Etwas resigniert und auch irritiert verfolgen wir derzeit die Entwicklung in Afghanistan. Einerseits macht es betroffen zu sehen, wie Menschen, die sich über 20 Jahre für Demokratie und Freiheit in dem Land am Hindukusch eingesetzt haben, nun Hals über Kopf fliehen oder Sanktionen bis hin zum Tod fürchten müssen. Andererseits zwingt die dramatische Entwicklung dazu, über die Ausweglosigkeit in dieser Situation nachzudenken. Schnell lassen sich die Fehler bei den Politikern finden, die vielleicht falsche Entscheidungen getroffen und viel zu spät gehandelt haben. Viel entscheidender ist allerdings die Frage, ob die (gescheiterte) Afghanistan-Politik der westlichen Länder in den letzten Jahrzehnten nicht ein Zeichen dafür ist, dass es nicht gelungen ist, unsere Vorstellungen von Demokratie und Freiheit in die ganze Welt zu exportieren.
Vielleicht müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass es neben den westlichen Vorstellungen von einem Zusammenleben auf dieser Erde auch andere Regierungsformen gibt, auch wenn sie nicht unseren Werten entsprechen. Die schwierige Antwort auf die Frage wird sein, was die internationale Staatengemeinschaft für tolerierbar hält und wo eine rote Linie überschritten wird, die einen militärischen Einsatz rechtfertigt. Am Ende werden wohl wirtschaftliche Interessen auch eine entscheidende Rolle spielen, wie mit Ländern wie Afghanistan umgegangen wird. Interessant ist dabei allerdings, dass Afghanistan reich an Bodenschätzen ist und im afghanischen Boden einige «strategische Metalle» schlummern, die schon – etwa beim Kupfer – in der Vergangenheit das Interesse von China geweckt haben.
Die Finanzmärkte lässt das Drama in Afghanistan jedenfalls unbeeindruckt, denn die Bedeutung ist für die Weltwirtschaft offenbar zu gering. Die Korrektur in der vergangenen Woche war vielmehr wieder einmal auf die zunehmenden Fallzahlen im Zusammenhang mit der Delta-Variante des Corona-Virus und die Sorge vor einer wirtschaftlichen Abschwächung in China zurückzuführen. Einzelne Titel mussten sogar zweistellige Kursverluste hinnehmen, darunter Blue Chips wie die Swatch Group und die Titel der Versandapotheke Zur Rose. Letztere litten auch unter der Bekanntgabe ihrer Semesterzahlen. Das Unternehmen verzeichnete zwar ein kräftiges Umsatzplus von 23%, musste aber einen erhöhten Reinverlust von -77 Mio. CHF hinnehmen! Es wird langsam Zeit, dass das Management in Frauenfeld zeigt, wie das Unternehmen Geld verdienen kann, statt immer neue «Wachstumsinitiativen» anzukündigen – mit der Gefahr, sich so zu verzetteln. Angesichts des steten Kapitalhungers – und Kapitalverzehrs! – könnten Investoren auch ihre Geduld verlieren. Kleinste negative Abweichungen von den hohen Erwartungen werden vom Markt längst gnadenlos bestraft, lauern an der Seitenlinie doch auch jede Menge professionelle Leerverkäufer. Bei Zur Rose sollen nach aktuellen Informationen der Finanz und Wirtschaft immerhin knapp 19% des Aktienkapitals leerverkauft sein, 2% mehr als noch im Vormonat. Das Management sollte diese Risiken ungeachtet aller «Wachstumsinitiativen» nicht aus den Augen verlieren.
Die Berichterstattung über Umwelt, soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung – kurz ESG – gewinnt nicht nur in der Finanzwelt an Bedeutung. Auch für Kundinnen und Kunden wird es immer wichtiger zu wissen, wie ihr Lieferant wirtschaftet. Wir sind daher stolz, dass wir in diesem Frühjahr erstmals 171 Schweizer KMU, deren Aktien ausserbörslich gehandelt werden, zu diesen Themen befragen durften. Der Rücklauf war besser als erwartet und das Ergebnis auch. Gerade im Bereich Soziales konnten die Unternehmen punkten. Bei der Umwelt und vor allem in der Governance gibt es Verbesserungsbedarf. Mit dem letzten Punkt haben viele ausserbörslich gehandelte Firmen Mühe, da sie sich im Mehrheitsbesitz von Eigentümerfamilien befinden und somit oftmals bedeckt zu Governance-Themen geben.
Ganz offensichtlich Nachholbedarf in Sachen guter Unternehmensführung hat auch die Bahngesellschaft BLS AG, deren Aktien ebenfalls ausserbörslich gehandelt werden. Dies zeigt das Ergebnis einer Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Berner Grossen Rates. Besonders stossend an den Ergebnissen ist, dass dem Kanton als Hauptaktionär auch Versäumnisse aufgezeigt werden. Doch die Verantwortlichen reden sich raus und «sehen die Dinge anders». Es ist beschämend zu sehen, wie verantwortungslos Regierungsräte bzw. deren Vorgänger mit dem Vermögen der Steuerzahler und auch mit dem Vermögen vieler Kleinaktionäre umgegangen sind. Das Traurige an der Sache: Juristische Konsequenzen wird es wohl kaum geben, denn die Berner Staatsanwaltschaft hat sich schon einmal als «nicht zuständig» für diesen Fall erklärt. Am Ende kommen die Verantwortlichen in dieser Angelegenheit ungeschoren davon.
In der Schweizer KMU-Welt tut sich etwas in Sachen Blockchain-Technologie. Vergangene Woche kündigte die Berner Kantonalbank (BEKB) an, dass Firmen ihre Aktien durch die BEKB tokenisieren und auch verwahren lassen können. Zudem soll schon bald ein Handel der Token über die neue SME|X-Plattform, ein Pendant zu OTC-X, möglich sein. Gemeinsam mit dem Legaltech-Unternehmen daura und der Hypi Lenzburg haben die Berner an dieser Lösung gearbeitet. Es zeigt eindrücklich, wie innovativ auch Kantonalbanken sein können. Am Ende stellt sich die Frage, wie schnell Nutzer für die neuen Services gewonnen werden. Doch mittelfristig wird wohl kein Weg an der Tokenisierung von Vermögenswerten vorbeiführen. Oder wie sagte es Peter Schnürer, CEO von daura, in einem Interview mit uns so schön: «Digitalen Aktien steht der Hype noch bevor».
In der kommenden Woche geben wir ein Update zu unserem Favoriten «Swissquote», publizieren das Interview mit Fondsmanager Thomas Buri und natürlich über unser Webinar «Der ausserbörsliche Aktienhandel auf OTC-X» berichten. Sie sind noch nicht angemeldet? Das können Sie gerne nachholen. Es würde uns freuen, wenn Sie mit dabei sind.
Nun wünschen wir Ihnen einen gute Woche und viel Vergnügen bei der Lektüre.
Aktuelle Artikel vom schweizeraktien.net-Team
ESG-Umfrage: 38 Schweizer KMU im Nachhaltigkeits-Check
Schweizer Zucker, Weleda und Plaston sind in Sachen Umwelt, Soziales und Governance an der Spitze: Die erste ESG-Umfrage von schweizeraktien.net zeigt, dass erstaunlich viele der 38 befragten Schweizer KMU bereits ESG-Kriterien in ihre Geschäftsstrategie integriert haben…
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Peter Schnürer, CEO daura: «Digitalen Aktien steht der Hype noch bevor»
Im wachsenden Fintech- und Blockchain-Ökosystem etabliert sich auch das im Jahr 2019 gegründete Legaltech-Unternehmen daura. Peter Schnürer, CEO von daura, erläutert im Interview mit schweizeraktien.net, warum früher oder später kein Weg an digitalen Aktien vorbeiführen wird und weshalb ein Hype in diesem Anwendungsbereich der Blockchain-Technologie noch bevorsteht. Ausserdem gibt er Auskunft zum aktuellen Geschäftsverlauf und legt die ambitionierten Ziele bis zum Jahresende offen…
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Daniel Kaufmann, CEO Gotthard Raststätte: «Das Geschäftsmodell funktioniert auch bei sich verändernder Mobilität»
Im Interview mit unserem Autor Tobias Wolff erläutert Daniel Kaufmann die Strategie für die Zukunft der Gotthard Raststätte, die in normalen Jahren 1,5 Mio. Besucher verzeichnet. Er erklärt auch, warum dem Gesamtunternehmen trotz monatelanger Schliessung der Gastronomiebetriebe kein Schaden entstanden ist…
Digitale Vermögenswerte: BEKB lanciert Angebot für tokenisierte Assets
Künftig können Schweizer KMU ihre Aktien durch die Berner Kantonalbank (BEKB) tokenisieren und Investoren digitale Vermögenswerte bei der BEKB verwahren lassen. Gemeinsam mit den Ökosystem-Partnern daura und Hypothekarbank Lenzburg hat die Bank das Projekt binnen Jahresfrist umgesetzt. In wenigen Wochen folgt mit SME|X ein Handelsplatz für tokenisierte Aktien…
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Clientis Banken: Alle Erfolgskennzahlen im 1. Semester mit positiven Vorzeichen
Ende November wird Clientis-CEO Andreas Buri das Zepter an Matthias Liechti übergeben. Auch das letzte Semesterergebnis, das Buri publizierte, kann sich sehen lassen. Denn die 14 zur Clientis Gruppe gehörenden Regionalbanken sind trotz Pandemie und Margendruck erfolgreich unterwegs. Konsolidiert erreichten die Banken im 1. Semester 2021 eine deutliche Verbesserung aller relevanten Kennzahlen…
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Webinar: Der ausserbörsliche Aktienhandel auf OTC-X
Hinweis in eigener Sache: Aktien von Schweizer KMU werden nicht nur an den Börsen, sondern auch ausserbörslich gehandelt. Die Berner Kantonalbank AG (BEKB) betreibt seit 2004 die Plattform OTC-X. Wie der Handel funktioniert und wer dort investiert, erfahren Sie in unserem Webinar am 26. August 2021…
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Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…
Afghanistan, Biden, Nato: Der Westen kann die Welt nicht retten
Durchaus provokativ sind bisweilen die Thesen von NZZ-Chefredaktor Eric Gujer in den Meinungsbeiträgen «Der andere Blick». Seine Überlegungen zur Situation in Afghanistan regen zum Nachdenken über Werte und Vorstellungen vom Zusammenleben in der westlichen Welt an und stellen die Frage, um welchen Preis wir die westlichen Ideale in die Welt hinaustragen sollten…
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Rohstoffe – Der billionenschwere Schatz im Boden von Afghanistan
cash.ch berichtet über einen «billionenschweren Schatz» im Boden von Afghanistan, auf den die Taliban nach dem Machtwechsel im Land Zugriff erhalten könnten. In der Theorie scheint Afghanistan ein unglaublich reiches Land zu sein. Reich an Bodenschätzen! Chinesische Investoren sind bereits 2008 bei einem grossen Kupferprojekt eingestiegen – mit einem 30-jährigen Pachtvertrag. Ein internes Papier des US-Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2010 soll Afghanistan angeblich auch als «das Saudi-Arabien des Lithiums» beschrieben haben… Die weitere Entwicklung in Afghanistan könnte nicht zuletzt mit Blick auf die globale Rohstoffversorgung vor diesem Hintergrund vielleicht doch noch spannender werden, als es die aktuelle Gleichgültigkeit der Börsen vermuten lässt…
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Zur Rose forciert das Wachstum
Höherer Umsatz, aber auch steigende Verluste. Die Finanz und Wirtschaft gibt nach den Halbjahres-Zahlen einen Überblick zur Situation in den wichtigsten Märkten und sieht ein Engagement in Zur Rose-Aktien als «Glaubensfrage»…
BLS-Subventionsskandal – So reagieren die Beteiligten auf die neuerlichen Vorwürfe
Ein Trauerspiel sondergleichen läuft derzeit im Kanton Bern ab. Nachdem nun auch die Geschäftsprüfungskommisson des Grossen Rats ihren Regierungsrat und andere Verantwortliche im Zusammenhang mit dem Subventionsskandal der BLS rügt, weisen die Verantwortlichen nach einem Bericht auf thunertagblatt.ch weiterhin jegliche Schuld zurück. Dabei ist der Kanton Bern zugleich Mehrheitsaktionär und Besteller der Leistungen bei der BLS, deren Aktien auch auf OTC-X gelistet sind. Etwas mehr Einsicht wäre hier angebracht, vor allem im Interesse der übrigen Stakeholder…
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On vor Milliardenbörsengang in New York
Die schon länger im Markt wabernden Gerüchte scheinen sich zu bestätigen: Die Schweizer «Turnschuh»-Firma On – längst ein globaler Lifestyle-Brand – strebt nach einem Bericht von handelszeitung.ch offenbar kurzfristig in New York an die Börse. Die Bewertung soll zwischen 6 und 8 Mrd. USD betragen. Es wäre der grösste Börsengang einer Schweizer Firma seit dem IPO von Glencore im Mai 2011. Schade nur, dass das Going Public einer Schweizer Firma nicht in Zürich stattfindet…
Neuer SEC-Chef Gary Gensler: So steht er zu Kryptowährungen wie Bitcoin & Co.
Seit April 2021 ist Gary Gensler neuer Chef der US-Börsen- und Wertpapierhandelsaufsichtsbehörde SEC. Nun hat Gensler dem Branchendienst Bloomberg ein Interview gegeben, das Einblicke in Genslers Gedankenwelt erlaubt. Klar scheint: Gensler ist aus Gründen des Anlegerschutzes ein Freund stärkerer Regulierung. Aus Sicht von Gensler sind «Kryptowährungen» eigentlich unregistrierte Wertpapiere, die SEC-Vorschriften unterliegen sollten. Regulierung bietet neben Sicherheit auch eine breitere Akzeptanz, was für Kryptowährungen einen schnelleren Fortschritt bedeuten könnte. finanzen.ch berichtet darüber…
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NFTs – Das Phänomen CryptoPunks & Co.
Wir haben uns schön öfter mit den sogenannten Non Fungible Token (NFT) beschäftigt. Zu diesem Phänomen gehören auch die CryptoPunks, 100’000 einzigartige digitale Sammelbildfiguren, für die mittlerweile horrende Preise bezahlt werden. Das neu gegründete Crypto Valley Journal berichtet unter cvj.ch aus Zug über solche und andere Entwicklungen des Krypto-Marktes. Es lohnt sich, bei cvj.ch vorbeizuschauen…