Stephan Rüdlinger, Raurica Wald: «Wir fördern die regionale Holzverarbeitung»

Holz als Substitution für Öl oder Gas in der Zement- oder Belagsproduktion

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Raurica Wald ist ein integrierter Holz-Konzern, der durch die vielfältigen Tätigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette einen starken Diversifikationseffekt erzielt. Das zeigt auch der Jahresabschluss 2020. Trotz der Turbulenzen am Holzmarkt und den Auswirkungen von Pandemie und Lockdown stiegen sowohl Umsatz als auch Gewinn weiter.

Mit Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer der in Liestal beheimateten Raurica Wald AG, sprach schweizeraktien.net über die Preis-Turbulenzen auf den Holzmärkten, die Diversifizierungsstrategie des Unternehmens und den Spagat zwischen guten Einkaufskonditionen für die Waldbesitzer und der Marktfähigkeit im Verkauf.

Stephan Rüdlinger hat an der ETH Zürich Betriebs- und Produktionsingenieur studiert. Er ist Geschäftsführer der Raurica Wald AG und leitet die Tochtergesellschaften Raurica Holzvermarktung und Raurica Immobilien AG. Zusätzlich sitzt er im VR der Fagus Suisse SA und der Holzkraftwerk Basel AG. Bild: zVg.

Herr Rüdlinger, seit Corona spielt der Holzpreis verrückt. Die Preise für gewisse Schnittholzsortimente sind teilweise um das Vierfache gestiegen. Worauf führen Sie die Kapriolen zurück?

Aus unserer Sicht ist das Ganze eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, welche nicht alle auf Corona zurückzuführen sind. Mindestens einer dieser Faktoren ist nicht negativ: Holz als Werkstoff und als Energieträger ist im Trend. Das ist es aber sicherlich nicht alleine. Niemand konnte abschätzen, wann und mit welcher Geschwindigkeit die Konjunktur wieder anziehen würde. Dies hat bei verschiedensten Rohstoffen zu Engpässen und Preisturbulenzen geführt. Hinzu kommt, dass die Reedereien in der Krise die Kapazitäten reduziert haben, und diese können nun nicht schnell genug wieder gesteigert werden.

Inwiefern ist Raurica Wald von den Preisturbulenzen auf dem Holzmarkt betroffen?

Unsere Tochtergesellschaft Raurica Holzvermarktung AG spürt aktuell eine grosse Nachfrage nach Holz. Dies, nachdem in der Phase der Massnahmen gegen Corona die Unsicherheit und Zurückhaltung der Kunden sehr gross war. Nichtsdestotrotz ist es uns durch unsere breite Kundenbasis gelungen, alles anfallende Holz aus der Region zu vertretbaren Konditionen abzusetzen. Mehr noch konnten wir aktiv vermeiden, dass Händler den Waldbesitzern das Holz zum Nulltarif  abnahmen.

Nun geht es darum, unseren Kunden in der Schweiz zu helfen, dass sie durch die Preisturbulenzen nicht selber in Schwierigkeiten geraten, da sie plötzlich viel mehr für das Holz bezahlen müssen, was heute Holzbaubetrieben schon viel Mühe macht. Im Energieholzbereich sind wir durch die Langfristigkeit der Verträge mehrheitlich von Preisturbulenzen verschont geblieben.

Raurica Wald verarbeitet hauptsächlich Holz zur Energiegewinnung. Sie sagen, dass die Energieholzpreise nur indirekt von den Schnittholzpreisen abhängig seien. Warum ist das so?

Wie in der vorherigen Frage kurz angeschnitten, sind die Verträge, welche wir im Energiebereich mit den Kunden haben, meist mehrjährig. Häufig sind sie an den Preisindex Schnitzel von Holzenergie Schweiz gekoppelt und darum auch weniger volatil. Hinzu kommen weitere Faktoren. Wir sind in der Region Nordwestschweiz in der Lage, den Waldbesitzern eine grosse Menge Energieholz ebenfalls mit langfristigen Verträgen zu guten Konditionen abzunehmen, welche wir relativ unabhängig von Marktschwankungen mit den Waldbesitzern vereinbaren konnten. Ein weiteres Element ist, dass Holz, welches für Schnittholz in Sägereien verarbeitet wird, nicht mit Energieholz substituiert werden kann. Beim Energieholz handelt es sich um das Holz minderer Qualität, wie Kronenmaterial, welches nicht anderweitig genutzt werden kann.

Durch Stürme und den Borkenkäfer gibt es ein Überangebot insbesondere an Fichtenholz. Kommt Ihnen das Überangebot bei Ihrer Beteiligung an der Holzkraftwerk Basel AG zu Gute?

Das kann man so nicht pauschal sagen. Es war uns sicher möglich, kleinere Mengen zu günstigen Konditionen hinzuzukaufen. Allerdings ist es auch hier wieder so, dass unsere langfristigen Verträge allzu grosse Mengen vom Spot-Markt nicht zulassen. Dies ist zudem nicht unser Ziel, denn wir möchten das Holz stets zu fairen Konditionen vergüten. Hinzu kommt, dass das Überangebot bei uns in der Region marginal war durch den hohen Laubholzanteil in den Wäldern. Wir versorgen unsere Wälder konsequent aus regionalem Holz, wodurch wir auch die CO2-Neutralität der Holzkraftwerke gewährleisten können.

Sie haben in den vergangenen Jahren das Unternehmen Raurica Wald weiter diversifiziert. Seit ein paar Jahren sind Sie z.B. Ankeraktionär der Fagus Suisse SA, einem noch jungen Unternehmen, das sich auf Laubholzprodukte für den Holzbau spezialisiert hat. Warum sind Sie diesen Schritt gegangen?

Die Raurica Wald AG engagierte sich immer wieder für Projekte, welche die Holznutzung fördern. Das war bereits mit der Holzkraftwerk Basel AG so, man ging aus damaliger Perspektive damit auch ein grosses Risiko ein. Bei Fagus ging es von Beginn weg darum, die Nutzung von Schweizer Laubholz zu fördern. Die Schweizer Holzindustrie war in den letzten Jahren stets rückläufig, was sich auch im Rückgang der Verarbeitungskapazitäten in Sägereien für Laubholz niederschlug. Dies hatte zur Folge, dass mehrheitlich Laubholz in Containern nach Übersee verschifft wurde. Mit der Projektidee der Nutzung von Buchenholz für hochfeste Träger sahen wir eine Chance, ein Gegengewicht zu geben. Diese Idee wurde seit 2014 konsequent verfolgt und hat nun in Les Breuleux mit dem Produktionsbetrieb von Fagus Suisse SA Form angenommen. Nun steigt auch die Nachfrage nach Rundholz für die Fagus Suisse SA, und im Jahr 2022 rechnen wir bereits mit mehreren tausend Festmetern Buchen-Rundholz, welches für die Fagus in der Schweiz verarbeitet werden kann.

Wie wirken sich Lieferengpässen und generell der Nachfrageüberhang bei Laubholz auf Fagus SA aus?

Es ist definitiv für Fagus nicht einfach, in der aktuellen Marktlage genügend Holz zu bekommen. Dies hängt aber nicht nur mit der Verfügbarkeit von Rundholz zusammen, sondern auch mit den Kapazitäten und Kompetenzen in den Sägereien. Hier kommt aktuell eine allgemein angespannte Marktlage mit der Herausforderung zusammen, ein aktuell erfreuliches Wachstum zu bewältigen. Wir arbeiten hier sehr eng mit Waldbesitzern und Sägereien zusammen, um die Versorgung sicherzustellen.

Die Aktionäre der Raurica Wald AG sind hauptsächlich Waldbesitzer, also z.B. Gemeinden. Die sind an einem hohen Holzpreis interessiert. Raurica Wald auf der anderen Seite möchte natürlich möglichst billig einkaufen. Gibt es hier nicht einen Interessenkonflikt zwischen Eignern und dem Unternehmen?

In einem gewissen Sinn gehört der Spagat zwischen guten Einkaufskonditionen für die Waldbesitzer und unserer Marktfähigkeit im Verkauf zu unseren Hauptaufgaben. Wir sind natürlich als AG dazu verpflichtet, wirtschaftlich zu arbeiten, wollen aber auch Anreiz bieten, dass Wälder in der Schweiz bewirtschaftet werden, dass ein regionaler Rohstoff genutzt werden kann. Unser hauptsächlicher Hebel hierbei ist, dass wir die Versorgungskette als Ganzes betrachten und alles rund um den Holzpreis mit Priorität optimieren. Wir arbeiten stets an der Optimierung der Auftragsabwicklung, unter anderem mittels konsequenter Digitalisierung. Hierzu haben wir beispielsweise sogar eine eigene Software entwickelt (www.mobipolter.ch). Der zweite Hebel, welchen wir haben, ist eine effiziente Logistik. Insbesondere beim Energieholz ist dies ein entscheidender Kostenfaktor neben dem Holz.

In der Diskussion um eine Verminderung der CO2-Emissionen wird Holz als nachwachsender Rohstoff in Zukunft noch mehr in den Mittelpunkt treten. Was bedeutet das für Raurica Wald? Werden Sie weiter diversifizieren? Und wenn ja, in welche Richtung?

Wir suchen stets nach neuen Möglichkeiten, wie man die sinnvolle Nutzung von Holz fördern kann. Zum einen prüfen wir weiterhin, wie wir fördern können, dass das Holz auch regional verarbeitet werden kann, damit es nicht weite Wege zurücklegen muss. Wir fördern mit unseren Mitteln auch stets die Sensibilisierung, damit Holz bei der Wärmeproduktion in Gemeinden, Überbauungen und auch in der Industrie genutzt werden kann. Hier arbeiten in unserer Region mehrere Firmen an Möglichkeiten, Holzfeuerungen auch für Spitzenlast in der Wärmeproduktion zu nutzen, oder es gibt auch Möglichkeiten, Holz als Substitution für Öl oder Gas in der Zement- oder Belagsproduktion zu nutzen. Des weiteren sehen wir auch in der Verarbeitung von Recycling-Holz weiterhin Potenzial. Hier wollen wir das regional anfallende Holz vermehrt auch in der Schweiz behalten, damit dies hier genutzt werden kann. Dies gelingt aktuell noch nicht immer. Wie bereits erwähnt, setzen wir uns auch für die Digitalisierung in der Wald- und Holzwirtschaft ein, was von den Erntekosten bis zur Vermarktung noch viel Potenzial bietet.

Herr Rüdlinger, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Die Aktie der Raurica Wald AG wird auf OTC-X gehandelt. Zuletzt kostete sie 820 CHF. 

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