfen aber von einer stärkeren innereuropäischen Reisetätigkeit ausgehen. Der Wunsch, Ferien zu verbringen, ist gemäss EU-Studien sehr gross.
Welche Massnahmen werden Sie ergreifen, um kurzfristig die Ertragsausfälle für 2021 zu kompensieren?
Wir werden auch in diesem Jahr gefordert sein, attraktive Angebote kombiniert mit intensiven Marketingaktivitäten in den reisefähigen Märkten zu platzieren und zu verkaufen. Die strengen Kostenkontrollen werden wir auch 2021 weiterführen. Generell müssen wir in diesem Umfeld sehr agil und flexibel sein. Das Angebot muss sehr schnell der Nachfrage und allfälligen neuen Möglichkeiten angepasst werden können. Wir konnten das aber nun während 15 Monaten intensiv üben…
Sie wollen die Aktionärinnen und Aktionäre konsultativ zur Beantragung von Covid-19-Härtefallunterstützungen befragen. Welche Botschaft erwarten Sie sich von einer solchen Abstimmung?
Ich bin überzeugt, dass unsere Aktionäre ein Interesse an einer möglichst baldigen Umsetzung unseres Grossprojektes SCHILTHORNBAHN 20XX haben und diese Grundhaltung mit einer Zustimmung zur Beantragung der Härtefallunterstützung dokumentieren werden.
Wie hoch werden die Unterstützungsmassnahmen sein, die Sie beantragen?
Wir tragen momentan das ganze Zahlenmaterial zusammen und werden den Entscheid über die Beantragung vor Ende Juni 2021 fällen. Sie dürfen davon ausgehen, dass es sich um einen signifikanten Betrag handelt, sonst würden wir diesem Thema kaum diese hohe Bedeutung beimessen.
Sind Sie zuversichtlich, dass Sie nächstes Jahr mit den Bauarbeiten des Projekts Schilthornbahn20XX beginnen können und dass das Projekt wie geplant bis Ende 2026 realisiert werden kann?
Wir sind dank dem sehr gut verlaufenen Bewilligungsverfahren aktuell genau im ursprünglichen, optimalen Fahrplan. Der frühestmögliche Beginn von Vorarbeiten ist im Herbst 2021 geplant, Baubeginn 2022. Dieses Programm werden wir in den nächsten Wochen überprüfen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, den von Ihnen skizzierten Plan bis Ende 2026 einhalten zu können.
Der Piz Gloria ist ja bekannt als der James-Bond-Berg überhaupt. Welcher James-Bond-Filmtitel kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie die gegenwärtige Zeit Revue passieren lassen?
Tomorrow never dies!
Dann wünsche ich Ihnen ein lebendiges und erfolgreiches „morgen“, Herr Egger. Haben Sie herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Die Aktie der Schilthornbahn kostet derzeit 1’560 CHF. Das Papier wird auf OTC-X der BEKB gehandelt.